Skip to main content

Hypnose & Kinesiologie - eine ideale Kombinationstherapie

eine ideale Kombinationstherapie

 
28-01-hypnose1
Hypnose und Kinesiologie arbeiten auf verschiedenen Bewusstseinsebenen. Jede Methode bezieht jedoch auf unterschiedliche Art und Weise die unbewussten Schichten in die therapeutische Arbeit ein. Eine Kombination der beiden Vorgehensweisen kann die Ergebnisse noch optimieren. Auf der einen Seite können über den Muskeltest die jeweils besten Strategien für die Hypno- Therapie ausgetestet werden. Auf der anderen Seite kann die kinesiologische Arbeit durch die Nutzung hypnotischer Sprachmuster und Vertiefungszustände bereichert werden.

 

In diesem Artikel möchte ich verschiedene Wege aufzeigen, wie wir die wunderbaren Werkzeuge Hypnose und Kinesiologie so verwenden und verbinden können, dass wir selbst und unsere Klienten den größten Gewinn daraus ziehen. Mein Hauptinstrument in der Praxis ist zunächst die Kinesiologie, die uns nicht nur helfen kann, die Dimensionen eines Problems oder Symptoms zu erfassen, sondern im Rahmen eines psychotherapeutischen Settings prinzipiell auch anzeigen kann, welche Therapieschritte (mit oder ohne Hypnose) in welcher Reihenfolge für den jeweiligen Klienten die bestgeeigneten sind.

Diese Behauptung klingt vielleicht etwas überzogen, beruht aber auf jahrelangen therapeutischen Erfahrungen nicht nur in meiner Praxis, sondern auch bei meinen Lehrern und Ausbildern. Für meine Tätigkeit als psychologischer Berater suchte ich schon in den ersten Berufsjahren nach Möglichkeiten, wie ich meinen Klienten schneller und besser helfen könnte. Dabei stieß ich zunächst auf die Hypnose und ihre Weiterentwicklung zur modernen Hypno-Therapie, die vor allem auf den Erkenntnissen und dem intuitiven Vorgehen des genialen amerikanischen Arztes Milton Erickson aufbaut. Seine Schüler Ernest Rossi, Jeffrey Zeig, aber auch die NLP-Begründer Richard Bandler und John Grinder sowie in Deutschland vor allem Dr. Gunter Schmidt haben ihn live beobachtet und seine genialen Strategien erforscht und beschrieben. Das Besondere daran ist vor allem die indirekte Vorgehensweise, die in vielen Fällen auf eine formale Hypnose-Induktion völlig verzichtet und einfach durch eine bestimmte Sprachführung und – manchmal bewusst verwirrende – Sprachspiele die Aufmerksamkeit des Klienten so lenkt, dass unbewusste Suchprozesse aktiviert werden. So ist es bei dieser Arbeit gar nicht das Ziel, eine besonders tiefe Versenkung und ein völliges Abschalten zu erreichen. Es geht vielmehr um einen ständigen Wechsel zwischen Bewusstem und Unbewusstem, zwischen linkshirn- und rechtshirn-gesteuerten Aktivitäten, zwischen Verstand und Gefühl bzw. Körperweisheit usw. Damit kann der Klient lernen, aus seiner Problemhypnose zu erwachen, in eine Lösungstrance einzutauchen und daraus mit neuen Kompetenzen herauszukommen, die er dann in den entsprechenden Situationen seines Alltags auch bewusst oder unbewusst nutzen kann.

Ganz generell können wir in der psychologischen Beratung und Psychotherapie nämlich davon ausgehen, dass unsere Klienten, wenn sie uns aufsuchen, bezüglich ihrer Schwierigkeiten und Symptome in einer Art Problemhypnose sind. Das heißt, sie sind so stark auf ihr Problem fixiert, dass sie den Abstand dazu und damit einen Teil ihrer sonstigen Fähigkeiten und Handlungsmöglichkeiten verloren haben. Unsere Aufgabe ist daher vorrangig, sie aus dieser Fixierung herauszuführen, ihnen neue Perspektiven zu eröffnen, verschüttete Ressourcen freizulegen und sie in einer Art Lösungstrance solange zu begleiten, bis sie wieder lern- und handlungsfähig sind.

