Wenn die Gefühle ein System haben
Mit „Der Albtraumfänger“ habe ich eine strukturierte Methode gefunden, den Ursprung von Gefühlen zu findender Lösungen und Klärungen bietet. „Der Albtraumfänger“ ermöglicht es, Gefühle gezielt zu diesem lösenden Ursprung zu führen und, falls nötig, dort direkt für den Klienten positiv zu klären.
Anfangs setzte ich den Albtraumfänger nur ein, um bei Klienten Gefühle, die sie in irgendeiner Form behinderten und deren Ursprung sie nicht kannten, zu klären und zu lösen. Dies gelang und gelingt mit einer für eine rein sprachliche Methode ungewohnten Zuverlässigkeit innerhalb einer einzigen Sitzung. Der Trick ist, die Gefühle durch den Ort, an dem sie gespürt werden, zu defi nieren und von dort ausgehend zu klären. Früher glaubte ich noch, der von den Klienten bei Gefühlen geschilderte Ursprung wäre korrekt und diese Belastungen nicht lösbar.
Je länger ich jedoch mit dem Albtraumfänger arbeitete, desto mehr musste ich erkennen, dass der vom Verstand gelieferte Ursprung für Gefühle keinesfalls der zu lösende Ursprung sein kann. Wie sonst sollte ich bei belastenden Gefühlen, ohne bekannten Auslöser einen lösenden Ursprung finden. Die Auflösung gelang bei meiner Methode jedoch bei jedem Einsatz und die Gefühle verschwanden an den Orten, wo sie vorher zu spüren waren.
Bekannter Ursprung ist nicht gleich lösender Ursprung
Doch wenn die belastenden Gefühle verschwinden, sobald der lösende Ursprung gefunden war, wieso hatten die Klienten dann bei anderen Gefühlen, zu denen sie nach ihrer Meinung den Ursprung kannten, noch das belastende Gefühl?
Erste Tests förderten Erstaunliches zutage.
Auch die belastenden Gefühle, zu denen die Klienten vermeintlich den Ursprung kannten, konnten aufgelöst werden. Jedoch war es stets ein anderer Anlass, als derjenige, den ihnen ihr Verstand geliefert hatte. Die von ihren als Ursprung angesehene Situation war lediglich die, an die sich ihr Denken mit größtmöglicher Anstrengung noch erinnern konnte oder die in der Erinnerung als am Schlimmsten empfundene. Der tatsächlich lösende Ursprung war in allen Fällen allerdings eine exorbitant harmlosere Situation.
Das Denken hatte mit seiner Annahme des Schlimmstmöglichen bei unbekannten Dingen den Klienten eine falsche Information geliefert, gleichwohl die beste oder treffendste Situation, die es liefern konnte. Nur ist diese Information nicht lösend und wird vom Klienten sogar als Erhöhung der Belastung empfunden.
Bei allen Klienten herrschte großes Erstaunen und eine große Erleichterung, als der eigentlich lösende Ursprung gefunden wurde und sich als wesentlich harmloser als vorher vermutet herausstellte. Ich spreche in bildlichen Vergleichen gegenüber den Klienten hier gerne vom Untergang der Titanic im Verhältnis zum umgefallenen Sack Reis. Aus der Erfahrung weiß ich, es wird von den Klienten ähnlich empfunden, wenn der lösende Ursprung bekannt wird.
Also begann ich, den Albtraumfänger auch bei belastenden Gefühlen einzusetzen, bei denen die Klienten dachten, den Ursprung zu kennen. Und auch diese Gefühle können so in ihrem lösenden Ursprung zuverlässig aufgelöst werden.
Je länger ich den Albtraumfänger anwendete, desto klarer wurde mir: Ich arbeite bei bestimmten Gefühlen mit allen Klienten den gleichen oder einen sehr ähnlichen Weg durch den Körper ab und lande im Ursprung immer wieder an den selben Körperstellen. Dies verblüffte mich zunächst erheblich und ich dachte, es wäre irgendwo ein Fehler meinerseits oder im Albtraumfänger. Die Gefühle erweckten den Eindruck, ein System zu haben, einen Steigerungsverlauf im und durch den Körper. Also forschte ich genauer und intensiver.
Was wäre, wenn Gefühle ein System haben?
