Psychotherapeutische Möglichkeiten und Grenzen einer energetischen Konfliktheilung
Psychotherapeutische Techniken haben bekanntlich Vor- und Nachteile. Zu den Vorteilen gehört, dass sie das Selbstbewusstsein fördern und seelische Potenziale fördern. Zu den Nachteilen rechnet man traditionell das Phänomen des „Widerstandes“, indem der Patient sich dagegen wehrt, unangemessene Emotionen zu erkennen und sie zu transformieren. Die Frage ist, ob ähnliche Phänomene bei einem bestimmten Verfahren der energetischen Konfliktheilung, der Psychosomatischen Energetik, auch beobachtet werden. Des Weiteren möchte ich der Frage nachgehen, ob die Methode neue Wege der Psychotherapie eröffnet, etwa für Patienten, bei denen eine Psychotherapie nicht infrage kommt, und wie sich beide Methoden unterscheiden.
Widerstand als psychotherapeutisches Heilmittel
Konflikte werden in psychotherapeutischen Therapieverfahren bekanntlich neu inszeniert. Man spricht von „Übertragung“, wenn die Emotion eines alten seelischen Themas auf den Analytiker projiziert wird. Der Patient soll anschließend lernen, sich anders zu verhalten und die falschen Gefühle aufzuarbeiten, um neue Potenziale zu entwickeln und neue Gefühle zuzulassen. Beispielsweise fühlt sich jemand schnell infrage gestellt und vom Gegenüber kleingemacht, weil er sich schon in seiner Kindheit von seinen Eltern nicht richtig akzeptiert fühlte. Bei jeder Gelegenheit tritt später als Erwachsener das mangelnde Selbstbewusstsein ans Tageslicht und wird bereits durch Banalitäten provoziert. Das kann der Betreffende aber erfahrungsgemäß nicht leicht akzeptieren. Weil Gefühle die Neigung haben, ihre Existenzberechtigung unwidersprochen aus sich selbst zu beziehen, das heißt immer richtig zu sein, „weil man das einfach so fühlt und es deshalb stimmt“, sieht der Betreffende verständlicherweise nicht ein, dass das Problem in ihm selbst liegt. In der Psychoanalyse spricht man bei solchen Problemen, die eine Heilung erschweren oder sogar verunmöglichen, von „Widerstand“. Man kann ihn als Kampf ansehen, mit dem der Patient das Urtrauma wiederinszeniert. Die Psychoanalyse arbeitet deshalb genau genommen mit dem Prinzip der Aktivierung alter seelischer Traumen, und indem man als Patient das Imaginäre darin erkennt und überwindet, kann man geheilt werden.
Konflikte energetisch erkennen und heilen
In der „Psychosomatischen Energetik“ (PSE), einem von mir Mitte der 1990er-Jahre entwickelten komplementärmedizinischen Verfahren zum Erkennen und Behandeln seelischer Konflikte, wird völlig anders als bei der traditionellen Psychoanalyse vorgegangen. Der Therapeut verwendet hierbei homöopathische Komplexmittel, statt wie bei der Analyse seelische Probleme des Patienten zu interpretieren und ausschließlich mit Worten zu arbeiten. Zuerst wird mittels eines Energietests geprüft, etwa mithilfe der Kinesiologie und bestimmten Test-Ampullen, welche homöopathische Mischung bei einem Patienten anspricht. Diese Mischung enthält homöopathische Mittel in Hochpotenz, die 28 verschiedenen seelischen Themen entspricht (etwa Angst, Hilflosigkeit, Wut usw.), s. Abb. nächste Seite. Durch das homöopathische Medikament erfährt der Therapeut, was den Patienten unbewusst umtreibt. Spricht eine Mischung mit unterdrückter Wut an, so hat der betreffende Patient damit ein Thema, bei einem homöopathischen Komplex mit Angst stehen Ängste im Vordergrund und so fort.
Therapeutisch spielt das Reden bei der PSE zwar auch eine Rolle, wenn man dem Patienten den gefundenen Konflikt erklärt, aber die wesentlichen therapeutischen Effekte sind wortloser Natur. Indem der jeweilige homöopathische Komplex verordnet wird, werden „psychoenergetische“ Disharmonien, die langlebigen alten seelischen Traumata entsprechen, durch Resonanzphänomene aufgelöst. Die Harmonisierung des menschlichen Energiefeldes wiederum löst Heilimpulse aus, zumindest gilt das für leichte bis mittelschwere Fälle seelischer Dysfunktion, die dazu beitragen, dass die nötigen seelischen Selbstheilungsprozesse in Gang kommen. Bei drei Vierteln aller Menschen reicht das erfahrungsgemäß aus, um seelisch wieder in ihre Mitte zu kommen. Die PSE kann daher als eine sanfte, Konflikte im Gegensatz zur Psychotherapie nicht provozierende, stattdessen Konflikte energetisch auflösende Heilweise betrachtet werden. Psychoanalyse und Psychosomatische Energetik beruhen daher zusammengefasst auf völlig unterschiedlichen diagnostischen und therapeutischen Ansätzen, auch wenn es bei beiden Verfahren um unbewusste seelische Konflikte geht.
