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Mit Hypnose erfolgreich durch die Abschlussprüfung

2012-04-Hypnose4

Fallstudie

Das Telefon klingelt, eine Frauenstimme fragt nach einem Termin. Sie sei am Ende. Ihre Abschlussprüfung zur Hebamme sei in vier Monaten und bei der Arbeit sei die Stimmung so schlecht und sie selbst so unruhig, dass sie Angst habe, dass sie die Zeit bis zur Prüfung nicht mehr arbeiten und so die Prüfung nicht machen könne. Sie habe schon selbst mit Hypnose Erfahrung und gelesen, dass ich auch hypnotherapeutisch arbeite, und würde deshalb gerne zu mir kommen.

Wir vereinbaren einen zeitnahen Termin. Bei diesem ersten Termin schildert Helena im ersten Teil der Sitzung ihre Situation. Sie ist 23 Jahre und steht kurz vor den umfangreichen und schwierigen Prüfungen zur Hebamme. Sie weiß, dass dies der richtige Beruf für sie ist, sie weiß auch, dass sie die Voraussetzungen dafür hat, umso schlimmer sei die Tatsache, dass gerade alles auf dem Spiel stehe.

Bei der Arbeit würde sie gemobbt. Egal was sie mache, es sei falsch, die Kollegen würden sie nicht mögen und in ihrem Kopf würden die Gedanken nicht aufhören zu kreisen. Sie könne nicht mehr ruhig schlafen, würde oft im Traum schreien, sodass ihr Freund heftig erschrecke und sie wecken würde. Dadurch könne sie sich nicht aufs Lernen konzentrieren und sie habe auch bemerkt, dass sie anfange Angst zu haben, wenn sie über Brücken fahre ...

Auf die Frage hin, welche Erfahrungen sie bereits mit Hypnose gemacht habe, erzählt sie, dass sie selbst einige Kurse belegt habe, u. a. für die Begleitung von Frauen in der Schwangerschaft und für eine leichtere Geburt. Sie weiß, dass sie selbst leicht in Trance geht, also sehr suggestibel ist. Wir gehen von der Gesprächsecke zum „Hypnose- Sessel“. Sie richtet sich ihre Liegeposition selbst ein, ich decke sie zu und frage, ob sie bequem liegt. Nachdem sie sich rundherum wohlfühlt, frage ich, ob sie gelernt habe, selbst in Trance zu gehen. Sie sagt, dass sie es ungefähr weiß, aber keine Übung habe und lieber geführt werden möchte.

Am Institut, in dem ich medizinische Hypnose gelernt habe und mich stetig fortbilde, ist es ganz normal, dass jeder Hypnotherapeut und auch jeder Klient lernt, selbst in Hypnose zu gehen. Dies gehört zur Eigenverantwortung und zum Thema: „Hilfe zur Selbsthilfe“. Denn schließlich soll jeder irgendwann in der Lage sein, sich auf Dauer mit dieser Methode selbst zu helfen und nicht von einem Therapeuten abhängig zu sein. Wenn dieses „In-Trance-Gehen“ dann zum Alltag gehört, verändert sich sehr vieles zum Positiven und jeder, der dies gelernt hat, kann nachhaltig selbst zur Verbesserung seines Lebens beitragen!

Helena ist nach wenigen Minuten in einer mittleren Trance angelangt. Wie bei allen Menschen in einer entspannenden Trance hat ihr Gesicht einen wunderschönen Ausdruck. Ich sehe an äußeren Zeichen, dass sie eine Trancetiefe erreicht hat, in der wir gut arbeiten können.

Nicht immer ist es nötig, dass der Klient ganz tief in Trance geht. Hier ist es gut, wenn man die verschiedenen Trancetiefen kennt und erkennt und weiß, wann und auch bei wem, eine tiefe oder wann ein leichtere Trance sinnvoll ist.

Zunächst ist es wichtig, dass Helena einen Zustand erlebt, in dem sie sich entspannt und wohlfühlt. Ihr Körper und ihre Seele, die jetzt lange in einer großen Anspannung waren, finden in der Trance eine Möglichkeit, sich zu entspannen. Das Gedankenkreisen hört auf, der Verstand tritt in den Hintergrund, weil Helena sich entschlossen hat, mir zu vertrauen und sich an einen Wohlfühlort, später an ihren eigenen sicheren Ort führen zu lassen. Sie erlebt dort etwas, was sie auch lange schon nicht mehr gespürt hat: Sicherheit und Schutz.

