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Im Zwiegespräch – die eigenen Anteile entdecken

©fizkesDie Angst baut sich auf, stemmt die Hände in die Hüften, zetert und lässt niemanden an sich vorbei. Würde sie nur einen kleinen Schritt zur Seite treten, wäre vielleicht die Sicht frei auf den Mut, die Trauer, die eigenen Wünsche und Ziele.

Der schwarze Ritter namens Angst trägt ein Schutzschild in der einen und ein Schwert in der anderen Hand. Sein grimmiger Gesichtsausdruck verrät, dass er nicht dazu bereit ist, jemanden an sich vorbeizulassen – weder in die eine noch in die andere Richtung.

Hinter ihm kauert eine Gestalt auf dem Boden. Sie trägt den Namen Mut. Ihre Körperhaltung zeigt, dass sie sich mit der Situation abgefunden hat, hinter dem schwarzen Ritter zu bleiben und ihm den Vortritt zu lassen. Ein Kampf kommt ihr sinnlos vor. Sie fühlt sich dem mächtigen Gegner nicht gewachsen und bleibt lieber im Hintergrund.

Unruhig läuft ein kleines Kind – die Trauer – zwischen dem Ritter und der Gestalt hin und her. Es versucht am schwarzen Ritter vorbeizukommen. Der stellt sich ihm aber in den Weg. „Ich will nur dein Bestes. Bleib, wo du bist“, herrscht er das Kind an. „Aber lass mich doch vorbei, ich will gesehen werden“, antwortet das Kind etwas eingeschüchtert, aber es liegt auch Trotz in der Stimme.

„Solange du da stehst, wird sich nie etwas ändern“, meldet sich eine ältere Frau mit warmem Lächeln zu Wort. Ihr Name ist: Hoffnung. Der schwarze Ritter runzelt die Stirn. „Wenn das Kind einen Schutz hätte, wäre ich ja zumindest bereit, ein kleines Stück zur Seite zu treten und es ausprobieren zu lassen, wie es ist, in den Vordergrund zu treten“, erwidert er, nachdem er die ältere Frau eine Weile betrachtet hat und sich plötzlich nicht mehr so stark und übermächtig fühlt. Wer könnte der liebevolle Schutz sein, den das Kind braucht, um sich zu zeigen? Die liebevolle Mutter erscheint, nimmt das Kind an die Hand. Sie ist der erwachsene Anteil.

So oder so ähnlich könnte eine Situation im inneren Dialog auf einer sich in der Imagination vorgestellten inneren Bühne ablaufen. Mit diesen Metaphern lässt sich das innere Erleben verdeutlichen. So zeigt sich, welche Machtverhältnisse der eigenen Anteile bei bestimmten Ereignissen und Vorkommnissen herrschen, und mit dieser Methode lässt sich das eigene Verhalten besser verstehen. Unsere inneren Anteile können wir uns wie in einem Team vorstellen. Und wie in einem Team haben auch dort die Mitglieder verschiedene Funktionen.

Die Diplom-Psychologin Dagmar Kumbier benennt beispielhaft die Anteile und gibt ihnen so einen festen Namen, der auch die Funktion auf den ersten Blick verdeutlicht. Je nach eigenen Vorstellungen und mit den eigenen Worten lassen sich diese beschreiben – z.B. der Sicherheitsbeauftragte, der Extrovertierte, der Kreative, der Gute-Laune-Verbreiter, der Unbekümmerte, der Pflichterfüller, die Fröhliche, die Trotzige, die Gelassene, die Strenge, die Selbstständige. Hilfreich ist dabei, sich das Alter des jeweiligen Anteils klarzumachen.

So lassen sich kindliche von erwachsenen Anteilen unterscheiden. Es reicht ein Satz unseres Gegenübers und innerhalb kürzester Zeit laufen unbemerkt Reaktionen in uns ab. Wenn wir diese Reaktionen und ihr Resultat in Form von Mimik, Gestik, Verhalten oder Worten verstehen wollen, hilft es uns, einen Blick in uns zu werfen.

Daher ist es spannend, den Fokus auf die innere Bühne zu richten und zu sehen, welche Anteile momentan präsent sind, wer welchen Platz einnimmt und wie sie agieren. Auf diese Art und Weise lassen sich auch Ressourcen erkennen, die sich in bestimmten Situationen versteckt halten, und die Dynamik dahinter verstehen.

Erscheint eine Stimme unter den Anteilen aus einer Beobachterposition heraus betrachtet als unverhältnismäßig laut oder starr, kann es sich lohnen, diese genauer zu betrachten. Laute Anteile können bereits dadurch etwas leiser werden, dass sie gehört werden. Sie wollen gesehen und in ihrer Funktion gewürdigt werden. Beschützen sie etwas? War dies in der Vergangenheit sinnvoll, wird heute diese Vehemenz nicht weiter benötigt, da es heute den erwachsenen Anteil gibt, der reflektieren und den Dialog leiten kann – das Selbst? Wie Dagmar Kumbier beschreibt, ist es am einfachsten dadurch zu erkennen, dass es liebevoll mit allen Anteilen umgeht, sich selbst beobachtet, selbst reflektiert und zwischen den Anteilen vermittelt. Erwachsene Anteile schließen Kompromisse.

