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Berührungs-Ängste überflüssig!

Was dürfen BeraterInnen und TherapeutInnen?

Immer wieder wurde ich bei Fachfortbildungen von studierenden und auch bereits praktizierenden KollegInnen mit der Frage konfrontiert, ob es Psychologischen BeraterInnen erlaubt sei, Ihre KlientInnen anzufassen – außer zum Händeschütteln bei der Begrüßung und der Verabschiedung. Man habe in der Ausbildung oder aus anderen Quellen gehört, jede andere Form der Berührung im Rahmen von Beratung oder Psychotherapie sei ausschließlich Ärzten oder (Voll)- Heilpraktikern vorbehalten. Das ist so nicht richtig und würde unsere Arbeitsmöglichkeiten unnötig einengen! Methoden wie z.B. die Psychologische Kinesiologie, Übungen aus dem NLP, Atem- und Entspannungstraining usw. dürften dann nämlich von BeraterInnen nicht mehr in der Begleitung ihrer KlientInnen genutzt werden.
Das Thema bedarf aber einer differenzierten Betrachtung unter verschiedenen Gesichtspunkten.

1. Berührung als Sprache der Begegnung

Der Berührungs- und Tastsinn gehört zu den ersten Wahrnehmungsmodalitäten, die sich beim Embryo entwickeln. „Schon in der achten Woche im Mutterbauch sind beim Menschen die Tastzellen entwickelt, lange vor denen fürs Sehen oder Hören, und so klingen beim Massiertwerden womöglich Erinnerungen an ganz frühe Zustände des Urvertrauens und der Geborgenheit an”, schreiben Grefe und Thomas in „Geo Wissen: Sinne und Wahrnehmung”. Das Bedürfnis nach Berührung – körperlich, geistig und emotional – ist von klein auf tief in uns verwurzelt. Eric Berne und die Transaktionsanalyse sprechen vom elementaren Hunger nach „Streicheleinheiten”, der uns Menschen dazu bringt, alle möglichen psychologischen und neurotischen „Spiele” zu spielen, deren Auflösung dann Thema und Aufgabe in Beratung und Therapie sind. „Berührungen sind die Sprache des Körpers und der Schlüssel zur Welt der Sinne. Selbst etwas berühren, tasten, fühlen und hautnah erleben heißt Erfahrungen machen, Lernen. Hände sprechen die Ursprache, die Sprache der Haut, der Berührung. Hautkontakt und Nähe schaffen Vertrauen, schenken Wärme, regen Durchblutung und Stoffwechsel an...Haut und Seele stehen direkt miteinander in Verbindung.” (Jutta Keller, Facial Harmony, in „Natur und Heilen”, Heft 4/2002, S.34)
Auf die lebensbejahende Kraft der Berührung in der Kommunikation mit unseren KlientInnen zu verzichten, würde uns vieler Kontakt- und Unterstützungsmöglichkeiten berauben. Respektvolle und achtsame Berührungen vermögen die Selbstakzeptanz der KlientInnen oft deutlicher, eben „spürbarer” zu stärken, als viele rein verbale Beteuerungen. Dies gilt in besonderem Maße für diejenigen unter ihnen, die „kinästhetische” Typen sind (wie noch fast alle Kinder) und deren Hauptrepräsentationssystem eben nicht visuell oder akustisch ist. (Erkenntnisse aus dem NLP / NeuroLingustisches Programmieren) Im Rahmen einer ganzheitlichen Kommunikation steht es also jeder Beraterin und jedem Berater frei, je nach ihrem/seinem persönlichen Begegnungsstil und der Vertrautheit mit seinen KlientInnen, sie in bestimmten Phasen des Beratungsprozesses z.B. zum Trost, zur Beruhigung oder zur Ermunterung auch anzufassen und durch diesen körperlichen Kontakt zu unterstützen! In diesem Zusammenhang gibt es meines Wissens auch keine rechtlichen Bedenken. Rechtsfragen tauchen da auf, wo es um Berührungen geht, die der Art und Intention nach „heilend” sind - wie z.B. beim Reiki, Shiatsu oder anderen Formen der Körpertherapie.

