Skip to main content

Welche Berufs- und Prasisbezeichnungen sind verwendbar?

2006-02-praxisbezeichnung1

Nach wie vor herrscht große Unsicherheit darüber, welche Berufs- und Praxisbezeichnungen unangefochten verwendet werden dürfen – insbesondere bei der Berufsgruppe der "Heilpraktiker für Psychotherapie". Diese Unsicherheit kommt nicht von ungefähr, sie wird vielmehr immer wieder von verschiedenen Seiten geschürt. Drei Beispiele:
  • Da berichten mehrere Prüflinge aus München, dass der Amtsarzt ihnen am Ende der Zulassungsprüfung zur "Ausübung der Heilkunde beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie" direkt untersagt habe, zukünftig die Bezeichnung "Heilpraktiker für Psychotherapie" zu führen. Ähnliche Meldungen erhielten wir aus anderen bayrischen Städten, aber auch z. B. aus Brandenburg.


  • Da schreiben mehrere Landespsychotherapeutenkammern (u. a. aus Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz) Kolleginnen an und wollen ihnen bei Strafandrohung untersagen, die Bezeichnung "Praxis für Psychotherapie" zu nutzen.


  • Da wenden sich Kollegen an unser Service- Telefon, denen von unseriösen Ausbildungsinstituten irgendwelche "Diplom"- Ausbildungen verkauft wurden, weil sie nun feststellen, dass sie diese wohlklingenden Titel wie "Diplom-Verhaltenstherapeut" oder "Diplom-Gesprächstherapeutin" legitimerweise gar nicht führen dürfen.

Bislang konnten wir allen beteiligten KollegInnen helfen und ihnen den Rücken stärken, so dass sie sich gegen die Angriffe behaupten konnten. Als zuständiger Berufsverband haben wir mit den betreffenden Stellen Kontakt aufgenommen und in geeigneter Form unsere Rechtsauffassung deutlich gemacht, die im Folgenden dargelegt wird.

1. DER PSYCHOLOGISCHE BERATER

Seit über 40 Jahren hat sich der Beruf des Psychologischen Beraters in Deutschland etabliert durch Menschen, die in der Regel nicht durch ein akademisches Studium, sondern durch Aus- und Weiterbildung an Privatschulen und Fachinstituten und reflektierter eigener Lebenserfahrung zu diesem Beruf bzw. dieser Berufung gekommen sind. Die Bezeichnungen "Psychologischer Berater" oder – je nach individuellem Schwerpunkt der gewählten Tätigkeit "Paar- und Familienberater", "Erziehungs- und Jugendberater", "Lebens- und Gesundheitsberater" usw. sind frei und rechtlich unangefochten.

Der freie Rechtsraum für die Tätigkeit des Psychologischen Beraters ist 1999 durch den letzten Satz in § 1 des Psychotherapeutengesetzes noch einmal bekräftigt worden, wenn es dort heißt: "Zur Ausübung von Psychotherapie gehören n i c h t psychologische Tätigkeiten, die die Aufarbeitung und Überwindung sozialer Konflikte oder sonstige Zwecke außerhalb der Heilkunde zum Gegenstand haben." Der Gesetzgeber wollte bei der Verabschiedung dieses Gesetzes gerade nicht alle helfenden Berufe unter dessen Bestimmungen zwingen. Der Sinn des PsychThG war vielmehr nur, die Bedingungen und Modalitäten für die Beteiligung der "Psychologischen Psychotherapeuten" am System der gesetzlichen Krankenkassen zu normieren. In den Bereich der Beratung (und eben nicht der Therapie!) wurden dabei z. B. alle helfenden Maßnahmen gezählt,

  • die ausschließlich zur beruflichen Anpassung oder Förderung bestimmt sind


  • die der psychologischen Unterstützung bei Erziehungs-, Familien-, Partnerschaftsproblemen dienen


  • die Patienten begleiten, soweit sie unter den Folgen einer seelischen oder körperlichen Erkrankung leiden


  • sich auf die Beratung im Rahmen von Präventions- und Gesundheitsvorsorgeprogrammen beziehen usw. (1)

2. DER HEILPRAKTIKER FÜR PSYCHOTHERAPIE

Die Bezeichnungen "Heilpraktiker für Psychotherapie" oder "Psychotherapeutischer Heilpraktiker" oder "Heilpraktiker (Psychotherapie)" können alle Kollegen führen, die eine amtliche Zulassung zur Ausübung der Heilkunde beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie haben. Ein höchstrichterliches oder instanzgerichtliches Urteil, das hier etwas anderes bestimmen würde, liegt derzeit nicht vor.(2) Die genannten Bezeichnungen beschreiben unverwechselbar das genuine Tätigkeitsfeld dieser Berufsgruppe und grenzen sie auch klar und deutlich ab:

  1. von den approbierten "Psychologischen Psychotherapeuten"


  2. von den allgemein auf dem Gebiet der Naturheilkunde tätigen Heilpraktikern

Wegen einer evtl. Verwechslungsgefahr mit den Praxen der "Psychologischen Psychotherapeuten" ist es absolut sinnvoll, die eigene Legitimation zur Psychotherapie klar auszuweisen, insbesondere, wenn man die Praxisbezeichnung wählt "Praxis für Psychotherapie". Dann sollte auf jeden Fall nach dem Namen des Praxisinhabers entweder eine der o. g. Berufsbezeichnungen folgen oder der Hinweis auf die Zulassung zur Psychotherapie nach dem Heilpraktikergesetz. Dabei reicht das bloße Kürzel "HPG" n i c h t aus, denn der durchschnittliche Verbraucher kann dieses Kürzel nicht entschlüsseln und hält es womöglich für die Abkürzung einer bestimmten Therapiemethode o. Ä.

