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Alles über Logopädie, Teil 3: Die Stimme als Spiegel der Seele

fotolia©rudall30Die Welt dreht sich immer schneller, der Druck steigt, der Stresslevel ist höher als je zuvor. In Deutschland werden immer mehr Fälle von Depressionen und Burnout verzeichnet. Was hat das denn nun mit Logopädie zu tun, fragen Sie sich? Viel, denn Stimmtherapie ist ein wichtiger Bestandteil der logopädischen Therapie und die Stimme steht in sehr engem Zusammenhang mit der psychischen Gesundheit.

Doch nicht jeder Stimmpatient, der eine Praxis betritt, hat ein psychisches Problem. Oftmals sind die Ursachen organischer Natur, also durch pathologisch-anatomische Veränderungen des Kehlkopfes wie z. B. Wucherungen (vor allem durch Überbelastung der Stimme), Traumata (durch Operationen, Unfälle oder auch Reflux der Magensäure) oder Lähmungen der Stimmlippen (bei Hirnschädigungen oder Krankheiten wie ALS, Schlaganfällen oder Morbus Parkinson). Manchmal ist es aber auch nur eine schlichte Kehlkopfentzündung, die zu Problemen mit der Stimme führen kann. Das folgende Fallbeispiel zeigt, dass auch hierbei die Symptome langfristig bleiben können:

Katharina (20 Jahre alt, angehende Erzieherin) kam zu mir in die Praxis, weil sie Probleme mit ihrer stimmlichen Leistung feststellte. Sie beanspruchte ihre Stimme täglich sehr sowohl bei der Arbeit im Kindergarten als auch privat beim Gesangsunterricht. Sie bekam immer öfter eine Kehlkopfentzündung, sollte sich schonen und wurde vom Arzt krankgeschrieben, weil ihre Stimme heiser bis gar nicht mehr da war. Abends war sie oft nicht in der Lage, sich mit Freunden zu unterhalten. Wir erarbeiteten zusammen einen Plan für ihre Stimmroutine und legten den größten Fokus auf Entspannungstechniken, welche ihr nach eigenen Angaben sehr halfen. Außerdem berichtete sie mir jedes Mal stolz, dass sie nun viel mehr trinke und merke, dass ihre Stimme sich wirklich verschlechterte, wenn sie sie nicht für den Tag aufwärmte. Durch Yoga konnte sie außerdem zu mehr innerer Ruhe finden, was sich äußerst positiv auf ihre Stimme auswirkte.

Anders als bei der organischen Stimmstörung liegt die Ursache einer funktionellen Stimmstörung im falschen Gebrauch der Stimme. Man unterscheidet hierbei zwischen hyperfunktionell, also zu viel Krafteinsatz, und hypofunktionell, das heißt zu wenig Krafteinsatz beim Sprechen. Allerdings sind es meistens Mischformen, die uns Logopäden in der Praxis begegnen. Auch im Beispiel der oben beschriebenen Patientin habe ich im Laufe der Diagnostik festgestellt, dass sie ihre Stimme oft viel zu hoch einsetzt.

fotolia©Cookie StudioIhre Diagnose lautete also organisch-hyperfunktionelle Dysphonie. Dieses Phänomen lässt sich vor allem bei Frauen gehäuft beobachten, die mit Kindern arbeiten. Interessanterweise zeigt sich bei funktionellen Stimmstörungen oft, dass dieses übersteigerte oder zu schwache Spannungsverhältnis nicht nur im Stimmapparat, sondern im ganzen Körper zu finden ist. Die hyperfunktionellen Patienten sind oft diejenigen, die ständig unter Anspannung stehen und sich nie richtig entspannen können. Begleitend haben sie Verspannungen im Nackenbereich oder zudem Kopfschmerzen. Die hypofunktionellen Patienten zeigen oft einen zu schwachen Gesamttonus, fühlen sich kraftlos und finden nur wenig Antrieb.

Eine rein psychische Stimmstörung zeigt sich häufig durch situationsbedingtes und völliges Ausbleiben der Stimme (außer beim Lachen und Husten). Aber auch hinter einer vermeintlich funktionellen Dysphonie kann sich ein psychogener Hintergrund ergeben, wenn zusätzlich zur Heiserkeit noch andere Symptome wie feuchte Hände hinzukommen.

Selbst bei Kindern kann es schon mal vorkommen, dass die Stimme plötzlich heiser oder verhaucht klingt. Auch hier können die Ursachen vielfältig sein: Bei kleinen Kinder, die viel schreien, können sich Knötchen auf den Stimmlippen bilden. Aber auch übermäßiger und zu lauter Stimmgebrauch (gehäuft im Alter von 6 bis 7 Jahren) oder Probleme zu Hause können zu Stimmstörungen bei Kindern führen. Manchmal sorgt aber auch der Stimmbruch dafür, dass Störungen auftreten und Jugendliche sich in Therapie begeben müssen.

