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Intersexualität

„Von der Verkennung des hässlichen Entleins"

Das Geheimnis

In einem Kreißsaal. Eine Mutter liegt in den Wehen. Die Geburt verläuft in der nächsten halben Stunde planmäßig. Die glückliche, aber erschöpfte Mutter fragt den Arzt und die Hebamme: „Was ist es denn?" Die Antwort: Betroffenes Schweigen, ausweichende Blicke. Die Mutter unsicher: „Ein Junge? Oder ein Mädchen?" Weiterhin Betroffenheit. Man zieht sich zur Beratung zurück. Keine Antwort. Auf ihre bohrenden Fragen erfährt sie durch die Hebamme, daß das Geschlecht ihres Kindes unvollständig sei, und man sagt ihr, man müsse noch mehrere Untersuchungen durchführen. Nach ein paar Wochen wird sie um ihre Einwilligung gebeten, daß die Ärzte die Genitalien ihres Kindes chirurgisch vervollständigen dürfen. Man sagt ihr, daß es ein Mädchen sei. Die Mutter, die den Eindruck hat, daß es sich um einen medizinischen Notfall handelt, unter - schreibt die Einverständniserklärung. Dies ist kein Einzelfall in Deutschland und in der übrigen westlichen Welt. Kaum jemand weiß, daß wir alle bis zur siebten Schwangerschaftswoche geschlechtlich uneindeutig aussehen. Wir haben die Vorstufen der inneren Geschlechtsorgane beider Geschlechter, und die äußeren Organe können sich noch zum männlichen oder weiblichen hin entwickeln. Bis dahin kann man höchstens aus unseren Erbanlagen die Wahrscheinlichkeit dafür ablesen, welches Geschlecht wir haben. Bis zur zwölften Woche entwickeln sich dann bei den meisten Menschen die äußeren Organe zum männlichen oder weiblichen hin, während die Vorstufen der inneren Organe des einen Geschlechts sich weiter ausbilden und die des anderen verschwinden. Aber es gibt auch viele Menschen, die sich nicht so eindeutig entwickeln. Diese nennt man Intersexuelle. Bei den meisten überwiegen die Merkmale eines Geschlechts, und es gibt auch intersexuelle Menschen, die sich körperlich wirklich in der Mitte zwischen den Geschlechtern befinden. Intersexualität bedeutet, daß das körperliche Geschlecht nicht eindeutig ist. Das kann z. B. heißen, daß eine Klitoris überdurchschnittlich groß oder eine Scheide zugewachsen ist, daß ein Penis, zumindest vor der Pubertät, so klein wie eine Klitoris ist, dass ein Mensch Hoden und Eierstöcke gleichzeitig hat, oder auch, dass die Chromosomen mit den sich tatsächlich entwickelnden Geschlechtsorganen nicht übereinstimmen. Vielleicht haben Sie schon Menschen gesehen, bei denen Sie sich nicht sicher waren, ob es eine Frau