Die Behandlung von Traumen in der selbstorganisatorischen Hypnotherapie, Teil 2
Meine eindrucksvollen Erfahrungen in der Praxis zeigen, dass bei vielen Beschwerden und Erkrankungen frühkindliche Erlebnisse im Hintergrund eine große Rolle spielen. Gerade weil negative Kindheitserfahrungen in der Praxis bedeutungsvoll sind, möchte ich die Behandlung von Traumen anhand dieser Thematik näher erläutern. Denn wie schon erwähnt, dauern schlimme Erfahrungen in ihrer emotionalen Bedeutung fort, obwohl sie bereits viele Jahrzehnte zurückliegen können. Die in der Kindheit und Jugendzeit gemachten Bindungserfahrungen wirken als Teil unserer inneren Welt und prägen entscheidend das Gefühl zu uns selbst, zu anderen Menschen und zum Leben. Selbstvertrauen, Vertrauen in andere und innerer Frieden entstehen durch das kontinuierliche Erleben sicherer Bindungen. Diese sind keineswegs selbstverständlich.
Meine Beobachtungen sind, dass viele Menschen der 1950er- und 1960er-Jahrgänge durch elterliche Erziehungsgewalt traumatisiert wurden. Das Kind, das wir einmal waren, lebt immer noch in uns mit all seinen Wunden, Bedürfnissen und Wünschen. Es ist die Schlüsselfigur unserer tiefsten Gefühlswelt, der meisten unbewältigten Themen und inneren Abgründe. Mit dem Begriff „Inneres Kind“ ist der leidende Anteil gemeint, der jünger ist, als es dem heutigen biologischen Alter entspricht, mit all seinen schmerzvollen, gekränkten, hilflosen, bedürftigen, angstvollen und abgespaltenen Gefühlen. Chronische Beschwerden, immer wiederkehrende Problemmuster, Lebenskrisen, Schwierigkeiten mit dem Lebensumfeld oder auch Albträume sind häufig Ausdrucksformen des verletzten Inneren Kindes, das auf sich aufmerksam machen möchte und dringend der Heilung bedarf. Viele der betroffenen Erwachsenen leiden auch heute noch unter Selbstzweifeln. Sie misstrauen ihren Wahrnehmungen und streben häufig noch immer nach der Bestätigung, so sein zu dürfen, wie sie sind.
Was sind die Hintergründe elterlicher Erziehungsgewalt dieser Jahrgänge? Diese Kinder haben oder hatten Eltern, die als Kriegskinder ihrerseits traumatisiert waren und häufig darunter litten, sich innerlich einsam, betäubt und leer zu fühlen. Sie hatten hinsichtlich Liebe und Fürsorge oft nicht viel zu bieten. Die Weitergabe an die Folgegeneration verlief im Rahmen einer nur unzureichenden Bindung zu ihren Kindern. Diese Kinder wiederum erlebten ihre Familie oft als einen Ort der Ungeborgenheit und des Unverständnisses, da diese Eltern ihren Kindern emotional oft nicht zur Verfügung stehen konnten. Bei diesem Erziehungsstil ging es vielmehr um eine Überbetonung des Leistens und Funktionierens und des Abspaltens eigener Bedürfnisse. Viele Kinder hatten einfach zu funktionieren um den Preis einer Selbstkontrolle, die die eigenen Gefühle und Bedürfnisse verleugnen musste. Innere Wahrheiten wurden verschwiegen, um dem elterlichen Anspruch gerecht zu werden und darü- ber Liebe zu erhalten. Das wahre Selbst musste zurückgezogen und verleugnet werden. Und in dieser Art der Erziehung wurde das Funktionieren noch über Kontrolle, Gewalt oder Gewaltandrohung durchgesetzt.
