Das Leben im Gleichgewicht auf allen Ebenen und in allen Lebensbereichen
Unser Leben wird bestimmt von einem ständigen Auf und Ab – von Anspannung und Entspannung. Es gibt Phasen, in denen wir aktiv sind und Leistung erbringen, und Phasen, in denen wir auftanken und uns erholen. Durch den ständigen Wechsel von Leistungs- und Regenerationsphasen kann ein Leben im Gleichgewicht entstehen und gelingen.
Der Sport ist hier ein sehr gutes Beispiel. Wenn die Sportler (immer m/w/d) immer nur trainieren und sich keine Ruhe gönnen, trainieren sie sich sprichwörtlich in den Keller.
Lassen sie nicht zum richtigen Zeitpunkt im sportlichen Jargon gesprochen „Luft ran“ (Regenerationsphase), so stagniert ihre Leistungsfähigkeit bzw. wird immer geringer. Die Kunst eines ausgewogenen Trainings besteht darin, zum richtigen Zeitpunkt die Regenerationsphase einzulegen.
Wie heißt es so schön: „Der Muskel wächst in der Pause.“
Was auf sportlicher Ebene funktioniert, ist auf ähnliche Art und Weise auf alle Lebensbereiche übertragbar. Zwar wachsen dort die Muskeln weniger, allerdings erholen sich Körper und Geist und die Akkus werden aufgefüllt. Denn unser Gehirn ist vergleichbar mit einem Muskel.
Ich lade Sie ein zu einem kurzen Gedankenexperiment: der letzte Arbeitstag vor dem Wochenende
Stellen Sie sich vor, der Wecker klingelt wie gewohnt um die gleiche Uhrzeit wie jeden Morgen. Gleichzeitig fühlen Sie sich nicht ganz so frisch wie sonst, da Sie den Abend zuvor später ins Bett gegangen sind und Ihnen diese Zeit der Regeneration fehlt.
Sie starten nun in Ihren letzten Arbeitstag der Woche. Die alltäglichen Routinen laufen, Sie fahren zur Arbeit und wissen, dass es jede Menge zu tun gibt, das Sie noch vom Tisch haben möchten, um ruhigen Gewissens ins Wochenende zu starten. Gleich nach dem Ankommen machen Sie sich an die Arbeit. Vielleicht vergessen Sie zu trinken, die Mittagspause fällt heute kürzer aus als sonst oder Sie essen nur etwas Süßes zwischendurch. Es gibt so viel zu tun oder ein wichtiges Telefonat kommt dazwischen, sodass Sie sich selbst vergessen.
Sie merken, wie Ihr Energielevel Stunde um Stunde sinkt und Sie sich nur noch nach Feierabend sehnen. Die Konzentration lässt nach und Sie fahren total müde oder gestresst wie in Trance nach Hause. Dort angekommen, essen Sie vielleicht kurz etwas und erledigen noch die Dinge, die Sie schon ein paar Tage oder Wochen vor sich hergeschoben haben. „Puhhh, geschafft“, denken Sie! „Jetzt kann das Wochenende beginnen.“ Um den Abend so richtig zu feiern, machen Sie es sich auf dem Sofa gemütlich, schalten den Fernseher ein und kommen endlich zur Ruhe und lassen den Tag ausklingen. Dabei schlafen Sie ein und wachen mitten in der Nacht auf und gehen total gerädert ins Bett. Was für ein anstrengender Tag!
Zum Glück nur ein Gedankenexperiment! Oder haben Sie sich vielleicht in der ein oder anderen Situation wiedergefunden?!
Überlegen Sie einmal: Welche einfachen Möglichkeiten könnte es geben, zwischendurch einmal aufzutanken?
Wo wären kurze „Verschnaufpausen“ möglich und machbar? Wie und auf welche Weise könnte man „besser“ oder „energiereicher“ für sich sorgen? Welche Möglichkeiten kommen Ihnen in den Sinn, um energiegeladen(er) durch den Tag zu kommen bzw. in den Tag zu starten oder den Tag ausklingen zu lassen?