oder ein Mann war. Oft hält man diese Menschen dann für Transsexuelle, weil diese bekannter sind. In Wirklichkeit sind jene aber deutlich seltener als intersexuelle Frauen und Männer. Es gibt in Deutschland etwa 2000 bis 5000 transsexuelle Menschen (S. Koch in Psychologie Heute, Nov. 2000, S. 49). Intersexuelle Menschen gibt es, wenn man die Fälle, wo es sich in der Pubertät zeigt, mit zählt, zwischen 0,5 und 5% der Bevölkerung (siehe AGGPG unter Berufung auf Prof. Dr. Anne Fausto- Steling). Jeder 2000. wird mit uneindeutig aussehenden Geschlechtsorganen geboren und operativ angeglichen. Die Psychologen und Ärzte sowie betroffene Eltern verwenden weniger den Oberbegriff „Intersexualität", sondern teilen diese in verschiedene Begriffe entsprechend der medizinischen Ursachen auf. Es gibt häufigere Gruppen wie AGS, Klinefelter-, oder Turner- Syndrom und seltenere wie XY-Frauen (AIS), Mikropenis, Gona-dendysgenese oder echte Hermaphroditen. Ist der o. g. hypothetische Fall wirklich ein Notfall? Laut Medizin-Lexikon Pschyrembel liegt ein med. Notfall vor, wenn Lebensgefahr oder die Gefahr des Verlustes oder der Funktionsunfähigkeit von Organen besteht. Das ist allein aufgrund von uneindeutig aussehenden Genitalien nicht der Fall. Nehmen wir mal an, bei dem o. g. Fall würde sich um ein Mädchen mit androgenitalem Syndrom (AGS) handeln, ein Kind mit vollständig weiblich funktionierenden Organen, aber sichtbarer äußerlicher Vermännlichung; hier könnte ein hormoneller Notfall vorliegen, da bei AGS häufig, wenn auch bei weitem nicht immer, gleichzeitig auch ein Aldosteron- Mangel vorliegt, der zu lebensgefährlichem Salzverlust des Körpers führen kann. Also ein Notfall, der sich hormonell beheben ließe. Ist Intersexualität eine Krankheit? Laut Pschyrembel ist Krankheit das Fehlen von körperlichem, geistigem, seelischem und sozialem Wohlbefinden oder krankhafte körperliche, geistige oder seelische Veränderungen und Störungen, die Arbeitsunfähigkeit zur Folge haben. Nach dieser Definition ist Intersexualität keine Krankheit, kann aber mit Hormonmangelerkrankungen (s.o.) verbunden sein. Ist Intersexualität dann eine Behinderung? Der Pschyrembel definiert Behinderung als eine nicht nur vorübergehende mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 10% einhergehende körperlich, geistige oder seelische Beeinträchtigung. Über eine evtl. Minderung der Erwerbsfähigkeit wird man allein auf Grund von uneindeutig aussehenden Genitalien im Kleinkindalter kaum eine Aussage treffen können?