Erziehung und Beziehung hieß in solchen Familien: eine Abwehr des Fühlens und Spürens sich selbst und dem Kind gegenüber, die eigene und die Authentizität des Kindes nicht zuzulassend, sich und das Kind von der eigenen Wahrnehmung zu entfremden, seelisches Geschehen bei sich selbst und den Kindern zu entwerten. Der Mangel an seelischer Nahrung und Resonanz führte bei vielen Kindern in die innere Einsamkeit und Entfremdung. Häufig waren Kinder gezwungen, ein gut funktionierendes Pseudoselbst zu entwickeln, denn Kinder lernen unter solchen Umständen schnell, ihre schmerzlichen Gefühle zu verbergen. Und mit dem Erzeugen von Angst als Erziehungsmittel sind Kinder leichter zu manipulieren und zu kontrollieren.
Erziehungsgewalt in jeglicher Form hinterlässt selbstzerstörerische Lebensmuster, tiefe Spuren der Angst, der Beschämung, der Entwertung und der Verunsicherung in der kindlichen Seele. Die Folgen für die heutigen Erwachsenen werden oft unterschätzt oder nicht wahrgenommen. Bei Betroffenen ist die Angst vor dem ehemals erlebten kindlichen Leid tief verwurzelt, egal, wie lange es zurückliegt. Diese Erwachsenen suchen dann nach ihrer wahren Identität, nach Halt und Geborgenheit, nach Selbstakzeptanz und dem Zugang zur eigenen Seele.
Da traumatische Erfahrungen in der Familie vielfach auf das Verhalten im sozialen Miteinander wirken, entstehen oft auch Beziehungsprobleme, vor allem in der Regulierung von Nähe und Distanz. Die Angst vor dem Alleinsein an einem Pol und die Angst vor Berührung und Verbundenheit am anderen Pol zeigen das innere Spannungsfeld eines traumatisierten Menschen.
Bindungssicherheit zwischen Eltern und Kindern hingegen schafft seelische Resonanz, Mitgefühl und Empathie – die Fähigkeit, sich über das Fühlen in einen anderen Menschen hineinzuversetzen. Menschen, die sich seelisch betäubt und innerlich leer erleben, können nur schwer spüren, was andere bewegt. Wenn der eigene Seelenausdruck oft verwehrt wurde, gehen ehemalige Kinder mit sich selbst oft hart und unempathisch um. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass es für Betroffene nicht einfach ist, die Familienvergangenheit mit ihren traumatischen Belastungen für die eigene Biografie anzunehmen. Dies ist jedoch eine Voraussetzung dafür, die aus diesem Zusammenhang heraus entstandenen körperlichen und psychischen Symptome wie Ängste, Depressionen und Selbstwertprobleme zu lösen.
In der Praxis ist es deshalb vor allem bei stressgebundenen oder therapieresistenten Krankheiten wichtig nachzufragen, in welcher Beziehung das damalige Kind zu seinen Eltern und dem übrigen Familienumfeld stand. Welcher derzeitige emotionale Zündstoff, z. B. Krankheit, Probleme mit Vorgesetzten, Burnout, ist mit früheren Situationen verbunden? Häufig war es dem damaligen Kind nicht möglich, seine Gefühle den Verursachern direkt mitzuteilen oder z. B. Aggressionen zu äußern. Die empfundenen Kindheitsgefühle waren mitunter so schmerzlich, dass sie, um überleben zu können, ins Unbewusste verbannt wurden. Dort warten z. B. Schuld, Angst, Trauer und Wut noch immer darauf, endlich geheilt zu werden.
Einige Beispiele:
„Ich habe Angst, wenn ich auf meine Eltern wütend bin, denn wenn ich ihnen widerspreche, verliere ich sie auf immer.“
„Ich fühle mich schuldig, wenn ich den Erwartungen meiner Eltern nicht entspreche.“
„Ich bin traurig, wenn meine Eltern unglücklich sind.“
„Ich bin so wütend, weil mich meine Eltern zurückweisen. Offenbar habe ich es nicht verdient, geliebt zu werden.“
Viele der heutigen Verhaltensweisen und körperlichen Befindlichkeiten haben ihren Ursprung in damals gewonnenen einengenden Überzeugungen und eingefrorenen Emotionen, die das Kind handlungsunfähig machten und ein manchmal lebenslanges Gefühl, Opfer zu sein, auslösten. Wenn z. B. für Aggressionen kein Ventil gefunden wurde, richten sich diese gegen sich selbst im Sinne einer Eigensabotage.
