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Wie nutzen Sie Neuro-Marketing sinnvoll für sich und Ihr Business?

©MHMarketing ist reich an Facetten, gerade in Zeiten wie diesen! Im Artikel Freie Psychotherapie 03.20 „Was lernt die Psychotherapie von der Hirnforschung?“ (hier weiter zitiert als LPH) haben wir aus dem Marketing-Mix „Produkt“ beleuchtet – dazu gehören (mindestens) noch Preis (Konditionen), Platzieren (Vertrieb) und Promotion (Kommunikation). Und genau darum geht es hier: Was Sie wie bewerben und durch PR unterstützen (sollten und können), dazu liefert die Hirnforschung exzellente Gründe – Neuro-Marketing! Stichworte wie S-D-B, alle Sinne, Erinnern kennzeichnen diese Interpretation moderner Hirnforschung mithilfe bildgebender Verfahren (Hirnscans, siehe LPH).

Verändern Sie nun die Perspektive: So kommen Sie noch besser bei Ihrer potenziellen Klientel an – finden neue Kontakte, entwickeln daraus Kontrakte!

Trichotomie des limbischen Systems

Sie erinnern aus dem vorigen Artikel LPH das Modell der Limbic Map® der Gruppe Nymphenburg? Je nach Geschlecht und Alter tendieren wir Menschen als Limbic Type© grob gefasst eher zu Stimulanz (Jüngere) – Dominanz (Männer) – Balance (Frauen, Ältere). Wie S-D-B konkret anzuwenden ist, hat vor einigen Jahren der Club Robinson mit seinen Anzeigen vorgemacht.

Die linke Anzeige im Magazin der Süddeutschen Zeitung, die Anzeige rechts in der FürSie. Wie ist das zu interpretieren? Überlegen Sie kurz, welches limbische Aktivieren Sie bei den beiden Anzeigen zu entdecken meinen … dies könnten Sie entdeckt haben:

Links = Balance (völlig ruhiges Meer, ruhiger blauer Himmel, entspannte Meditation.) Text übrigens entsprechend, Headline bewusst konträr. Tendenz: Wellness, Gesundheit, Entspannung.

Rechts = Stimulanz und Dominanz (die übrigens bewusst Klischeebrechend der Frau zugeordnet!), nämlich Bewegung/ Action der Personen, lachend, bewegte Wellen plus „bewegter“ Himmel – Text dazu passend, Headline wieder konträr. Tendenz: Dynamik, Power, Spaß …

… dabei ist es jeweils ein Paar in gleicher Umgebung! Im Film (Bewegtbild) käme ggf. noch Musik plus Stille vs. Meeresrauschen und Lachen dazu. Den Hintergrund für dieses unterschiedliche (automatische!) Reagieren bieten schlicht die mehr oder weniger aktiven Hormone. Zu triggern wie folgt:

S: stark auf Dopamin – vor allem: jüngere Menschen (Glückshormon, Belohnung)

D: viel von Testosteron und Serotonin – primär: männliche Zielpersonen (Sparen, entscheiden lassen)

B: Oxytocin und Östrogen gefragt – vor allem: Frauen; generell Ältere (Zertifikat, Testimonial).

Was ist Ihr Learning daraus? Überlegen Sie zweierlei:

1. Wie wollen Sie draußen ankommen, authentisch wohlgemerkt? Wer sind Sie, wie sind Sie? (Gehört zum USP = welches sind Ihre Alleinstellungsmerkmale?)

2. Wen möchten Sie adressieren, mithilfe welcher Kanäle? (… verbunden mit Ihrer Positionierung: Wen wollen Sie anziehen?)

Als jüngere Therapeutin, die ein eher älteres Klientel zu erreichen versucht, wird Balance das Gegebene sein.

Als eher älterer Therapeut mit Klientel aus dem Kreis jüngerer Personen um die 30 Jahre kombinieren Sie ggf. Stimulanz und Dominanz.