Die Wahrheit drängt ans Licht

Seit 1997 ist der medizinische Standard zur Behandlung von intersexuellen Kleinkindern und von Jungen mit unfallbedingtem Penisverlust im Kleinkindalter, der seit Anfang der siebziger Jahre in den westlichen Ländern gegolten hatte, ist ins Wanken geraten. Der Psychiater Dr. John Money (John- HopkinsUniversität, Baltimore) hatte die These, daß die Geschlechts-identität, also welchem Geschlecht sich jemand zugehörig fühlt, hauptsächlich durch die Erziehung und weniger von den körperlichen Merkmalen bei oder vor der Geburt bestimmt würde. Um die Theorie zu beweisen, um intersexuellen Kleinkindern mit uneindeutig aussehenden Geschlechtsorganen mögliche spätere Diskriminierungen zu ersparen, und um sicherzustellen, daß die Eltern ihr Kind annehmen, begann man schon in den 1950er Jahren, intersexuelle Kleinkinder chirurgisch dem männlichen oder dem weiblichen genitalen Erscheinungsbild anzugleichen, wobei häufiger das weibliche gewählt wurde, weil dies chirurgisch einfacher ist. Money betonte stets, daß die geschlechtsangleichenden Operationen bis ungefähr zum 18. bis 24. Lebensmonat so weit wie möglich abgeschlossen sein sollten, und die Erziehung durch die Eltern von da an eindeutig in einem Geschlecht erfolgen müsse (Zeitfenstertheorie). Durchgesetzt als Standard hat sich Money's Vorstellung durch einen Fall, der unter dem Pseudonym John/Joan-Fall" durch das von Money und Ehrhardt 1972 veröffentlichte Buch „Man £t Woman, Boy Et Girl" berühmt wurde, und in dem auf Money's Beratung hin ein geschlechtlich eindeutig geborener Junge, der durch einen Unfall seinen Penis verloren hatte, im Jahre 1967 zum Mädchen umoperiert worden war. Money hatte berichtet, daß sich das Kind erfolgreich in die Rolle als Mädchen integrieren ließ. Der Standard beruhte aber lt. Prof. Dr. Milton Diamond (Sexologe an der Universität von Hawaii) und anderen nie auf einer ausreichenden Zahl von bekannten Fällen mit positivem Langzeit- Ergebnis bis ins Erwachsenenalter, wie man dies von einem medizinischen Standard normalerweise erwarten würde. 1997 erfuhr die medizinische Welt dann durch die Nachforschungen von Prof. Dr. Diamond, daß das Kind, durch dessen scheinbar erfolgreiche Behandlung sich Money's Vorstellung durchgesetzt hatte, bereits seit 17 Jahren schon wieder in der männlichen Rolle gelebt, und sich, soweit medizinisch noch möglich, zurück zum männlichen Geschlecht hatte operieren lassen. Außerdem war er mittlerweile ein verheirateter Mann und stolzer Stiefvater von drei Kindern. Er ist verbittert darüber, daß man ihm ohne seine Einwilligung seine gesunden Hoden genommen hatte. Der medizinische Standard beinhaltet, daß die chirurgische Geschlechtsangleichung im Kleinkindalter erfolgt. In der Regel geht man bei der Auswahl des Geschlechts danach, ob Hoden oder Eierstöcke vorliegen, und verkürzt eine vergrößerte Klitoris oder öffnet eine zugewachsene Scheide chirurgisch. Bei Jungen mit Mikropenis oder unfallbedingtem Penisverlust operiert man zum Mädchen um. Bei Kleinkindern mit Gonadendysgenese oder echten Hermaphroditen entfernt man die inneren Geschlechtsorgane, weil es das Gerücht gibt, daß bei Menschen, die gleichzeitig Hoden und Eierstöcke haben, die Krebsgefahr deutlich erhöht sei (Es gibt auch zu dieser angeblichen Krebsgefahr keine ausreichende Zahl von Studien, die dieses beweisen würden.) Der Standard beinhaltet auch die Geheimhaltung der ursprünglichen körperlichen Beschaffenheit des Kindes, vor allem vor dem Kind selbst, weil man davon ausging, daß eine Verwirrheit über die geschlechtliche Identität mehr psychisches Leid mit sich brächte als das Verschweigen. Es zeigt sich heute, wo viele ehemalige Patient(inn)en erwachsen sind, immer mehr, daß der Standard bei den Betroffenen oft nicht das gebracht hat, was sich Ärzte und Eltern erhofft hatten, nämlich angepaßte und glückliche Kinder zu haben. Es ist eher so, daß viele wegen ihrer Behandlung verbittert darüber sind, wie die Behandlung erfolgt ist, oder daß man sie nicht nach ihrer eigenen Einwilligung (Informed Consent) gefragt hat. Es gibt aber auch zufriedene Patienten, vor allem bei denen, wo der Eingriff chirurgisch gut verlief, und wo man das Geschlecht, dem sich das Kind zugehörig fühlte, richtig erraten hatte. Dieses scheint darauf hinzudeuten, daß die Geschlechtsidentität im Wesentlichen von Geburt an festgelegt ist, und nicht durch die Erziehung bestimmt wird. Letztere beeinflußt nur merklich das Rollenverhalten eines Kindes, aber nicht die Geschlechtsidentität.