An dieser Stelle möchte ich das Beispiel einer Patientin einbringen, die seit 15 Jahren, seit der Geburt ihrer Tochter, unter unerträglichen Menstruationsbeschwerden litt. Migräne und Unterleibsschmerzen fesselten sie für mehrere Tage ans Bett und sie überstand diese Tage nur mit einer hohen Dosis Schmerzmittel. Die unterschiedlichsten Behandlungsversuche scheiterten. Ihr zugrunde liegendes Problem bestand darin, dass sie sich bei der Geburt ihrer Tochter von ihrem Mann alleingelassen fühlte und sie das Gefühl hatte, dass sie von der zusätzlichen Verantwortung für ihre Tochter überfordert war. Die Hypnotherapie brachte sie in Berührung mit ihrer eigenen kindlichen Erfahrung emotionalen Mangels und der frühen Verantwortung für ihre Familie. Nach der Heilung ihres Inneren Kindes in zehn Hypnosesitzungen waren ihre Beschwerden weitgehend verschwunden.
Die Traumatherapie in der selbstorganisatorischen Hypnose/Hypnotherapie
Die Nutzung der Kompetenz des Unbewussten zugunsten der Heilung und Selbstindividualisation geht auf Carl Gustav Jung zurück. So gehört die Arbeit mit dem Archetypus des inneren Heilers und des Inneren Kindes zu den äußerst wirksamen hypnotherapeutischen Techniken bei Traumen. Archetypen sind als Symbolisierungen zu verstehen, die als tiefe, grundlegende Qualitäten in der Psyche wirken. Ein Archetyp ist ein Aspekt des „Kollektiven Unbewussten der Menschheit“ (C. G. Jung), er existiert unabhängig vom einzelnen Menschen und geht über die persönliche Psychologie hinaus. So ist z. B. die Grundtechnik der Heilung des Inneren Kindes schon seit Langem bekannt und wird in vielen Psychotherapiesystemen angewandt.
In der Traumatherapie nach Götz Renartz wird die von ihm erweiterte Methode der Heilung des Inneren Kindes eingesetzt. Diese findet im Rahmen der „Autosystemhypnose“ in Kombination mit der „Kinomethode“ und/oder der „Zauberwiesenstrategie“ statt. Die Heilungsdynamik dieser unterschiedlichen Herangehensweisen besteht in der Umstrukturierung von leiderzeugenden und leiderhaltenden regressiven Wirklichkeitskonstruktionen. Oder einfacher ausgedrückt: Auf verschiedene Weise wird ein Trauma geistig umstrukturiert. Dies im Einzelnen zu beschreiben, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen.
Das verbindende Prinzip ist, dass in Hypnose der Konflikt zwischen Ich und Kind aufgelöst wird. Das geschieht dadurch, dass das erwachsene, ressourcenstarke Ich einen Kontakt zum Inneren Kind herstellt und sich mit ihm in eine konstruktive, achtungs- und liebevolle Kommunikation begibt. Unter Zuhilfenahme von im Lauf des Lebens gelernten Ressourcen kann das erwachsene Ich für das leidende Kind nun das tun, was früher keiner für es getan hat. Das umfasst einerseits, es aus der furchtbaren Situation heraus- und zu sich zu holen und andererseits es nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und diese zu befriedigen. Durch diese Befriedigung wird die ungeheure Wut des traumatisierten Kindes symbolisch gemildert. Die assoziative Integration zwischen Ich und Kind kann beginnen.
Zur weiteren Heilung des Inneren Kindes gehört, dass nun der Konflikt zwischen dem Kind und dem Täter gelöst werden muss. Dieser Konflikt kann durch Versöhnung beendet werden. Erfahrungsgemäß sind die meisten Menschen zu einer direkten Versöhnung mit dem Täter nicht in der Lage. Der Konflikt bleibt jedoch psychologisch und emotional weiter wirksam, wenn keine Versöhnung, zumindest mit dem Schicksal, erfolgt. Denn aufgrund der anhaltenden Wut kann keine seelische Ruhe oder Harmonie eintreten.
