Gedanken, Sorgen, Gefühle - "Die Heimatfront"
Soldat im Krieg sein – das klingt nach hoher Belastung für jeden Betroffen. Wie steht es mit Soldaten in der Heimat? Genau dieser Frage ist die Journalistin Meike Büchner für das JS Magazin – Evangelische Zeitschrift für Junge Soldaten nachgegangen.
Sie beschreibt den Alltag der Fernmeldeaufklärer in der Kaserne in Daun/Vulkaneifel und der sieht so aus: Schichtarbeit im Fünferrhythmus, also Früh-, Spät-, Nacht- und Tagesschichten, in denen rund um die Uhr Informationen aus Einsätzen in Afghanistan ausgewertet werden, um die dortigen Kameraden vor Angriffen zu schützen. Das ist notwendig, denn Tod oder schwere Verletzungen von deutschen Soldaten bzw. Verbündeten sind allgegenwärtig.
Das Resultat ist eine Menge Arbeit mit hoher Verantwortung und nervlicher Belastung – vor allem für neue Soldaten. Hinzu kommt die Geheimhaltungspflicht, wodurch ein Austausch mit Familie oder Freunden nicht möglich ist. Durch die Schichtdienste ist ohnehin nur ein vermindertes Sozialleben möglich und damit ein notwendiger Ausgleich der täglichen Belastungen nur bedingt gegeben. Eine Ausgangssituation, die vielen zu viel wird: Schlaf- und Essstörungen, Depression, Alkoholmissbrauch sind gängige Störungen bei den Betroffenen. Kein Wunder, dass da auch der Begriff Burnout fällt. Als ob das alles nicht schon genug sei, haben es Soldaten im Gefüge des Militärs mit einer klaren Hierarchie, Befehlsketten und dem Anspruch, „kein Weichling zu sein“, zu tun. Schnell ist die Angst da, der Karriere zu schaden, wenn eigene Gefühle gezeigt werden. Auch Mobbing ist in der Kaserne ein Problem, was für sich allein genommen bereits genug Zündstoff für die Beteiligten mit sich bringt.
Dass in einer ganzen Kompanie ein einziger Psychologe, der sowieso nur hin und wieder anwesend ist, keine intensive Betreuung leisten kann, mag nicht verwundern. Also was tun? Not macht erfinderisch und so kam die Truppe auf die Idee, ein eigenes Selbsthilfeseminar zu veranstalten – fernab, auf einem NATO-Stützpunkt in Sardinien, der im Sommer leer steht und zu dem regelmäßig Transall-Flugzeuge der Bundeswehr fliegen. Anwesend sind neben den Teilnehmern auch Psychologen, Moderatoren, Militärpfarrer und Mobbingbeauftragte. Geübt wird, in der Gruppe über Gedanken und Gefühle zu sprechen, sich allgemein zu öffnen und Sorgen herauszulassen. Das geschieht in Freizeitkleidung und ohne die Pflicht der Einhaltung von Dienstgradvorschriften – so wird ein Austausch auf gleicher Ebene ermöglicht. Gleichzeitig gibt es Workshops zu kameradschaftlichem Miteinander und Mobbing, Suchtprävention sowie Entspannungsmethoden. Diejenigen, die auch nach dem Seminar Hilfe benötigen, werden unterstützt, eine geeignete Betreuung zu finden.
Als Teil des Artikels für das JS Magazin suchte Frau Büchner nach einem Experten, der regelmäßig mit psychologischen Fragestellungen zu tun hat. Im Internet wurde sie auf mich aufmerksam und führte mit mir das nebenstehende Interview.
Ansprechend fand sie, dass ich als Heilpraktiker für Psychothorapie einerseits in eigener Praxis tätig bin und andererseits Kenntnisse aus eigenen Seminaren/Workshops für Unternehmen und Bildungsträger mitbringe. Das Betätigungsfeld in der Schnittmenge von Wirtschaft und Psychologie ist mir neben meiner psychologischen Ausbildung auch durch mein Studium (Dipl.-Volkswirt) sowie meine Berufserfahrung als Unternehmensberater und Pädagoge im beruflichen Rehabilitationsbereich vertraut.
Schön, dass die von Frau Büchner interviewten Soldaten offen über ihren Alltag sprachen und die Bundeswehr das Verbalisieren dieser Sorgen zulässt. Toll, wie sich die Soldaten, aus der Not geboren, selbst helfen. Begrüßenswert wäre, wenn nun auch noch die Bundeswehr nicht nur die militärische, sondern ebenso die psychologische Aufklärung und Betreuung ernst nähme.
Erstens, die der Soldaten. Zweitens, die der Verwandten, welche oft mittelbar betroffen sind und aufgrund der Geheimhaltungspflicht ihrer Liebsten wenig Möglichkeiten haben, auf die Symptome zu reagieren.
Nick Melekian
Dipl.-Volkswirt, Heilpraktiker für Psychotherapie, Coaching, Mediation, MPU-Vorbereitung
Rheinstraße 34, Wiesbaden