Wer ist diese Angst, woher kommt sie und warum ist sie in bestimmten Situationen so dominant? Und wer hätte wirklich gute Chancen, gegen sie anzutreten? Es gibt nicht nur einen Anteil. Je nach Situation stehen unterschiedliche Anteile im Vordergrund. Und auch wenn einer ganz groß ist, sind die anderen weiterhin vorhanden – wenn vielleicht auch versteckt - aber nie ganz verschwunden. So lohnt es sich, auch Situationen zu betrachten, die wir mögen, in denen wir uns wohlfühlen.

Dann zeigt sich ein gewünschter Zustand, den unser Körper kennt, der also vorhanden ist und der auch wieder erweckt werden kann.

So können wir z.B. in einer Meditation ein Stück zurücktreten und unser inneres Schauspiel betrachten. Wir geben Gefühlen eine Gestalt und können hinter sie schauen, sie verändern oder genau analysieren. Mit Neugier, einem Meditationskissen und ein bisschen Zeit und Ruhe lässt sich der eigene Film mit Aha-Effekt entdecken.

Auch in der Hypnosetherapie zeigen sich diese inneren Bilder. Vielleicht erscheint bei der Betrachtung eines Themas oder einer Situation im ersten Moment erst nur ein diffuser Nebel. Unser Unterbewusstsein weiß, welchen Namen es ihm geben möchte. „Angst, Trauer, Zuversicht.“ Und es weiß, wie groß dieser Gegenstand, diese Gestalt oder dieser flüchtige Stoff ist, welche Farbe er hat, wie nah oder weit weg er sich befindet und wo genau in Bezug zur eigenen Person. Schwelt er hinter der Person im Nacken oder steht er stark und zuversichtlich an der Seite?

Es ist also nicht entscheidend, in welcher Form sich etwas auf der inneren Bühne zeigt. Alles hat so seinen Sinn – auch wenn es im ersten Moment unsinnig erscheinen mag. Anstatt es zu bewerten und nach neueren sinnvolleren Bildern zu suchen, ist es wichtig, sich darauf einzulassen. Da hilft der Zustand der Trance in der Hypnose.

Wer gerne spielerisch sich selbst entdecken möchte, kann Übungen in den Alltag integrieren und auf diesem Weg sich selbst näherkommen. Eine Möglichkeit ist es, sich bequem hinzusetzen, die Augen zu schließen, sich zunächst auf die Atmung zu konzentrieren, bis diese ganz tief und gleichmäßig ist, und sich dann das Thema vorzunehmen.

Beispiel: „Warum habe ich heute Morgen so harsch reagiert, als ich auf dem Weg zur Arbeit angesprochen wurde?“

Die einfachste Erklärung wäre sicherlich: „Ich war einfach müde“. Durchaus plausibel – wenn das der tatsächliche Grund war und nicht lediglich eine schnelle Erklärung, die keines zweiten Blickes bedarf. Und das lässt sich nun auf einer spannenden Reise herausfinden.

In der Vorstellung könnte dann eine Bühne erscheinen, auf der die eigene Person steht. Wenn der Blick die ganze Bühne in Augenschein nimmt, gibt es vielleicht noch weitere Gestalten oder Formen auf dieser Bühne. Wie sehen sie aus? Wie fühlt es sich an, sie zu betrachten? Bewegen sie sich oder bleiben sie starr? Wo befinden sie sich? Mit Neugier lassen sich auch dunkle Gestalten erkunden. Sind alle wichtigen Akteure da oder fehlt jemand? Fühlt es sich vollständig an? Wenn nicht, kann der Fehlende explizit hinzugebeten werden. Entspricht das Bild so den Wünschen oder was müsste sich verändern, damit sich die Situation gut anfühlt?

Wer müsste dann größer oder kleiner werden oder den Platz verändern? Ist das von ganz alleine möglich oder was braucht es, damit das so passieren kann. Müsste dafür noch ein weiterer Akteur auf die Bühne geholt werden z.B. „Mut“ oder „Vertrauen“? Verändert sich etwas, wenn sie mit ins Spiel kommen, und wo müssten sie sich platzieren, damit es sich gut anfühlt? Wichtig ist, mit dem Bild die Übung zu beenden, das stimmig ist. Für komplexe Fragen, schwierige Gefühlszustände oder wenn Unsicherheiten auftreten, ist es ratsam, sich von einem ausgebildeten Hypnosetherapeuten begleiten zu lassen.

Mit dem Verständnis für die inneren Abläufe wird es möglich, Konstellationen zu verändern. Das bedarf allerdings der Übung. Wenn die neuen inneren Bilder einmal erzeugt wurden, können sie in vergleichbaren Situationen wieder hervorgerufen werden. Mit jeder erneuten Aktivierung festigt sich das neue Bild. Wie bei dem Erlernen einer neuen Sportart funktioniert das mal besser und mal schlechter. Veränderungen zu verinnerlichen, braucht Zeit. Vor allem, wenn die alten Reaktionsmuster bereits fest ausgefahrene Autobahnen sind.

Friederike HillerFriederike Hiller
Heilpraktikerin für Psychotherapie, Praxis für psychologische Beratung und Hypnosetherapie in Kiel

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Foto: ©fizkes