Skip to main content

Aufräumaktion - Mein Weg zur Therapie


Letztens traf ich mich nach fast 20 Jahren mit Andreas. Damals waren wir noch Arbeitskollegen und ich arbeitete in einem völlig anderen Metier mit ihm, der Mode. In dieser Zeit waren wir Mitte zwanzig. Na, mitgerechnet?! Genau, heute sind wir Mitte vierzig.

Wir sind nicht einfach nur älter geworden. Haben ein paar Falten bekommen und die Haut ist vielleicht auch nicht mehr die Frischeste. Nein, auch unser Innerstes hat sich verändert. In der damaligen Zeit waren wir noch unbeschwerter und uns in vielerlei Hinsicht auch unbewusster.

Da saßen wir nun. Grinsten uns an und freuten uns, nach all den Jahren wieder Zeit miteinander verbringen zu können. Viele Anekdoten fielen uns ein, über die wir herzlich lachen mussten. Doch das alles gehört der Vergangenheit an. Wir saßen „heute" hier und irgendwie dauerte es gar nicht lange und wir erzählten uns, wie es uns ergangen war in der Zwischenzeit - in diesen zwanzig Jahren.

Andreas ist in der Mode geblieben und ist bei einem sehr renommierten Label angestellt. Arbeitet viel, hat wenig Freizeit, ist viel unterwegs, hat dadurch auch gewisse berufliche Freiheiten und doch sagt er, es sei nicht seine Profession.

Ich erzählte ihm von meiner beruflichen, wie auch inneren Veränderung. Von der Mode aus ging's bei mir in Richtung Erwachsenenbildung. Ich arbeitete in einem bekannten Ausbildungsinstitut als Beraterin. Später führte ich dort eigenverantwortlich die Rechtsabteilung. In diesem Institut war die Arbeit mit den Kunden nicht „äußerlich", sondern „innerlich". Sie wollten etwas lernen und sich entwickeln Und ich konnte mehr als deutlich spüren, dass die Äußerlichkeit in der Mode mich immer gelangweilt hat. Mehr und mehr spürte ich, dass mein Weg der ist, mit Menschen auf einer tieferen Ebene arbeiten zu wollen. Dieser Wunsch breitete sich in mir aus. Doch wie heißt dieser Beruf, fragte ich mich? Und nach vielen Informationen und Gesprächen, wusste ich es. Für mich war es klar. Es stand fest: Ich mache die Ausbildung zur Heilpraktikerin auf dem Gebiet der Psychotherapie.

Als ich diese Entscheidung gefällt hatte, wusste ich, dass sie mein gesamtes Leben beeinflussen und verändern wird. Noch nie zuvor war ich mir einer Entscheidung so sicher gewesen. Warum? Weil ich zum ersten Mal deutlich wahrnehmen konnte, dass sie aus einem sehr echten und ehrlichen Winkel meines Innersten kam. Aus der Seele.

Andreas hörte mir immer noch spürbar zu. Er fand es, wie er zwischendurch meinte, sehr spannend, wie mein Leben verlaufen sei und dass das ja recht mutig sei. Mutig, fragte ich, weshalb?

Ja, solch einen völlig anderen beruflichen Weg zu gehen.

Nein, mutig im eigentlichen Sinne war das nicht, erwiderte ich darauf. Es war für mich wie eine berufliche Wahrheit, die sich da zeigen wollte. Sie war immer schon da. Doch von mir vorher nie gesehen.

Andreas wollte wissen, wie die Ausbildung denn für mich war und was ich so gelernt hätte usw. Tja, daraufhin musste ich ihm erst einmal sagen, dass die Ausbildung einen „Haken" hatte. An der Akademie gehörte es dazu, selbst eine Therapie zu machen. Ohne diese gäbe es keinen Abschluss. Die Therapie war Pflicht. Natürlich hätte ich auch woanders die Humanistische Psychotherapie lernen können. Aber irgendetwas in mir wollte sich nur hier ausbilden lassen.

Gleichzeitig war ich mir „sicher", dass ich völlig gesund sei und eine Therapie überhaupt nicht brauche. Ich habe schließlich gesunden Menschenverstand, gute soziale Kontakte, auch keine zwanghaften Kontrollen, z. B. ob der Herd auch wirklich ausgestellt ist. Also, wozu bitte benötige ich eine Therapie? Mir geht's doch gut! Ich bin doch nicht krank.

Ich kann mich noch sehr gut an meine erste Sitzung erinnern. Mein damaliger Therapeut begann mit der Aufforderung, mich selbst doch mal zu beschreiben. Er kannte mich bereits durch einige Ausbildungsmodule.

Ja, da fing ich doch gleich an und meinte, ich sei selbstbewusst und ...; da unterbrach er mich und meinte „frech", das nehme er mir nicht ab. Ich solle doch mal bitte folgenden Satz nachsprechen: „Ich bin mir meines Selbst bewusst."

Indem er das aussprach, spürte ich schon beim Zuhören in mir ein mulmiges Gefühl. Okay, und ich ließ mich darauf ein und sprach diesen Satz. Genau in diesem Moment spürte ich klar und deutlich, dass der Therapeut Recht mit seiner Wahrnehmung hatte. Ich war mir meines Selbst alles andere als bewusst. Ich konnte nicht einmal richtig mit dieser Aussage etwas anfangen. Und doch wusste ich, irgendetwas ist nicht stimmig.

Das war der Startschuss für meine innere „Aufräumaktion". Ich hatte bis dato, symbolisch gesagt, einen Schrank in meiner inneren Wohnung, den ich noch nie zuvor gesehen hatte.