Manchmal sind Enten doch Schwäne

Ich frage mich als Psychologin, wie wir den Eltern besser helfen können, ihr Kind so zu akzeptieren, wie dieses von Natur aus ist; das heißt nicht, dem Kind die medizinischen Möglichkeiten, die wir heute haben, vorzuenthalten, es bedeutet, dem Kind gegenüber ehrlich zu sein, und den Eltern auch diese Möglichkeit zur Ehrlichkeit zu geben, und ebenso der Gesellschaft. Ich erinnere mich an das Märchen vom häßlichen Entlein, aus dem in der Pubertät, was niemand erwartet hatte, und ohne jeglichen Eingriff, ein hübscher Schwan wurde. Eben dieses häßliche Entlein (hier der intersexuelle Mensch) ist ähnlichen Herausforderungen wie im Märchen ausgesetzt. Er paßt irgendwie nicht zum Bild von eindeutigen Männern und Frauen. Ich kenne einige Berichte von IS-Kindern (mehrere Fälle von AGS sowie einen von Gonadendysgenese), wo chirurgisch zum weiblichen Geschlecht angeglichen worden war, daß diese Kinder, weil sie von Statur, Gesicht und Benehmen jungenhafter wirkten als durchschnittiche Mädchen, gehänselt und gefragt wurden, ob sie Jungen oder Mädchen seien, und dies trotz OP, was in einigen Fällen zu erheblichen psychischen Schwierigkeiten bis hin zu Suizidversuchen führte. Die Psychoanalytikerin und Jungianerin Dr. Clarissa Pinkola Estes sagt zu dem Märchen vom häßlichen Entlein: „In dieser Geschichte wird das vermeintliche Entenküklein von vornherein falsch eingeschätzt und für häßlich befunden, weil es nicht den Erwartungen und Normen seiner Umgebung entspricht. Selbst die Entenmutter, die sich zunächst noch alle Mühe gibt, das ungewöhnliche Küken zu beschützen, ist emotional hin- und hergerissen. Sie gerät in einen Zwiespalt, der sie schließlich dazu treibt, das fremdartige Kind einem ungewissen Schicksal, wenn nicht gar dem Tod zu überlas sen.* Das Entlein ist all dem wehrlos ausgeliefert. Die Ablehnung von seiten der eigenen Angehörigen trifft das Küken völlig unvorbereitet, denn es ist sich keiner Schuld und keines andersartigen Verhaltens bewußt. Es fühlt sich unerklärlicherweise verdammt, im innersten Herzen getroffen, und so haben wir es mit einem klassischen Fall von einem massiven Minderwertigkeitskomplex zu tun, noch bevor das Entlein auch nur halbwegs flügge geworden ist." (Entnommen aus „Die Wolfsfrau"). *(Viele intersexuelle Menschen haben durch chirurgisches und seelisches Unkenntlichmachen und durch das Verschweigen ihnen und anderen gegenüber das Gefühl, wie tot zu sein.) Dieses schildert haargenau den Zustand, dem intersexuelle Menschen in unserer Gesellschaft, in Beziehung zu Ärzten, medizinischem Personal und oft auch zu ihren eigenen Eltern, ausgesetzt sind. Gerade auch die Tatsache, daß es zum noch existierenden medizinischen Standard gehört, gegenüber dem Kind wie auch gegenüber Dritten die uneindeutige Beschaffenheit bei Geburt zu verheimlichen, hat dazu geführt, daß die Existenz von intersexuellen Menschen aus dem Bewußtsein der Öffentlichkeit jahrzehntelang weithin verschwunden ist. Wenn ein Mensch das Gefühl hat, daß man ihm wichtige Informationen über sein Geschlecht verheimlicht, also wichtigste Informationen für seine eigene Identität, so ist dies verletzender, als wenn man einem Kind verheimlichen würde, wer seine Eltern sind. Würde man die Gesellschaft ganz selbstverständlich über Intersexualität aufklären, so wie man dies schon in der Schule über körperlich eindeutige Männer und Frauen auch tut, so stünden Kinder und Eltern unter einem wesentlich geringeren Druck. Viele Kritiker des noch bestehenden Standards fühlen sich erinnert an die Beschneidungen von kleinen Mädchen in einigen islamischen und afrikanischen Ländern, die auch dort nicht wirklich aus religiösen oder kulturellen Gründen, sondern eher aus mangelnder Bildung und Aufklärung geschehen. Das mag ungewohnt klingen, aber die seelischen Folgen der betroffenen Kinder, die nicht nach ihrer Einwilligung gefragt wurden, sind manchmal ähnlich, vor allem wenn man bei intersexuellen Kindern zum falschen Geschlecht hin angleicht oder die OP nicht vollständig gelingt.