2. Rechtsgrundlagen für Beratung und Psychotherapie

Die Entwicklung unserer Rechtssprechung verläuft dynamisch und insofern nicht immer ganz einheitlich. Das hängt damit zusammen, dass wir es auf der einen Seite mit bestimmten Gesetzen und Rechtsvorschriften (z.B. von Ministerien – und da manchmal je nach Bundesland unterschiedlichen) zu tun haben, und auf der anderen Seite mit bestimmten Gerichtsurteilen, die jeweils von besonderen Einzelfällen und Fragestellungen her auch zu grundsätzlichen Entscheidung gekommen sind.
Wie sieht die gesetzliche Lage aus?
Erlaubnispflichtig ist jede berufsmäßig ausgeübte Tätigkeit, die im Sinne des Heilpraktikergesetzes eine heilende, schmerzlindernde oder Leiden (auch seelische Leiden!) lindernde Behandlung ist oder mit einem Heilungsversprechen oder einer Krankheitsdiagnose verbunden ist. (§ 1 Abs.2 HPG vom 17.2. 1939) Durch verschiedene Gerichtsurteile gerade auch aus jüngster Zeit ist diese Bestimmung so ausgelegt worden, dass praktisch alle Behandlungsformen, die in der öffentlichen Literatur von Fachkreisen als „heilende Methoden” beschrieben werden, Ärzten und Heilpraktikern vorbehalten sind. Das betrifft z.B. die Anwendung von „Reiki”, „Bachblütentherapie” oder „Fußreflexzonentherapie”, weil sie in der Regel als heilenergetische Methoden beschrieben werden, die ausdrücklich zur Linderung bestimmter Symptome oder zur Heilung von Krankheitszuständen eingesetzt werden. Das gilt auch dann, wenn man sein Angebot nur an „gesunde” Menschen richtet. Denn – so argumentieren die Gerichte – die Beurteilung, ob eine Person gesund ist und man an ihr eine bestimmte körperlich wirksame Methode anwenden darf, setzt letzten Endes diagnostische Fähigkeiten des Behandlers voraus. Schon vor Jahren wurde darüber hinaus behördlich festgelegt, dass auch bloßes „Handauflegen” als Heilmethode dann unter das Verbot des HPG fällt, wenn es eben „zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen” ausgeübt wird. Dabei komme es auch nicht darauf an, ob „richtige” Diagnosen medizinischer Art gestellt oder entsprechende Ratschläge erteilt würden. Entscheidend sei, dass die Tätigkeit oder Methode auf Heilung oder Linderung von Krankheiten, Schmerzen und Leiden abziele bzw. beim Behandelten dieser E i n d r u c k erweckt werde (wie z.B. bei sog. „Geistheilung”). (Mitteilung Gesundheitsamt der Stadt Salzgitter, 8.2.1995)

