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Bevor ihr lernt zu sterben, lernt zu leben!

fotolia©rashadashurovDurchaus ein provokanter Titel. Fragen Sie sich auch, wie man denn überhaupt lernen kann zu sterben? Etwas zu lernen, womit wir uns zumeist gar nicht erst auseinandersetzen möchten?

In der täglichen Arbeit in unseren Praxen, Seminaren, Workshops, Vorträgen, Kongressen und Retreats helfen wir Klienten, Einblicke in die Spiritualität zu bekommen und dadurch den Weg zu sich selbst zu finden. Dabei ist „Spiritualität“ kein abgehobener Begriff, sondern umschreibt nur das, was vielen Menschen heute zunehmend abhandengekommen ist: Einssein mit sich selbst, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und Verantwortung für sich zu übernehmen. Durch die Ergänzung von analytischer und systemischer Hypnose mit Spiritualität und Medialität bekommen wir die Möglichkeit, uns mit den Lektionen unserer zugrunde liegenden Beschwerden sowie den Konsequenzen für unser Leben auseinanderzusetzen.

Erst durch die Einbindung der Seele bekommen wir tiefe Einblicke in unser Sein, beginnen Sinn und Bedeutung zu erkennen, können das Unerklärliche in unser Leben integrieren und letztlich unser Leben akzeptieren - unabhängig von religiösen, konfessionellen, philosophischen, esoterischen oder politisch geprägten Weltanschauungen. Oder um es mit den Worten des deutschen Biophysikers Markolf Niemz zu sagen: „Spiritualität ist Wahrheit, die von innen kommt“.

Durch die Einbindung der Seele in die tägliche Arbeit kommen wir unweigerlich mit der „Geistigen Welt“ in Verbindung, wodurch wir uns unserer eigenen Größe (noch) bewusster werden. Die „Geistige Welt“ ist dabei kein abstraktes Konstrukt esoterischer oder religiöser Eiferer, wovon wir uns deutlich abgrenzen möchten, sondern der Oberbegriff für in uns selbst liegende tiefe Wahrheiten, die wir gezielt nutzen können.

Welche ungemeinen Möglichkeiten sich dadurch insgesamt und in der Therapie im Speziellen ergeben? Unsere Erfahrung zeigt, dass dies deutlich über das hinausgeht, was wir mittels der Lehren von Freud, Jung oder anderen zu erreichen in der Lage wären.

Als wir vor einigen Monaten von mehreren Seiten im In- und Ausland gebeten wurden, einen interaktiven Vortrag zum Thema Sterben und Tod zu halten, kam die „Geistige Welt“ schon in den Vorbereitungen mit der Aussage, dass wir zuerst lernen sollten zu leben, bevor wir lernen zu sterben, hinzu. Der Tod und das Leben bedingen sich gegenseitig.

Diese Aussage aus der „Geistigen Welt“ hat uns selbst aufgewühlt und die Frage stellen lassen, wie man überhaupt lernen kann zu sterben?

Die Antwort kam mit dem zweiten Teil des Titels: So wie die Geburt und der Tod unabdingliche Fixpunkte in unserem Leben sind, dürfen wir das Sterben als wesentlichen Bestandteil des Lebens berücksichtigen. Es ist wichtig, zu verstehen, dass das Geheimnis des Sterbens im Leben liegt.

Es gibt zwei Fixpunkte im Leben

1. Die Geburt – ein Geschenk! Die Geburt ermöglicht uns erst das Leben. Das Geschenk der Geburt ehren wir über die Art und Weise, wie wir unser Leben leben. Wie gehen wir mit dem Leben um?