Enten stärken, damit sie Schwänen helfen können

Zuerst geht es für mich darum, den Eltern beizustehen. Sie benötigen Klarheit darüber, wel che Gefühle, und vor allem Ängste, die geschlechtliche Uneindeutigkeit des Kindes bei ihnen auslöst, und worauf diese Gefühle beruhen. Diese Klarheit ist wichtig, um sich dann auf Grund der medizinischen Informationen besonnen, und nicht in Panik oder Verdrängung, auf die Situation einzustellen. Dabei kann es Fragen geben wie: Wo fühle ich mich selbst uneindeutig? Wo unterwerfe ich mich einer Normen? Welchen Sinn haben diese Normen für mich? Wie weit sind diese Normen auf mein Kind anwendbar? Entspricht mein Kind evtl. zweierlei Normen, oder steht es in einem ganz anderen Kontext? Wie kann ich in eigener Verwirrung selbstbewußt bleiben? Dies sind Auszüge aus einem Modell zur Beratung von Eltern intersexueller Kinder. Dazu gehört natürlich auch eine Vielzahl anderer Aspekte, wie z. B. zur Geschichte von Intersexuellen, historische Vorbilder, d.h. sowohl berühmte intersexuelle Menschen, als auch Beispiele von Kulturen, in denen man mit intersexuellen Menschen positiv umgegangen ist, und von denen wir m. E. einiges lernen können. Wichtig ist auch, den Eltern die Möglichkeit zu verschaffen, wie sie angstfrei frühzeitig die Kinder altersgemäß aufklären können, damit diese ohne Zeitdruck ihrem eigenen Seelenimpuls folgen können.

Schwäne und Enten als Paten

Die Stärkung der Kinder sollte dadurch geschehen, daß man den Eltern auf die Weise Unterstützung gibt, daß man ISPatenschaften* einrichtet, und zwar auf ehrenamtlicher Basis, daß erwachsene intersexuelle Menschen oder auch körperlich- geschlechtlich eindeutig geborene Menschen, die sich aber in dieses Thema eingearbeitet haben, sowohl durch Informationen als auch durch Selbsterfahrung dazu, dem Kind und den Eltern mit Rat und Lebenserfahrung zur Seite zu stehen. Diese Paten sollten ein persönliches Verhältnis zu der Familie, und dabei vor allem zu dem Kind, aufbauen, und vornehmlich die Aufgabe haben, dem Kind mit Rat und Tat in seiner speziellen Situation zur Seite zu stehen. Sie sollten daneben die Eltern unterstützen, vor allem in Fragen der frühzeitigen altersgerechten Aufklärung. Die Paten haben vor allem die Aufgabe, dem Kind seine besondere Situation nahe zu bringen, und ihnen zu helfen, damit sie ein glückliches Leben führen können, ähnlich wie kirchlichen Paten, die bei der Glaubensvermittlung helfen sollen, oder bei Paten in einigen Naturreligionen, die auch dem Kind Auskunft geben sollen über die verschiedenen Entwicklungsphasen seiner Kindheit und Jugend. Sie sollen eine Über-Psychologisierung des Themas verhindern, damit die Familie nicht den Eindruck bekommt, es läge eine psychische Erkrankung vor. Die Familie soll ja gerade vorbeugend stark gemacht werden.

