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Die 30 der Frau! Freundin oder Feindin?

2015 01 301

Übergänge und Veränderungsprozesse sind in der menschlichen und damit auch in der weiblichen Entwicklung fest verankert – ob nun erwünscht oder nicht. Schon in den frühen Jahren unseres Lebens werden wir mit Veränderungen und stetigen Neustrukturierungen konfrontiert und müssen uns diesen stellen, ob wir wollen oder nicht.

fotolia©ZerborUmorientierungen, wie der Übergang von der Familie in die Fremdbetreuung in Form von Tagesmüttern oder Kindergärten, aber auch der folgende Wechsel in die Schule, welcher mit mindestens einem weiteren Wechsel in weiterführende Schulen verbunden ist, als auch Veränderungen durch entwicklungspsychologische Prozesse prägen unser Leben intensiv. So erleben wir uns unterschiedlich als Kind, als Jugendliche, als Pubertierende, junge Erwachsene und vollends Erwachsene.

Und letzteres ist es, worum es ihr – der Frau – geht. Sie hangelt sich so gut wie möglich durch die Kindheit und all die folgenden Reifungsprozesse – und dann, ja dann steht sie vor ihr: die 30!

All die so hart erkämpften Ressourcen, die Entwicklung vom lieben Mädchen über die Rebellin oder die Adaptierte, die Suche nach Selbstbestimmung und Partizipation – all dieses wird erneut auf den Kopf gestellt.

Während eine Frau sich mit Anfang 20 über ihre hart erkämpfte Freiheit in durchzechten Nächten freut, sich dadurch vollkommen beschwingt fühlt oder die Tränen der durchweinten Nacht mit den zur Verfügung stehenden Kosmetika mildert, steht bei ihr nun erneut ein großes Fragezeichen im Raum. Zweifel treten auf. Die Ausbildung ist absolviert, die erste Wohnung bezogen, der Freundeskreis stabilisiert und bestenfalls ist nun auch der so ersehnte Partner gefunden. Doch dann klopft es an der Tür ... Ein Blick auf die Uhr – und nicht selten ist an dieser Stelle die innere gemeint – und sie ist da: der ungebetene Gast, die 30!

Doch was was ist an dieser Zahl, dass sie eine Frau so sehr verunsichern kann?

Viele Jahre kämpft Frau für Selbstbestimmung, für die selbstgesteckten Ziele, für Freiheit. Und dann kommen die Tränen.

Doch warum gerade bei der 30? Warum nicht bei der 29? Wirft man einen gezielten Blick auf die heutigen Endzwanziger, so findet man sie alle. Da sieht man zum einen die, die nach außen hin alles hat, was man sich wünschen kann: Ehemann, Haus, Job und seit Kurzem auch das Kind. Ist das das Endziel? Bedeutet es: „Ich habe es geschafft? Nun kann ich mich zurücklehnen und entspannen, die Spitze des Eisberges ist erklommen!“? Einen Blick hinter die Fassade und einige intensive Gespräche später ist das Glück zwar für den Außenstehenden erkennbar und der Neid gar groß – doch nicht bei der Betreffenden. Während die Endzwanzigerin Nummer eins mit dem, was sie erreicht hat zwar zufrieden ist und sich auch mit kleinen Unarten des Gatten und des Kindes arrangieren kann, begegnet man aber auch jene Endzwanzigerin, die nach außen gute Miene zum bösen Spiel macht, innerlich jedoch gänzlich unzufrieden mit ihrer Lebenssituation ist. Soll das alles sein? Ist das der Rest meines Lebens? Selbstzweifel und Unsicherheiten können hier Lebensbegleiter sein.

Dann wiederum gibt es die Endzwanzigerin, die zwar einen Partner hat, aber von dem Ziel der eigenen Familie weit entfernt ist. Beneidet von der Endzwanziger Singlefrau ist jedoch auch sie aus ihrer Sicht heraus eventuell nicht vollkommen glücklich und zufrieden. Eventuell ist es ihr möglich, sich beruflich weiter zu entwickeln, Karriere zu machen oder sich einfach fallen zu lassen und das Leben zu genießen – möglich ist jedoch auch, dass sie mit ihren Ende Zwanzig Angst davor hat, Ziele wie die eigene Familie nicht realisieren zu können.

Gedanken darüber, ob der aktuelle Partner überhaupt der richtige ist, ob er denn für die imaginäre Familie überhaupt geeignet ist oder ob die offene Zahnpastatube und das ständige Einschlafen auf dem Sofa wahrlich tolerierbar sind, stimmen sie nachdenklich. Singledamen stellen sich diese Fragen gar nicht erst – worum diese wiederum zu beneiden sind. Diese aber beschäftigen sich vielleicht mit der Fragestellung, ob ihnen überhaupt jemals Mr. Right über den Weg laufen wird und sind auf der Suche.