Dies ist ein wichtiger Teil unserer künftigen Arbeit: diese Sicherheit zu vertiefen und ihr zu ermöglichen, dass sie in Alltagssituationen in der Lage ist, sich selbst in diesen Trancezustand zu versetzen, in dem sie diese Sicherheit spüren kann. Wenn jemand dies erfahren kann, dann hat er damit bereits sehr viel erreicht: er weiß, dass er selbst ein Werkzeug hat, sich zu beruhigen, und später auch, dass er seinem Unterbewussten vertrauen kann, dass es Lösungen bereithält.

Die Klientin genießt diesen Aufenthalt an ihrem „Sicheren Ort“. Ich frage sie einige Dinge, sie antwortet – sehr bedächtig – denn oft möchte man gar nicht sprechen, weil der Zustand so angenehm ist, dass alles andere anstrengend erscheint. Aber das Sprechen stört die Trance nicht und es ist wichtig für mich, zu erfahren, wie sie ihre innere Welt gerade erlebt und was sie empfindet. Sie gestaltet im Inneren diesen sicheren Ort. Dabei gehen wir von ihren Bedürfnissen aus: Was brauche ich dort, um mich wohlzufühlen? Alle Sinneskanäle werden einbezogen und Helena schafft sich einen Ort, an dem all ihre derzeitigen Bedürfnisse gestillt werden. Mit Fragen unterstützte ich sie dabei, alles so zu schaffen, dass es für sie gut ist.

Allein die Tatsache, dass sie einen Ort erlebt, den sie künftig immer „dabei hat“, dass sie sich um all ihre Bedürfnisse kümmert, Entspannung erlebt und Körper, Geist und Seele in diesem wohligen Zustand waren, wird in der Zeit bis zum nächsten Termin erfahrungsgemäß vieles zum Positiven verändern.

Ich frage, ob sie in der Lage ist, selbst aus der Trance wieder „zurückzukommen“. Sie verneint und möchte auch hier geführt werden. Sie macht dann die Augen auf und man sieht, dass sie diesen entspannten Gesichtsausdruck beibehält. Sie reibt sich die Augen, rekelt sich und lächelt. Ein Lächeln, das sie lange nicht mehr erlebt hat.

Ihre Hausaufgabe ist, täglich mehrfach zu üben, selbst in Trance und an ihren „Sicheren Ort“ zu gehen.

Beim zweiten Termin, der aufgrund der anstehenden Prüfung bereits in der folgenden Woche stattfindet, ist Helena bereits wesentlich weniger aufgeregt und wirkt auf mich sehr viel gefasster und ruhiger als bei unserer ersten Begegnung. Sie erzählt, dass sie immer abends geübt habe, in Trance zu gehen, dabei eingeschlafen sie und ihr Freund bestätige, dass sie jetzt wieder ruhig schläft.

Bei der Arbeit sei es besser, aber noch immer sehr anstrengend und aufregend. Im weiteren Gespräch finden wir heraus, dass sie die Stimmungen der anderen Mitarbeiter, besonders wenn diese negativ sind, fast körperlich spürt und sich dagegen nicht wehren kann. Außerdem erzählt sie, dass sie es nicht gut findet, dass sie gerade täglich ein Glas Nutella konsumiert ... Dies würde sie außerordentlich stören, aber ihre Nerven lägen blank wegen der Prüfung. Vom Kopf her wisse sie, dass andere Lebensmittel ihre Nerven wirklich stärken können, aber das würde gerade nichts helfen.

In den folgenden zwei Sitzungen macht sie Trance-Erfahrungen, die ihr helfen, das Glas Nutella durch gesünderes Essen – sie hat sich Äpfel ausgesucht – zu ersetzen. Die Tatsache, dass sie es geschafft hat, diese ungesunde Gewohnheit für den Moment selbst zu beenden, gibt ihr viel Energie und zeigt ihr, dass sie auch andere Dinge schaffen kann: wie beispielsweise ihre Prüfung. Wir widmen uns auch ihrer Schutzlosigkeit, wenn es um die negativen Gefühle von anderen geht. Zunächst im Gespräch. Warum ziehst du so etwas an? Was hat dies mit dir zu tun? Später in einer Hypnose, in der sie lernt, sich vor Dingen zu schützen, die ihr nicht guttun und andere Dinge, die ihr guttun, trotzdem „hereinzulassen“.

