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Naturcoaching

2015 01 Natur1

Erkenntnis und Wachstum durch das Erleben in der Natur

fotolia©yuratosnoEs ist kein Geheimnis, wie wichtig die Natur für den menschlichen Organismus und seine psychische und emotionale Gesundheit ist. Doch erst in der modernen Zeit ist immer deutlicher geworden, wie sehr ein Defi zit an Natur Ursache für Entfremdung und Entwurzelung sein kann und welche Chancen für Erkenntnis und Wohlbefi nden in einer guten Beziehung zwischen Mensch und Natur stecken können.

Naturcoaching ist mehr als nur eine Beratungssitzung unter freiem Himmel. Beim Naturcoaching dient die Natur als Erfahrungs-, Erkenntnis- und Erlebensraum. Zahlreiche Studien untermauern den positiven Effekt, den die Natur auf uns ausübt und der den Klienten ganz speziell im Coaching- und Therapieprozess unterstützt. Demnach bietet Coaching in und mit der Natur kreative Perspektivwechsel, Entwicklung von Selbstvertrauen durch eigenes Erleben, erhöhte geistige Mobilität und einen reichen Fundus an Erkenntnismöglichkeiten.

Der Erkenntnisreichtum verbirgt sich dabei oft in ganz praktischen Dingen. Es geht im Naturcoaching um direktes Handeln aus dem Prozess heraus – natürliche Konsequenzen werden unmittelbar am eigenen Leib spürbar. Ich selbst habe am Beispiel des Feuers oftmals die Erfahrung gemacht: Wenn ich nicht die Verantwortung für mich selbst übernehme und rechtzeitig für trockenes Feuerholz sorge, wird mir die nächste regnerische, kalte Nacht ein strenger Lehrer sein. Wenn ich einen Funken schlage aber keinen trockenen Zunder bereit habe, um diesen Funken aufzufangen und Feuer zu gebären, dann gehen diese Funken im Nichts verloren und aus ihnen wird nie eine wärmende Flamme entstehen.

Diese einfachen Handlungen, die uns Menschen schon seit Urzeiten begleiten und uns am archaischen Kern unseres Wesens berühren, lassen uns die natürlichen Gesetzmäßigkeiten des Lebens entdecken. Und sie spiegeln ungeschönt, wie wir mit eben diesen Gesetzmäßigkeiten umgehen. Eine wichtige Frage im Selbsterkennungsprozess des Naturcoachings lautet daher: Wie gehe ich mit dieser Situation um?

Bleiben wir beim Beispiel Feuermachen: Im Gespräch mit dem Klienten können wir erkennen, wie er sich in diese Handlung einfindet. Das Feuerschlagen oder -bohren ist eine uralte Kunst, die wir Zehntausende von Jahren beherrscht haben. Sie ist eine der ersten Fertigkeiten, mit denen der Mensch etwas Essentielles und Lebensnotwendiges erschaffen kann. Da liegt es nahe, das Feuermachen als Analogie für Schaffensprozesse aller Art heranzuziehen. Die Funken können ein Sinnbild für die Ideen und Projekte des Klienten sein. Fallen sie auf einen fruchtbaren Boden? Kann er den Funken auffangen und eine Glut entstehen lassen? Wie viel Kraft, Achtsamkeit und Energie braucht es, um aus der Glut letztlich ein Feuer entstehen zu lassen und es am Brennen zu halten? Jeder einzelne Schritt kann aufschlussreich sein.

Dem Träumer fehlt vielleicht die grundlegende Substanz, um die vielen Funken – seine Ideen – aufzufangen. Der chronisch Erschöpfte muss wahrscheinlich massenhaft Material ankarren, um sein Strohfeuer bei Laune zu halten und verbrennt sich womöglich selbst dabei. Sein Muster wird sich in seinem Handeln zeigen.

Assoziationen, Metaphern und Symbole sind wichtige Werkzeuge im Naturcoaching. Nicht nur das Feuermachen ist so ein Sinnbild, genauso sind es Prozesse des Wachstums, von Werden und Vergehen, die Jahreszeiten, das „Einfach Sein“ der Pflanzen und Tiere, die Gemeinschaft und Vernetzung im Wald, das Fließen des Wassers und vieles mehr. Die Natur zeigt sich so nicht nur als selbstverständlicher Lebensraum, sondern auch als Lehrmeisterin der Anschauung und des Denkens sowie als Gestalterin und Therapeutin unserer Psyche.

Das Entscheidende beim Naturcoaching ist jedoch die direkte Erlebbarkeit mit allen Sinnen: Was passiert z. B., wenn ich mich auf meiner Reise zwischen zwei Wegen nicht entscheiden kann, und wie geht es mir dabei? Draußen in der Natur können wir unmittelbar so eine Situation erleben, die wir aus unserem Alltag vielleicht nur als vages Angstgefühl, Orientierungslosigkeit oder diffuse Blockade kennen. Und genau hier besteht auch die Möglichkeit, zu erleben, wie wir mit diesen Situationen, Gedanken und Gefühlen anders umgehen können. Anschließend übersetzen wir unsere Handlungen und Erkenntnisse wieder für unseren Alltag.

Die zweite spannende Frage lautet also: Was gibt es für sinnvolle Alternativen und kann die Natur hier ein Vorbild sein?

Im Naturcoaching ist es der Klient, der seinen Weg geht. Als Coach stehen wir ihm auf dieser Reise mit unserem Werkzeugkoffer und als Naturvertrauter zur Seite. Der Klient hat auf diesem Weg die Möglichkeit, eigene Antworten zu finden, blockierende Muster, aber auch neue Lösungswege zu entdecken und ein großes Maß an Vertrauen in sich und die Natur zu erfahren.

Wenn wir noch einmal zum Bild des Feuers zurückkommen, so ist letztlich nichts schöner, als in die stolzen und selbstbewussten Augen eines Menschen zu blicken, der sein erstes Feuer aus sich heraus geboren hat. Der Mensch ist ein Teil der Natur und er darf den innigen Kontakt zu ihr wieder aufnehmen, auch ohne auf moderne Errungenschaften zu verzichten. Es dürfte heute immer noch das stimmen, was vor rund tausend Jahren der Mönch Bernhard von Clairvaux geschrieben hat:

„Du wirst mehr in den Wäldern finden als in den Büchern. Die Bäume und Steine werden dich Dinge lehren, die dir kein Mensch sagen kann.“

André LorinoAndré Lorino
Naturcoach, Wildnistrainer

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