Dies kann man durch vielerlei Methoden erreichen. Die Rational-Emotive Therapie z.B. versucht das in erster Linie durch den sokratischen Dialog und die kognitive Umstrukturierung irrationaler Glaubenshaltungen – sie setzt also weitgehend auf die Verstandeskräfte. Die kreative Gestaltungstherapie bietet dagegen Möglichkeiten an, wie sich das Noch-nicht-Bewusste in Bildern, Formen, Tönen und Melodien, Bewegungen oder Tänzen zum Ausdruck bringen lässt, sodass der Klient sich dann damit auseinandersetzen, neue Einsichten und damit auch Handlungsmöglichkeiten gewinnen kann.

Bei der Hypnotherapie wird üblicherweise nach dem klärenden Eingangsgespräch, in dem auf bewusster Ebene das Ziel und der Auftrag für die Beratung besprochen und evtl. vorhandene Vorbehalte gegenüber der Hypnose als Methode ausgeräumt worden sind, über Entspannungsinduktionen der Weg zum Unbewussten gebahnt und geöffnet. Wenn der Klient eine gewisse Tiefe der Entspannung und damit der Fokussierung nach innen erreicht hat, können verschiedene therapeutische Strategien genutzt werden. So kann man z.B. positive Affirmationen und stärkende Suggestionen eingeben, man kann eine innere Reise in die Kindheit ebenso anregen wie das Imaginieren einer Zukunftsvision, einen Dialog mit dem Symptom oder zwischen verschiedenen Persönlichkeitsanteilen ermöglichen usw. Diese Vorstellungs- und Suchprozesse verlaufen auf unbewussten Ebenen – und deren Ergebnisse und Erkenntnisse können dann beim Aufwachen aus der Hypnose wieder mitgebracht und auf der bewussten Ebene für die Lösungsfindung ausgewertet werden.

 

28-01-hypnose2Die Kinesiologie ist ein weiterer Weg, Klienten aus ihrem Problemzustand herauszuhelfen und Lösungspotenziale wieder freizulegen. In einer kinesiologischen Sitzung wird üblicherweise der Muskeltest als Kommunikationsbrücke zum Unbewussten und Körper des Klienten eingesetzt. Dabei zeigt sich in der Praxis, was die Gehirnforschung mit ihren neuen Methoden auch nachweisen kann: Das tiefste Unbewusste ist der Körper! Über die unterschiedlichen Muskelreaktionen von "energetisch angeschaltet" oder "energetisch abgeschaltet" bekommen wir einen direkten Zugang zu unbewussten Ebenen des Klienten. So können wir durch geeignete Testfragen einen unmittelbaren Dialog einleiten zwischen dem, was ihm schon über sein Problem oder Symptom bewusst war, und dem, was er sich selbst noch nicht denken konnte, wo ihm bestimmte Informationen, Erinnerungen, Vorstellungsbilder oder Erlaubnisse noch fehlten. Ein Vorteil des kinesiologischen Arbeitens ist die erstaunliche Schnelligkeit und Präzision der Antworten – während der Klient völlig wach ist und selber spürt, wie stark seine Muskeln dem gleichmäßigen Testdruck standhalten können. Er muss also nicht erst in einen Trancezustand versetzt und nach den therapeutischen Interventionen wieder aufgeweckt werden, sondern kann mit all seinen Sinnen den ablaufenden Prozess unmittelbar mitverfolgen. Die diagnostischen Fragestellungen sind natürlich eher analytischer Natur, durch die verschiedenen Balancierungstechniken wird dann jedoch eine neue Synthese hergestellt – letztlich mit dem Ziel, die Wahlmöglichkeiten des Klienten für sein Erleben und Verhalten zu erweitern.

Diese kinesiologische Vorgehensweise lässt sich nun gut mit hypnotischen Strategien kombinieren. So hat z.B. der australische Naturheiler und Kinesiologe Andrew Verity einen Weg beschrieben, wie man beim Klienten Minitrancen hervorrufen kann, die für die heilsame Umsetzung bestimmter Einsichten auf allen Ebene des Organismus viel wirksamer sind als jeder Versuch einer bewussten Steuerung, denn – so behauptet er – Heilung vollzieht sich immer unbewusst in den sog. deep states (Tiefenzuständen). Auf der anderen Seite hat der deutsche Hypnotherapeut Manfred Prior mit seinen sog. MiniMax-Interventionen gezeigt, wie man durch einfache und geschickte Fragestellungen in der normalen Gesprächsführung den Klienten anleiten kann, das Wechselspiel zwischen Bewusstem und Unbewusstem mitzuspielen und produktiv für sich zu nutzen. Wenn der Klient z.B. seine Ausweglosigkeit in einer bestimmten Sache geschildert hat und der Therapeut darauf antwortet: "Mit Ihrem bewussten Verstand konnten Sie also bislang nicht …" Dann beinhaltet diese kleine Intervention zwei hilfreiche Implikationen. Erstens: Es gibt außer dem bewussten Verstand, den der Klient schon bemüht hat, noch andere Kräfte in ihm, die vielleicht auch etwas anderes können. Zweitens: Wenn eine Lösung bislang (also in der Vergangenheit) noch nicht gelang, ist und bleibt die Zukunft aber offen und enthält viele Möglichkeiten … (vgl. Manfred Prior, MiniMax-Interventionen. 15 minimale Interventionen mit maximaler Wirkung, Heidelberg 7.A. 2007).