In der nächsten Sitzung ist ihre Grundstimmung gut. Sie kann wieder durchschlafen, macht abends ihre Einschlafhypnose und hat erreicht, bei der Arbeit eine Stimmung zu schaffen, in der sie, zwar nicht optimal, aber zumindest so stressfrei arbeiten kann, dass dies kein Hindernis für die Prüfung darstellt. Auch die Angstgefühle bei Brücken sind verschwunden.

Sie bittet mich, die heutige Hypnose als Unterstützung für die Prüfung zu gestalten. Ich frage sie zunächst, was denn wichtig sei für ihre Prüfung. Im Gespräch finden wir einige Eigenschaften heraus, die sie als wichtig empfindet, u. a. Ruhe, Kreativität für schwierige Fragen, Vertrauen und Mut. Es ist mir wichtig, dass sie selbst herausfindet, was ihr weiterhelfen wird. Sie möchte in dieser Sitzung nicht sprechen, sondern nur diese Eigenschaften erleben, wir vereinbaren als Kommunikationszeichen, das unbedingt nötig ist, wenn ich nicht „an ihr vorbei“ arbeiten möchte, ein Kopfnicken. So kann ich sie etwas fragen und sie antwortet mit diesem Zeichen. Sie möchte wieder in die Trance geführt werden. Ich weiß, dass dies ein Zeichen von Widerstand ist. Aber da Helena keine umfassende Therapie machen möchte, sondern mehr eine schnelle Hilfe für ihre Prüfung benötigt, erfülle ich ihren Wunsch und führe sie in Trance. Sie geht an ihren „Sicheren Ort“ und über einige Wege dann weiter.

Hier ist es wieder wichtig zu bedenken, dass wir als Therapeuten nie wissen, ob und was ein Mensch schon alles in seinem Leben erlebt hat. Es können verdrängte negative und belastende Erlebnisse sein und in der Trance kommt vieles zum Vorschein. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass man den Körper des Klienten in der Trance in Sicherheit bringt und dann in einer anderen Weise weiterarbeitet. Wird dieser Schritt nicht richtig ausgeführt, kann es passieren, dass der Klient retraumatisiert wird!

Helena erlebt in dieser Trance Ereignisse, in denen sie kraftvoll, energiegeladen, mutig und kreativ ist. Sie verknüpft vergangene positive Erlebnisse mit Orten, an denen sie Kraft oder Energie tanken kann und die ihr künftig immer zur Verfügung stehen. Auch Helfer hat sie mittlerweile an ihrer Seite, die sie um Rat fragen kann. Ich beobachte während der Trance immer ihre Gesichtsregungen und achte auf alle körperlichen Zeichen, um ganz in ihrem Sinne zu arbeiten und nichts zu übersehen.

Ich ermuntere sie, diesmal selbst aus der Trance zurückzukommen. Sie macht die Augen auf, ist wach, sagt aber dann: „Mein Arm schläft noch.“ Und tatsächlich: Ihr Arm ist noch kataleptisch. Sie kann ihn nicht bewegen. Auch hier zeigt sich der Widerstand ganz deutlich. Ich führe sie noch mal in die Trance und wir fragen den Arm, warum er nicht aufgewacht ist. Sie sagt, dass der Arm „gefragt werden will“. Wir bitten den Arm, nachher auch mit aufzuwachen, danken ihm für seine Informationen und ich führe sie wieder aus der Trance heraus.

Weshalb sie sich weigert, in den Sitzungen, selbst in Trance, oder wieder herauszugehen, obwohl sie weiß, wie es geht, ist ein anderes Thema, das sie nicht bearbeiten will. Ich respektiere, dass sie vorrangig wegen der Prüfung hier ist, und sie bedankt sich für die Unterstützung. Sie habe jetzt die nötige Energie und wisse, dass sie gelassen in die Prüfung gehen kann.

Nach den Prüfungen erhalte ich eine kurze SMS, dass sie zu ihrer Zufriedenheit bestanden habe.

Andrea Köhler Andrea Köhler
Heilpraktikerin für Psychotherapie, Hypnotherapeutin
NATURNAH Praxis für Psychotherapie und Lebensfreude
Hauptstraße 68, 76646 Bruchsal
www.praxis-andrea-koehler.de