2. Der Tod. Wir würdigen diesen Höhepunkt über die Art und Weise, wie wir sterben. Wie gehen wir mit dem Tod um?

Der Tod kommt in vielen Formen

Manchen kommt er als Erlöser, anderen als krönender Abschluss ihres Lebens oder als Übergang in etwas Neues. Er kommt jedoch nie als Richter. Wir sind es, die den Tod oftmals als etwas empfinden, das Schrecken verbreitet, uns ohnmächtig fühlen lässt vor dem Zeitpunkt und der Art und Weise, wie wir sterben. Er löst häufig eine Angst vor dem aus, was danach kommt, eine Angst vor einer göttlichen Gerechtigkeit, der man scheinbar nie gerecht werden kann. Er erscheint vielen von uns als unbarmherzig, grausam, inakzeptabel, als etwas Dunkles, oft abgebildet mit einer Sichel, die uns abschneidet vom Leben. Sind nicht eher wir es, die sich zeitlebens in unserem Glauben und unseren Religionen als Richter aufspielen? Wir, die beurteilen, wer es verdient hat zu sterben und wer nicht? Wir, die wir uns über andere erheben, indem wir bemessen, wer in das „Paradies“ eingehen darf, je nachdem wie vermeintlich gottesfürchtig wir gelebt haben?

Der Tod an sich ist gerecht, denn er kommt zu jedem – ob arm oder reich, ob gesund oder krank, ob gottesfürchtig oder in seiner eigenen Art und Weise gelebt. Der Tod ereilt jeden, er urteilt nicht und er verurteilt nicht. Er hat keine Macht über uns, weil nicht er derjenige ist, der entscheidet, wann wir sterben. Es ist unsere eigene Seele, die den Zeitpunkt unserer Geburt und den Zeitpunkt des Todes auswählt. Somit ist auch hier wieder der freie Wille der Seele gewährleistet. Wir sind nie einer höheren Macht ausgeliefert oder gegenübergestellt.

Der Tod ist ein Teil des Lebens und somit auch ein Freund des Lebens

Was macht es mit uns, wenn wir das so von der „Geistigen Welt“ hören? Wer von uns kann den Tod tatsächlich als einen Freund annehmen, der doch unser Leben, wie wir es kennen, beendet?

Für einige kann er dieser Freund sein, gerade wenn diese Menschen schwer krank, von körperlichen Beeinträchtigungen oder psychischen Belastungen gezeichnet sind und daher das Leben nicht mehr ertragen.

Für andere ist der Tod dann die angenehmere Alternative, als dieses Leben weiterzuleben. Für weitere muss der Tod nicht notwendigerweise ein Freund sein, er kann eine Ausfahrt bedeuten, die uns von diesem scheinbar unglücklichen Leben befreit. Weil wir in dem allen, was uns das Leben in diesem Moment an Möglichkeiten bietet, keinen Sinn mehr sehen, es uns mehr belastet und erdrückt und uns die Kraft und den Glauben an eine Zukunft verwehrt.

Den meisten von uns jedoch erscheint er als unausweichliches Ende des Lebens, dem wir entgegengehen, ohne uns darauf einzulassen, weil das Sterben und der Tod oftmals Tabuthemen sind, die wir lieber verdrängen.

Letztlich ist der Tod dennoch dieser Freund, der uns hilft, das Leben aufgrund seiner Endlichkeit als wertvoll betrachten zu können. Erst über das Wissen, dass dieser Zeitraum zwischen Geburt und Tod, den wir Leben nennen, begrenzt ist, bekommt unser Leben eine Bedeutung, einen Sinn. Aber gerade in dieser Sinnsuche verlieren wir uns oftmals, was uns davon abhält, den Moment zu genießen. Was wäre, wenn das Leben an sich dieser Sinn ist?

Mut haben, das eigene Leben zu leben

Wenn wir erkennen, dass die Herausforderung darin besteht, jeden Tag unseres Lebens so zu leben, wie es uns als Individuum entspricht, uns all die Liebe, den (Selbst-)Wert und die Aufmerksamkeit zu schenken, die wir so krampfhaft im Außen suchen, dann wird diese Sinnsuche zu einem Freisetzen des Potenzials, das jeder von uns in dieses Leben mitgebracht hat.

Wir bekommen dadurch die Möglichkeit, uns selbst zu erfahren, indem wir uns selbst wichtig nehmen, für uns einstehen und das Leben leben, das uns entspricht. Wir entscheiden, ob wir uns auf das Positive oder das Negative konzentrieren, in die Eigenverantwortung oder die Opferhaltung gehen, ob wir einen Augenblick der Stille im uns umgebenden Lärm zulassen oder Momente der Leichtigkeit in dunklen Stunden erfahren dürfen. Bekommt das Leben nicht erst Sinn und Bedeutung und folglich den Wert durch unser eigenes Sein, unsere Individualität?