Deshalb ist es in einem nächsten Schritt unabdingbar, zuerst das Rachebedürfnis des damaligen Kindes (in der hypnotischen Innenwelt!), seine Wut, seinen Hass, seine Aggressionen zu befriedigen, um in eine Versöhnung einmünden zu können. Erfahrungsgemäß wird dieses Rachebedürfnis vom Patienten zunächst aufgrund seiner Aggressionshemmung geleugnet. Es ist deshalb unbedingt nötig, das Unbewusste nach seinem Rachebedürfnis zu befragen und als Behandler den Patienten dazu anzuhalten, die entsprechenden Racherituale durchzuführen.
Die Hypnotherapie endet mit Versöhnungs- und Dankesritualen. Der Patient wird aufgefordert, in seiner Hypnose vor das Kind zu treten, ihm in die Augen zu sehen und sich mit seinen eigenen Worten bei dem Kind zu bedanken. „Ich danke dir dafür, dass du all diese schrecklichen und furchtbaren Dinge für mich ausgehalten und durchlebt hast und es mir damit ermöglicht hast, weiterzuleben und zu reifen.“ Bevor die Hypnose aufgelöst wird, können noch entsprechende Heilungsrituale durchgeführt werden.
Die wichtigste Basis für die Behandlung von Traumen
Das ist eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Behandler und Patient. Für Betroffene kann die Konfrontation mit ihrer Innenwelt eine große Herausforderung bedeuten und es braucht viel Vertrauen und Offenheit gegenüber dem Behandler, auch schambesetzte Gefühle kommunizieren zu können. Das bedeutet für den Behandler, dass nicht die einzelnen Methoden der Behandlung im Vordergrund stehen, sondern vielmehr die Beziehung zwischen ihm und dem Patienten.
Unser Gehirn ist darauf angewiesen, dass traumatische Erfahrungen in Worte gefasst, geordnet und im Gedächtnisspeicher (Aktivierung des Hippocampus) abgelegt werden können. Nur so entsteht die Freiheit, bei Bedarf die jeweiligen Erinnerungen relativ ruhig zurückzuholen und ausdrücken zu können. Dazu bedarf es eines beruhigten Nervensystems, das besonders bei Traumafolgestörungen zu sehr dysreguliert ist; der Mensch kann sich nicht beruhigen. Deshalb ist die Grundlage für jede erfolgreiche Hypnotherapie eine aktive Beruhigung des Körpers, die über die Atmung erreicht werden kann. Dies stärkt die Kompetenz des Patienten im Sinne von Sicherheit, Selbstvertrauen und Selbststeuerung.
Warum widerstehen lästige Symptome manchmal der besten Therapie?
In der hypnotherapeutischen Arbeit, insbesondere bei der Traumatherapie, ist der Umgang mit Heilungswiderständen oder Heilungsambivalenzen maßgeblich. Dazu muss man wissen, dass es neben dem Prinzip der Selbstheilung das schon erwähnte Selbstrettungssystem gibt.
Selbstrettung und Selbstheilung dienen beide dem bestmöglichen Erhalt psychischer und körperlicher Unversehrtheit. Sie unterscheiden sich jedoch in einem wesentlichen Aspekt. Während die Selbstheilungstendenz langfristig und auf einer höheren Ebene dem Lebenserhalt und der Selbstindividuation dient, sorgt die schon erwähnte Selbstrettungstendenz lediglich für ein situativ optimales Bewältigen einer aktuellen Herausforderung.