Konkret sieht das dann auf dem Praxisschild, der Visitenkarte, dem Flyer, der Homepage usw. so aus:

Praxis für Psychotherapie
Marion Mustermann
Heilpaktikerin für Psychotherapie

oder:
zugelassen zur Psychotherapie
nach dem Heilpraktikergesetz



Damit ist einerseits das Fachgebiet der Tätigkeit und die rechtliche Grundlage dafür klar gekennzeichnet und andererseits jede Verwechslungsgefahr mit anderen Berufsgruppen ausgeschlossen. Darunter können selbstverständlich weitere Spezialisierungen oder Tätigkeitsgebiete aufgeführt werden, wie z. B.:

Familientherapie und Familienaufstellung
Lösungsorientierte Kurztherapie
Gestalt- und Hypnosetherapie
......


Alle Kolleginnen und Kollegen, die bei ihrer Praxisgründung unsicher sind oder die wegen ihrer Berufs- oder Praxisbezeichnung von irgendeiner Seite angegriffen werden, rufen wir noch einmal auf, uns darüber zu informieren und unseren Beratungsservice in Anspruch zu nehmen!

3. ERGÄNZENDE HINWEISE UND BEGRÜNDUNGEN

zu a): Das "Psychotherapeutengesetz" von 1999 schützt die Berufsbezeichnungen "Psychotherapeut/in" und "Kinder- und Jugendpsychotherapeut/ in" und legt fest, dass diese Bezeichungen nur noch von den nach den Bestimmungen dieses Gesetzes ausgebildeten und approbierten Diplom-Psychologen geführt werden dürfen. Eine widerrechtliche Titelführung steht sogar unter Strafe! Aus Gründen des Wettbewerbsrechts folgt daraus, dass auch alle diesen Titeln zum Verwechseln ähnlichen Bezeichnungen vermieden werden sollten, wenn man keine Zulassung nach dem PsychTHG, sondern eben nach dem Heilpraktikergesetz hat. Denn der Verbraucher und potenzielle Patient soll eindeutig erkennen können, mit wem er es bei einem Praxisinhaber zu tun hat. Von daher sind alle Bezeichnungen wie "Heilpraktischer Psychotherapeut" oder auch "Fachtherapeut für Psychotherapie" nicht empfehlenswert.

Auch die Bezeichnung "Psychologe" ist – wie Gerichte vor Jahren schon festgelegt haben – reserviert für die Absolventen eines universitären Psychologiestudiums. Deshalb kommen Bezeichnungen wie "Beratender Psychologe" oder "Verkehrspsychologe" nur für diesen Personenkreis in Frage. "Diplome" können nur von Hochschulen und Fachhochschulen, die dem deutschen Hochschulrecht unterliegen, ausgestellt werden oder müssen ggf. mit Auslandszusatz geführt werden. Titel wie "Diplomcoach", "Diplom-Familienaufsteller" usw. klingen zwar hochtrabend, sind aber rechtlich nicht zulässig und dürfen so nicht geführt werden.

zu b): Einige Heilpraktikerverbände und auch manche Gesundheitsämter vertreten die Meinung, dass unsere Berufsgruppe die Bezeichnung "Heilpraktiker" nicht führen dürfe – auch nicht mit Zusätzen oder Einschränkungen – wiederum aus Gründen des Wettbewerbsrechts, hier wegen Verwechslungsgefahr mit den "Naturheilpraktikern". Zwar ist richtig, dass es einige Kollegen gibt, die die uneingeschränkte Heilkundezulassung haben und sich in ihren Praxen schwerpunktmäßig auch der Psychotherapie widmen. Auf der anderen Seite bezeichnet aber der spezifizierte Titel "Heilpraktiker für Psychotherapie" unverwechselbar das genuine Tätigkeitsfeld eben dieser Berufsgruppe und grenzt sie auch klar und deutlich von den allgemein auf dem Gebiet der Naturheilkunde tätigen Heilpraktikern ab.

(1) Wörtlich heißt es u. a. in einem Gesetzeskommentar: "Beziehungsstörungen können Ausdruck einer behandlungsbedürftigen Kankheit sein; nicht alle Lebensprobleme, Partnerschaftskonflikte, Reifungskrisen sind jedoch als seelische Krankheiten zu werten. Solche Beziehungsstörungen und Entfremdungen sind häufig phasentypische Lebensereignisse, bei denen entsprechende Beratungsgespräche, nicht hingegen eine Psychotherapie indiziert sind." Quelle: Forschungsgutachten zu Fragen eines Psychotherapeutengesetzes im Auftrag des BMJFFG von A.-E. Meyer, R. Richter, K. Grawe, J.-M. Graf v. d. Schulenburg, B. Schulte (Hamburg 1991, S. 26/27)

(2) Letztlich obliegt die Normierung bestimmter Berufsbezeichnungen auch nicht den (Landes-) Gesundheitsämtern, sondern allein dem Bundesgesetzgeber, wie er das ja beim Psychotherapeutengesetz und beim Heilpraktikergesetz auch gemacht hat. Da die Gesundheitspolitiker im Bund zurzeit aber andere Probleme zu regeln haben, ist in absehbarer Zeit von hier keine Gesetzesnovelle zu erwarten.



Dr. Werner Weishaupt
Dozent für Psychotherapie und Kinesiologie
Mitglied im Vorstand des EvfK: Europäischer Verband für Kinesiologie e. V.
Zentrum für Angewandte Kinesiologie
Schlopweg 14, 38259 Salzgitter
www.kinesiologie-sz.de