„Die einzige Seele,
die ein Höchstmaß
an Wichtigkeit hat,
ist die deine.“
Geistige Welt

Individualität bedeutet, Mut zu haben, das eigene Leben zu leben. Es erfordert die Bereitschaft, anders zu sein, seine Einzigartigkeit anzunehmen, die Komfortzone zu verlassen und offen zu sein für Veränderungen. Tatsächlich haben wir aber oftmals Angst, aufgrund dieser Individualität ausgeschlossen zu sein, nicht mehr der Norm zu entsprechen, nicht mehr geliebt, sogar abgelehnt und ausgegrenzt zu werden. Viele von uns entscheiden sich daher dafür, zu funktionieren, sich mit dem Leben zu arrangieren oder es gar auszusitzen. Wir nehmen uns dadurch selbst nicht mehr so wichtig.

Genauso wie der Tod ist auch das Leben gerecht

Das Leben schenkt jedem Menschen täglich gleich viel Zeit. 24 Stunden zur freien Verfügung – egal ob arm oder reich, krank oder gesund. Es liegt an uns selbst, wie wir diese Zeit füllen und welche Priorität wir uns selbst geben.

Indem wir lernen zu leben, lernen wir zu sterben

Lernen zu sterben bedeutet lernen loszulassen. Und jedes Loslassen bedeutet für uns Menschen einen kleinen Tod. Im Leben begegnen uns viele Momente des Loslassens: Verlust einer Liebe, Abschied von einem geliebten Menschen, von einem Tier, Verlust der Arbeit, ein Umzug, eine Auswanderung bedeutet loszulassen. Und dennoch fällt es uns immer wieder schwer. Denn jedes Loslassen geht durch den gleichen Prozess, den ein Mensch im Sterben durchläuft.

Dr. Elisabeth Kübler-Ross, schweizerisch/ amerikanische Psychiaterin und Begründerin der modernen Sterbeforschung, hat diesen Prozess in fünf Phasen zusammengefasst:

1) Nicht-wahrhaben-Wollen
2) Zorn
3) Feilschen
4) Depression und Trauer
5) Annahme

Indem wir uns zeitlebens im Loslassen üben und erkennen, dass das Annehmen des Unausweichlichen die Chance auf einen Neubeginn enthält, sind wir am Ende unseres Lebens bereit, das loszulassen, was für uns das Kostbarste ist: unser Leben.

Loslassen bedeutet letztlich, den Tod als Schrecken zu überwinden. Denn in dem Moment, in dem wir erkennen, dass wir ein Leben im wahrsten Sinn des Wortes „gelebt“ haben, können wir Frieden schließen mit dem eigenen Leben, in Dankbarkeit darauf zurückblicken und den Tod als das annehmen, was er ist: das Ende einer durch die Geburt geschenkten Zeit.

Wenn wir dieser Zeit, unserem Leben, eine Bedeutung geben, brauchen wir keine Angst mehr vor dem Tod zu haben.

„Die Frage ist nicht,
ob es ein Leben nach dem Tod gibt.
Die Frage ist,
ob du vor dem Tod lebendig bist.“
Osho

Weitere Informationen

Die „Academy of Life“ ist ein Projekt von Ines Rüfenacht und Markus Lehnert. Das Ziel ist, die Menschen zu unterstützen, zu sich selbst zurückzufinden – unabhängig von religiösen, konfessionellen, philosophischen, esoterischen oder politisch geprägten Weltanschauungen.

Ines Rüfenacht + Markus Lehnert
Ines Rüfenacht

Coach, spirituelle Lehrerin, Referentin, Seminarleiterin, Praxis in Ostermundigen, Schweiz
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Markus Lehnert
international bekannter Hypnosetherapeut (Certified Hypnotherapist, CHt), ganzheitlicher Life-Coach, Referent, Seminarleiter, Autor, Hypnose-Praxis in Frankfurt/Main
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Foto: fotolia©rashadashurov