Selen-Mangel fördert psychische Probleme
Immer mehr Menschen leiden an psychischen Störungen, Depressionen, Burnout und demenziellen Syndromen. Die betroffenen Menschen suchen in erster Linie Hilfe bei Psychiatern und bei Psychotherapeuten. Diese Vorgehensweise ist auch völlig richtig, das Problem ist nur, dass es sowohl in der Bevölkerung als auch in medizinischen Fachkreisen wenig bekannt ist, dass ein Vitalstoffmangel die Beschwerden zumindest verstärken oder sogar auslösen kann.
Marginale Vitalstoffdefizite sind weitverbreitet, werden aber oft nicht als solche erkannt. Für unsere psychische Gesundheit sind viele verschiedene Vitalstoffe verantwortlich, wie die B-Vitamine, Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren, Selen, Arginin, Kalzium, Magnesium und Zink, um die wichtigsten zu nennen. Schon in den 1950-er Jahren entwickelten der Biochemiker und Psychiater Abram Hoffer und sein Partner Humphry Osmond die orthomolekulare (vitalstoffbasierte) Psychiatrie. Leider ist diese natürliche und begleitende Therapieform in der modernen Medizin in Vergessenheit geraten.
Während der Einfluss von B-Vitaminen, Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren den meisten Therapeuten bekannt ist – und dennoch viel zu wenig beachtet wird – ist die Bedeutung von dem Spurenelement Selen für unser Gehirn und unsere Psyche weitestgehend unbekannt.
Selen ist das wichtigste endogene Antioxidans, es reduziert oxidativen Stress, hält so Zellen am Leben und verbessert ihre Leistungsfähigkeit. Dies gilt speziell für das Gehirn, denn dieses hat einen deutlich erhöhten Sauerstoffverbrauch im Vergleich zu anderen Organen. Wird Sauerstoff verbraucht, fallen viele freie Radikale an, die neutralisiert werden müssen, um die empfindlichen Gehirnzellen vor Oxidation und damit vor Zerstörung zu schützen. Verschärft wird der Bedarf an Selen durch die Tatsache, dass das Gehirn zu 60 % aus Fett besteht, welches besonders oxidationsempfindlich ist.
Die geistige Leistungsfähigkeit hängt erheblich vom Vorhandensein von sogenannten Neurotransmittern ab. Die Bildung dieser wiederum hängt von der Zufuhr von Vitalstoffen und vor allem von Selen ab. Als Beispiel sei hier das allgemein als „Glückshormon“ bekannte Serotonin genannt. Selensubstituierte Patienten haben grundsätzlich höhere Serotoninspiegel und eine deutlich bessere Stimmungslage. Eine große britische Studie zur Bedeutung von Vitalstoffen bei seelischen Erkrankungen aus dem Jahr 2006 erbrachte folgendes Ergebnis:
Die immer schlechtere Ernährung bewirkt bei der britischen Bevölkerung Depressionen und schwächt Gedächtnis und Konzentration.
Die Selenversorgung in Mitteleuropa ist in der Regel unzureichend; eine gute Selenversorgung ist mit einer guten Stimmungslage assoziiert.
Dass Schwermetalle den Organismus belasten, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Besonders gerne speichert der Körper die Schwermetalle im Fettgewebe, das im Gehirn reichlich vorhanden ist, und damit lagern sich viele Schwermetalle dort ab. Dies ist sicherlich mit der Zunahme von Parkinson-Krankheit, Demenz, Depression und anderen Einschränkungen der Stimmungslage assoziiert. Selen ist in der Lage, Schwermetalle zu binden, und kann diese so zur Ausleitung aus dem Körper vorbereiten.
Einen weiteren Einfluss auf die menschliche Psyche scheinen Viren zu haben. 860 Demenzkranke wurden obduziert und bei diesen fanden sich doppelt so viele Herpesviren bei der Sektion als bei obduzierten Toten, die nicht an Demenz erkrankt waren. Dieses Ergebnis wurde anhand von Kontrolluntersuchungen verifiziert .
Die Elimination von Viren ist nur durch ein aktives Immunsystem möglich. Medikamentöse Therapien zur Zerstörung von Viren wie Antibiotika bei Bakterien stehen nicht zur Verfügung. Ein wesentlicher Bestandteil unseres Immunsystems ist das von Selen abhängige Antioxidans-System. Mangelt es an dem Spurenelement, so kann unser Immunsystem die Viren im Gehirn nicht abwehren. In der eigenen Praxis decken sich die positiven Erfahrungen durch die Supplementation von Selen mit den bisher aufgeführten Ergebnissen. Gut zwei Drittel der Menschen mit Depression, Demenz, Leistungsschwäche und Antriebslosigkeit profitierten deutlich durch Selengaben. In der Praxis werden natürlich mehrere Vitalstoffe kombiniert eingesetzt, da diese immer im Verbund agieren, dennoch hat das Selen in der Behandlung der menschlichen Psyche eine zentrale Rolle. Interessant ist auch, dass die Kombination von Selen und Vitamin B6 hochwirksam bei hyperaktiven Menschen ist.
Die Versorgungssituation mit Selen in Deutschland ist allgemein schlecht. Um körperlich und seelisch gesund zu sein, benötigen wir 100 μg, besser 200 μg Selen am Tag. Tatsächlich erreichen wir in Deutschland über die Nahrung nur eine Zufuhr von ca. 35 μg Selen am Tag. Generell gilt der unbestrittene Satz „wo Jodmangel, da auch Selenmangel“. Doch während Jod in Deutschland dem Speisesalz zugefügt wird, passiert diesbezüglich mit Selen nichts.
Jede/-r Mitteleuropäer/-in, egal welchen Alters, sollte täglich 100 μg bis 200 μg Selen ergänzen. Ideal ist die Gabe von organischem Selen (z. B. SelenoPrecise von Pharma Nord), da es die höchste Bioverfügbarkeit im menschlichen Körper hat und nicht durch Vitamin-C-haltige Nahrung inaktiviert werden kann wie das anorganische Selen.
Nathalie Schmidt
Lebensberaterin, Reiki-Therapeutin, Autorin
Dr. med. Edmund Schmidt
Facharzt für Allgemeinmedizin, Chirotherapie, Ernährungsmedizin und Schmerztherapie
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