Die Selbstrettungsmanöver bei einem Trauma entsprechen einer schnellen Bewältigungsstrategie, die die aufgewühlten Gefühle unmittelbar beruhigt und rasche Sicherheit gewährt. Sie kompensieren damit zwar das aktuelle Geschehen, indem es ins Unbewusste verbannt wird, doch die sofortige gesunde Verarbeitung eines Traumas wird damit verhindert. Es kommt zu einem Konflikt zwischen dem Erfolgsmodell der Selbstrettung und der zukunftsbezogenen Selbstheilung. Also entweder kurzfristige Entlastung oder langfristige Gesundung und Ganzheit. Da die kurzfristige Entlastung Sicherheit gibt, können Widerstände oder Ambivalenzen gegen Heilung und Erfolg entstehen. Diese wiederum erzeugen ungute Gefühle gegenüber sich selbst, wie Versagensgefühle oder die Tendenz, die Schuld bei sich selbst zu suchen. Diese Blockaden und Widerstände aufzulösen, ist der wesentliche und herausfordernde Aspekt einer Hypnotherapie.
Da diese Thematik für viele Menschen relevant ist, möchte ich zum Schluss noch einen Text zur Selbsthypnose zur Heilung des Inneren Kindes beifügen. Dieser Text enthält viele Ressourcen, die dazu dienen, in einem Entspannungszustand innere Bilder des erstrebten Gefühlszustands zu erzeugen. Selbsthypnose beinhaltet jedoch keine Heilung, da auftretende Widerstände oder Blockaden nur in Zusammenarbeit mit einem ausgebildeten Behandler bearbeitet werden können.
Übung – Heilung des Inneren Kindes (nach Beate Blumrich)
Nimm eine entspannte Haltung ein ... Schließe die Augen oder schaue entspannt auf einen Punkt schräg vor dir am Boden ... Mache dir klar: Dein Unbewusstes war schon immer an deinem tiefsten Wohl interessiert ... Es hat stets für dein bestes körperliches und seelisches Überleben gesorgt und kennt auch alles, was im Verborgenen liegt. Bitte dein Unbewusstes respektvoll, dich zu unterstützen.
„Unbewusstes, bitte sorge dafür, dass ein leidendes Inneres Kind mir erst begegnet, wenn ich in der Lage bin, kontrolliert, erwachsen und hilfreich mit ihm umzugehen ... Lass mich unbedingt rechtzeitig spüren, wenn mich irgendetwas emotional so sehr belastet, dass es besser ist, die Übung abzubrechen. Sorge dafür, dass meine Erfahrungen meinem Wachstum und meiner Gesundheit dienen.“
Gehe nun an einen sicheren, inneren Ort, wo du Helfer triffst ... einen weisen Anteil oder einen inneren Wächter und Beschützer. Vielleicht sind da auch Menschen oder Tiere, mit denen du in Liebe verbunden bist ... Sie alle sind und waren für dich da, auch in belastenden Situationen, in denen du sie nicht wahrgenommen hast ... Aber nun kannst du sie ganz bewusst um Begleitung bitten, jetzt ... um in ein vergangenes Ereignis zurückzuschauen, ganz bewusst und erwachsen ... Das ist gut möglich, denn du weißt, du bist jetzt reifer ... Bitte dein Unbewusstes, dir den Blick für ein Ereignis zu öffnen ... Es ist auch in Ordnung, wenn eine solche Vorstellung in deiner Fantasie entsteht ... ein harmloses Kinderunglück ... vielleicht wurdest du gehänselt oder von anderen Kindern geärgert ... damals … Und die Eltern hatten keine Zeit … hatten sich nicht dafür interessiert … fanden das nicht so schlimm ... aber das Kind hätte Trost und Unterstützung gebraucht, damals ... Da ist also dieses Innere Kind, zu dem du nun gehst ... eine Alterstreppe hinab, begleitet von deinen Helfern ... Du bleibst dabei ganz du selbst ... und gehst zu dem Kind, das du gewesen bist ... Schaue es an und nimm wahr, wie es sich in diesem Unglück verhält ... weint es ... oder ist es wütend? Gehe zu ihm, auf Augenhöhe und beachte dabei, wie nah es dich an sich heranlassen will ... Sprich es behutsam an ... Sage ihm: „Ich sehe dich, du bist ein wundervolles, liebenswertes, kluges und einzigartiges Kind und ich sehe dich jetzt mit all deinen Gefühlen. Ich bin zu dir gekommen, um dir zu helfen, dich zu trösten und zu verteidigen.