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Vitamin-D-Mangel: Ist Ihr Immunsystem betroffen?

145730503 Himmel cutZahlreiche Studien belegen, wie wichtig die Vitamin-D-Versorgung für ein starkes Immunsystem ist. Noch nie war dies so relevant wie aktuell in der COVID-19-Pandemie. Ein Problem stellt sich allerdings: Viele von uns bilden nicht ausreichend Vitamin D, da wir uns zu lange in Innenräumen aufhalten und die Sonne meiden.

Arbeiten Sie in einem Büro oder gehen einer Tätigkeit in Innenräumen nach? Falls ja, so wird sich die weitere Lektüre für Sie lohnen. Denn Sie gehören in dem Fall zu dem großen Teil unserer Bevölkerung, der höchstwahrscheinlich nicht ausreichend Vitamin D produziert. Dies liegt schlicht daran, weil Sie zu viel Zeit in geschlossenen Räumen verbringen und sich nicht der Sonne aussetzen.

Zur Vitamin-D-Synthese ist Sonnenlicht allerdings unabdingbar. Forscher erachten die Tatsache der fehlenden Sonnenlichtexposition als problematisch, weil Vitamin D hilft, die Immunabwehr zu regulieren. In den Wintermonaten ist die Sonne zu schwach, die Vitamin-D-Synthese kann nicht erfolgen.

Allerdings versprechen selbst die Sommermonate keinen Ausgleich, wenn auch in dieser Zeit die Sonne zu häufig gemieden wird. Kampagnen, die auf die Gefahren der Sonneneinstrahlung aufmerksam machen, haben dieses Problem weiter befeuert. Als Konsequenz meiden viele Menschen die Sonne und wagen sie sich doch einmal heraus, greifen sie häufig zu Sonnenschutzprodukten, die ihrerseits die Vitamin-D-Produktion verhindern.

Wichtig für gute Immunfunktion

Eine Vitamin-D-Unterversorgung kann die optimale Immunfunktion untergraben – fatal in Pandemiezeiten. Die Ironie des Coronavirus liegt in seiner Unberechenbarkeit: Ob ein völlig harmloser oder gar tödlicher Verlauf erfolgt, ist kaum vorhersehbar. So ist manchen Erkrankten die bereits erlebte Infektion wegen des asymptomatischen Verlaufs gar nicht bewusst, während andere an einem Beatmungsgerät auf der Intensivstation um ihr Leben kämpfen. Die Reaktion des Immunsystems macht den Unterschied.

Und hier kommt Vitamin D ins Spiel. Studien konnten zeigen, dass Vitamin D eine interessante Fähigkeit besitzt: Es kann das Immunsystem zügeln und den gefürchteten Zytokinsturm und die Hyperinflammation verhindern. Diese extrem starken Reaktionen auf COVID 19 (und andere Infektionen) zerstören letztlich gesundes Gewebe in der Lunge, in Organen und im Kreislaufsystem.

Zusammenspiel aus Stärkung und Hemmung von Abwehrmechanismen

Vitamin D ist kein Wundermittel. Es ist kein Impfstoff. Es kann COVID 19 nicht heilen. Und doch konnten zahlreiche Studien zeigen, dass Infizierte mit höheren Vitamin-DSpiegeln weitaus besser mit der Infektion zurechtkommen als jene mit bestehendem Vitamin-D-Mangel. Eine aktuelle Metaanalyse1), veröffentlicht im März 2021 im The Lancet Diabetes & Endocrinology, bietet handfeste Belege für die wichtige Rolle von Vitamin D beim Schutz vor COVID 19.

Das verantwortliche Team, zu dem Forscher des Karolinska Institutet in Stockholm, der Harvard Medical School in Boston und der Queen Mary University in London gehören, erklärt, dass die tägliche Supplementierung mit Vitamin D mehrere körpereigene antivirale Abwehrmechanismen stärke. Gleichzeitig schalte es potenziell schädliche Entzündungsprozesse, die vom Immunsystem als Reaktion auf die Infektion in Gang gesetzt werden, aus. Die Regulierung der Immunantwort – die alles entscheidende Fähigkeit, die Vitamin D so wertvoll macht.