Unser menschlicher Organismus benötigt Energie auf körperlicher und geistiger Ebene und verbraucht diese auch wieder. Eine ganz einfache Rechnung. Ist nicht genügend Energie vorhanden, fühlen wir uns erschöpft und müde. Eine Waage versinnbildlicht das sehr schön. Nehme ich auf der einen Seite etwas weg, braucht die andere Seite den Ausgleich, um wieder in Balance zu kommen.
Das ist uns allen ziemlich klar. Doch wie bewusst nehmen wir das wahr und sorgen auch gut für unseren Energiehaushalt? Dabei geht es sowohl um den körperlichen als auch um den geistigen Ausgleich.
Nicht nur körperliche Arbeit kostet Energie, sondern auch die geistige.
Ein Handwerker braucht am Abend wohl keine Sporteinheit, um aufzutanken, sondern vielmehr den geistigen Ausgleich. Der „Macher im Büro“ oder die „Business-Powerfrau“ suchen eher die sportliche Aktivität, um wieder in Balance zu kommen.
Während wir in der Leistungsphase motiviert, begeistert, neugierig und voller Tatendrang sind, empfinden wir das als angenehme Spannung. Wir strotzen vor Energie und könnten Bäume ausreißen. Sprich: Die Arbeit macht uns Spaß, wir sind voll dabei und haben genügend Ressourcen zur Verfügung, auf die wir zurückgreifen können. Nennen wir es einmal positives Stresslevel.
Doch irgendwann – das haben Sie sicherlich auch schon erlebt – kommt ein Punkt, an dem das Ganze zu kippen beginnt. Nichts ist von Dauer und irgendwann erschöpfen sich auch unsere Energien und es reicht – sowohl körperlich als auch geistig. Das ist ein ganz natürliches Phänomen. Auf jede Leistungsphase folgt ein ganz natürliches Verlangen nach Ruhe und Erholung, wo der Körper wieder Energie auftanken mag, um wieder in sein natürliches Gleichgewicht zu gelangen. Wir sehnen uns nach Ruhe und Entspannung.
Sind wir jedoch zu gestresst, spüren wir oft und schnell sowohl körperliche Anspannung (Schulterverspannung, Rücken, o. Ä.) als auch geistigen Druck in Form von zu vielen Gedanken, die nicht zielführend sind. Und wir das Gefühl haben, uns im Kreis zu drehen, oder uns fragen, wie wir das wohl alles schaffen sollen/wollen?
Warnsignale rechtzeitig wahrnehmen
Immer wieder kommen wir täglich an unsere körperlichen und geistigen Grenzen. Oft bemerken wir diese nicht – oder zu spät.
Dabei besitzen wir ein Frühwarnsystem, das uns dabei unterstützt oder davor schützt, uns zu überfordern. Nehmen wir einmal das Gefühl von Durst. Unser System weiß ganz genau, was es wann und wie braucht, und gibt uns immer wieder diese Signale. In diesem Beispiel, dass wir durstig sind und dem Körper Flüssigkeit fehlt.
Doch oft überhören oder übersehen wir diese aus welchem Grund auch immer. In einer bewussten Achtsamkeit für unseren Körper, unsere Gedanken und Gefühle können wir frühzeitig erkennen und wahrnehmen, was wir gerade jetzt brauchen, um gut für uns zu sorgen.
Wechseln sich in unserem Leben die Leistungsphasen und die Erholungsphasen harmonisch ab, so befinden wir uns in einem Flow. Die Art und Weise, wieder aufzutanken und Kraft zu schöpfen, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Tatsächlich gibt es unzählige Möglichkeiten, dies zu tun, um seine Bedürfnisse nach Ruhe und Entspannung zu stillen.
Wie kurz beschrieben, sucht der körperlich aktive Mensch tendenziell den geistigen, passiven und erholsamen Ausgleich. Der „Kopfmensch“ eher den körperlichen, aktiven Ausgleich.
Wie Sie persönlich wieder in Balance kommen, wissen Sie am besten. Sei es ein feines Essen in Ihrem Lieblingsrestaurant mit gemütlichem Ambiente, an der frischen Luft draußen in der Natur, in der Sauna, beim Sport, mit Musik oder einem spannenden Buch. Oder im Garten, in der Werkstatt, beim Meditieren, Spazierengehen …
Doch das zu wissen reicht nicht aus. Es bedarf der Umsetzung. Von allein kommt die Energie zwar auch zurück, allerdings viel langsamer als uns manchmal lieb ist oder wir es gerne hätten.
