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Umsatzsteuerpflicht

2009-04-Umsatzsteuer1

… und befreite Leistungen in der Heilpraxis für Psychotherapie

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

im Sommer dieses Jahres wurde unsere Praxis im Rahmen einer Außenprüfung sehr ausführlich durch das zuständige Finanzamt Hannover-Mitte überprüft. Dabei ergaben sich eine Reihe interessanter Fragestellungen.

Allgemeine Fragen, wie sie in jeder Praxis anfallen dürften, waren die Überprüfung von Fahrtenbüchern, Kassen, Lohnsteuern für Mitarbeiter, also richtige Abrechnung und Rechnungslegung.

Zu diesen Themen empfehlen wir allen Kolleginnen und Kollegen dringend, die Hilfe eines Steuerberaters in Anspruch zu nehmen.

Die Kernfrage der Außenprüfung bezog sich auf die in unserer Praxis durchgeführten Liquidationen unserer Leistungen, die wir einmal monatlich per offener Rechnung an unsere Patienten vornehmen. Der kritische Punkt war hierbei die Frage, inwieweit unsere Leistungen umsatzsteuerpflichtig seien.

Grundsätzlich sind die von Ärzten und Therapeuten erbrachten Leistungen nach §4 Nr. 14 UStG (Umsatzsteuergesetz) von der Umsatzsteuer befreit. Hiervon ausgenommen sind jedoch Leistungen, die nicht primär der Diagnose oder Behandlung von Krankheiten oder krankheitswertigen Störungen dienen. Hierzu zählen z.B. Leistungen der Schönheitschirurgie.

Als Nachweis der vorgenannten Bedingungen wurde vom Außenprüfer des Finanzamtes zunächst jeweils eine ärztliche Überweisung gefordert. Unter Hinweis darauf, dass wir als Heilpraktiker für Psychotherapie aufgrund unserer Zulassung berechtigt sind, selbstständig Diagnosen zu erstellen und die Behandlung psychischer Störungen im eigenen Ermessen durchzuführen, konnte der anfangs geforderte Nachweis jedoch abgewendet werden.

Diese von uns erbrachten Leistungen sind dementsprechend von der Umsatzsteuer befreit. Umsatzsteuerpflichtig sind hingegen alle Leistungen, die nicht direkt im Zusammenhang mit der Diagnose oder Behandlung psychischer Störungen mit Krankheitswert stehen.

Zu den steuerpflichtigen Tätigkeiten gehören unter anderem grundsätzlich:

  • Supervision
  • Coaching
  • alle Beratungstätigkeiten
  • Lehrtätigkeiten

soweit keine Einzelbefreiung vorliegt.

Ein weiteres Problemfeld hinsichtlich der Umsatzsteuerpflicht ergibt sich aus Gruppenveranstaltungen. Diese sind grundsätzlich steuerpflichtig, es sei denn, es kann für jede einzelne Teilnehmerin und jeden einzelnen Teilnehmer separat der Nachweis einer psychischen Störung mit Krankheitswert erbracht werden und gleichzeitig der Charakter der Gruppenveranstaltung eindeutig dem einer Gruppentherapie entsprechen.

Gruppenveranstaltungen, die lediglich der Entspannung oder der Entspannungsübungen dienen oder dem Erlernen von Entspannungs- und Meditationstechniken, wie Entspannungstraining, progressive Muskelrelaxation, Yoga, Qi-Gong, sind grundsätzlich USt-pflichtig, es sei denn, für diese Kurse ist eine entsprechende Einzelbefreiung beantragt und erlassen worden.

Wir alle sollten in Zukunft darauf achten, dass wir bereits in unserer Außendarstellung (Werbung, Internetauftritt usw.) die umsatzsteuerbefreiten und die umsatzsteuerpflichtigen Leistungen klar trennen, um etwaigen Betriebsprüfern keine Angriffsfläche zu bieten. Zudem sollten die fakturierten Umsätze in der Gewinnermittlung separat ausgewiesen werden, um dem Prüfer die Arbeit zu erleichtern. Dabei empfiehlt es sich, auf den Rechnungen für Therapieleistungen die jeweilige Diagnose nach dem ICD-10-Schlüssel zu vermerken.

Dr. phil. Norbert P. Nüchter Dr. phil. Norbert P. Nüchter
Heilpraktiker für Psychotherapie Sozialpsychologe, M.A., Betriebswirt VWA Lavesstr. 3, 30159 Hannover
Steuerkanzlei Leichsenring & Leichsenring Dipl.-Kfm./Steuerberater Stephansplatz 6, 30171 Hannover