Die Rolle des ISFamiliencoachs (IS-Gestalt-Familiencoachs nach dem Wuppertaler Modell)

Viele gute, erfolgreiche Firmen lassen sich durch einen Coach beraten oder begleiten. So sollte jede Familie, die ein so besonderes Kind hat, sich in schwierigen Situationen an einen psychologischen Familienberater wenden können, um z.B. Schwierigkeiten, die durch die Uneindeutigkeit des Kindes in ihnen ausgelöst werden, zu klären, und somit die Möglichkeit bekommen, ihren Horizont zu dieser Situation zu erweitern, um ihr Kind bestmöglichst zu unterstützen. Der IS-Coach ist für die Aufgaben da, für die ein Pate überfordert wäre. Weiterhin obliegt es ihm, Paten auszubilden, damit diese das Kind auf seinem Le - bensweg kompetent begleiten können. Dieses System schafft, wenn sich genug Freiwillige als Paten finden, ein hohes Maß an Unterstützung und kostet das Gesundheitswesen zugleich deutlich weniger, als wenn die Familien rundum direkt von Psychologen betreut werden. Auch fördert es die Selbständigkeit der Familie und des Kindes. Die generellen Aufgaben des psychologischen Beraters sind die Unterstützung der Eltern in der ersten Zeit sowie auch die Ausbildung der Paten, und bei schwierigen Situationen oder vor großen Aufgaben, bei denen die Paten überfordert wären, zur Verfügung zu stehen. Voraussetzungen in dieser Arbeit, vor allem in der Anfangsphase des beruflichen Schaffens als IS-Coach, sind häufige Rückmeldungen der Familien und Kontakt mit Selbsthilfegruppen, Medizinern und Medizin-Ethikern um den bestmöglichen Informationsstand zu erlangen. Eine weitere persönliche Aufgabe des IS-Coachs, der aus anderen psychologischen Bereichen kommt, ist, bevor er mit dieser Aufgabe beginnt, eine mindestens zweijährige Gestaltanalyse seiner eigenen Geschlechtsidentität, Auseinandersetzung mit Anima und Animus sowie mit seinen sexuellen Ängsten und Geschlechtsidentitätsängsten, sodaß der / die Therapeut(in) mit möglichst geringer Übertragung und Gegenübertragung in die Arbeit geht. Eine weitere Voraussetzung ist die Fäghigkeit, Menschen so lassen zu können, wie sie sind, und dies auch Eltern vermitteln zu können. In den Bereichen Erwachsenen- oder Kinderbegleitung sollten Anforderungen auch darin bestehen, daß der Therapeut die Lage seines Gegenübers realistisch einschätzt, und diesem auch ehrlich zeigt, was das in ihm als Therapeut auslöst, damit eine begründete Vertrauensbasis entsteht. Dazu gehören Erfahrung mit Traumatisierten und Mißbrauchten sowie eine Bereitschaft, ungewöhnliche Wege zu gehen, damit daraus Heilung, Glück und Selbständigkeit entstehen können. Sarah Luzia Hasset ist Mitübersetzerin der Richtlinien von Prof. Dr. Mitton Diamond (Uni Hawaii) und Dr. K H. Sigmundsson für die Behandlung von intersexuellen Kleinkindern und Jungen mit unfallbedingtem Genitalverlust im Kleinkindalter) sowie von dem Text von Prof Dr. Milton Diamond und Ph. D. Hazel Glenn Beh: „Ein zum Vorschein kommendes ethisches und medizinisches Dilemma: Sollten Ärzte geschlechtsangleichende Operationen an Kleinkindern mit uneindeutigen Genitalien durchführen?'.' Außerdem arbeitet sie als Psychologin mit am Forschungsprojekt im Rahmen des BMBF-Auftrags zu Abweichungen der körperlich-geschlechtlichen Differenzierung und Intersexualität wobei sie sich damit beschäftigt, wie man die Unterstützung für die Eltern intersexueller Kinder verbessern kann. Ein weiteres Anliegen ist es, die Transparenz zwischen Ärzten und intersexuellen Menschen zu verbessern sowie medizinische Beweggründe zu überprüfen, um die Möglichkeit zu schaffen, dem Selbstbestimmungsrecht der Patienten mehr Raum zu geben.

 

© 08.02.2002 Sarah Luzia Hassel