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Trauma Release Yoga


Den eigenen Körper als Verbündeten spüren

Yoga für das autonome Nervensystem

Was ist Trauma? Es ist ein Ereignis, das deinem System das Gefühl von Ausgeliefertsein und Überwältigung vermittelt. Das können Schocktraumata wie ein Unfall, eine Gewalttat (auch als Zeuge der Tat) oder ein Sturz sein. Entwicklungstrauma nennt man Traumata, die in der Kindheit oder frühen Jugend durch z. B. desorganisierte Familiensysteme oder Missbrauch entstehen.

Doch auch unsere derzeitige Situation in der Pandemie führt zu „corrosivem Stress“, wie Bessel van der Kolk – einer der führenden Traumatherapeuten und Traumaforscher unserer Zeit – es nennt.

Dieser korrodierende Stress kommt daher, dass unser autonomes System die Anspannung, die Unsicherheit und die Unruhe aufnimmt, die die pandemische Zeit mit sich bringt. Traumatherapeuten sprechen von einem global high, einer globalen Übererregung, die nun schon seit Anfang 2020 auf uns einwirkt.

Was sind die Auswirkungen von korrodierendem Stress auf unser autonomes System?

Unser autonomes System kann mit Stress, mit Kampf- und Fluchtreaktionen, ja sogar mit Erstarrung umgehen, wenn diese Zustände zyklisch, im Wechsel auftreten. Dafür ist es gebaut und darauf ist es ausgerichtet. Nicht gebaut ist es für andauernden, korrodierenden Stress. Dein autonomes System hat derzeit immer wieder unterschwellig das Empfinden, irgendwo lauert der Säbelzahntiger, bereit zum Sprung.

Burnoutähnliche Symptome oder Symptome wie sie nach einer traumatischen Erfahrung auftreten, sind die Folge. Unter andauerndem Stress kann sich auf autonomer Ebene das Gefühl der Ausweglosigkeit entwickeln, was dann zu einer verminderten Fähigkeit des sozialen Interagierens, der sozialen Verbindung führt.

Stephen Porges hat das in seiner Polyvagal-Theorie eindrücklich erläutert – das „social engagement system“ funktioniert aus dem Gefühl der Ausweglosigkeit heraus nicht länger. Die Folge ist eine Isolation, ein Rückzug – ich erlebe es in der Praxis oft sogar als wachsendes Misstrauen anderen Menschen gegenüber.

Viele von uns spüren in diesen Tagen Symptome wie

  • den eigenen Körper als schwach oder erstarrt wahrnehmen
  • Gedanken, die im Kreis toben
  • Gedanken, die stecken bleiben
  • Resignation und Fatigue (andauernde Erschöpfung)
  • und letztendlich das Gefühl von Eingeengtsein und dass der Körper nicht als Verbündeter wahrgenommen wird

Trauma Release Yoga wird von Traumatherapeuten weltweit als eins der besten Werkzeuge gegen Trauma-Auswirkungen empfohlen.

Was ist das Besondere am Trauma Release Yoga?
Yogas chitta vritti nirodhah

Yoga ist nach Patanjali das Zur-Ruhe-Kommen der Gedankenwellen im Geiste. Genau das soll durch Trauma Release Yoga Schritt für Schritt geschehen. Der Geist traumatisierter Menschen wird immer wieder aus dem Hier und Jetzt zurück in das Dort und dem Damals gezogen – zurück in den Schrecken.

Verankert sein im Hier und Jetzt und eben nicht in den Sog von Gedanken und Empfindungen die Zukunft oder die Vergangenheit betreffend geraten, im Grunde das, was Yoga seit Patanjalis Definition des Zur-Ruhe-Kommens der Gedankenwellen sein sollte. Nun ist es an der Zeit, genau das wieder vermehrt in Yoga-Sessions einzubringen. Es geht nicht um Akrobatik oder das Zurschausstellen von Kraft. Es geht um eine Verankerung im Moment, um Sicherheit, um Erdung.

Beim Trauma Release Yoga erfahren die Teilnehmer, dass sie selbst dazu in der Lage sind, zu spüren, was wohltuend ist und Erleichterung verschafft und auch wo ihre Grenzen liegen.

Der Körper wird als Verbündeter wahrgenommen – wir arbeiten mit einer einladenden, permissiven Sprache – dadurch wird die Neugier auf den eigenen Körper geweckt. Die eigene Wahrnehmung wird gefördert, das eigene Entscheiden, wie weit man in eine Asana hineingeht. Dieses eigene Entscheiden wird durch Fokussierungshilfen und einladende Ansagen gefördert und unterstützt.

So bekommt das Empfinden der Selbstwirksamkeit und der Entscheidungsfreiheit auf der Yogamatte Raum und Erfahrungsfeld. Genau dies Empfindungen sind bei traumatischen Erlebnissen oder auch dem korrodierenden Stress dieser Tage kaum möglich. Es stellt sich das Gefühl des Ausgeliefertseins ein. Das besondere Setting und der sichere Raum beim Trauma Release Yoga unterstützen Menschen darin, wieder Sicherheit und Verbundenheit zu erfahren.

Wie wird beim Trauma Release Yoga praktiziert?

Die Übungen werden langsam und in einem besonders sicheren Setting durchgeführt: Die Orientierung immer wieder ins Hier und Jetzt ist wesentlicher Bestandteil jeder Trauma Release Yoga-Session.

Die Asanas kommen oft aus dem Yin Yoga oder aus dem sanften Hatha Yoga – es sind nicht besondere oder schwierige Asanas, die die Wirkung des Trauma Release Yoga ausmachen – es ist vielmehr die Art und Weise der Ausführung, der gesamte Aufbau der Stunde (beginnend bereits beim Ankommen im Yoga-Studio) und die Achtsamkeit, die zu einer Entladung und Entspannung führt.

Die Augen dürfen jederzeit (auch in den Entspannungsphasen) geöffnet werden – auch das wird immer wieder durch einladende Sprache erinnert.

Beim Trauma Release Yoga werden sanfte Yin-Yoga-Übungen lange gehalten, um auf faszialer Ebene zu einer Entspannung zu führen. Es wird Raum eingenommen, bewusst der Körper getreckt und ausgedehnt. Auch stehende Übungen und Gleichgewichtsübungen finden ihren Platz in einer Trauma Release Session.

Was ist das Ziel von Trauma Release Yoga?

Ziel ist es, den Körper wieder als Verbündeten wahrzunehmen, seine Kraft zu erkennen und im Körper gespeicherte Kampf-, Flucht- oder Erstarrungsimpulse zu entladen. Es geht darum, das Gefühl der Enge aufzulösen, neues Vertrauen zu nähren und immer wieder das Getragensein von der Erde als kraftspendendes und stabilisierendes Element wahrzunehmen.

Regelmäßige Trauma Release Yogapraxis bringt dieses Empfinden dann auch in deinen Alltag – die Folgen des korrodierenden Stresses werden verringert. Deine Resilienz nimmt zu, deine Körpersysteme entspannen sich.

Trauma Release Yoga ändert nicht die dich umgebenden Umstände, es schenkt deinem Geist Gelassenheit, deinem autonomen System Entladung und das Gefühl der Regulation und macht dich so in herausfordernden Zeiten stärker, stabiler und lässt dich dein Lächeln wieder neu erfahren.

Tina Sunita Huber
Heilpraktikerin für Psychotherapie, Yogalehrerin, Autorin, eigene Praxis in der Nähe von Wiesbaden

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