Therapeutenporträt: HP Psy Tanja Scheer
Tanja Scheer
Gelernte Bankkauffrau, 40 Jahre alt, in den letzten 10 Jahren Eventmanagerin in einer Bank.
Seit 2014 in Aus- und Fortbildung rund um die psychotherapeutische Heiltätigkeit.
Heilpraktikerin für Psychotherapie, systemische Kinder- und Jugendtherapeutin, ausgebildet in tiergestützter Intervention, Fachberaterin für sozialraumorientierte Traumaarbeit, Fortbildung in Hypnose an der Paracelsus Schule Köln.
In Planung sind in diesem Jahr EMDR und Box-Coaching.
www.tanja-scheer.de
Existenzgründung – mit Überblick und Augenmaß
Vor gut zwei Jahren hat Tanja Scheer ihre Praxis als psychotherapeutische Heilpraktikerin eröffnet. Dennoch zählt sie selbst sich nach wie vor zu den Existenzgründerinnen.
Frau Scheer, Sie entwickeln Ihr Unternehmen schrittweise. Was heißt das konkret?
Mein sehr großer Vorteil war und ist, dass ich in Teilzeit fest angestellt bin und mich deshalb nach und nach auf das Wachstum meiner Praxis konzentrieren kann. Da durch die Anstellung Geld hereinkommt, kann ich zumindest das Einkommen entspannt betrachten.
Denn eins ist Fakt: Die Klienten kommen hauptsächlich durch „Mund-zu-Mund-Propaganda“ zu mir und der Start braucht einfach seine Zeit. Wichtig ist der Aufwärtstrend – und der ist bei mir eindeutig zu erkennen. Sonst müsste ich bald über eine Schließung nachdenken.
Was ist Ihr beruflicher Hintergrund? Und wie kamen Sie zu dem Entschluss, sich neu zu orientieren?
Ich bin gelernte Bankkauffrau. Ein Seminar, das ich 2014 besuchte, hat mich mit Themen der Psychotherapie gepackt und „infiziert“. Seit dieser Zeit war für mich klar: Ich will mich beruflich verändern und meine eigene Praxis eröffnen. Ich habe mich auf die Prüfungen vorbereitet, fortgebildet und beim Gesundheitsamt die Prüfung zur Heilpraktikerin für Psychotherapie abgelegt. Die systemische Beratung gehört mit zu meinen Schwerpunkten und auch die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Künftig will ich auch Tiere in meiner Praxis einsetzen.
Sie haben also erkannt: Das ist das Richtige für mich und haben sich konsequent daran gemacht, Ihr Ziel zu erreichen?
Eigentlich fehlten mit jetzt nur die Räumlichkeiten. Durch einen glücklichen Zufall habe ich tolle Räume bekommen und 80 m² Fläche angemietet. In Summe ist ein Raum „über“. Aktuell wird dieser Raum für Entspannungsübungen und künftig auch für Box-Coaching genutzt.
Besonders vorteilhaft an der Praxis ist, dass meine Klienten durch einen Seiteneingang zu mir kommen. Denn die Ortslage ist eher kleinstädtisch und die Menschen sind sehr neugierig. Und: Meine Praxis liegt im „Ärzte-Viertel“. Hier tummeln sich Zahnärzte, Hausärzte und eine Apotheke. So kommen viele Menschen an der Praxis vorbei und die Ortsansässigen nehmen mich so wahr.
Hatten Sie Hilfe beim Praxisstart?
Mein Start wurde durch ein Netzwerk aus der Bank sehr erleichtert: Menschen, die mir sehr geholfen haben. Denn die Praxis wollte renoviert, eingerichtet und die Miete bezahlt werden. Marketing war auch ein riesengroßes Thema. Vom Namen über Logo, Homepage und Folierung tauchten hier viele Fragen auf, die es zu beantworten galt. Und die eben auch Geld kosteten. Und ein Businessplan musste her, damit ich vom ERP-Gründungskredit profitieren konnte. Hier war der wichtigste Tipp meiner Hausbank, genügend Liquidität einzuplanen. Denn es kommt immer etwas Unvorhergesehenes. Insgesamt habe ich einen eher teureren Weg gewählt, da ich von Anfang an auch einen Steuerberater an meiner Seite hatte. Hier gab es viele Stolperfallen unterwegs, endlos lange Diskussionen, aber eben auch sehr wertvolle und unbezahlbare Tipps.
Können Sie dazu Beispiele nennen?
Wichtig ist z. B. dem Finanzamt zu beweisen, dass ich keine Liebhaberei betreibe. Das gelingt mir inzwischen sehr gut. Der Aufwärtstrend der Praxis gibt mir recht und die Arbeit macht unglaublich viel Spaß. Dennoch ist am Anfang eine Auseinandersetzung mit viel Fingerspitzengefühl nötig gewesen. Da ich früh mit den Ausbildungen und Vorbereitungen begonnen habe – seit 2014 – war da schon einiges an Kosten aufgelaufen. Und „erst“ seit 2019 habe ich meine Räumlichkeiten geöffnet. Das ist ein Thema, das mein Steuerberater streng im Blick behält und das definitiv immer mitschwingt.
Natürlich habe ich ein starkes Eigeninteresse, dass die Praxis gut läuft. Ich möchte viele Menschen auf ihrem Weg begleiten und ihnen helfen. Und dabei möchte ich auf Dauer so viel Ertrag erwirtschaften, dass ich mich von der Bank lösen und voll auf die Praxis konzentrieren kann.
Losgelöst von Ihrer persönlichen Situation – wie würden Sie die Entwicklung Ihrer Praxis umreißen?
Nach einem schleppenden Start, der sicher völlig normal ist, habe ich mittlerweile ein großes Einzugsgebiet. Hier muss ich sagen, dass ich auch durch Corona digital sehr gut aufgestellt bin. Meine Erfahrungen in der Videoberatung sind sehr gut. Die ersten Gespräche waren sehr spannend. Aber der Einstieg war leicht. Die Arbeit an sich ist etwas anders und verlangt an der einen oder anderen Stelle digitale Kreativität.
Mein Favorit bleibt aber die persönliche Beratung. Hier finde ich, sind Übungen noch effizienter, und der Rapport zum Klienten ist meist noch besser.
In der Rückschau: Was würden Sie heute anders machen?
Zeitlich war und ist der Ablauf für mich perfekt. In der Bank habe ich gearbeitet, um meine beruflichen Qualifizierungen zu finanzieren und mich „nebenbei“ fortgebildet. Mein Urlaub ging fast immer für die Weiterbildungen drauf.
Ein sehr großer Rückhalt waren und sind meine Freunde. Damals hatte ich keinen Partner und so waren zumindest terminliche Abstimmungen recht einfach und schnell entschieden. Ich musste ja auf niemanden außer auf mich Rücksicht nehmen.
Thematisch vergesse ich in meiner Arbeit Raum und Zeit – dann bin ich im Flow. Für mich ist es eher ein Energietank als Krafträuber. Und das positive Feedback meiner Klienten bestärkt mich darin, weiterzumachen.