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Berufsbezeichnungen in der Psychotherapie

Immer wieder werden wir am Service-Telefon mit der Frage konfrontiert: Wie darf ich mich eigentlich nennen, wenn ich die „Zulassung zur Ausübung der Heilkunde – beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie“ bekommen habe?

Auch aus anderer Richtung wurde diese Frage jetzt noch einmal aufgeworfen, nämlich durch einen Artikel im „Deutschen Ärzteblatt“ (Heft 10/2003, S. 455)). Hier erschien eine Meinungsäußerung von Herrn Jan Eichelberger, Rechtsreferendar an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich- Schiller-Universität Jena. Unter der Überschrift „Zum Verwechseln ähnlich“ schlägt Herr Eichelberger vor, dass ein psychotherapeutisch tätiger Behandler nur unter der Bezeichnung „Heilpraktiker“ in Verbindung mit der Nennung konkret praktizierter Therapieformen firmieren bzw. seinen Beruf bezeichnen dürfe. Die bisher üblichen und von den Gesundheitsämtern teilweise vorgegebenen Berufsbezeichnungen „Psychotherapie nach HPG“, „Heilpraktiker (Psychotherapie)“ „Praxis für Psychotherapie (nach dem HPG)“ oder „Heilpraktiker für Psychotherapie“ hingegen seien seiner Ansicht nach unzulässig. Sie begründeten eine wettbewerbswidrige Verwechslungsgefahr mit den approbierten psychologischen Psychotherapeuten. Deren Berufsbezeichnung ergebe sich aus §1 Abs. 1 S. 3 PsychTHG und sei somit geschützt. Unzulässig sei daher auch die Umwandlung der Berufsbezeichnung in die Tätigkeitsbeschreibung. Zu vermeiden sei, dass dem behandlungssuchenden Patienten eine Zugehörigkeit zur Berufsgruppe approbierter Psychotherapeuten suggeriert werde.

Dazu nimmt die auf das Recht der Heilberufe spezialisierte Rechtsanwältin Anette Oberhauser aus Nürnerg wie folgt Stellung:

Die im „Deutschen Ärzteblatt“ publizierte Meinung von Herrn Eichelberger lässt einige wichtige Aspekte des Berufs- und Wettbewerbsrechts völlig unberücksichtigt: Berufs- und Wettbewerbsrecht sind zunächst vor dem Hintergrund zu werten, dass das Berufsbild des Psychotherapeuten von ständiger, gewachsener Rechtssprechung in seinen Rahmenbedingungen beschrieben, wenn nicht sogar geschaffen wurde. Erst seit Inkrafttreten des PsychTHG ist ein Wandel des Berufsbilds zu verzeichnen. Diesen Wandel hat die neuere Rechtssprechung unter Bestandsschutzund Vertrauensschutzgesichtspunkten einer sozialrechtlichen Lösung zugeführt. Dies bedeutet, dass Fragen der Abrechnung im Vordergrund stehen, um das Berufsbild zu formen, nicht aber Fragen der Berufsbezeichnung. Eine gesetzliche Fixierung des Berufsbildes, etwa durch Übergangsbestimmungen erblickt die Rechtssprechung ausdrücklich nicht. Ohnehin sieht die Rechtssprechung für Therapeuten, deren Heilkundeerlaubnis auf das Gebiet der Psychotherapie beschränkt ist, wirtschaftliche Nachteile, die im Zweifel durch verfassungskonforme Interpretation einschlägiger Fachgesetze zu lindern sei, also auch durch wohlwollende Anwendung des Berufs- und Wettbewerbsrechts. Zwar wurde der Ausschluss der „Heilpraktiker für Psychotherapie“ von der vertragsärztlichen Versorgung für verfassungsgemäß gehalten, doch das Entstehen eines Berufsbildes mit zwei Standbeinen (psychologischer Psychotherapeut und psychotherapeutisch tätiger Heilpraktiker) im Kern bestätigt. Nicht hinterfragt haben die Gerichte, ob der Abschluss eines Psychologiestudiums für die Tätigkeit als Psychotherapeut qualifiziere. Vielmehr entstand das bisherige Berufsbild unabhängig vom Studiengang Psychologie. Insgesamt sind im Ergebnis zwar nur akademisch vorgebildete Psychotherapeuten berechtigt, sich auch als solche zu bezeichnen. (Fehlt diese akademische Vorbildung, sind die Grundsätze von § 1 Abs. 3 HPG einzuhalten, so dass die Berufsbezeichnung „Heilpraktiker“ im Zusammenhang mit Psychotherapie zu führen ist (!!!). Das Psychotherapeutengesetz schließt jedoch nur die Möglichkeit aus, sich Psychotherapeut ohne jedweden Zusatz mit Hinweis auf die Heilpraktikerprüfung zu nennen. Insoweit ist eine Abweichung von der Rechtssprechung der frühen 90er entstanden, die dies noch auch für sog. „kleine Heilpraktiker“ gestattete.