Auf dem Hintergrund dieser gerichtlichen oder behördlichen Aussagen erscheint der Ratschlag berechtigt, in der Psychologischen Beratung Klienten besser nicht zu berühren – jedenfalls nicht im Sinne methodisch eingesetzter Behandlungen. Der Sinn der o.g. Vorschriften in Bezug auf solche „heilenden” Berührungen liegt in erster Linie darin, Schaden von Patienten oder Ratsuchenden abzuwenden, indem z.B. ernsthafte Erkrankungen nicht erkannt, einer medizinischen Behandlung nicht zugeführt oder Kontraindikationen für bestimmte Behandlungen nicht beachtet werden. Und ich denke, dass jedes Mitglied unseres Verbandes diesem Ziel und Zweck nur zustimmen kann. Ist damit aber schon jede Methode für Nicht-Heilpraktiker verboten, die „Berührung” und „Behandlung” einschließt? Offensichtlich nicht, wie die Anfrage einer deutschen Massageschule an verschiedene Behörden und deren Antworten zeigen: Im Jahr 1999 wandte sich Frank B. Leder als Leiter der „TouchLife-Schule” an Gesundheitsämter und Ministerien mit der Bitte um eine r e c h t s v e r b i n d l i c h e Auskunft darüber, „wie es sich mit der Ausübung der Massage für Gesunde (im Sinne von vorbeugender Behandlung, Entspannungs- und Wellnessmassage...) verhält, wenn diese ‚Gesundmassage’ von nicht-medizinischen BehandlerInnen angeboten wird”. (Quelle: www.touchlife.de/rechtsgrundlagen.htm) In seiner Anfrage machte er deutlich, daß die Absolventen seiner Schule LaienbehandlerInnen sind, also ohne staatliche Ausbildung oder Prüfung als Masseur, Physiotherapeut, Krankengymnast oder Arzt, und dass sie keine medizinische Massage auf Anweisung eines Arztes durchführen, sondern eine neue (und zugleich uralte) Form der Dienstleistung, bei der sie „natürlich in Wort und Tat die Grenzen der Gesundbehandlung kennen und einhalten, also keine Heilungsversprechen abgeben, nicht diagnostizieren und kranke, pathologische Zustände generell nicht behandeln bzw. im Zweifel zur Abklärung an einen Mediziner verweisen. ” Ort der Durchführung können sowohl Fitnesseinrichtungen, Hotels, Schwimmbäder, aber ebenso auch eigene Behandlungsräume sein – Gewerbeanmeldung für diese Tätigkeit vorausgesetzt. Interessant sind nun die offiziellen Stellungnahmen, z.B. vom Regierungspräsidium Darmstadt vom 16.7.1999: Bei der beschriebenen Tätigkeit handelt es sich „... um eine Massagedienstleistung, die sich an gesunde Menschen richtet und zu reinen Entspannungszwecken (Wellnessbereich) durchgeführt wird. Dafür ist weder eine staatliche Anerkennung als Masseur, noch eine Heilpraktikererlaubnis erforderlich.” Das Bundesministerium für Gesundheit schrieb am 21. Juni 1999:...“Im Rahmen der sog. Wohlbefindensmassage (Wellnessbereich) gilt: Hierbei werden keine Krankheiten, Leiden oder Körperschäden behandelt, so dass es sich nicht um Heilkundeausübung handelt. Wohlbefindensmassagen dürfen daher von Masseuren durchgeführt werden. Da das Masseur- und Physiotherapeutengesetz, das die Ausbildung zu dem Beruf des Masseurs regelt, diesem keine Tätigkeiten vorbehält, dürfen auch andere Personen Wohlbefindensmassagen durchführen.”

Es versteht sich von selbst, dass auch wir als Psychologische BeraterInnen in Wort und Tat die Grenzen der Beratung von Gesunden kennen und einhalten, also keine Heilungs- und Erfolgsversprechen abgeben, psychische oder psychosomatische Leiden nicht diagnostizieren und kranke, psychopatho-logische Zustände generell nicht behandeln bzw. im Zweifel zur Abklärung an einen Mediziner verweisen!
Es wäre aber durchaus denkbar und nach den oben zitierten behördlichen Stellungnahmen rechtlich möglich, dass wir – mit einer entsprechenden Zusatzausbildung für diesen Bereich – unser Angebots-spektrum in der Beratungspraxis durch eine solche ganzheitliche Massage erweitern, bei der (so Frank B. Leder) „verhärtete Denkstrukturen...ebenso wieder ins Fließen gelangen, wie Muskeln durch die Massage wieder weicher werden... Gefühle ins Fließen kommen und ein verdrängter Teil des Selbst wieder bewusst wird. ” (Quelle wie oben!)

