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Hilfreiche Interventionen neu oder bewährt

In dieser Reihe stelle ich Interventionen vor, die sich in der Valere Klinik sehr gut bewährt haben. Meist resultiert schon innerhalb einer Sitzung eine deutliche Besserung. Einige Methoden haben wir selbst entwickelt, andere übernommen (z. B. aus dem NLP) oder weiterentwickelt. Wie sie durchgeführt werden, kann im Rahmen einer Hospitation bei uns beobachtet werden. Hospitationen können nur komplett (13 Tage) gebucht werden; es fallen nur Kosten für Ü und VP an.

Die Zielsetzung jeder Intervention ist

  • noch in der Sitzung den Erfolg wohltuend zu spüren
  • eine nachhaltige Wirkung durch Bedeutsamkeit
  • eine hohe Aufmerksamkeitsfokussierung

Dabei wird im Auge behalten

  • die therapeutische Beziehung, gerade auch bei Provokationen
  • der Wunsch des Patienten (immer m/w)
  • die Entwicklung des Patienten
  • die Selbstwirksamkeit, Realisierungsgrenzen
  • die systemischen Wechselwirkungen bei Erfolg (Preis der sozialen Systeme)

Folge 4: TimeLine (neu)

Vorgang: Übersetzung von posttraumatischen, mentalen Dauerschleifen in Motorik

Indikation: Bei jedem Trauma mit jedem Thema und jedem Ausmaß anwendbar, v. a.

  • wenn Patienten im Trauma „gefangen“ sind, also nicht im therapeutischen Dialog, und damit nicht im Hier und Jetzt konzentriert sind
  • wenn quälende Gedanken oder Bilder des Traumas sich in den Fokus drängen (auch bei Zwangsgedanken)
  • wenn der therapeutische Prozess in der aktuellen Situation nicht recht vorankommt
  • bei allen Arten von Albträumen

In der ValereKlinik setzen wir diese Intervention mittlerweile grundsätzlich ein. Also auch ohne spezielle Indikation. („Stellen Sie sich eine negative Situation aus Ihrem Leben vor ...!“) Sie hat sich einfach sehr bewährt: nicht nur im Augenblick, sondern auch ganz generell im Hinblick darauf, wie moderne Psychotherapie erlebt und verstanden wird.

Kontraindikation: ist nicht bekannt

Benötigtes Material: ein Band (Geschenkband), ca. 6 m lang, 3-6 cm breit, oder ein Seil aus dem Baumarkt, Stärke 15 mm (keine dünne Schnur nehmen), Metaplankarten, 3 oder 4 Farben (notfalls Karteikarten oder Notizzettel), 1 Filzstift

Einleitung: Wenn Patienten in der Psychotherapie nur das Sprechen gewohnt sind, ist eine Einleitung erforderlich, etwa in der Art: „An dieser Stelle Ihrer Psychotherapie (das beugt vor gegen Fragen: Warum nicht schon früher?) möchte ich Ihnen eine sehr bewährte Methode anbieten, die schon vielen Menschen in Ihrer Situation (... hier spezifisch einsetzen ...) geholfen hat. Darf ich Ihnen diese Methode vorstellen? Sie hat eine hohe Erfolgsrate (hilfreich, um Motivation aufzubauen, außerdem stimmt es).

Zielsetzung: Das Ziel der Methode wird mit den Wünschen der Patienten transparent definiert und abgeglichen. Ziel dieser Übung ist, dass Sie sich anschließend z. B. leichter und kräftiger fühlen. (Cave: Da kann sich leicht ein „nicht“ einschleichen! Zum Beispiel: „... damit Sie nicht mehr so oft an Ihr Trauma denken“ – das wäre ein massiver posthypnotischer Verstärker, allerdings ein kontraproduktiver!)

Vorstellung: Die Methode wird im Stehen bzw. im Gehen durchgeführt (geht auch für Rollstuhlfahrer) und dauert ca. 25 Min. Wir gehen dabei hier im Zimmer mehrfach langsam auf und ab.