Und so suchen sie letztendlich alle

fotolia©dacasdoDie heutige 30 ist die einstige 20! Familienplanung und feste Lebenskonzepte entwickeln sich mehr und mehr in den späteren Jahren – und dennoch macht uns die 30 Angst – jede auf ihre Weise. Fragen, ob die Art und Weise wie wir gewählt haben zu leben mit unseren Träumen übereinstimmt, beschäftigen uns Tag und Nacht. Ängste, ob wir es besser machen werden als unsere Eltern, sind nicht selten. Aber auch Glücksmomente und Bestätigungen, dass doch noch alles in Ordnung ist oder kommt, beflügeln uns. Das, was uns mit Mitte 20 nur einen kurzen Moment unserer Aufmerksamkeit kostete, weil wir ja vermeintlich alle Zeit der Welt hatten, treibt uns nun langsam in den Wahnsinn. Die Zeit, in unseren Gedanken häufig schneller als in der Realität. Wo wird die Reise hingehen und wie soll sie überhaupt aussehen? Fragen über Fragen. Wir reflektieren uns und unser Leben – und das der Menschen um uns herum.

Das Schlimmste, was uns passieren kann ist, dass wir beginnen, uns und unsere Vorstellungen außer Acht zu lassen. Wir erleben, wie die Lebenskonzepte unserer Mitmenschen Realität werden und nicht selten wirken sie auf uns idealisiert. Doch was wir sehen ist selten die Realität. Wir nehmen wahr, was wir wahrnehmen wollen, und meist ist es das, was uns verletzt. Wir sehen die glückliche kleine Familie – wenn wir selbst gern eine hätten – und blenden dabei nicht selten aus, dass, während wir selbst des Nachts in den schönsten Träumen verweilen, anderswo der Nachwuchs den Schlaf bestimmt. Wir sehen die glücklichen Paare und vergessen die offene Zahnpasta.

Kurz gesagt: Wir wollen alles, nur nicht die 30!

Und doch müssen wir uns ihr stellen. Erhobenen Hauptes und mit breiter Brust. Eine andere Wahl haben wir sowieso nicht – irgendjemand wird unser wahres Geburtsdatum kennen. Nur wie wir dieser magischen Grenze begegnen, das liegt in unserer Macht. Wollen wir uns selbst bemitleiden, so halten wir am besten Ausschau nach dem vermeintlichen Glück unserer Mitfrauen und beneiden sie aus tiefstem Herzen. Wir verzehren uns nach all jenem, was die andere hat und wir nicht, nach ihrer Schönheit, dem tollen Körper, der perfekten Familie ... Und bestrafen uns eigentlich nur selbst. Zumeist vergessen wir an dieser Stelle, das Ganze zu spiegeln. Wir blenden aus, was diese Frauen vieleicht über uns denken und ergötzen uns an unserem eigenen Frust, der uns letztendlich doch 30 werden lässt – aber zudem noch mies gelaunt. Außerdem könnten wir uns auf uns selbst besinnen, und zwar nur auf uns selbst, reflektieren, was wir bislang erreicht haben in unserem Leben, welche Ziele wir uns einst setzten und welche wir bereits erfolgreich abhaken konnten, reflektieren, was wir in der restlichen Zeit, auch nach der 30, noch anstreben.

Und wir könnten uns lächelnd auf die Reise begeben. Wenn wir bis dato festgestellt haben, dass der aktuelle Partner doch zu uns passt, auch wenn er des Öfteren auf dem Sofa einschläft, so müssen wir unseren Weg nicht allein gehen, und wenn wir dann noch die Frauen um uns herum bewusst und wertschätzend wahrnehmen, kann das Ganze sogar zu einer reinen Vergnügungsfahrt werden.

Und somit muss die gefürchtete 30 gar nicht mehr der Feind sein, sondern kann als Ereignis, als Entwicklungsstufe und innere Reifung gesehen werden. Wir haben nun lange über uns nachgedacht und auch so manche Träne geweint – nun kann es doch bitte lachend weitergehen. Agiert nicht gegeneinander, sondern verbündet euch und habt Spaß dabei!

Denn eines ist sicher: So wahrscheinlich, wie eine jede nicht an der 30 vorbeischliddern kann, so wird auch die Zeit dafür sorgen, dass sie ihre Ziele erreicht und glücklich wird.

Ich warte auf die 30 und werde den Tag mit ihr feiern.

Andrea DelbrüggerAndrea Delbrügger
Heilpraktikerin für Psychotherapie, staatlich anerkannte Heilpädagogin, Hypnosetherapeutin, Rational-emotive Therapeutin, eigene Praxis in Bad Sassendorf
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