Auf jeden Fall darf der „Heilpraktiker für Psychotherapie” ohne rechtliche Komplikationen fürchten zu müssen, solche körperpsychotherapeutischen Methoden in seine Arbeit integrieren, heißt es doch in der immer wieder in Rechtsgutachten und Gerichtsurteilen zugrundegelegten Definition von Strotzka: „Psychotherapie ist ein bewusster und geplanter interaktioneller Prozess zur Beeinflussung von Verhaltensstörungen und Leidenszuständen, die in einem Konsensus (möglichst zwischen Patient, Therapeut und Bezugsgruppe) für behandlungsbedürftig gehalten werden, mit psychologischen Mitteln (durch Kommunikation) meist verbal, aber auch averbal (Hervorhebung von mir: W.W.), in Richtung auf ein definiertes, nach Möglichkeit gemeinsam erarbeitetes Ziel (Symptomminimalisierung und/oder Strukturveränderung der Persönlichkeit) mittels lehrbarer Techniken auf der Basis einer Theorie des normalen und pathologischen Verhaltens.” (zit. In: Behnsen/ Bell/ Best/ Gerlach/ Schirmer/ Schmidt (Hg.) „Management Handbuch für die psychotherapeutische Praxis”, Heidelberg 2001, S. 1090) Zu den „averbalen” Kommunikationsformen in der Psychotherapie würden z.B. Mal- und Kunsttherapie gehören, aktive und passive Musiktherapie, Tanz- und Bewegungstherapie und die verschiedenen Formen der sogenannten Körperpsychotherapie wie z.B. Atemtherapie und Rebirthing, Biodynamik und Bioenergetik, Heileurythmie und Hakomi usw. – Therapieformen, die auch „heilende” Berührungen beinhalten. Dabei ist natürlich immer vorausgesetzt, dass der Heilpraktiker mit der Zulassung eingeschränkt auf den Bereich der Psychotherapie entsprechende Aus- und Fortbildungen für diese speziellen Methoden besitzt und sie fachkundig anzuwenden weiß.

Den Handlungsraum für Psychologische Beratung finden wir in § 1 des „Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten” definiert, wenn es dort heißt (letzter Satz): „Zur Ausübung von Psychotherapie gehören nicht psychologische Tätigkeiten, die die Aufarbeitung und Überwindung sozialer Konflikte oder sonstige Zwecke außerhalb der Heilkunde zum Gegenstand haben. ” Hintergrund für diese Bestimmung ist, dass der Gesetzgeber nicht alles, was z.B. in Erziehungs-, Ehe- und Lebensberatungsstellen aber auch in freien Praxen an fachlicher mitmenschlicher Hilfe geleistet wird, „therapeutisieren” und unter Gesetzesvorbehalte stellen wollte. Das wird z.B. deutlich in dem „Forschungsgutachten zu Fragen eines Psychotherapeutengesetzes” im Auftrag des BMJFFG von A.-E. Meyer, R. Richter, K. Grawe, J.-M. Graf v.d. Schulenburg, B. Schulte (Hamburg 1991, S. 26/27), das im Vorfeld der gesetzlichen Neuregelung wesentliche Sachverhalte klärte und in dem es u.a. heißt: „Nur dann, wenn die Aktivitäten des Psychologen auf Krankheiten abzielen, erfordern diese eine rechtliche Regelung...in Anlehnung an die Psychotherapie-Richtlinien schlagen die Gutachter vor, solche Maßnahmen, die nicht zum Erkennen, zur Verhinderung, Heilung oder Besserung (inklusive Rehabilitation) einer Krankheit bestimmt sind, nicht unter dem Begriff der Krankenbehandlung zu subsumieren... Dies gilt insbesondere für alle Maßnahmen, die ausschließlich zur beruflichen Anpassung oder Förderung bestimmt sind, bei Erziehungs-, Familien-, Partnerschaftsproblemen, soweit diese als übliche Folgen einer seelischen oder körperlichen Erkrankung zu verstehen sind. Hierzu gehören auch vorbeugende Maßnahmen, solange sich diese auf die Beratung im Rahmen von Präventions- und Gesundheitsvorsorgeprogrammen beschränken... Beziehungsstörungen können Ausdruck einer behandlungsbedürftigen Krankheit sein; nicht alle Lebensprobleme, Partnerschaftskonflikte, Reifungskrisen sind jedoch als seelische Krankheiten zu werten. Solche Beziehungsstörungen und Entfremdungen sind häufig phasentypische Lebensereignisse, bei denen entsprechende Beratungsgespräche, nicht hingegen eine Psychotherapie indiziert ist” .(Hervorhebung von mir: W.W.)