Erlaubnis einholen: „Darf ich Sie durch das Trauma (hier baue ich manchmal einen bewussten Versprecher als Verstärkung ein), ich meine durch die Übung hindurch leiten?“ (Unbedingt auf ein klares „Ja!“ achten! Nichts Halbherziges akzeptieren. Ängste ernst nehmen und einbeziehen.) „Gut, dann ändere ich die Übung für Sie ab und zwar ...“

Hilfreich: immer wieder einstreuen, vor allem, wenn nebensächliche Fragen oder Ablenkungen kommen: „Können wir mit der Therapie beginnen?“ Nach dem Motto: Das Eigentliche kommt erst noch, bis jetzt reden wir ja nur! Gleich passiert etwas sehr Hilfreiches! Sie bestimmen, wann wir anfangen …

Etikettieren: Wir fordern die Patienten auf, das Trauma neu zu benennen. Also statt z. B. „sexueller Missbrauch“ einen Fantasienamen finden lassen, z. B. aus dem Pflanzenreich (die „Tintenpilz-Situation“). Hier nicht locker lassen, auch wenn die Patienten dazu eine Weile benötigen. („Mir fällt da nichts ein“, wird nicht akzeptiert. Notfalls eine Menü- Auswahl anbieten.) Das ist sowohl für die Nachhaltigkeit wichtig als auch für das künftige Wording zwischen Therapeut und Patient.

Skalieren: zu Beginn (und auch am Ende) den Leidensdruck (SUD) skalieren lassen auf einer Skala von 0 bis 10. Dazu die Patienten kurz (max. 30 Sekunden) in die traumatische Szene einführen, ohne die Szene genau zu kennen oder zu beschreiben („Sie sind jetzt am negativsten Zeitpunkt Ihres Erlebens! Sie sehen, was es zu sehen gibt in dieser Szene, Sie hören ..., Sie fühlen ...“, also kurz die VAKO-Liste). Den Wert für den Patienten sichtbar notieren.

Ressourcen: Wir benötigen je eine Ressource auf der Time Line vor und nach dem Trauma. Hilfreiche Fragen: „Was können Sie gut? Was tun Sie gerne? Woran hatten Sie einmal Freude? (Mit „einmal“ ist die Frage auch von schwer depressiven Menschen zu beantworten). Worauf sind/waren Sie stolz?

Durchführung: Die Patienten dürfen sich aus dem Stapel Metaplankarten die unliebsamste Farbe aussuchen. Darauf schreiben sie die neue Etikettierung, z. B. „Tintenpilz“, notfalls auch „Trauma“ (in seltenen Fällen wird darauf bestanden). Dann zwei Lieblingsfarben für je eine Ressource vor und nach dem Trauma, z. B. „Reise nach Tirol“ und „zum ersten Mal eine Wand gestrichen“. Und noch je eine Karte für die Geburt (oder Zeugung) und für das „Hier und Jetzt in der Praxis“ (neutrale Farben oder positiv besetzte, egal).

Das Band (Seil) als Lebenslinie (= LL) quer durch den Raum auslegen, das Ende unter der Tür hinaus (Denn das Leben soll doch nicht in der Praxis beendet werden!). Das „Trauma“ am Ende des ersten Drittels auf das Band legen lassen, dann vorerst nur noch die Geburt an den Anfang und das „Hier und Jetzt“ kurz vor das Ende des Bandes (im Raum). Noch einmal Erlaubnis einholen („Können wir beginnen?“).

Mit dem Patienten von außen (von der Seite) auf die Lebenslinie schauen. Ansage: „Stellen Sie sich bitte vor, Sie laufen jetzt von der Geburt an durch Ihr ganzes Leben bis zum heutigen Tag. Bis jetzt. Bis hierher in diese Stunde. Können Sie es aushalten, sich selbst auf dieser Lebenslinie hier im Raum (wichtig!) laufen zu sehen? (Das kann fast jeder. Schon das erste Erfolgserlebnis für die Patienten!) Ist es besser für Sie, wenn ich Sie am Arm halte oder wenn ich Sie ganz für sich stehen lasse?“ (Auswahl-Menü anbieten: Hebt das Gefühl für Selbstständigkeit und stärkt die therapeutische Beziehung.)

Zeichnung anfertigen lassen (Bei mir müssen die Patienten in jeder Sitzung etwas zeichnen als visuellen Anker: gut für die Nachhaltigkeit!); also Lebenslinie, die Positionen von Geburt, Tintenpilz und Hier und Jetzt, dazu ein Strichmännchen, das darüber läuft. Zeichnen kann jeder, je einfacher, desto wirksamer – noch ein Erfolgserlebnis.

Betrachten: „Bitte lassen Sie Ihre Augen auf Ihrer (nicht auf „der“) Zeichnung ruhen! Gelingt Ihnen das?“ (Na klar, das gelingt – wieder ein Erfolg). An der Stelle die „Erfolge“ wiederholen, durchnummerieren und aufschreiben lassen. (Wird als lästig empfunden, bringt aber viel.)

Aktion: „Jetzt gehen Sie selber als Person über Ihre Lebenslinie, o.k.? Sie beginnen mit der Geburt, so fangen die meisten Menschen an (kleiner Scherz lockert die Situation auf), nehmen dort drei Atemzüge und gehen dann los. In Ihrem eigenen Tempo. Lieber flott? Lieber langsam?“ (wichtiger Subtext: In jedem Fall wird jetzt gelaufen! Und erneutes Auswahl-Menü: Autonomie bleibt beim Patienten).