Selbstverständlich sind diese groben Hinweise auf Ihre Schwerpunkte in der Therapie anzupassen und so in Werbung und Ansprache zu übersetzen, dass potenziellen Klienten Ihr Repertoire ansprechend erscheint. Zugespitzt: Psychologie oder Spirituelles im Rahmen von Balance, Coaching fürs Business im Rahmen von Dominanz zu präsentieren …

Beispiele

  • Stimulieren Sie: Bewegtbild-Spot, Kurztest zum Mitmachen … Abwechslung ist angesagt!

  • Lassen Sie dominieren: „Anmelden mit Vorteil bis …“, Premium/VIP-Angebot … Gewinnen oder als „VIP“– exklusiv angesprochen zu werden, ist ein gutes Gefühl …

  • Balance schaffen: Sicherheit bieten durch Kompetenznachweis … Zeigen Sie Stabilität.

Mit diesem bewusst eingesetzten Wortklang (… angesagt … Gefühl … Zeigen Sie …) sind wir bereits bei einem weiteren Aspekt des Neuro-Marketings:

Sinnenreich kommunizieren ist sinnvoll: VAKOG einsetzen

Indem Sie Ihre Texte sinnlicher (um)schreiben. Das ist deshalb bemerkenswert, weil wir alle einen „Schwerpunkt-Sinn“ haben, à la den Limbic Types©, s. oben, nämlich stärker mit den Augen aufnehmen (visuell), mit den Ohren (auditiv) oder mit dem Tastsinn (kinästhetisch, haptisch). Das gilt für Sie persönlich, das gilt für Ihr Klientel. Was tun, um all jene zu erreichen, die Sie adressieren möchten? Ob fürs Lesen oder zum Hören, variieren Sie Ihren Wortschatz, um möglichst viele Sinne anzusprechen. Das können Sie hiermit versuchen.

Abb. VAKOG – die Arbeitstabelle, kommt in meinen Seminaren zum Einsatz: Texten, Neuro-Marketing, Kampagnen-Management, Telefonmarketing … Auch zum Alleinerarbeiten geeignet.

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Meist genügt es, sich auf VAK zu konzentrieren – außer Sie haben z. B. mit Ernährung/Gastronomie oder Hotellerie/ Tourismus zu tun: Da spielen olfaktorisch und gustatorisch eine stärkere Rolle, wie Frau Dr. Regina Mahlmann ausführlich beschrieben hat (s. Literatur).

Womit wir zugleich bei einem anderen Punkt des Marketing-Mix wären, dem Pricing. Dafür gibt es eine feine Studie zum Thema Wein …

Winetasting in der Röhre: Hirnscan beobachtet Testreaktion. In einer Studie erhielten 30 Personen im fMRT (s. LPH) durch drei Schläuche Wein zugeführt. Dazu die Information, Wein A koste 3 Euro pro Flasche, Wein B 10 Euro, Wein C 30 Euro. Zu beurteilen war der Geschmack. Gemessen wurde jeweils die Hirnaktivität in unterschiedlichen Arealen. Das Ergebnis: Am besten schmeckte Wein C, gefolgt von B und schließlich von A. Erwartbar? Vielleicht – wenn auch der Wein in den Schläuchen jeweils der gleiche war …

Ihr Learning? Ein höherer Preis wird mit besserer Qualität assoziiert. Will sagen, dass Sie Ihre Konditionenpolitik gut überlegen sollten – etwa wenn Sie verschiedene Preise für unterschiedliche Klientel-Gruppen, Paketpreise oder dergleichen erwägen. Aus Marketing-Sicht kann es sinnvoll sein, eher höher als zu niedrig anzusetzen.

Podcast is in – gerade in Zeiten wie diesen! Denn es zeichnet sich ab, dass sie an Glaubwürdigkeit, Erinnerungsfähigkeit und Autorität anderen sozialen Medien überlegen sind, einschließlich YouTube (s. https:// meedia.de/2020/07/29/podcast-werbungist-werbung-mit-koepfchen/).