Meine Wohnung war blitzsauber und strahlend schön. Sachen, die nicht so „hübsch" anzugucken waren, konnte ich geradezu spielerisch in kleinen schnuckeligen Schubladen verstecken. Ein, zwei Dinge lagen da zwar auf dem Tisch herum. Schließlich bin ich ja kein Spießer. Auf gut Deutsch, ich machte mir und anderen ein Schauspiel vor.

Und da kommt so ein Therapeut und ich sehe plötzlich dieses Möbelstück, das überhaupt nicht mit meiner Einrichtung harmoniert.

An dem Tag ging ich nach Hause und mir war richtig übel. Ich hatte einen Kloß im Hals und in der Magengegend war schwer was los. Und auf eine seltsame und gleichzeitig bedeutungsvolle Weise sprach eine Stimme aus mir: „Trau dich und öffne diesen Schrank."

Jetzt hatte ich die Chance, dieses „Ding" zu öffnen. Nachzusehen, welche unliebsamen Sachen (Themen) darin hausten. Und das hab' ich dann auch getan. In meiner Zeit. Alles Mögliche war darin: Dreck, Spinnen, fiese Käfer und noch mehr. In meiner Vorstellung war alles lebendig und ich hatte furchtbare Angst, dass mir diese „Viecher" ins Gesicht springen und mich zerfressen würden.

Irgendwann, vor langer Zeit hatte ich selbst das alles in diesen Schrank hineingeschmissen. Tür zu und nie wieder hingesehen.

Nur mit der Unterstützung von Therapeuten (während meiner Ausbildung lernte ich unterschiedliche kennen) gelang es mir, den Schrank immer weiter zu öffnen. Indem ich die erste schrecklich große Spinne sah, kamen mir vergangene Situationen ins Gedächtnis. Sie fühlten sich an, als wären sie in der Gegenwart. So präsent waren sie. So übermächtig.

Doch mit der professionellen und zugleich liebevollen Begleitung der Therapeuten und mit genauem Hinsehen erkannte ich, dass diese Spinnen inzwischen klein und ausgetrocknet waren. Es lag an mir, meinen Schrank aufzuräumen und „auszumisten".

Auf diese Weise bekam ich immer mehr Mut hinzusehen. Ich wurde mir meines Selbst immer bewusster. Zugleich verstand ich zum ersten Mal, was es heißt, Eigenverantwortung zu übernehmen. Nämlich Verantwortung für das eigene Tun, das eigene Denken, das eigene Empfinden. Einfach Verantwortung zu übernehmen für das eigene Leben.

Durch die Unterstützung der Therapeuten bin ich in mir selbst aufgewacht. Ich bin mutiger geworden. Ich kann andere Menschen in ihrem Wesen lassen, auch wenn sie ganz anders sind als ich. Ich rege mich so viel weniger auf. Das ist wirklich ein angenehmes Gefühl.

Ja, und ich bin ein Mensch. Und natürlich gelingt mir all das nicht ständig.

Doch ich weiß jetzt eines ganz genau:

Ein Therapeut ist ein - kompetenter - Freund auf Zeit.

Ich kann ihm alles sagen, ohne mit ihm „verbandelt" zu sein. Er ist nicht meine Mutter, nicht mein Vater. Er ist nicht mein bester Freund, noch mein Chef. Ich begegne dem Therapeuten in einem vertrauensvollen und respektvollen Rahmen und darf mich ohne Schuld von ihm trennen, ohne Verpflichtung.

Nach dieser Schilderung schaute mich Andreas nachdenklich an und meinte zu mir, er habe selber schon über eine Therapie für sich nachgedacht. Doch gleichzeitig war da immer der Gedanke - so „schlimm" sei es ja nun doch nicht bei ihm.

Die Bezeichnung „Freund auf Zeit" gefalle ihm und nehme ihm das Bedenken, „anders" zu sein oder „problematisch" oder gar „schwächlich". Jetzt habe er eine willkommenere Haltung zur Therapie und es fühle sich für ihn nicht mehr so „komisch" an.

Dies soll ein Plädoyer für die Therapie an sich sein. Es soll eine Wertschätzung und gleichsam eine Achtung für meine Kollegen und die Menschen darstellen, die sich mit dem größten Schatz in uns allen beschäftigen - der Seele.

Vielleicht kann es auch als eine Einladung gesehen werden, für diejenigen, die noch Ängste vor Therapie haben, oder für diejenigen, die in einem inneren Eck glauben, Therapie sei nur etwas für „Problemmenschen" oder für „echte" Konflikte.

Therapie kann in einer (angeblich) guten Zeit der Übergang zu mehr innerer Freiheit sein. Ich spüre es.

Als Heilpraktikerin für Psychotherapie und Entspannungstrainerin habe ich meine eigene Praxis in Germering bei München.

In der Arbeit mit Menschen ist es mein tiefstes Anliegen, dass der Mensch seine innere Freiheit fühlen und mehr und mehr leben kann.

Christiane Hintzen
Geboren 1961, verheiratet, langjährige Arbeit in der Erwachsenenbildung (Bereich Rechtswesen), ausgebildet in Humanistischer Psychotherapie. Staatliche Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde (HPG), ausschließlich auf dem Gebiet der heilkundlichen Psychotherapie. Ausgebildet als integrative Entspannungstrainerin. Weiterbildungen in NLP & Hypnotherapie, Traumatherapie, Arbeit mit Träumen. Selbstständige Arbeit in eigener Praxis.
Nelkenstraße 2a, 82110 Germering
Telefon 089 / 32 49 86 95
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
www.christiane-hintzen.de