Patient läuft seine Lebenslinie ab. Wenn er/ sie stockt, fragen: „Soll ich mitgehen, oder lieber autonom, so wie autonomes Fahren?“ (hilfreiches Verfremdungsangebot bei einer qualvollen Erinnerung!), „lieber meine Hand im Rücken oder lieber selbstständig?“ (erneut Menü-Angebot mit dem hilfreichen Nebeneffekt, dass die Patienten nicht zu sehr ins Trauma abdriften). In ganz schwierigen Fällen stelle ich mich auch ans Hier und Jetzt, also ans Ziel, und kann anfeuern. Beim Zieldurchlauf gratulieren (wieder ein Erfolg!).

Die Patienten 3-5 Mal über die Lebenslinie laufen lassen. Innerhalb weniger Minuten ist die Verbesserung sichtbar: Gang aufrechter; das Stocken kurz vor dem Trauma wird weniger; Karotispuls langsamer, Atmung tiefer (auf Rippen und Schultern achten und dann die Patienten darauf hinweisen – wieder ein Erfolg!

Nun „vor“ und „nach“ dem Tintenpilz die prä- bzw. posttraumatische Ressource hinlegen. Wieder 3-5 Mal laufen lassen. Beim Überqueren der Ressourcen den jeweiligen Inhalt dem Patienten laut zurufen: „Ski fahren in Tirol, tolle Abfahrt!“ (nichts erfinden – vorher genau erfragen und dann spiegeln)

Die Verbesserungen dann gleich abfragen. (Spätestens jetzt verbessern sich 90 % der Patienten um 1 bis 2 Skalenpunkte (SUD)! Wieder ein Erfolg!). Immer mit dem Hier und Jetzt aufhören: „Jetzt sind Sie bei mir in der Praxis, es ist 12 Uhr, guten Appetit!“

Auch die beiden Ressourcen in die Zeichnung eintragen lassen! Wieder auf die Zeichnung schauen lassen: in 95 % der Fälle kein Problem mehr. Ein großer Erfolg in nur einer Sitzung.

Skala: am Ende posttherapeutische Skala abfragen: Gauß‘scher Mittelwert: 2 Skalenpunkte; keine Verbesserung unter 3 %, sonst immer, und wenn nur Null-Komma-Verbesserung; ist auch i. O. Generell: Fast immer Verbesserung größer gleich 2.

Ziel der Methode:

  1. Das vormals „eingefrorene“ Trauma wird motorisch umgesetzt.
  2. Die Patienten können selber etwas tun und gewinnen so an Gestaltungsfreiheit.
  3. Ohnmachtsgefühle gehen zurück, das Leben wird leichter.
  4. Die Patienten können Abstand gewinnen zu inneren Vorgängen und sich so anschließend nicht nur besser verstehen, sondern auch annehmen.
  5. Feindbilder sich selber gegenüber werden kleiner oder verschwinden ganz; und zwar eher nebenher, also ohne explizite Hinweise.
  6. Erfolgserlebnisse werden in der Psychotherapie erlebbar.
  7. Die Motivation für Psychotherapie steigt.
  8. Entspanntes Arbeiten für uns Behandler gerade auch bei schweren Themen.
  9. Aus dem (qualvollen) Standbild wird ein Film gemacht (der ist erträglich).

Dauer: ca. 20-30 Minuten – also noch viel Zeit zum Nachbesprechen

Setting: sowohl Gruppe als auch Einzeltherapie, beides ist möglich. Minimaler Zeitaufwand bei hohem Ertrag. Auch bei Paar- und Familientherapien sehr empfehlenswert!

In der Gruppe übernehmen die anderen Gruppenmitglieder dann die Positionen. Für das Trauma: „freiwillige“ Meldung (nicht aussuchen lassen).

Erlernen: für Kollegen sehr schnell und problemlos. Einmal durchlesen und zwei Probeläufe genügen.

Erfolg: fast immer schon in der Sitzung deutlich sichtbar; oft verknüpft mit kleinen Zeichen der Überraschung (Augen, Lidschlag, Kopfhaltung, Brustwirbelsäule ...)

Nachhaltigkeit: sehr hoch! Vor allem wenn die Übung zu Hause fortgesetzt wird. (Ein Band hat jeder; die Karten dürfen/sollen sich die Patienten mitnehmen, wieder ein Anker an die Sitzung).