3. Praktische Folgerungen

Um Schwierigkeiten mit anderen Berufsgruppen und den Gesundheitsämtern als Aufsichtsbehörden zu vermeiden, wird es also generell für jede Psychologische Beraterin und jeden Psychologischen Berater darauf ankommen, die eigene Tätigkeit klar als einen Bereich zu definieren und auch nach außen hin darzustellen, der sich auf die „Hilfe bei der Überwindung und Aufarbeitung sozialer Konflikte” und/oder „sonstige Zwecke außerhalb der Heilkunde” bezieht. Solche Zwecke können z.B. sein:

  • Partnerschafts- und Eheberatung, Beratung bei Beziehungskrisen und –konflikten, Hilfe bei der Gestaltung des Miteinanders auf den verschiedenen Ebenen der Intimität: von der partnerschaftlichen Arbeitsteilung bis zur harmonischen Sexualität

  • Unterstützung bei der Auseinandersetzung mit der Herkunftsfamilie und für das Zusammenleben der Generationen, bei der Klärung verwandtschaftlicher Beziehungen („meine Familie – deine Familie”) usw.

  • Trennungs- und Scheidungsberatung im Sinne von Mediation ( nicht im juristischen Sinne), Begleitung bei einem geordneten „Auseinandergehen”, ggf. Unterstützung bei der Wahrnehmung der Verantwortung für die Kinder („gemeinsame Elternschaft”)

  • Erziehungs- und Familienberatung zur Verbesserung des Zusammenlebens, vor allem in schwierigen Lebensphasen oder besonderen Belastungssituationen wie z.B. bei chronisch kranken oder behinderten Familienmitgliedern, bei familiären Umbrüchen, bei „Patchworkfamilien” usw.

  • Beratung bei Schwierigkeiten im Beruf, insbesondere bei beruflichen Belastungen, Veränderungen und Entscheidungen, bei Mobbing, Outplacement usw.

  • Coaching und Training zur Verbesserung der beruflichen Leistung und Position und zur Entwicklung zwischenmenschlicher und sozialer Kompetenz

  • Beratung bei Arbeits- und Leistungsstörungen – auch im schulischen Bereich, Konzentrations- / Entspannungs- / Prüfungstraining

  • Beratung bei Selbstwertproblematik oder sonstigen persönlichen Schwierigkeiten, bei Reifungskrisen, existentiellen Unsicherheiten, Lebens- und Sinnfragen

  • Gesundheitsberatung zur Umstellung auf eine gesunde Ernährung, Entspannung, Bewegung, Lebensführung insgesamt

  • Unterstützung bei Selbsterfahrungs- und Selbstfindungsprozessen, bei der Entfaltung kreativer Fähigkeiten und Begabungen, bei der Entwicklung neuer Interessen und Ressourcen, beim Erschließen spiritueller Wege und Dimensionen

  • Unterweisung von Selbsthilfetechniken in den Bereichen Psychohygiene und geistige Schulung über Entspannungs- und Meditationsverfahren bis hin zu körperbezogenen Methoden wie z.B. Yoga, Shiatsu, Reflexzonenmassage – und zwar sowohl für einzelne Schüler oder Teilnehmer wie für Gruppen.

