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Rentenversicherungspflicht für Trainer und Dozenten – ein Buch mit sieben Siegeln?

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Vor dem Hintergrund wachsender Irritationen und starker Verunsicherung hat sich die TRAINERversorgung e. V. in einem Workshop mit Rechtsanwalt Dr. Christian Haman des Themas „Gesetzliche Renten- und Sozialversicherungspflicht für Trainer, Berater, Dozenten und Coaches“ angenommen. Melanie Göldner, Heilpraktikerin für Psychotherapie und tätig als Trainerin und Coach, war in Hamburg und berichtet für den VFP.

fotolia©Light Impression; fotolia©Doubt„Zunächst einmal wird unterschieden zwischen Beratern und Trainern, Dozenten und Coaches“, so Dr. Christian Haman. Hierbei richtet sich die Unterscheidung nach dem Gegenstand der Tätigkeit: Der Berater erschaffe Lösungen für seinen Klienten bzw. schlage Lösungen vor. Daher sei er von den anderen drei abzugrenzen:

Der Trainer ist eindeutig lehrend, ebenso der Dozent. Der Coach stößt bei dem Klienten Prozesse an, die ihm helfen, Lösungen zu finden. Somit sei er noch dichter an seiner Zielgruppe als der Trainer und vermittle durch seine Methodik Lösungskompetenzen. Das habe rechtlich zur Folge, dass Trainer, Dozenten und Coaches zunächst in die potenzielle Gruppe der Rentenversicherungspflichtigen fallen und weiteren Prüfungen unterzogen würden, während der Berater ab diesem Punkt außen vor bleibe.

An dieser Stelle schon der erste Tipp: Da die Rentenversicherungsbeiträge nur auf den vom Trainer erwirtschafteten Gewinn vor Steuern erhoben werden, ist es sinnvoll, die für Kunden und Teilnehmer erbrachten Leistungen in der Rechnung sorgfältig zu splitten. So verwendet der Trainer zum Beispiel einen Zeitanteil bei der Seminarvorbereitung für Beratung und Konzeption. Doch die Aufteilung sollte realistisch sein. Es gilt also, selbstkritisch zu prüfen, ob man sich beispielsweise bei einem fünfstündigen Workshop eine zehnstündige Beratung und Konzeption „abkaufen“ würde.

Wie erwähnt, fallen die Rentenversicherungsbeiträge auf den durch die Tätigkeit als Trainer, Dozent oder Coach erwirtschafteten Gewinn vor Steuern an, sofern dieser höher als 4 800 Euro ist. Das bedeutet im positiven Sinne, dass bei Selbstständigen, die einen Teil ihrer Einkünfte zum Beispiel auch als Berater, Therapeuten oder mit ganz branchenfremden Tätigkeiten wie zum Beispiel durch das Betreiben eines Kiosks erwirtschaften, diese nicht „infiziert“ werden durch die eventuelle rentenversicherungspflichtige Einstufung und von der Gewinnbetrachtung frei bleiben.

Was ist, wenn ich das bislang vergessen habe und mein Steuerberater mich nicht darauf aufmerksam gemacht hat? Man ist zwar meldepflichtig, doch es handelt sich nicht um eine Straftat, wenn man es nicht tut. Dr. Hamans Kenntnis nach, sei noch nie ein Ordnungsgeld verhängt worden. Das Nichtmelden würde lediglich als Fehleinschätzung des Versicherungspflichtigen eingestuft. Doch wenn, sei ein Ordnungsgeld bis zu 5 000 Euro möglich.

Aber wie wird vorgegangen, wenn eine Prüfung ansteht? Vom Zeitpunkt der Prüfung werden maximal vier Jahre zurück betrachtet und ggf. eine Nachzahlung eingefordert. Ist die Prüfung also beispielsweise in 2012, kämen für die Nachzahlung der RV-Beiträge die Jahre 2008 bis 2011 in Frage. Es besteht ein Wahlrecht, einzustufen, ob der monatliche Rentenversicherungsbeitrag den Regelbetrag in Höhe von 514,50 € (439,04 € ab 2012) oder 19,6 % des Gewinns vor Steuern betragen soll. Das richtet sich in der Regel danach, welcher Beitrag günstiger ist.

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Fällt also der Lehrende und Erziehende in die Rentenversicherungspflicht, wird er

  • einkommensabhängig mit 19,6 % oder 
  • mit dem Regelbetrag in Höhe von 514,50 € (439,04 € ab 2012) und 
  • vier Jahre rückwirkend bewertet 
  • bei Existenzgründern wird in den ersten drei Jahren der halbe Beitrag angesetzt.

Nicht rentenversicherungspflichtig ist

  • i. d. R. der Berater
  • wer einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt*
  • wenn dessen Tätigkeit als geringfügig eingestuft wird – wobei unterschieden wird zwischen
    – Entgeltgeringfügigkeit = Gewinn vor Steuern < 4 800 € 
    – Zeitgeringfügigkeit = z. B. Dozententätigkeit < 50 Tage p. a. – aber: im Einzelfall gilt hier zu prüfen, wenn ein Arzt bspw. nach seiner Praxistätigkeit von sechs Stunden noch zwei Stunden als Dozent tätig ist – zwei Stunden am Tag, für die die Bewertung als ganzer Tag relevant sind. Und: Der Umsatz, der aus der Dozententätigkeit erzielt wird, muss „deutlich kleiner“ sein als der aus der Tätigkeit als Arzt.

*Als sozialversicherungspflichtige Arbeit in diesem Zusammenhang gilt eine Beschäftigung mit einem Entgelt von über 400,01 € monatlich. Auch ist die Beschäftigung von zwei Minijobbern einrechenbar, wenn die Entgelte in der Summe über 400,01 € liegen.

Bei Partnerschaftsgesellschaften werden die Personalkosten auf die Partner gesplittet. Achtung bei der GmbH: Die Gesellschafter sind trotzdem rentenversicherungspflichtig, wenn sie die oben genannten Voraussetzungen erfüllen.

Im Einzelfall wird die Prüfung durch den Steuerberater oder einen Fachanwalt empfohlen.

Hierzu steht Ihnen in der Verbandssprechstunde Herr Dr. jur. René Sasse, Telefon 018 03/210217, jeden Donnerstag von 15.00 bis 16:30 Uhr zur Verfügung.

Melanie Göldner Melanie Göldner
staatl. gepr. Wirtschaftsassistentin Informatik, staatl. gepr. Betriebswirtin, Heilpraktikerin für Psychotherapie. Seit 1994 Projektmanagement, Inhouseservice Trainings und Workshops für Führungskräfte, freiberuflich selbstständig als Psychologische Beraterin, Trainerin, Dozentin seit November 2006.
Praxis im Zentrum
Psychotherapie, Kinesiologie, Training, Coaching, Seminare, Workshops
Weserstr. 31, 31582 Nienburg/Weser
Petershagener Str. 50, 38259 Salzgitter-Bad
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