42 % geringeres Risiko

Ihre neue Metaanalyse biete laut den Forschern den bisher umfassendsten wissenschaftlichen Nachweis für die schützende Wirkung von Vitamin D gegen Atemwegsinfektionen. Basierend auf den Ergebnissen schlussfolgert das Team, dass eine tägliche Supplementierung mit Vitamin D das Risiko für eine Atemwegsinfektion um 42 % senken könne. Die Forscher betonen, dass die beste Wirkung mit einer moderaten täglichen Dosis erzielt würde; wöchentlich hoch dosiertes Vitamin D sei dem unterlegen.

Bei der Metaanalyse handelt es sich um die Fortsetzung einer früheren, vor vier Jahren veröffentlichten Metaanalyse von 25 wissenschaftlichen Studien. In die neue Metaanalyse wurden weitere 18 Studien einbezogen, die Gesamtzahl erhöht sich demnach auf 43. Professor Adrian Martineau von der Queen Mary University erklärt als beteiligter Wissenschaftler, dass Menschen unterschiedlich auf die gleiche Dosis Vitamin D reagieren. Dies liege daran, dass eine Vielzahl von Faktoren wie Hauttyp, Gene, Adipositas usw. die Art und Weise beeinflussen können, wie wir auf den Nährstoff reagieren.

Britischer Test von Vitamin-D-Kapseln

In diesem Zusammenhang führt die Queen Mary University führt seit dem vergangenen Jahr eine offene Studie2) zu Vitamin D durch. Es soll untersucht werden, ob eine tägliche Vitamin-D-Supplementierung während der Winter- und Frühlingszeit gefährdeten Gruppen eine Schutzwirkung bietet. Über 5 000 Briten hatten sich über einen freiwilligen Vitamin-D-Test durch Blutentnahme von der Fingerkuppe für die Studie qualifiziert. Sie erhielten einen 6-Monats-Vorrat an Vitamin-D-Pearls – kleine Gelatinekapseln mit Vitamin D3 in Pflanzenöl – von der dänischen Firma Pharma Nord. Ziel dieser Studie ist herauszufinden, ob die VitaminD-Präparate das Risiko und den Schweregrad einer COVID-19-Infektion und anderer akuter Atemwegsinfektionen verringern.

Weitverbreitete Unterversorgung

Vitamin-D-Mangel ist existenter als zumeist gedacht. Die Arbeit im Büro, zu viel Zeit in geschlossenen Räumen – unser Alltag erschwert uns deutlich eine ausreichende Sonnenlichtexposition, um die empfohlenen Vitamin-D-Spiegel im Blut zu erreichen. Die üblichen Empfehlungen sehen etwa 50 nmol/l vor, immer mehr Experten argumentieren allerdings, dass Spiegel von 75–100 nmol/l für einen optimalen Schutz erforderlich seien.

Auch die Ernährung biete laut einer niederländischen Studie keine zufriedenstellende Ausweich- oder Zusatzquelle für Vitamin-D. Denn Verbraucher werden heute dazu angehalten, sich stärker pflanzlich zu ernähren und aufgrund der Umweltbelastung auf Fleischkonsum zu verzichten. Da allerdings die besten aus der Ernährung bezogenen Vitamin-D-Ressourcen tierischen Ursprungs sind, wird hier eine Supplementierung mit Vitamin D umso relevanter.

Quellen
1) Vitamin D supplementation to prevent acute respiratory infections: a systematic review and metaanalysis of aggregate data from randomised controlled trials. The Lancet Diabetes & Endocrinology, 30.3.2021 DOI: https://doi.org/10.1016/S2213-8587(21)00051-6
2) Trial of Vitamin D to Reduce Risk and Severity of COVID-19 and Other Acute Respiratory Infections (CORONAVIT) https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT04579640

Bjørn Falck MadsenBjørn Falck Madsen
Medizinjournalist

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Fotos: ©ExQuisine, ©syuGGG