Eye Movement Desensitization & Reprocessing
Fallstudie: EMDR bei massiver Lernblockade
EMDR: Die von Francine Shapiro in den USA entwickelte Methode basiert auf der Hypothese, das durch gleichmäßige Augenbewegungen (bilaterale Stimulation) eine beschleunigte Informationsverarbeitung im Gehirn und somit letztlich im gesamten Organismus stattfindet. Ursprünglicher Einsatz und wissenschaftliche Untersuchungen zur Wirksamkeit von EMDR fanden in der Traumatherapie statt. Dort wurden sehr gute Resultate erzielt, bei der Verringerung der emotionalen Übererregung und Flashbacks. Heute wird EMDR von erfahrenen Therapeuten mit Erfolg auch bei Ängsten und bestehenden emotionalen BLockaden eingesetzt.
Die Klientin, 22 Jahre alt, in diesem Bericht nenne ich Sie Charlotte, kam mit einer massiven Lernblockade, begleitet von sich immer stärker manifestierenden Ängsten.
Sie berichtete, seit sie an der Uni sei, hätte sie immer wieder regelrechte Blackouts beim Lernen gehabt. Mittlerweile sei es noch schlimmer geworden, da die Ängste intensiver geworden und Durchschlafstörungen dazugekommen seien. Auf Nachfragen kristallisiert sich heraus, dass sich die Kernproblematik um Englisch im Studium dreht.
In der Zeit der Oberstufe hatte Charlotte Englisch abgewählt, nachdem sie im Jahr zuvor bei einem „Native Speaker“ Unterricht gehabt hatte und ihre Noten sich massiv verschlechterten, bis ihr in Klausuren nicht mehr die simpelsten Regeln und Wörter einfielen.
Nach einem abschließenden Vorgespräch, in dem alle noch offenen anamnestischen Fragen geklärt und auch eventuelle Kontraindikation ausgeschlossen worden sind, stellte ich ihr die Methode des EMDR vor.
Sie war begeistert und teilte mir mit, dass sie sich das gut vorstellen könne. Charlotte will ihr Studium fortführen und mit Englisch wieder so umgehen wie zu Anfang, wo es für sie leicht und einfach war, die Sprache zu lernen.
Bei Charlotte kann ein sekundärer Krankheitsgewinn ausgeschlossen werden. Auch ist kein verbaler oder nonverbaler Hinweis erkennbar, dass diese Lernblockade Ängste im Sinne einer positiven Absicht eine aktuelle Funktion erfüllen. Beides sollte im Vorfeld, wenn vorhanden, ausgeräumt werden.
Ablauf der Sitzungen – Auszug
Zur Vorbereitung erkläre ich ihr noch einmal in kurzen Stichworten die einzelnen Schritte, die jetzt folgen. Als Erstes sucht Charlotte ihren inneren sicheren Ort und probiert ihn gleich aus. An ihrer Physiologie ist erkennbar, dass es ein kraftvoller und sicherer Ort ist. Wir setzen uns versetzt gegenüber, bis sie eine angenehme Konstellation – Nähe/Distanz – gefunden hat. Ich stimme die Finger-Hand- Arm-Bewegung in Geschwindigkeit und Augenhöhe mit ihr ab. Es folgt noch eine Vereinbarung eines Stoppsignals. Sie steigt in ihr gewähltes Anfangsbild ein und es folgt die Bestimmung der VOC- und SUDWerte. Dies sind EMDR-eigene Bewertungsskalen. Danach folgt die erste Serie von Augenbewegungen.
Gesprächsauszug
„Welches Bild kam zuletzt?“
„Ich sitze im Klassenzimmer, der Lehrer steht vor mir und korrigiert die Hausaufgabe. Ich fühle dieses beklemmende und einengende Gefühl wieder.“
„Wo nehmen Sie dieses Gefühl wahr?“
„Im Hals und im oberen Brustbereich.“
„Gut, dann gehen Sie mit diesem Gefühl weiter.“
Nach einer weiteren Serie von Augenbewegungen:
„Wie ist Ihr Gefühl jetzt?“
„Es ist viel wärmer geworden, fast heiß, und da bemerke ich noch etwas anderes. Das Gefühl hängt mit diesem Lehrer zusammen und Englisch war nur der Inhalt der Stunde, mit dem sich dieses Gefühl verknüpft hat.“
„Gut so, dann bleiben Sie bei dieser Wahrnehmung und gehen Sie damit weiter.“
Es folgt noch eine Serie von Augenbewegungen. Anschließend wird wieder der VOC-und SUD-Wert abgefragt. Beide Werte zeigen eine sehr deutliche Veränderung. Es folgt noch ein ganzheitlicher Systemcheck/Bodycheck und anschließend werden dieses neue Gefühl und die neue Erkenntnis mittels Butterfly verankert.
Die weitere Sitzung
In der nächsten Sitzung werden die Werte noch einmal abgefragt. Diese sind stabil und so widmet sich Charlotte jetzt der Gestaltung eines konstruktiven Lernstils, indem sie konkrete ressourcevolle Orte und Zeiten in ihren Terminkalender einträgt, ihren Lernstil gehirngerecht optimiert und auch die Augenbewegungen des EMDR in Verbindung einsetzt.
Natalie Au
Heilpraktikerin für Psychotherapie, EMDR-Therapeutin (VDH/DGMT).
Praxis für Psychotherapie Westenhellweg 52, 44137 Dortmund