Dieser letzte Punkt ist nun nicht als „Trick” oder juristisches „Schlupfloch” zu verstehen, um nun doch als Nicht-Heilpraktiker andere Menschen mit diesen Methoden „behandeln” zu dürfen. Das würde im Konfliktfall vor Gericht sicher nicht bestehen können. Wer diese Verfahren benutzen will, um andere Menschen zu h e i l e n, kommt um die HP-Prüfung nicht herum! Und zwar letzten Endes nicht nur aus juristischen, sondern auch aus ethischen Gründen: es geht um Ehrlichkeit im Umgang mit uns selbst und den Klienten, die sich uns anvertrauen und wissen sollten, auf was sie sich einlassen. Von psycho- oder körpertherapeutischer Heilbehandlung ist aber klar nicht nur die psychologische Beratung (bei der „Aufarbeitung und Überwindung sozialer Konflikte”) sondern auch die pädagogische Aufgabe der Vermittlung bestimmter Techniken zur Persönlichkeitsbildung und zur Gesundheitsförderung („sonstige Zwecke außerhalb der Heilkunde”) zu unterscheiden. Auch das Geben ganzheitlicher Wohlfühl-Massagen (wie oben beschrieben) gehört zu diesem Bereich „außerhalb der Heilkunde”. Wir sind hier in einer anderen, einer lehrenden oder die Selbsterfahrung und Erholung fördernden oder die Persönlichkeitsentwicklung unserer Klienten begleitenden Rolle. Grundsätzlich gilt wohl aus einer übergeordneten Perspektive, was der Sozialwissenschaftler und Hypnotherapeut Prof. Dr. Karl-Ludwig Holtz schreibt: „Beratung und Therapie sind settings, in denen Hilfesuchende auf (professionelle) Helfer treffen. Zumeist werden Problemlagen thematisiert, im günstigsten Fall wird ein Auftrag formuliert, bestenfalls werden gemeinsame Lösungen erarbeitet... Was die Beteiligten als Therapie und was als Beratung definieren, hängt demnach von einem sozialen Konstruktionsprozeß ab, in dem die Rollenerwartungen, die gemeinsamen Vereinbarungen und die jeweilige Problemsicht entscheidende Determinanten sind. ” („Beratung und Therapie – ein Unterschied, der einen Unterschied macht”, in: M.E.G.aPhon Nr. 30, München 1999, S.8) Mit anderen Worten:
Wenn wir unsere Dienstleistung klar als Beratung und Unterweisung definieren und ausweisen – und zwar durchgängig den Behörden (Finanzamt, Gewerbeamt), der Öffentlichkeit (Werbung, Selbst-darstellung) und möglichen Interessenten und Klienten gegenüber – wenn wir uns selbst als Berater und Begleiter, als Vermittler und Förderer – und nicht heimlich doch als „Therapeuten” oder „Heiler” verstehen und wenn wir bei unserem Klientel nicht den Eindruck erwecken, es ginge letzten Endes doch um „Heilung” oder „Alternativmedizin”, sind wir auf der sicheren Seite und können uns in diesem Rahmen sogar bestimmte Berührungen oder Behandlungen bei unseren Klienten erlauben, die zu psychologischen Techniken gehören, wie z.B. das „Anker setzen” beim NLP oder das „Muskel testen” in der Kinesiologie. Diese Techniken werden beim beruflichen Coaching und Training mindestens so häufig genutzt wie in der Psychotherapie, ohne dass das Erste durch die Anwendung dieser Verfahren gleich zum Zweiten, nämlich zur „Therapie” würde. Denn dafür sind alle anderen Elemente des Settings (Ziel, Auftrag, Rahmen, Selbstverständnis der Beteiligten) zu unterschiedlich. So wie die Anwendung psychologischen Wissens nicht automatisch schon Psychotherapie ist, sondern nur wenn sie bezogen auf eine Psychopathologie erfolgt, so ist auch die Nutzung gezielten Körperkontakts in der Beratungssituation nicht automatisch Therapie als "Ausübung von Heilkunde”. (Vgl. dazu auch : Gerhard Tiemeyer, „Gesundheitspraxis und Psychotherapie” in: Resonanzen, Heft 5/2000, S.23, Verbandszeitschrift der „Deutschen Gesellschaft für Alternative Medizin e.V.) ”
Ich will das praktisch noch einmal am Beispiel der Angewandten Kinesiologie erläutern, deren Hauptarbeitsinstrument der sog. Muskelfunktionstest ist, ein Vorgehen, das ursprünglich aus dem Bereich der Chiropraktik (nach Dr. George Goodheart) stammt, in den letzten Jahrzehnten aber in den unter-schiedlichsten Bereichen zu nutzen gelernt wurde: Die Muskelreaktion in z.B. den Armen oder Beinen der getesteten Person auf einen stets gleichmäßig ausgeübten Druck der testenden Person („angeschaltet” oder „abgeschaltet”) lassen präzise Rückschlüsse zu auf eventuell vorhandene Energieblockaden bzw. auf Einflussfaktoren, mit denen die getestete Person konfrontiert wurde – ob es nun bestimmte Farben Formen, Gedanken, Bilder, Erinnerungen, Gefühle, Empfindungen, Worte, Töne und Sätze sind oder bestimmte Substanzen wie Lebensmittel, Kleidungsstücke, Chemikalien, Aromastoffe usw. oder auch bestimmte Schwingungsfrequenzen, wie die von Handys und Computern genauso wie die von Bachblüten oder Homöopathika. Allein diese Aufzählung macht schon deutlich, dass das gleiche Instrument „Muskeltest“, bei dem der Testende die Testperson natürlich berührt, in ganz unterschiedlichen Bereichen genutzt werden kann, um das „Lebensförderliche“ vom „Lebensfeindlichen“ zu unterscheiden.