Die erste Erkenntnis war, dass wir mit zunehmender Lebensdauer und steigender Belastung durch einzelne Gefühle, wie Trauer, diese häufig als ein anderes Gefühl wahrnehmen. In Situationen, die eine traurige Ursache haben, wird vielfach hauptsächlich Wut empfunden. Wut ist in solchen Fällen ein Kompensator der Traurigkeit, da diese innerlich schon einen zu hohen Belastungswert hat. Die Trauer wird nur noch für einen extrem kurzen, selten wahrnehmbaren Moment verspürt und dann direkt von Wut überlagert. Die gleiche Stelle im Körper wurde daher von Klienten mit verschiedenen Gefühlen in Zusammenhang gebracht. An Stellen, an denen einige Klienten Trauer spüren konnten, spürten andere nur noch Wut. Erste Überlegungen, wie diese aufgelöst werden kann, führten dazu, die beteiligten Gefühle erst zu separieren und dann zu klären. Dadurch konnten wir nun für jedes einzelne Gefühl einen lösenden Ursprung für den unklaren Anteil finden und diesen dort klären. Der unklare Anteil der Gefühle ist der Teil, der auftritt, ohne dass die Klienten einen Grund für dieses Gefühl kennen, im Gegensatz zum klaren Anteil, bei dem sie den Grund sehr genau kennen: „Ich bin wütend, weil ...“.
Für uns höchst erstaunlich war die Erkenntnis, dass es letztlich immer nur drei Grundgefühle waren, in denen wir an Belastungen arbeiteten. Es handelt sich um Wut, Trauer und Zweifel, gleichwohl die Klienten viele verschiedene Namen dafür hatten.
Es macht den Eindruck, als ob Wut das Zentrum unserer unverarbeiteten Aggression ist, sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht. Trauer scheint dagegen das Zentrum unserer unverarbeiteten Belastungen zu sein. Zweifel erweckt den Eindruck, der Auslöser unserer unverarbeiteten Ängste, von Vorsicht und Furcht zu sein.
Wir haben für jedes dieser Grundgefühle einen eindeutigen körperlichen Ort des Ursprungs feststellen können. Erst wenn die Klienten die Grundgefühle an diesen körperlichen Ursprungsorten spüren, lässt sich auch der lösende Ursprung finden.
Wir konnten weiterhin eindeutig feststellen, dass diese drei Grundgefühle bei ihrer Ausbreitung im Körper sehr eigene Wege nehmen, die jedoch bei allen Klienten annähernd gleich verliefen.
Wir haben durch diese Erkenntnis jetzt so etwas wie einen messbaren Weg zum lösenden Ursprung der Grundgefühle, an dem wir quasi ablesen können, wie weit wir schon mit der Klärung vorgedrungen sind. Gleichwohl waren wir mehr als überrascht, dass es sich nur um drei Grundgefühle mit Belastungen handeln sollte. Bei unseren Recherchen stießen wir u. a. auf den Körperatlas der Gefühle von Lauri Nummenmaa (s. rechte Abbildung).
Darin ist der körperliche Sitz vieler Emotionen verzeichnet. Bei den meisten Darstellungen konnten wir die Positionen, an denen die Gefühle markiert sind, als die Orte identifizieren, an denen im Laufe der Zeit diese Gefühle entsprechend ihrer Steigerung gespürt werden. Jedoch fanden wir nicht einen unserer Ursprungsorte wieder.
Wie im Körperatlas der Gefühle weiter beschrieben, gibt es viele verschiedene Namen für Emotionen. Scham, Leidenschaft, Nichtbeachtung stellten sich für uns, bei genauerer Analyse, als Mischformen der drei Hauptgefühle dar. Soll heißen, sie definieren sich durch einen jeweils unterschiedlich hohen Anteil von Wut, Trauer und Zweifel. Dies fanden wir auch durch die im Körperatlas markierten Orte, an denen diese Emotionen gespürt werden, bestätigt.
Weder in der Literatur noch im Internet fanden wir allerdings Hinweise darauf, dass unsere Erkenntnis des körperlichen Ursprungsortes der Gefühle bereits bekannt ist, geschweige denn irgendwo erforscht wird. Mit unserem neuen Wissen änderten wir daraufhin unsere Strategie und klären seitdem mit den Klienten systematisch die drei Hauptgefühle.
Bevor ich nun die gefundenen Grundgefühle vorstelle, möchte ich noch auf zwei weitere bedeutende Faktoren eingehen, die wir entdeckten. Das eine nennen wir Sexualität; diese löst meist wenig Belastungen aus.