PRAKTISCHES VORGEHEN

Wie gehen wir nun praktisch vor, um mögliche Synergien zu erreichen? In der Regel folgen wir mehreren Schritten:

Zielklärung im Gespräch

In der Praxis steht am Anfang meist ein bestimmtes Problem oder Symptom, das die Klienten in die Sprechstunde gebracht hat. Das können bestimmte Beschwerden sein oder auch persönliche Ziele, die die Klienten jedoch bislang (mit ihrem bewussten Verstand und Wollen) nicht umsetzen konnten.

Im nächsten Schritt werden die Ziele gemeinsam herausgearbeitet: Was möchte der Klient erreichen? Wohin möchte er sich entwickeln? Dabei ist es wichtig, die Ziele positiv und konkret zu formulieren, auch wenn manche Klienten anfangs nur sagen können, dass sie bestimmte Symptome einfach weghaben wollen oder im Alltag bestimmte Konstellationen nicht immer wieder so leidvoll erleben möchten.

In der Regel gehören noch weitere Klärungen in diese Anfangsphase. Wenn Klienten mit dem ausdrücklichen Wunsch nach einer speziellen Methode in die Praxis kommen, fragen wir sie nach ihren Motiven und Vorstellungen dazu. Besonders bei dem Wunsch nach einer Hypnose begegnen wir nicht selten der Idee, man werde wie bei einer Operation in Narkose versetzt, der Therapeut befreie den Klienten dann ohne sein Bewusstsein und Zutun von allem Störenden oder Schädlichen, so dass der Klient dann frei aller Beschwerden und Konflikte die Praxis verlassen könne. Dass wir als redliche Therapeuten solche Erwartungen korrigieren und zur Kooperation einladen müssen, versteht sich von selbst. Ebenfalls unabdingbar ist die Abklärung evtl. Kontraindikationen für eine Hypnosebehandlung (Psychosen, Medikamente etc.).

Weiterhin bedeutsam für das Gelingen des ganzen Unternehmens ist die Frage nach dem Überweisungskontext, mit der wir uns erkundigen, auf wessen Empfehlung der Klient zu uns gekommen ist und welche Erwartungen ggf. die Schickenden an die Behandlung haben.

Demonstration des Muskeltests

Die Bewegungsabläufe beim Muskeltest werden erklärt und gezeigt, damit der Klient erste spürbare Erfahrungen mit diesem Instrument sammeln kann. Die üblichen Vortests und ggf. die erforderlichen Vorkorrekturen stellen sicher, dass wir wirklich zuverlässige Signale vom Körper und den Muskeln bekommen. Dann fragen und testen wir, ob wir überhaupt die Erlaubnis haben, gemeinsam an diesem Thema zu arbeiten und ob der Klient bereit ist, diese Arbeit sanft und liebevoll mit sich selbst durchzuführen. Auch können wir hier schon einmal abklären, ob wir überhaupt mit Hypnose arbeiten sollen und dürfen.

Schließlich können wir mit dem Muskeltest das Ziel und seine Formulierung auch noch einmal überprüfen.
  • Ist das Ziel so richtig formuliert und akzeptabel?
  • Muss es noch verändert, umformuliert, erweitert werden?
  • Will der Klient sein Ziel wirklich (bewusst und unbewusst) erreichen?
  • Will er möglicherweise sein Problem oder Symptom auf irgendeiner Ebene noch behalten, weil er davon vielleicht einen psychologischen Gewinn hat?

Eine solche "psychologische Umkehr", wie der Psychologe und Kinesiologe Roger Callahan dieses Phänomen benannt hat, ist gar nicht so selten und sollte in jedem Fall zuerst korrigiert werden, bevor andere Behandlungsschritte ergriffen werden. Praktische Möglichkeiten dazu habe ich in meinem Aufsatz "Von Widerstand und Eigensabotage – oder: Warum manche Patienten ihr Leiden behalten wollen" in der Freien Psychotherapie, 03/06, beschrieben. 