Hier wird u. a. eine US-Studie zitiert: „Neurolab: Your Brain on Podcasts, 2019“. Zentrale Aussage, von der Autorin zusammengefasst: „Auch auf unser Gehirn bezogen ist Podcast-Werbung demnach im Vorteil: Knapp zehn Prozent der Befragten der Studie erinnern sich besser an die Werbung, die sie im Podcast gehört haben, als an die, die sie auf Social Media gesehen haben … und die Erinnerung bleibt länger bestehen … das gilt vor allem, wenn die Werbung vom Host wie eine kleine Geschichte erzählt wird. Dann steigt auch wiederum die emotionale Intensität, die Werbung berührt uns jedes Mal neu, während sie bei Social Media Ads mit jedem Mal etwas abflacht.“

Da Sie dann allerdings nur über Ihre Stimme wirken, ist es umso wichtiger, dass Ihnen Sympathie zu“vliegt“: Achten Sie darauf, Ihre Stimme optimal einzusetzen. Relevant sind diese Aspekte: siehe Abb. VLIEGT: Stimmparameter, die wirken!

Ihr Learning? Lassen Sie sich „in die Karten schauen“, ob in Präsenz (Kurzvortrag, Miniworkshop bzw. Schnupperstunde) oder auch digital. Beispiel GABAL e. V.: Das Format „Webtalk“, das von zeitweiser Interview-Form lebt (Aufzeichnungen einsehbar, s. https://www.gabal.de/medien/webtalks/).

Nebenbemerkung: Mit Akronymen (Abkürzungen) wie VLIEGT helfen Sie dem Gedächtnis auch Ihrer Adressaten auf die Sprünge, sodass Sie bzw. Ihr Angebot eher erinnert werden als andere.

Apropos Erinnerung! Storytelling – und Hirn-Geschichten: So funktioniert das Gedächtnis

Für Details zu den menschlichen Gedächtnis-Systemen informieren Sie sich am besten in der Literatur. Hier fokussieren wir das episodische Gedächtnis: Was ein Mensch mehrdimensional selbst erlebt, statt nur zu sehen oder zu hören, wird deutlich besser und länger erinnert, als wenn weniger Sinne aktiviert werden. Zugleich triggern Sie dieses Gedächtnis-System auch durch neues Erleben, knüpfen an früher erlebte Ereignisse an. Und was ist ein Film anderes als ein Erleben?

Denken Sie an hypnotherapeutische Interventionen, klassisch bei H. M. Erickson. Oder an die Provokative Therapie eines F. Farrellys. Oder an die modern gewordenen Varianten der Heldenreise.

Platzieren Sie also (Kurz-)Videos, ggf. auch auf YouTube (oder inzwischen auf Twitch), machen Sie Podcast-Beiträge und verlinken Sie diese mit Ihrer Website: Abb. Google-Liste, abgerufen am 24. Juli 2020 ... ggf. auch mit einer Anzeige zu stützen.

Lassen Sie sich z. B. empfehlen: Testimonials & Co. – Ihre Klienten sprechen für Sie! Ausnahmsweise auch mal anonym(isiert), wenn die sich schwertun … Dann mit möglichst vielen Details, damit die Empfehlung glaubwürdig ist.

Oder Sie knüpfen an Bekanntes und Bewährtes an, indem Sie bewusst Klischees bedienen, Stereotype zitierten („Heldenreise“ – oder geflügelte Worte, etwa „Haar in der Suppe“ – oder eben Apronyme) – oder bildhafte Sprache nutzen, etwa: Metaphern („einen Schritt voraus sein“, s Literatur, Mahlmann, Regina). Womit Sie auch dieses Bild als großes Ganzes zeichnen.

Bahnen Sie die Empfänger Ihrer Botschaft – und zwar positiv!

Das kennen Sie vielleicht auch aus dem NLP (Neuro-Linguistisches Programmieren, wie schon in LPH erwähnt), via Pacing, Leading & Co. Derlei stoßen Sie übrigens schon an, wenn Sie deutlich für Ihr Tun einstehen: Ihr Bild (etwa „in action“), Ihre Unterschrift zum Namen im Whitepaper …

Und dazu gehört auch

  • Belohnen Sie Ihre (potenziellen) Interessenten: Der Nucleus accumbens ist quasi das Objekt Ihrer „Träume“, dessen Reagieren im fMRT erkennbar wird. Das Zentrum des Belohnungssystems, eine kleine, feine Hirnregion, die Sie aktivieren können.