Für den Erfolg der Therapie ist eine genaue Diagnostik und eine umfangreiche Anamnese unerlässlich, denn nur so kann der Therapeut den Patienten genau da abholen, wo er steht, und ihm das geben, was er braucht. Es lohnt sich, den Patienten im Ganzen zu betrachten und auch herauszufinden, ob es psychische Gründe für die stimmlichen Probleme gibt. Genauso wichtig ist es, dass der Patient lernt, sich selbst und seine Stimme richtig wahrzunehmen, um effektiv daran arbeiten zu können. Videoaufnahmen können hierbei eine große Hilfe sein, auch wenn die meisten Patienten sich erst mal sträuben, weil sie sich nicht selbst hören und sehen wollen. Oft sind sie dann jedoch überrascht, wenn sie mal wirklich hören, wie falsch sie ihre Stimme einsetzen.

Die logopädische Therapie von Stimmstörungen an sich besteht meistens aus drei Teilen: Dem Aufwärmen des ganzen Körpers und der Stimme, den verschiedenen Übungselementen und den Entspannungssequenzen. Je nach Qualifikation des Therapeuten können auch manuelle Lockerungen, Gesang, craniosacrale Therapieelemente, der Einsatz von Reizstrom oder vieles mehr dem Patienten helfen, sein Stimmbild zu verbessern.

Doch wie entsteht unsere Stimme eigentlich?

fotolia©rudall30Dieses kleine Wunder der Natur entsteht durch ein Zusammenspiel von Stimmlippen, Kehlkopf und den Ansatzräumen. Kurz gesagt ist unsere Stimme ein Schall, der durch die Stimmlippen erzeugt und durch den Mund und Rachen sowie die Nasenhöhlen geformt wird. Die Einzigartigkeit jeder Stimme liegt an der Größe des Kehlkopfes und der Länge unserer Stimmlippen. Je entspannter die Stimmlippen sind, desto langsamer schwingen sie und desto tiefer wird der Ton. Er wird höher, wenn der Druck steigt und die Stimmlippen schneller schwingen. Die Schwingungen entstehen durch den Luftstrom, der aus den Lungen durch die Luftröhre nach oben fließt.

Die Schönheit der Stimme liegt in jedem Fall im Ohr des Hörers und so können auch kleine Pathologien wie Heiserkeit eine wunderschöne Stimme ausmachen. Gerade im Gesangsbereich sind es vor allem die außergewöhnlichen Stimmen wie die von Bonnie Tyler oder Michael Jackson, welche die größten Stars formen.

Haben Sie sich denn schon mal Gedanken um Ihre Stimme und deren Gesundheit gemacht? Die meisten Menschen sehen sie als selbstverständlich an und kümmern sich erst um sie, wenn etwas nicht stimmt. Doch mit kleinen täglichen Routinen können Sie Ihre Stimme für den Tag aufwärmen und mit etwas bewussterer Nutzung kann sie geschont werden. Hier ein paar Tipps zur Stimmhygiene:

  • Wärmen Sie Ihre Stimme morgens auf. Dies kann ganz einfach beim Zähneputzen geschehen, indem Sie nebenbei eine Melodie summen. Oder singen Sie ein kleines Lied bei der Fahrt zur Arbeit.
  • Vermeiden Sie es unbedingt zu räuspern, denn dabei knallen die Stimmlippen regelrecht aufeinander und das ist schädlich. Husten ist eine schonendere Möglichkeit, um die Stimmlippen zu reinigen.
  • Vermeiden Sie zu hohes oder zu tiefes Sprechen, sondern benutzen Sie einen für Sie angenehmen Stimmeinsatz in angemessener Lautstärke.
  • Stehen und sitzen Sie beim Sprechen möglichst aufrecht, denn das macht einen riesigen Unterschied beim Stimmklang und der Lautstärke aus.
  • Gönnen Sie sich Sprechpausen und nutzen Sie die richtige Atemtechnik (optimal wäre eine Brust- und Bauchatmung, eine freie Nase ist auch sehr hilfreich).
  • Trinken Sie viel Wasser, denn das befeuchtet die Schleimhäute.
  • Lutschbonbons, am besten isländisches Moos, können einer beanspruchten Stimme schnelle Abhilfe verschaffen.

Steffi RichterSteffi Richter
staatlich geprüfte Logopädin, Fachausbildungen in craniosacraler Logopädie und Autismustherapie mit den Schwerpunkten Kindersprache und Stimmtherapie
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Fotos: fotolia©rudall30, fotolia©Cookie Studio