Es gibt den Ort der Liebe
Das „Vorhandensein des anderen Faktors“ hatten wir erhofft und doch überraschte es uns sehr, als es sich immer sicherer mit einem eigenen körperlichen Ort herauskristallisierte. Ja, wir empfanden es als traumhaft und wunderschön, diesen Ort tatsächlich auch finden zu dürfen.
Es gibt definitiv eine Stelle im Körper, an der Liebe oder enge Verbundenheit gespürt werden kann.
Wir haben dabei einige Klienten gebeten, sich alle Personen in ihrem aktuellen und früheren persönlichen Umfeld einmal einzeln bildlich vorzustellen und zu prüfen, ob es Personen gibt, bei denen sie an einer bestimmten Körperstelle ein zartes Gefühl spüren. Natürlich ohne Hinweis darauf, um welches Gefühl es sich handelt. Die Treffsicherheit der Klienten, wo in ihrem Körper tatsächlich Liebe zu bestimmten Personen vorhanden war, war mehr als erstaunlich.
Ganz aktuell und erst bei fünf Klienten verifiziert sind hier noch weitere Erkenntnisse hinzugekommen. Dieser vorher erwähnte Ort ist die Positionierung der Liebe nach Außen, also Liebe zu anderen Menschen oder Liebe zu anderen Wesen, diese Erkenntnis festigte sich mit dem Folgenden.
Es war uns schon öfter aufgefallen, dass wir Klienten haben, die bei Einsamkeit eine Leere oder ein Vakuum im Bereich des Herzens spürten. Bei einer Sitzung kam mir die Intuition, wie diese Leere zu füllen sei. Es gelang erstaunlich leicht. In kürzester Zeit wurde hier eine Fülle und Wärme empfunden. Wir hatten damit auch den Ort der Liebe im Inneren gefunden, den Ort der Selbstliebe.
Nun möchte ich die Gefühle im Einzelnen genauer vorstellen
Die Grundgefühle
Es gibt nach unseren bisherigen Erfahrungen nur drei Grundgefühle in denen Belastungen oder Verletzungen auftreten und zwei weitere Emotionen. Gleichwohl das Wort belastend nicht vollständig zutreffend ist, sind dies die Gefühle, in denen Belastungen und Verletzungen bisher zu finden waren. Alle anderen Emotionen sind nur Mischungen aus diesen Gefühlen. Für jedes der drei Grundgefühle fanden wir einen eindeutigen körperlichen Ursprungsort, der für alle Menschen gültig ist.
An diesem Ursprungsort sind die Gefühle tastbar bzw. werden Berührungen als (sehr) unangenehm empfunden. Je weiter die Arbeit des Albtraumfängers fortschreitet, desto unangenehmer werden Berührungen dort empfunden.
Nach vollständiger Klärung der Gefühle werden die Berührungen wieder als durchweg neutral bewertet. Von ihren Ursprungsorten breiten sich die Gefühle durch den Körper aus und führen an verschiedensten Stellen im Körper zu „Verkrampfungen“ oder „Verhärtungen“.
Auch erkannten wir, dass sich die belastenden Gefühle im Laufe des Lebens aufsummieren, also innerlich stärker werden, ohne sich aber stärker anzufühlen, gleichwohl sie sich weiter und intensiver im Körper ausbreiten. Was eine durchaus plausible Erklärung für gewisse Erscheinungen sein könnte, welche mit zunehmendem Alter auftreten.
Die drei belastenden Grundgefühle
Wut … auch Aggression, Ärger oder wie auch immer man es nennen mag.
Der Ursprung ist mittig in dem kleinen Bereich zwischen Kehlkopf und Brustbein. Hier ist dieses Gefühl tastbar und oft hörbar (unbegründetes hüsteln). Wenn es stark und dauerhaft wird, fühlt sich oft an wie ein „Kloß im Hals“.
Die Empfindung der Wut ist direkt im Hals stark und stahlt in die Brust und den Kopf aus. Bei weiterem Fortschreiten kann sie sich über verschiedene Wege im gesamten Körper verbreiten. In akuten Situationen macht es oft auch den Eindruck, als ob die Sauerstoffversorgung des Kopfes einschränkt sei. Dieses Gefühl verbindet sich häufig im Bereich der Brust mit dem nächsten beschriebenen Gefühl, dann sind beide für die betroffene Person nur noch schwer auseinanderzuhalten.
Trauer … auch Traurigkeit, Einsamkeit, Verlassenheit oder wie auch immer man es nennen mag. Nach unserem bisherigen Wissensstand ist dies unser zentrales belastendes Gefühl.