Konkretes Beispiel: Ein Dankeschön fürs Abonnieren Ihres Newsletters, etwa ein Whitepaper (Erkenntnisse zu Thema XYZ als PDF) – oder gar ein E-Book.

Als Glückshormon wird Dopamin bezeichnet: Neben Schokolade kann schlicht Freude und Frohsinn das Ausschütten triggern – etwa, wenn Sie Erfolgserlebnisse mit kurzer Lerneinheit vermitteln, Häppchen also: Impulse setzen!

Legen Sie passende Anreize (Köder) aus, indem Sie alternative Preis- und Formatangebote machen. Sie wissen, der Köder muss dem Fisch schmecken – nicht dem Angler!

  • Konkretes Beispiel aus den Neurowissenschaften: das Beispiel „Wein-Preis“.

  • Nutzen Sie den Primacy-Effekt: Packen Sie Ihren Wunschpreis in ein Sandwich: unterschiedliche Leistungen zu unterschiedlichen Preisen. In aller Regel wird das mittlere Modell genommen („A“ niedrig, „B“ zwischen, „C“ sehr hoch). Wenn Sie dagegen nur zwei Angebote machen, greifen Klienten eher zum niedrigeren … (Studien zu Restaurantangeboten belegen das).

  • Seien und bleiben Sie konsistent. Will sagen: Ihre Botschaften, Ihre Auftritte müssen zusammenpassen. Klassisch gesprochen geht es darum, authentisch zu wirken: Erfüllen Sie die Erwartung, die Sie wecken!

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Spiegelneurone?!

Die hatten wir in LPH. Umsetzen lässt sich der Aspekt „Reagieren auf andere, als täte man es selbst“ z. B. auf diese Weisen:

1. Bewegtbild: das episodische Gedächtnis triggern

2. Vormachen: Schnuppereinheiten, z. B. Häppchen. Ein Kanal kann Ihr Newsletter sein, etwa via Mailchimp o. Ä. in nützlicher Frequenz verbreitet (aktuelle Rechtsprechung in Sachen „Privacy Shield“ prüfen!).

3. Testimonials: Lassen Sie Klienten für sich sprechen (soweit sich jemand „outen“ mag).

Womit im Grunde eine Art „Fazit“ erreicht wäre! Gutes Gelingen beim Umsetzen!

Literatur und Quellen

  • LPH: Reiter, Hanspeter: Was lernt die Psychotherapie von der Hirnforschung? In: Freie Psychotherapie 03.20, S. 4-9
  • Lutzer, Birgit/Reiter, Hanspeter: Marketing für Weiterbildner: Bildung mit den sechs „P“ professionell vermarkten. Beltz, 2009
  • Mahlmann, Regina: Ihre Teilnehmer als Gäste. In: Reiter, Hanspeter (Hg.): Handbuch Hirnforschung und Weiterbildung, S. 167–185.
  • Mahlmann, Regina: Sprachbilder, Metaphern & Co. Einsatz von bildlicher Sprache in Coaching, Beratung und Training. Beltz, 2010
  • Reiter, Hanspeter (Hg.): Handbuch Hirnforschung und Weiterbildung. Wie Trainer, Coaches und Berater von den Neurowissenschaften profitieren können. Beltz, 2017
  • Reiter, Hanspeter: Fach-Artikel zu Neuro-Marketing. Input-Verlag, direkt beim Verfasser erhältlich
  • Reiter, Hanspeter: Karten-Set Telefonmarketing. Heragon, 2014 Trunk, Mirjam: Podcast-Werbung ist Werbung mit Köpfchen. Meedia.de, 29.07.2020

Hanspeter ReiterHanspeter Reiter
M. A. phil., Werbewirt BAW,
Trainer Werbung/Direktmarketing, Autor 

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Foto: ©MH