Langjährig gleich langweilig? Ein unverhohlener Blick ins Schlafzimmer!
Was machen Paare eigentlich im Bett? Wie oft tun sie es? Und was geschieht, wenn der Alltag mit in den Laken liegt? Ein Resümee darüber, was uns zu guten Liebhabern macht, welchen Einfluss Pornografie hat und wie erfüllend Sexualität in einer langjährigen Beziehung ist.
Leidenschaftliche Küsse, elektrisierende Berührungen, ungezähmtes Verlangen und unbändige Begierde. Täglich, manchmal auch zweimal, wurde Aline Teil eines sexuellen Feuerwerks. Sobald Tom in ihrer Nähe war, spürte sie seine Lust und diese entflammte die ihre. Sie hatten so häufig Sex, dass Aline sogar die „Honeymoon-Zystitis“ erlitt. Eine Blasenentzündung, die auf zu häufigen Geschlechtsverkehr zurückzuführen ist. Wie es in den Flitterwochen (engl.: Honeymoon) wünschenswert ist, war es bei Aline und Tom monatelang der Fall. Morgens, mittags, abends: Sex.
Etwa ein Jahr später flaut diese Lüsternheit stetig ab. Nicht nur Aline und Tom ergeht es so. Der Großteil der Paare spürt eine solche Entwicklung. Und das scheint völlig natürlich zu sein. Die brennende Leidenschaft und das ungehemmte Verlangen aufeinander ebbt nach sechs bis zwölf Monaten langsam ab. Das zeigt eine Studie des Fachblattes Social Science Research.
Nach sechs bis acht Jahren soll das sexuelle Verlangen in Partnerschaften seinen Tiefpunkt erreicht haben, so ein Forschungsteam des Leibniz-Instituts für Sozialwissenschaften, Mannheim, sowie der Ludwig-Maximilians-Universität, München.
Pornos als Sexretter
Die Mehrheit definiert Sexualität als einen wichtigen Bestandteil des Lebens. Umso erschreckender, dass wir scheinbar wenig gegen diese aufkommende Flaute tun können. Viele Paare entscheiden sich dann, „neue Wege zu gehen“, um das alte Feuer wieder zu entflammen. Fünf magische Buchstaben, ein neues Territorium: Porno.
Für viele Paare ist das gemeinsame Zusehen weit mehr als ein Vorspiel. Laut einer Studie des Neon Magazins empfanden 96 % der Frauen und 83 % der Männer den Pornokonsum positiv. Die Filme hätten ihnen brauchbare Anregungen gegeben. Ist das also der Schlüssel zu mehr Lust?
Was uns Lust bereitet und was nicht, ist sehr individuell. Jedes Paar muss sich aufeinander einstellen und hat eine eigene Ansicht darüber, welche (S)Expertisen das innere Feuer entfachen. Während 59 % der vom Neon Magazin befragten Männer die Attraktivität ihrer Sexualpartner angaben, waren 53 % der Frauen mehrheitlich der Ansicht, die Bedürfnisbefriedigung sei ein Parameter für guten Sex.
Wenn wir also attraktiv und hingebungsvoll sind, dürfte theoretisch nichts schiefgehen. Faktisch jedoch nimmt der Sex mit der Zeit ab. „Es ist unter anderem dem Hormonhaushalt geschuldet, dass wir nach etwa einem Jahr weniger Lust auf Sex mit unserem Partner empfinden. Die Endorphine (Glückshormone) und das Oxytocin (Bindungshormon) erreichen dann wieder ein normales Niveau und wir sehen wieder ‚klarer‘. Wir setzen die rosarote Brille ab.“, erklärt Frederick Olpe, Psychologe und Verhaltenstherapeut aus Berlin.
Wir können offensichtlich nicht das Geringste tun, denn gegen Hormone kommt wohl auch der stärkste Wille nicht an.
Nach spätestens acht Jahren steigt die Zufriedenheit wieder an
Viele Paare geben „zu wenig Sex“ als Problem in ihrer Partnerschaft an. Sie wollen mehr Lust empfinden, tun es jedoch nicht. Kaum jemand will sich mit der menschlichen Physiologie zufriedengeben und trachtet nach den sexreichen Zeiten.
Nach sechs bis acht Jahren Beziehungsdauer soll die sexuelle Zufriedenheit wieder ansteigen, so das Forschungsteam des Leibniz-Instituts für Sozialwissenschaften, Mannheim, sowie der Ludwig-Maximilians-Universität, München.
Das Neon Magazin befragte diesbezüglich Männer und Frauen. Beinahe gleichauf waren die Angaben über die Häufigkeit des Sexes in Partnerschaften. 35 % der Männer und 36 % der Frauen gaben an, sechs bis zehn Mal im Monat Sex zu haben. Das sind durchschnittlich zwei Mal pro Woche. Ist das zu wenig? Das zu beantworten ist schwierig. Viele würden es jedoch bejahen.
Wenig Sex – ein Indiz für eine stabile Beziehung
Aber aus „zu wenig Sex“ lässt sich durchaus etwas Positives ziehen. Sexualwissenschaftler sagen, dass wenig Sex nicht der Anfang vom Ende sein muss. Es kann ebenso ein Indiz für eine stabile Beziehung sein. Wir müssen nicht mehr täglich miteinander schlafen, um zu wissen, dass wir zueinander gehören.
Lediglich 26,6 % der befragten Personen in langjährigen Partnerschaften gaben an, dass ihnen die Leidenschaft vom Anfang der Beziehung fehle. Das ergab eine Umfrage des Marktforschungsinstituts GfK.
Es scheint also zu stimmen: Mit etwas Geduld und einer entspannteren Erwartungshaltung können wir unsere sexarme Beziehung besser genießen. Aline und Tom sind solch ein Paar. Sie genießen ihre Partnerschaft nun auf eine andere, intimere Weise. Kuschelnd einschlafen, ein Klaps auf den Po an der Supermarktkasse und anzügliche Textnachrichten während der Arbeitszeit sind Dinge, die ihre Sexualität ohne Geschlechtsverkehr bereichern. Denn Sexualität beinhaltet weit mehr als nur den körperlichen Akt als solchen.
Alexa Moustaka
Heilpraktikerin für Psychotherapie, Journalistin, Autorin
Foto: ©tiagozr