Vor diesem Hintergrund haben sowohl Fachgerichte als auch die Gesundheitsämter Berufsbezeichnungen für Anbieter von Psychotherapie ohne Psychologiediplom geprägt unter anderem den Begriff des „heilpraktischen Psychotherapeuten“ (Bundesverwaltungsgericht, NJW 1993, 2395), des „psychotherapeutischen Heilpraktikers“ (Bundesverfassungsgericht NJW 2000, 1779) und „heilpraktische Psychotherapeuten (Gesundheitsministerium Nordrhein-Westfalen, Erlass vom 18.01.1999, III B 20417.7). Nach alledem ist das Berufsrecht als Standesrecht der Heilpraktiker gefestigt, obwohl sich die zulässige Berufsbezeichnung „nur“ aus gewachsener Rechtssprechung ergibt, die je nach Bundesland variieren kann. Unter anderem sind die eingangs genannten Berufsbezeichnungen zulässig. Die Formung des Berufsbildes/der Berufsbezeichnung führt daher nicht per se zu einer Verwechslungsgefahr zwischen beiden Behandlergruppen. Einzige Schnittstelle für die Relevanz berufsrechtlicher Erwägungen im allgemeinen Wettbewerbsrecht sind die Auffangtatbestände der §§ 1 und 3 UWG, die irreführende, verwechslungsgeeignete Angaben verbieten.

Hier gilt jedoch der Grundsatz, dass berufsrechtliche Zulässigkeit auch die Wettbewerbswidrigkeit ausschließt.

Zudem ist Maßstab für die von Herrn Eichelberger gefürchtete Verwechslungsgefahr der Verbraucher: Dieser ist eine imaginäre Person, die sich im Vorbeigehen anhand des Praxisschildes eine Erwartung bildet. Herrn Eichelberger ist daher zunächst zuzugeben, dass der Rat suchende Verbraucher irgendeinen Anhaltspunkt braucht, um zu wissen, welche Behandlergruppe er vor sich hat: Anbieter mit Psychologiediplom oder solche mit der Zulassung zur Psychotherapie nach dem Heilpraktikergesetz. Maßstab ist jedoch der durchschnittlich gebildete Verbraucher, nicht ein besonders leicht zu beeindruckender.

Zusätzlich haben Patienten oft einen konkreten Bedarf an psychotherapeutischer Hilfe, und damit ein vorgeformtes Erwartungsbild. Dass es Verbraucher gibt, die noch völlig unkundig sind oder sich anhand des Praxisschildes eine nur oberflächliche Meinung bilden, kann damit nicht zu Lasten des psychotherapeutischen Heilpraktikers gehen.

 

Es kommt einzig auf den Mut an. Er geht auch dem Tapfersten oft verloren, dann neigen wir zum Suchennach Programmen, nach Sicherheiten und Garantien. Der Mut bedarf der Vernuft, aber er ist nicht ihr Kind, er kommt aus tieferen Schichten.
Hermann Hesse


Aus diesen Hinweisen von RA Anette Oberhauser ergeben sich folgende Empfehlungen für unsere Mitglieder:

1. Die KollegInnen, in deren Zulassungsbescheid eine konkrete Berufsbezeichnung genannt ist, sollten diese auch verwenden. Da die meisten Bundesländer aber hier keine Berufsbezeichnung vorgeben, gilt

2. dass in der Berufsbezeichnung immer ein Bezug zum Heilpraktikergesetz hergestellt werden sollte, damit der Verbraucher nicht in die Irre geführt werden kann, also z.B. „Heilpraktiker (Psychotherapie)“ oder „Heilpraktiker für Psychotherapie“, „Psychologischer Fachberater, staatlich zugelassen zur Psychotherapie nach HPG“ oder „Praxis für Psychotherapie (nach HPG)“.

3. Nur personenbezogene Bezeichnungen (wie von Herrn Eichelberger vorgeschlagen) wie z.B. „Gesprächstherapeut“, „Systemischer Therapeut“, „Kinder- und Jugendlichentherapeut“ verstärken dagegen die von Herrn Eichelberger gefürchtete Verwechslungsgefahr, wenn und soweit dem Verbraucher auf diese Weise Qualifikationsstandards aus dem Bereich der approbierten Psychotherapie genannt werden.

4. Möchte man nun neben einer korrekten Berufsbezeichnung auch die angebotenen Methoden nennen, so ist dies weiterhin möglich, aber eben als methodische Schwerpunkte - also z.B.:

 

 


Anette Oberhauser, Rechtsanwältin in Nürnberg, mit den Tätigkeitsschwerpunkten „Recht der Heilberufe“ und „Mediation“ Kontakt über eMail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

 

Eleonore Musterfrau, Dipl.Soziologin
Heilpraktikerin für Psychotherapie
– Gesprächspsychotherapie
– Kunst- und Gestaltungstherapie
– Lösungsorientierte
Familientherapie