Fallstudie: Methode play-emotion
Regina, 45 Jahre, ist von der Impfpflicht überzeugt. Dieter, 37 Jahre, ist unzufrieden, weil er sich von der kommenden Impfpflicht unter Zwang gesetzt fühlt.
Konflikte sind allgegenwärtig - sie verändern die Welt im Großen wie im Kleinen. Eine Situation kann uns aus dem Gleichgewicht bringen und eine Krise auslösen. Ein Wandel tritt oft dann ein, wenn wir bereit sind, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Ein aktuelles Thema ist die im Fokus stehende Impfpflicht, der sich Regina und Dieter in einem therapeutischen Setting stellen.
Fallstudie: Nach der Methode von playemotion, dem Kommunikationstool, als Spiel, bei einem Konflikt in der Beziehung für Paare, Beratung und Coaching.
Für Regina ist es überhaupt nicht einzusehen, warum jemand sich nicht impfen lässt und gegen eine Impfpflicht rebelliert. Es gibt Impfstoffe mit der Folge einer Eindämmung der Pandemie und sie ist glücklich, dass es diese Möglichkeit des Schutzes gibt. Sie fühlt sich benutzt, weil sie sich impfen lässt und damit auch einen Beitrag für die Gemeinschaft übernimmt – aber andere nicht. Ihrer Ansicht nach gehen Nichtgeimpfte ein erhöhtes Ansteckungsrisiko mit höheren Folgeschäden ein und belasten damit die Allgemeinheit.
Dieter war in der ersten Coronaphase an Corona erkrankt. Er ließ sich aufgrund des gesellschaftlichen Drucks und des Wunsches nach mehr Freiraum im Alltag impfen und boostern. Doch so wie sich die augenblickliche Situation zuspitzt und es wahrscheinlich zu einer Impfpflicht kommen wird, spürt Dieter zunehmend Enge und Unzufriedenheit.
Ein kreisrundes Spielfeld, Spielsteine, ein Würfel und Begriffswortkarten. Die Spieler legen ihr festgelegtes Thema in die Mitte des Feldes. Mithilfe erwürfelter Wortkarten schildern sie nacheinander, wie sie das Thema bewerten – körperlich, emotional, kognitiv und auf der Verhaltensebene. Die Empfindungen, die sich dabei zeigen, werden in Runde zwei mit Ressourcenkarten bearbeitet, mit dem Ziel, eine positive Veränderung auf allen Feldern zu bewirken.
Regina und Dieter einigen sich auf das Thema „Impfpflichtbeschluss“.
Wenn ein Impfpflichtbeschluss käme, würde Regina sich freuen und dankbar dafür sein, weil sie wieder ein normales Leben führen könnte. Sie könnte ihre Freunde umarmen und müsste sich nicht immer einen Kopf machen, ob ihr Gegenüber geimpft ist oder nicht. Zunehmend macht ihr die Distanz zu ihrem Enkel zu schaffen, weil er in die Kita geht und dort vielen Kontakten ausgesetzt ist.
Dieter ärgert sich, weil er vieles in den Medien als Vorgaukeln von falschen Tatsachen sieht, und er fühlt sich bedrängt und misstraut der Politik.
Gefühle drücken sich immer körperlich aus. Bei Regina kommen Angstsymptome wie Lähmung, Schwere und Beklemmung hoch.
Dieter wühlt das Thema auf und er spürt Herzrasen und Erregung.
Wie verhalten sich Regina und Dieter?
Regina kämpft im Sinne von „alle Impfgegner überzeugen zu müssen“. Für sie ist es rund und perfekt, wenn die Impfpflicht kommt. Alles andere ist für sie „Wischiwaschi“. Wenn es zu unangenehm wird, flüchtet sie. Das geht so weit, dass sie bereit wäre, in einen anderen Ort mit einer niedrigen Inzidenz umzuziehen.
Dieter kämpft für Wahrheit und Autonomie. Es ist ihm wert, zu provozieren. Er muss sich wehren. Seine Überzeugung ist es, bei diesem Thema streiten zu müssen. Er würde sich nicht impfen lassen, sogar mit der Konsequenz, kein Bußgeld zu zahlen und ins Gefängnis zu gehen.
Was denken Regina und Dieter?
Regina denkt, das sie funktionieren muss, egal ob mit oder ohne Impfpflicht. Sie ist aufgrund ihrer Angst blockiert und versucht trotzdem, das Beste aus der Situation zu machen.
Dieter findet die Impfpflicht ungerecht. Er erklärt sich mit den Nichtgeimpften solidarisch. Er fühlt sich von Corona nicht mehr bedroht.