“ ... Zeige ihm die Helfer, die mitgekommen sind, um in jeder Weise Unterstützung zu leisten ... Frage das Kind, was es von dir am meisten braucht ... möchte es einfach nur deine Nähe, die Gewissheit, gesehen zu werden, nicht mehr allein zu sein? ... Oder möchte es gehalten werden, sich anlehnen und weinen? ... Bis es gut ist? ... Sodass du ihm sagen kannst, dass es nicht länger leiden muss ... Du bist gekommen, um sein Leid zu beenden ... Du kannst ihm auch danken, dass es versucht hat, auf sich aufmerksam zu machen ... Um Entschuldigung bitten, dass du es so lange nicht oder nicht richtig verstanden hast ... Aber nun hast du es gefunden ... Vertraut es dir? ... Frage, was du tun kannst, damit es dir noch mehr vertraut ... Vielleicht sollst du zu den Eltern gehen, um sie zur Rechenschaft zu ziehen? ... Dass sie nicht getan haben, was nötig war, damit es dem Kind wieder gut ging? ... Oder sollst du andere Kinder zurechtweisen? ... Möchte es, gestärkt durch deine Anwesenheit, vielleicht selbst die Eltern ausschimpfen? ... Oder soll das der innere Beschützer für das Kind und dich übernehmen? ... Gibt es noch einen anderen Anteil, der jetzt etwas Wichtiges sagen oder tun möchte? ... Tue alles, was das Kind wünscht ... Um es dann, wenn in der Situation alles Wichtige erledigt ist, einzuladen, mit dir zu kommen ... Raus aus dieser Situation, die nun vorbei ist, ein für alle Mal ... Zeige ihm dein erwachsenes Leben ... Dass sich alles zum Guten weiterentwickelt hat ... Dass es da Helfer gibt, innere Weggefährten, die es jetzt sehen kann ... Und wenn es das schon möchte, gehe mit dem Inneren Kind die Alterstreppe wieder empor, Schritt für Schritt ... Begleite es dabei, gesund älter zu werden ... Bleibe dabei vielleicht hier oder da noch einmal stehen, um eine ähnliche Situation in der gleichen Weise zu heilen ... Und bleibe immer der Erwachsene, der das Kind begleitet, ihm alle mitgebrachten Helfer anbietet ... Damit es in der ihm eigenen Art und Weise, im eigenen Tempo älter und gesünder werden kann ... Das muss nicht alles jetzt geschehen ... In jedem neuen Kontakt kannst du dem Kind weiterhelfen, denn manches braucht auch seine Zeit. Um dann, wenn der richtige Moment erreicht ist, so alt wie du geworden zu sein und völlig gesund ... Geheilt von dem Leid der Vergangenheit ... Du hast dem Kind geholfen, alte Leiden aufzulösen ... sodass die Erinnerung nur noch wie der Blick auf ein verblasstes Foto ist ... ohne Schmerz ... mit gewonnener Stärke. Dann kannst du das gesund gewordene Innere Kind zum richtigen Zeitpunkt einladen, wieder mit dir zu verschmelzen und dabei spüren ... wie sich die Stärke der Gesundung und des Wachstums in dir ausbreitet nach und nach, immer mehr, in deiner Art und Weise ... Um all dies mit in deinen Alltag zu nehmen. Und nun danke allen Helfern für die gute Unterstützung ... und deinem Unbewussten, das dafür sorgen kann, dass sich alles in dir integriert und weiterwirkt ... Beginne nun, dich in Raum und Zeit wieder zurückzuorientieren ... Atme tief ... Bringe Bewegung in den Körper ... Öffne wieder deine Augen.
Die Ausführungen mögen zum Verständnis beigetragen haben, wie mithilfe der selbstorganisatorischen Hypnotherapie Selbstheilung bzw. Traumabewältigung möglich wird.
Gabriele Raimer
Heilpraktikerin und Hypnotherapeutin, Baden-Baden
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