Die Energie folgt der Aufmerksamkeit
Seien Sie proaktiv und sorgen Sie immer gut für sich selbst. Nähren Sie sich mit Gutem, so wie eine Mutter ihr Kind nährt. Eine gute Selbstfürsorge hat nichts Verwerfliches und auch nichts mit Egoismus zu tun. Denn wenn Sie gut „im Saft stehen“, ausreichend Energie zur Verfügung haben, sind Sie ausgeglichener und zufriedener. In dem Wissen, dass alles Energie ist und mit allem zusammenhängt, spürt Ihr Umfeld dies eben auch ganz deutlich. Somit tun Sie nicht nur sich selbst Gutes, sondern Ihre Mitmenschen profitieren ebenso davon.
Wann haben Sie mit Ihrer guten Laune und positiven Ausstrahlung Ihr Umfeld das letzte Mal angesteckt oder inspiriert? Oder wann wurden Sie das letzte Mal von jemand anderem mit guter Laune angesteckt? Was gibt es Schöneres? Probieren Sie es doch gleich mal aus!
Regelmäßig aus unseren persönlichen Energiequellen zu schöpfen ist wichtig, um ein Leben in Balance zu führen und im Einklang des natürlichen Rhythmus zu leben. Dadurch erhalten wir uns unsere Leistungsfähigkeit und die Freude am Leben.
Hier noch drei inspirierende Fragen
- Aus welchen Energiequellen schöpfen Sie?
- Was sind Ihre Tankstellen für Körper und Geist?
- Wie bewusst nehmen Sie Ihren Körper und Ihren Geist wahr?
Viel hilft viel - doch ist das immer so?
Haben Sie schon einmal erlebt, dass zu viel Essen Ihnen viel Energie gibt?
Oder hat Ihnen zu viel Schlafen die Energie zurückgegeben, die Sie benötigten? Damit meine ich jetzt nicht das „normale“ Schlafpensum.
Doch wie sieht es mit zu viel Sauerstoff aus? Wie fühlen sich Ihr Körper und Ihr Geist an, wenn Sie viel Zeit an der frischen Luft (im Wald, in der Natur …) verbracht und jede Menge Sauerstoff getankt haben?
Ein schönes Beispiel und Phänomen, das ich bei Kindern immer wieder wahrnehme. Beobachten Sie einmal Kinder, die den ganzen Tag an der frischen Luft toben und nie müde werden. Sie haben scheinbar unendlich viel Energie, da sie in der Freude sind und sich wenig Gedanken machen, die ihnen Energie rauben.
Sie gehen spielerisch leicht durchs Leben und tanken zwischendurch immer wieder auf. Sie halten ihr Energielevel oben.
Wann haben Sie das letzte Mal etwas spielerisch leicht und ohne Grund getan? Wie fühlte sich das währenddessen oder danach an?
Tipp
Stellen Sie sich einen Timer oder bauen Sie tägliche kleine „Energiequell-Routinen“ ein, die Sie dabei unterstützen, ein gutes Energielevel über den Tag aufrechtzuerhalten.
Manchmal reichen auch ein paar bewusste und tiefe Atemzüge aus, die Ihnen den nötigen Schub Sauerstoff schenken, um wieder klar und fokussiert an die nächste Aufgabe zu gehen. Und zwar mit Freude und Tatkraft.
So kommen Sie entspannter durch den Tag und können das Tagesende als wirklichen Abend feiern und gehen dankbar und zufrieden ins Bett.
Ich starte z. B. mit einer kalten Dusche und Atemübungen in den Tag. Das fühlt sich wunderbar erfrischend an. Das Element Wasser schenkt mir die nötige Klarheit und das Element Luft die Leichtigkeit, um voller Elan den Tag zu beginnen.
Ich wünsche Ihnen viel Freude, Ihr Leben im Gleichgewicht zu genießen.
Simone Hauswald
Dipl.-Mentalcoach (CH), BiathlonWeltmeisterin und Medaillengewinnerin bei Olympischen Spielen
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