Dr. D. Klinghardt berichtet in seinem Buch „Psycho-Kinesiologie“ davon, dass schon die Maya-Indianer auf diese Weise trinkbares von nicht-trinkbarem Quell- oder Flusswasser unterschieden hätten. Wegen dieser „universellen“ Nutzbarkeit wird das Muskelbiofeedback als eine Form nonverbalen Kommunikation längst nicht mehr nur im medizinischen oder psychologischen Kontext zu diagnostischen Zwecken eingesetzt, wobei man hier – stets mit dem Einverständnis der getesteten Person - sehr präzise auch herausfinden kann, was zur Behandlung eines bestimmten Symptoms oder zur Erreichung eines bestimmten therapeutischen Ziels am Besten zu tun ist.

Die Methoden der Kinesiologie, zu denen auch verschiedenste Ausgleichsübungen und Balancetechniken gehören, sind also längst nicht mehr auf das Gebiet der Heilkunde beschränkt. Vielmehr bedienen sich inzwischen die unterschiedlichsten Berufsgruppen dieser Werkzeuge wie z.B. Architekten und Dekorateure, Musiker, Künstler und Sportler, Manager, Lehrer und Trainer. Gerade hier zeigt sich, dass die Angewandte Kinesiologie nicht nur bei Problemen hilft, sondern auch bei der Entfaltung der Persönlichkeit, beim Erschließen von Ressourcen, beim Vervollkommnen vorhandener Fähigkeiten, bei der Veränderung einengender Überzeugungen und Lebensmuster und beim Entdecken gesunder Lebensalternativen. Die Art der kinesiologischen Anwendung richtet sich im Wesentlichen nach dem beruflichen Hintergrund des Anwenders. So kann z.B. ein Zahnmediziner bei seinen Patienten Materialunverträglichkeiten testen, Herde aufspüren und die Kiefermuskeln entspannen.

Der „Beratende Kinesiologe“ arbeitet dagegen professionell im pädagogisch-psychologischen Bereich vorwiegend mit Themen wie: Lern- und Erfolgsberatung, Lebens- und Krisenberatung, Motivations- und Konzentrationstraining, Selbsterfahrung und Selbsthilfe, Beziehungs- und Stressmanagement. Um dies deutlich zu machen, hat der „Verband für Kinesiologie e.V.“ 4 Ausbildungs- und Berufsfelder definiert, die alle außerhalb der Heilkunde liegen: die „gesundheitsfördernde“ Kinesiologie, die „lebensberatende“, die pädagogische“ und die „Sport- und Wellness“-Kinesiologie. Für sie alle gilt, was sich aus den obigen Ausführungen ergibt: „Berührungsängste überflüssig!“

Dr.paed. Werner Weishaupt
Dozent für Psychotherapie
Zentrum für Angewandte Kinesiologie
Petershagener Str. 50 - 38259 Salzgitter
Tel. 05341 / 392715
www.kinesiologie-sz.de
Stand: 2002