Der Ursprung der Trauer befindet sich mittig in Höhe der Bauchspeicheldrüse zwischen Bauchnabel und Brustbein – vermutlich direkt auf der Bauchspeicheldrüse. Hier kann es, oft auch durch eine Verhärtung dieses Bereiches, erfühlt werden. Klienten mit hohen Belastungen durch dieses Gefühl berichteten von einem Feuer, einem Brennen an dieser Stelle in Richtung Hals.
Dieses Gefühl nimmt mit zunehmender Belastung den Bauchraum von oben ein und geht oft in Richtung Hals und Kopf. Es verbindet sich in der Brust und der Speiseröhre häufig mit der Wut. Der Brustbereich wird von den Klienten häufig als Auswirkungsbereich physiognomisch beschrieben. Nach unten verbindet es sich häufig mit dem nächsten Gefühl.
In den Minuten vor der endgültigen Klärung mit dem Albtraumfänger ist die Ursprungsstelle der Trauer oft so empfindlich, dass bereits eine 1 bis 2 cm davor gehaltene Hand als ein unerträglicher Druckschmerz empfunden wird. Dieser verschwindet, samt der Verkrampfung, unmittelbar nach Klärung des Gefühls.
Zweifel … auch Angst, Unsicherheit, Furcht oder wie auch immer man es nennen mag.
Dieses Gefühl sitzt mittig etwas oberhalb des Schambeins. Vermutlich direkt auf der Blase, da alle Klienten vor der lösenden Sitzung meinten, man würde ihnen schon bei leichtester Berührung des Punktes auf die Blase drücken. Während der Arbeiten mit dieser Emotion ist auch ein ungewöhnlich häufiger Gang zur Toilette zu beobachten.
Das Gefühl zieht zwischen Schambein und Blase hindurch tief ins Becken. Es wirkt sich von dort in die Beine und Füße aus. Ebenso zieht es durch Rücken, kompletten Bauchraum, Nieren nach oben.
Unterhalb vom Zwerchfell kommt es oft nach vorn, weshalb viele Klienten Angst oder Zweifel links und rechts direkt unterhalb des Brustkorbes fühlten. Von dort zieht es hinauf in den Kopf und dabei häufig auch in die Augen. Klienten mit hohen Belastungen in diesem Gefühl hatten oft ein deutlich langsameres Augenblinzeln als andere.
Die weiteren wichtigen Gefühle
Dazu haben wir wie erwähnt bisher noch zwei weitere Grundgefühle ausgemacht. Dort konnten wir noch keinen klaren Ursprungort entdecken, da diese bisher nicht in einer belastenden Form aufgetreten sind. Es sind:
Liebe, Verbundenheit ... oder wie auch immer man es nennen mag.
Liebe nach Außen (zu anderen Menschen, Wesen und vielleicht sogar Dingen): Nach bisherigen Erkenntnissen zieht sich dieses Gefühl von mittig zwischen oberem und unterem Ende des Brustbeines in einem leichten Bogen nach unten, links unter das Herz.
Liebe im Innen (Selbstliebe): Dieser Ort ist unser Herz. Leere im Herzen bedeutet fehlende Selbstliebe!
Trieb, Sexualität ... oder wie man es nennen mag.
Nach bisherigen Erkenntnissen ist dieses Gefühl im Bereich der unteren Genitalien angesiedelt. Auch hier haben wir noch keinen genauen Ursprung herausfinden können.
Mit dem Wissen, wo der Ursprung der Grundgefühle ist, fällt uns immer häufiger auf, dass Menschen auch durch ihre Handhaltung ihre Gefühle zum Ausdruck bringen bzw. zeigen.
Etwa wenn sie über einen anderen Menschen sprechen, bringen sie häufig durch die Haltung ihrer Hände zum Ausdruck, welches ihr Hauptgefühl bei den Gedanken über den Menschen ist.
Viel zu häufig mussten wir Trauer erkennen. Haben wir es dann angesprochen, wurde nicht bestritten, dass diese bei den Gedanken an diesen Menschen vorhanden ist, sondern es wurden sofort Erklärungen gegeben, warum.
Es sind viele neue Erkenntnisse, die aber auch gleichzeitig noch mehr offene Fragen aufwerfen. Doch ich hoffe, es wird in naher Zukunft neue Sichtweisen, neue wissenschaftliche Erklärungen und neue Lösungen geben.
Ulli Wigger
Coach und Mentor, selbstständig seit 1983, Neckarsulm