Wenn ein Ei dem anderen gleicht
Hier hat jeder überall und ständig was zu meckern. Kennen Sie das? Wenn alles nur noch schrecklich und furchtbar ist? Kinder und Partner lassen kein gutes Haar an Ihren gutgemeinten Urlaubsvorschlägen. Die Kollegen zerreißen jede Ihrer Verbesserungsideen in der Luft. Und das ständige Rumnörgeln Ihrer Laufpartner geht Ihnen inzwischen tierisch auf den Keks.
Als hätten Sie eine Antenne dafür ausgefahren, ziehen Sie immer wieder die gleichen Miesmacher an. Immer wieder? Unsere Sprache ist tückisch. Eh wir uns überhaupt darüber bewusst werden, bestätigt sie unsere inneren Vorannahmen und schafft sich so ihre eigene Wirklichkeit.
Generalisierungen gehören zur Tagesordnung. Sie helfen uns Menschen, eine Ordnung in die Vielfalt der Eindrücke zu bringen. Sie erlauben uns zudem, Regelmäßigkeiten zu erkennen und Tendenzen davon abzuleiten. Verallgemeinerungen haben daher auch statistisch einen hohen Nutzen:
Schieße links und rechts an einer Sau vorbei. Rein statistisch gesehen ist das Schwein jetzt tot!
Verallgemeinerungen sind dann lästig, wenn unsere Wahrnehmungs- und Denkfilter problemverstärkend werden. Die Bewältigung des Alltags wird dadurch immer schwieriger. Die Ausnahme wird zur Regel, das Besondere zum Allgemeinen. Unser Verstand schafft sich die Realität, die seine Überzeugungen am ehesten bestätigt!
Wenn Sie Hunger haben, duftet es überall nach gutem Essen.
Wenn Sie sich unattraktiv fühlen, sehen alle anderen viel besser aus.
Wenn Sie Misserfolg hatten, trifft es immer die Kleinen.
Wenn Sie sich nicht durchsetzen können, macht doch sowieso jeder was er will.
Kennen Sie das?
Dann ist es Zeit, mehr in Ihr Leben zu bringen. Im Neuro-Linguistischen-Programmieren zum Beispiel kann das durch einen "Filterwechsel" gelingen. Oder sagen wir, Sie tauschen Ihre schwarzen Brillengläser gegen bunte aus. Dabei ist es notwendig, die eigene Sprache aus einer Beobachterperspektive zu sehen. Aus dieser Metaposition werden eingeschliffene Sprachmuster aufgedeckt und auf ihren Gehalt hin überprüft:
Wofür ist die bisherige Denkweise gut?
Was müsste durch ein Umdenken aufgegeben werden?
Welche anderen Ziele stehen dazu im Konflikt?
Wer könnte etwas dagegen haben?
Was würde sich an meiner Identität ändern?
Wie würden andere mich wahrnehmen?
Erst nach dieser Vorleistung startet die eigentliche Arbeit an der Verallgemeinerung. Meine Aufgabe als Berater ist es dann, Einheits-Eier zu Individualisten zu machen. Meine Erfahrung ist: Ändert sich die Farbe, dann ändert sich meistens auch der Inhalt. Der Kern wird gut. Der Klient erreicht das Gelbe vom Ei.
Dazu ist es wichtig, dass der Klient von mir ausreichend Verwirrung erfährt. Die gesunde Mischung aus Präzision und Provokation, Stabilität und Labilität bietet die beste Möglichkeit zur Veränderung und Weiterentwicklung. Die richtige Frage zum rechten Zeitpunkt ist dabei eine äußerst wirksame Intervention. Denkpausen und eine Veränderung der Physiognomie sind sichtbare Anzeichen dafür, dass ein Entwicklungsprozess in Fahrt gekommen ist. Ich ertrage dann zusammen mit meinem Klienten die Pause. Nicht immer leicht – aber sinnvoll.
Verwirrende Fragen könnten sein:
Ist das wirklich immer/ständig so?
Was wäre, wenn sich niemand statt jeder so verhielte?
Was genau verstehen Sie unter unfair/ schlecht/voreilig etc.?
Wie oft ist regelmäßig?
Wer sind alle?
Wo haben Sie schon einmal eine gegenteilige Erfahrung gemacht?
Womit könnten Sie dem entgegenwirken?
Wer würde Ihre Meinung auf keinen Fall teilen, und warum?
Verrückte Wahrnehmung ermöglicht dem Klienten einen Perspektivenwechsel. Sie erlaubt es, die bekannten Trampelpfade zu verlassen und neue Denkspuren anzulegen. Als positive Begleiterscheinung geht damit oft auch eine Änderung der Grundeinstellung einher: "Ich bin o. k. – du bist o. k.". Sie ist die Schnittstelle zur Transaktionsanalyse und löst alte Muster von Opfer, Täter und Verfolger auf. Eine Arbeit also, die sich in mehrfacher Hinsicht lohnt.
Horst Lempart, Jahrgang 1968. Arbeitet seit 14 Jahren als Kundendienstleiter in der Werbe- und Verpackungsbranche. Er betreut hausintern und in eigener Praxis Kollegen und Klienten, besonders häufig aus dem Vertrieb. Er ist Betriebswirt und Business Coach. Zurzeit in Ausbildung zum NLP-Practitioner und in gewaltfreier Kommunikation.
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