Im Folgenden sollen nun drei verschiedene Kombinationsmöglichkeiten im Einzelnen vorgestellt werden:
  • Austesten der besten Therapiestrategie (in Hypnose)
  • Überprüfen des Erfolgs der Hypnosebehandlung
  • Nutzung hypnotischer Sprachmuster in der Kinesiologie

Austesten der besten Therapiestrategie (in Hypnose)

Die Möglichkeiten sind hier natürlich abhängig von dem Wissen und den schon erlernten Fähigkeiten der beiden Beteiligten – des Therapeuten genauso wie des Klienten. Denn nicht nur das Wissen und die Fähigkeiten des Therapeuten, sondern auch die Erfahrungen des Klienten z.B. mit früher erlebten Trancen fließen in die Testung mit ein. Deshalb kann man z.B. fragen (verbal wie nonverbal über die Muskeln):

Was ist die beste Form für die Einleitung?
  • Fixationsmethode
  • Körperreise
  • Armlevitation
Was ist der beste Weg für die Vertiefung?
  • rückwärts zählen
  • eine Treppe hinuntersteigen
  • durch verschiedene Räume führen
Was ist ist die beste therapeutische Strategie?
  • Arbeit mit Affirmationen
  • Phantasiereisen
  • Altersrückführung
  • Zukunftsvorversetzung
  • Ankern von Fähigkeiten
  • Dialog mit dem Symptom

Je nach erhaltenen Antworten kann man dann ein therapeutisches Menü zusammenstellen bzw. eine Hypnosesitzung komponieren, die wirklich maßgeschneidert ist und optimale Wirkung erwarten lässt. Ob diese nun auch erreicht worden ist, lässt sich dann wiederum kinesiologisch überprüfen.

Überprüfen des Erfolgs

Nach dem Aufwecken/Wachwerden des Klienten und einem kurzen Austausch im Gespräch können wir mit dem Muskeltest noch einmal Folgendes überprüfen:

  • Hat die Behandlung so gewirkt, wie sie wirken sollte?
  • Ist der Klient 100% bereit, den Gewinn dieser Behandlung anzunehmen, positiv und sanft umzusetzen?
  • Gibt es noch irgendetwas, was der Umsetzung seines Ziels im Wege steht? – Hier sollte der Klient (sofern nicht schon während der Trance geschehen) seinen Zielzustand bzw. den ersten Schritt der Umsetzung noch einmal visualisieren, was ihm jetzt mühelos gelingen sollte!
  • Falls nicht: Gemeinsam überlegen, besprechen, austesten, wo das Hindernis liegt und was zu tun ist, um es aus dem Weg zu räumen! Evtl. weitere therapeutische Schritte planen.
  • Gibt es noch sinnvolle Hausaufgaben, um das Ergebnis der Behandlung zu stabilisieren? (z.B. Selbsthypnose, Arbeit mit Affirmationen, kinesiologische Methoden …)

Um für die zukünftige Arbeit zu lernen, dürfen wir zum Abschluss auch ein Feedback erbitten: Wie hat der Klient den Ablauf der Arbeit, besonders der Hypnose empfunden? Was ist gut gelungen? Wo gab es evtl. Irritationen? Was ist zu verändern oder zu verbessern?

Nutzung hypnotischer Sprachmuster in der Kinesiologie

Auch wer nicht mit Hypnose, sondern ausschließlich mit kinesiologischen Methoden arbeitet, sollte sich Folgendes vor Augen führen:

Lernen geschieht ständig – bewusst und unbewusst. Auch in kinesiologischen Sitzungen lernen wir mit allen Ebenen. Alles, was wir als Berater oder Therapeuten sagen, kann von den Klienten als Suggestion verstanden und aufgenommen werden. Deshalb ist es gut und wichtig, unsere Sprache gezielt und kontrolliert einzusetzen – und zwar vor allem in den diagnostischen Phasen. Wie im ärztlichen oder klinischen Kontext befinden sich unsere Klienten in diesen Momenten in aller Regel in einer inneren Ungewissheit und Anspannung. Sie sind darauf ausgerichtet, wichtige Botschaften mit großer persönlicher Bedeutung von einer Autoritätsperson zu empfangen und aufzunehmen, nichts Entscheidendes zu verpassen usw. – kurz: sie sind in einer höchst suggestiblen Verfassung. Wenn sie nun eine Diagnose eröffnet bekommen, prägt sich die meist tief ein – und wirkt von innen weiter … Ob das nun eine Krankheitsbezeichnung ist, eine Ursachenerklärung, eine Schuldzuweisung oder eine scheinbare Nebenbemerkung: all das prägt das Bild des Klienten von sich selbst, seiner gesundheitlichen Verfassung, seinen Heilungschancen, Zukunftsaussichten usw. Ich habe schon manche Sitzung für einzelne Klienten gebraucht, um solche Verfestigungen und Entmutigungen wieder aufzulösen, die durch Kommentare von Ärzten oder anderen Therapeuten entstanden waren, durch Sprüche wie: "Sie haben die XY-Erkrankung – damit müssen Sie jetzt leben!" oder "Das ist Verschleiß – da kann man nichts mehr machen!" Aber auch wir Psychotherapeuten und Kinesiologen unterschätzen manchmal die suggestive Wirkung unserer eigenen Aussagen, wenn wir z.B. auf bestimmte Kindheitserfahrungen als Ursache für die Entstehung eines Gegenwartsproblems hinweisen. Nicht selten wird das von den Klienten als eine Art Schuldzuweisung verstanden, womit dann der Problemberg eher erhöht statt abgetragen wird!

Ein achtsamer Umgang mit unserer Sprache ist jedoch nicht nur in den Gesprächsphasen, sondern gerade auch in den Behandlungsphasen bedeutsam. Während wir z. B. die Stresslösepunkte auf der Stirn oder andere Reflexpunkte halten, gehen unsere Klienten ohnehin meist in eine leichte Trance, sodass hier der richtige Zeitpunkt für hypnotische Sprachmuster und Interventionen ist, die die Therapieergebnisse optimieren!

Pacing und Leading

Das erste Prinzip, nach dem wir hier vorgehen, wird auch als Pacing und Leading bezeichnet: Wir passen uns in bestimmter Weise der Situation, der Sprache, dem Rhythmus, den Erwartungen unseres Klienten an. Dadurch fühlt er sich verstanden und kann mehr und mehr Vertrauen zu uns gewinnen, sodass er dann innerlich bereit wird, uns auch dahin zu folgen, wo etwas Neues zu entdecken ist.

Beim Pacen fangen wir mit ganz offensichtlichen Beobachtungen an, die wir dem Klienten spiegeln, seine äußere Lage und Körperposition, die Temperatur und die Geräusche im Raum, die Dinge, die er (noch) in seinem Sichtfeld hat usw.

Je mehr wir dann nach innen gehen, desto vager müssen wir mit unseren Behauptungen werden, denn wir wissen ja nicht genau, was unserem Klienten durch den Kopf geht und ob er vielleicht eher aufgeregt und ängstlich oder nur neugierig und schon relativ locker ist. Deshalb kommt hier das zweite Prinzip zur Anwendung:

Verwenden unspezifischer Ausdrücke

Im üblichen Beratungsgespräch ist es oft so, dass die Klienten sich sprachlich eher ungenau ausdrücken – sei es aus Unsicherheit, sei es aus Gewohnheit. Denn in alltäglichen Gesprächen sind wir alle meist nicht besonders präzise. So haben wir als Berater gerade am Anfang eines Gesprächs häufig die Aufgabe, nach konkreten Details zu fragen, um ein einfaches Beispiel zu bitten usw. – damit wir annähernd verstehen, d. h. uns ein Bild machen können von dem, was der Klient schildert: von den äußeren Lebensumständen und seinen inneren Reaktionen, Empfindungen usw.

Wenn ein Klient z. B. sagt, er habe immer wieder "Schwierigkeiten mit seinem Selbstbewusstsein", so wissen wir eigentlich noch gar nichts über ihn. Um ihn annähernd zu verstehen, müssten wir z.B. erfragen

  • welcher Art diese "Schwierigkeiten" sind
  • was er wann in welcher Umgebung als "schwierig" empfindet
  • was er unter "Selbstbewusstsein" versteht
  • woran er das für sich misst und nach welchen Kriterien
  • wann er zufrieden mit sich ist und wann nicht … usw.

Je mehr wir nachfragen, umso mehr helfen wir in der Regel nicht nur uns zu verstehen, sondern auch dem Klienten. Auch seine Wahrnehmung seiner "Schwierigkeiten" wird differenzierter. Entsprechend der Mini-Max-Intervention von Manfred Prior "Immer stimmt nie!" (im Zusammenhang mit Symptomen) kann der Klient durch unsere Erkundigungen meist auch positive Ausnahmen erkennen bzw. für sich herausfinden, was genau ihm evtl. noch fehlt, um sich so selbstbewusst zu fühlen, wie er möchte, oder ob sein Idealbild eines selbstbewussten Menschen vielleicht einfach überhöht ist.