Im zweiten Durchgang des Spiels kommen Ressourcenkarten hinzu, die Regina und Dieter helfen, ihre Gefühle, ihre Körperwahrnehmungen, ihr Verhalten und ihre Gedanken neu zu interpretieren und stimmig abzuschließen.
Regina erkennt, dass sie die Macht über ihre Angst hat und nicht die Angst Macht über sie. Sie lässt die Angst kommen und gehen wie eine Welle. Sie ist dankbar dafür, dass sie das „Angstmonster“ immer besser beherrschen kann.
Für Dieter ist Ärger ein Gewinn, weil ihm Ärger hilft, zu sich und seiner Wahrheit zu stehen. In seinem Ärger ist er eigenständig und er spürt sich lebendig und kraftvoll.
Bedrängt fühlt sich Dieter von den Institutionen, die ihm die Impfpflicht überstülpen wollen. Das bedeutet für ihn Not. Liebe mildert diese Not.
Wie wirken die Ressourcen auf die körperlichen Empfindungen, das Verhalten und die Gedanken der beiden?
Regina ist glücklich, wenn sie willkommen ist, dann sind ihre Angstsymptome weg.
Begeisterung tut Dieter gut. Erregung und Begeisterung haben miteinander zu tun. Sie haben für ihn eine ähnliche Wertigkeit. Erregung ist besser als Dumpfheit. Harmonie mit dem Großen und Ganzen mildert sein Herzrasen.
Regina hilft Klarheit. Diese gibt ihr Kontrolle und hinterfragt ihr Fluchtverhalten. Die Ressource Liebe erinnert sie daran, dass sie schon als Kind um die Liebe der Mutter kämpfen musste, und es wird ihr in diesem Moment bewusst, dass sie schon immer dachte, für die Liebe muss man kämpfen.
Bei Dieter wirkt sich Spontanität auf alle vier im Feld gelegten Begriffe aus. Es geht ihm nicht darum, ein Strategiespiel aus der Impfpflicht zu machen, sondern mit dem Inneren im Kontakt zu sein. Flexibel zu entscheiden, was ist jetzt notwendig.
Tanzen und Licht verbindet Regina mit Leichtigkeit. Es darf mehr Leichtigkeit in ihr Leben kommen, aus der Dunkelheit ins Licht.
Dieter hat genug Kraft, ehrlich mit sich und dem Thema zu sein. Er ist gut informiert und vertraut sich selbst.
Fazit von Regina
Die Angst vor Corona ist größer als die Angst vor einer Impfpflicht, weil Corona für sie so übermächtig ist und sie sich ausgeliefert fühlt. Wenn sie sich vorstellt, sie müsse in ein Krankenhaus, das wäre sehr schlimm für sie. Das fängt schon bei der Vorstellung, einen PCR-Test zu machen an, dann würde sie sich lieber in den Keller einschließen. Das empfindet Regina als fremdbestimmt.
Fazit von Dieter
Er empfindet seine Position als lustvoll, weil er die Impfpflicht nicht mit sich machen lässt. Das schenkt ihm Lebendigkeit und Kraft. Er kann für seine Wahrheit eintreten. Er hat Verständnis für Menschen, die Angst vor Corona haben, und sieht auch die machtvollen Geschichten, wo zwei Polaritäten aufeinanderstoßen, die nicht einfach zu lösen sind.
Was unterscheidet play-emotion von einem Gespräch?
Unser Unterbewusstsein liebt Spielrituale. Aus der Hirnforschung ist bekannt, dass durch die Freude, die beim Spielen entsteht, Dopamin ausgeschüttet wird. Deshalb ist Spielen die wirkungsvollste Form des Lernens und eine Erkenntnisreise wert. Es kommen Themen, die sonst nie auftauchen würden. play-emotion führt in eine Tiefe, macht echte Begegnung möglich und neue Erkenntnisse können kommen.
Gemeinsame Quintessenz
Reginas Angst vor Corona ist größer als die Angst vor Verlust der Selbstbestimmung.
Dieters Angst vor Verlust der Selbstbestimmung ist größer als die Angst vor Corona.
In der Fallstudie finden Regina und Dieter einen Konsens, eine Lösung, in der sie beide ihre Interessen gewahrt sehen.
„Konflikte sind die Mutter der Entwicklung“, wie schon im Zitat von Helmut Glaßl im Museum der Arbeit in Hamburg, in der Ausstellung Konflikte, zu lesen ist.
Die Ausstellung ist sehr empfehlenswert und dauert bis Mai 2022.
Die Spiele play-emotion können dort ausprobiert werden.
Manuela Pfefferle (li)
Christine Kempf-Schwer
Entwicklerinnen der Methode playemotion, spielerisch Konflikte lösen