Erlernen von Flexibilität beim Wechsel der geistigen, emotionalen und körperlichen Ebenen. Wenn während der Übung Tränen kommen, natürlich als positives Zeichen des Organismus etikettieren, als Zeichen der Entwicklung und der Befreiung.

Zuverlässigkeit: über 90 % Therapie-Erfolg

Anlass, Idee, Historie: Mir ist die Übung aus der NLP-Ausbildung bekannt. Ich habe sie dann in vielen Jahren nach eigenen Bedürfnissen weiterentwickelt.

Motivation: Gerade bei zweifelnden Patienten erhöht dieses Feature deutlich die Motivation zur Psychotherapie; denn sie merken, dass sie erstens zu 100 % ernst genommen werden und zweitens selber konkret etwas beitragen können zu ihrem Erfolg. Jedes Vorurteil oder Klischee über Psychotherapie ist damit vom Tisch.

Voraussetzung: aufseiten der Patienten keine besonderen Voraussetzungen, außer die übliche Fähigkeit, sich auf einen „normalen“ therapeutischen Prozess einzulassen.

Körperkontakt: Bei diesem Format erfolgt keine Körperberührung bzw. ausschließlich auf Wunsch des Patienten.

Subtext: Ohne explizite Ankündigung entsteht eine Atmosphäre der Gleichrangigkeit und auch der geteilten Verantwortung. Außerdem erfolgt eine deutliche Entschleunigung der inneren Impulse, der Gedanken, Bilder und Gefühle.

Stolpersteine: Bislang sind keine besonderen Vorkommnisse, Abweichungen oder Risiken aufgetreten.

Inhaltliche Darlegung/Öffnung des Themas: Eine Beschreibung der „Tintenpilz-Situation“ ist nicht erforderlich, schon gar keine Details. Sehr hilfreich bei scham- oder schuldbesetzten Inhalten und natürlich gerade bei sexuellen Inhalten.

Konsequenz des Features: Wird der Patient künftig auf den „Tintenpilz“ angesprochen, lächelt er oft dabei; also erhöhte Fokussierung auf das Hier und Jetzt und auf die Selbstwirksamkeit und damit ein sicheres Zeichen für die erfolgreiche Salutogenese.

Bewertung des Patienten: Selbstverständlich kann man auch diese Intervention bewerten lassen! (Machen wir in der Valere Klinik grundsätzlich nach jeder Psychotherapie-Sitzung. Ergebnis: fast ausnahmslos Note 1 oder 2).

Metaebene: Anstatt in der Psychotherapie nur über Leidenszustände zu sprechen, versuchen wir von der Grundidee her immer, auch die Metaebene anzuregen.

Erlaubnis: Bei jeder Intervention bitten wir vorher um Erlaubnis und geben damit eine Vorausschau auf die nächsten Minuten.

Hausaufgabe: Diese Methode eignet sich hervorragend als Hausaufgabe. Bitte prinzipiell beachten: Als Hausaufgabe nur „verordnen“ (vorher natürlich um Erlaubnis fragen!)

  • Was in der „Sitzung“ konkret gemacht wurde (nicht mehr – Kunstfehler!).
  • Was wirklich als erfolgreich erlebt wurde.
  • Was einen klaren Anfang und ein klares Ende hat (keine Anweisungen, die eine unbegrenzte Zeit beinhalten können).
  • Was an einem bestimmten Ort durchgeführt werden kann.
  • Was genau beschrieben, protokolliert und von Ihnen eingefordert werden kann.
  • Was dem Patienten hilft, sich als Gestalter zu fühlen (statt ausgeliefert zu sein).

Zusammenfassung. Die Timeline hat gleich neun Vorteile:

  1. Patienten, die zum Jammern neigen, hören damit auf.
  2. Patient und Therapeut sind auf einer Höhe, nämlich „oberhalb“ des Traumas.
  3. Die Verantwortung für den Verlauf der Sitzung liegt auf beiden Schultern.
  4. Patienten, die „zu weit weg sind“, kommen näher.
  5. Patienten, die „zu nah dran sind“, rücken geistig ein wenig zurück.
  6. Diese Intervention braucht oft nur 20-30 Minuten Zeit (nach etwas Übung).
  7. Deutliche Erhöhung der Kooperation.
  8. Kein Abdriften in die innere Welt, keine innere Kündigung (ganz wichtig bei Trauma).
  9. Hohe Nachhaltigkeit.

Fallvignette/Erklärung des Vorgehens: Entfällt bei dieser Intervention; denn sie ist immer und überall einsetzbar. Sogar bei als psychotisch definierten Patienten.

Dr. Walter HofmannDr. Walter Hofmann
Facharzt für Psychotherapie, Chefarzt Valere Privatklinik, Dachsberg im Südschwarzwald

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