Beim Miltonmodell (den Sprachmustern, die Milton Erickson in seiner Arbeit bevorzugt hat) gehen wir jedoch genau umgekehrt vor! Wir benutzen bewusst Allgemeinplätze und unspezifische Ausdrücke, um dem Klienten einen weiten Rahmen zu geben, den er innerlich dann mit seinen konkreten Erfahrungen und Empfindungen ausfüllen kann. Wir verwenden z.B.

Nominalisierungen:

"Du weißt, dass du eine gewisse Schwierigkeit hast, für die du gerne eine Lösung finden möchtest, und mir ist nicht klar, welche deiner persönlichen Fähigkeiten du am besten benutzen kannst, um diese Schwierigkeiten zu lösen. Aber du kannst deine Erlebnisse durchsuchen, um genau diese benötigten Fähigkeiten zu finden."

Unspezifische Verben und Ausdrücke:

Verben wie z.B. lernen, lösen, verändern, denken, wissen, erfahren, verstehen, erinnern, erleben, sich bewusst machen usw. sind relativ unspezifisch. Wenn man sagt "Du kannst lernen ... ", so bleibt eben offen, wie du lernst, und du kannst deine eigenen Erfahrungen von "lernen" benutzen.

Ursache-Wirkungs-Verkettungen:

Vielfach kann man allein durch sprachliche Verkettung den Zuhörer einladen, zu glauben, dass wegen eines Phänomens notwendigerweise ein zweites folgt. Die einfachsten Verbindungen erfolgen durch "und" oder "während":

  • Du hörst meine Stimme und kannst beginnen loszulassen.
  • Du atmest ruhig ein und aus und das bringt dich immer weiter nach innen.
  • Während du so bequem ausruhst, wirst du gleich beginnen zu träumen.
  • Und während du träumst, taucht eine Lösung wie von selbst auf.
Noch stärkere Wirkungen haben Verben der Verursachung, wie z.B. machen, lassen, bewirken, schaffen, helfen etc. Beispiele:
  • Der Klang meiner Stimme lässt dich noch tiefer entspannen.
  • Die tiefe Ruhe bewirkt eine vollkommene Erholung.
  • Jedes Geräusch vertieft deine Entspannung.
  • Je mehr du die Entspannung genießt, desto mehr hilft sie dir,
  • genau die Erfahrungen zu machen, die du jetzt brauchst.

Vorannahmen:

Implikationen sind normalerweise unhinterfragte Aussagen, die wahr sein müssen, damit der ganze Satz einen Sinn ergibt. Sie sind in der Regel unserer bewussten Aufmerksamkeit entzogen. Beispiele solcher Vorannahmen sind:

  • Falls sich Erinnerungen einstellen, so ist das ganz in Ordnung. (… es gibt Erinnerungen!)
  • Dein alter Glaube hat dich behindert. (… es gibt einen neuen Glauben!)
  • Auch wenn du gleich wieder ganz wach bist, geht das Lernen weiter. (… du hast schon etwas gelernt!)

Die konsequente Anwendung dieser Prinzipien und Sprachmuster lässt uns als Kinesiologen und Therapeuten immer erfolgreicher werden! (… wir sind schon erfolgreich!)

 



Hinweis:
Vom 14. bis 18. August 2008 führe ich wieder einen Grundausbildungskurs durch zum Thema "Hypnose und Kinesiologie – eine ideale Kombinationstherapie".
Ort und Anmeldung: Paracelsus Schule Hannover Telefon 0511/ 388 46 46


Dr. paed. Werner Weishaupt
Dozent und Heilpraktiker für Psychotherapie und Kinesiologie.
Als Leiter des "Zentrums für Angewandte Kinesiologie, Psychotherapie und Körpertherapie" in Salzgitter koordiniert er die Aktivitäten von sechs Kolleginnen – freiberuflich tätige Mitarbeiterinnen in den Bereichen Psychologische Einzelberatung und Psychotherapie, Familienberatung und Familienaufstellung, Lernberatung und Lerntherapie.
In seiner eigenen therapeutischen Tätigkeit liegt der Schwerpunkt bei der Psychosomatischen Kinesiologie für Erwachsene und Kinder sowie der Gruppenarbeit und Supervision.