Die Methode der PSE wird überwiegend von Nicht-Psychotherapeuten angewandt, im wesentlichen von naturheilkundlich ausgerichteten Therapeuten wie Allgemeinmedizinern (zu denen ich zähle). Die Methode verhilft dazu, die emotionalen Hintergründe von Krankheiten und Befindensstörungen aufzuspüren und zu heilen. Die Methode ist allerdings in ihrer richtigen praktischen Anwendung komplexer und schwieriger zu handhaben, als man das angesichts des einfachen Test-Schemas annehmen kann, weshalb sie in speziellen Lehrgängen erlernt werden sollte. In Analogie zur Psychoanalyse wird ebenfalls eine Eigentherapie vorgeschrieben, allerdings geschieht das aus anderen Beweggründen, wobei die Eigenerfahrung dabei nur als ein wünschenswerter Nebeneffekt angesehen wird. Konflikte des Testers können energetisch auf den Patienten projiziert werden, was das Resultat verfälschen kann.
Die Eigentherapie kann daher als eine Form der energetischen Reinigung angesehen werden, damit man danach objektiver testet. Im Unterschied zur Psychoanalyse wird der PSE-Therapeut aber nicht zu einer speziellen emotionalen Eigenwahrnehmung geschult, die im Rahmen der Lehranalyse sogar als das eigentliche Merkmal der Psychoanalyse betrachtet werden kann.
Bei der PSE unterscheidet man 28 Konfliktthemen, die von mir empirisch durch energetische Testverfahren gefunden wurden. Sie enthalten sehr hohe homöopathische Potenzen (LM 6, LM 18, C 200 u. a.), die mit unbewussten Konflikten des Patienten, die dieser in seinem Energiefeld gespeichert hat, in Resonanz gehen. Es handelt sich thematisch um alte seelische Verletzungen, die mit unterdrückter Wut, Angst, Frustration oder mangelndem Selbstwertgefühl zu tun haben. Testet man ein bestimmtes Konfliktthema und erzählt dem Patient anschließend stichwortartig, was bei ihm angesprochen hat, erlebt man in der Praxis dreierlei:
1) Der Patient bestätigt in der Mehrzahl der Fälle, dass der betreffende Konflikt richtig getestet wurde. Erfahrene Psychotherapeuten, die beide Methoden parallel angewandt haben, bestätigen das und sagen, „dass man damit schneller auf den Punkt kommt“. Die PSE kann daher helfen, unbewusste Konflikte zuverlässig und zielsicheaufzuspüren.
2) Erstaunlicherweise war der jeweilige Konflikt dem Patient zuvor meist nicht bewusst, sondern entsprach einem Gefühl, das er sich vorher nicht bewusst machen konnte. Hier erlebt man eine Parallele zur Psychoanalyse, die auf ähnliche Weise unbewusstes Material bewusst werden lässt, nur mit dem Unterschied, dass die Bewusstwerdung in der PSE statt in Monaten oder Jahren innerhalb weniger Minuten möglich wird.
3) Der getestete Konflikt reflektiert oft die schwierigen Lebensbedingungen, unter denen ein Mensch leidet. Wer einen Konflikt mit einem mangelnden Selbstwertgefühl hat (Testampulle Emvita®1 spricht an), fühlt sich von anderen nicht wertgeschätzt, was bsw. mit Mobbing am Arbeitsplatz einhergeht. Daher entsprechen Inneres und Äusseres, die unbewusste emotionale Gestimmtheit und äussere Lebensbedingungen, einander in vielen Fällen. Dabei geht man sowohl in der PSE wie in der Psychotherapie davon aus, dass die Quelle solcher Probleme zumindest zum Großteil in einem selbst liegt. Der Patient soll lernen, durch Überwinden unbewusster Probleme seine Realität neu und in lebenswerter Weise zu „erschaffen“.
In der PSE geschieht das durch energetisches Löschen des Konflikts quasi von alleine, in der Psychotherapie bekanntlich durch Neuinszenierung der alten Selbstwertgefühle aus der Kindheit und ihre Überwindung.
Man kann schlussfolgern, dass Psychoanalyse und PSE im Wesentlichen gleiche diagnostische Erfahrungen teilen und ähnliche therapeutische Vorgehensweisen haben. Das trifft aber wie dargestellt nur begrenzt zu. Die Erfahrung hat gezeigt, dass auch bei der PSE der Bewusstwerdung und späteren Aufarbeitung des Konflikts ein gewisser Widerstand entgegengesetzt wird. In der Regel spielt das keine große Rolle und führt nur in den ersten Wochen dazu, wenn sich bestimmte Symptome kurzfristig verstärken können, dass Patienten währenddessen die Neigung haben, die Therapie abzubrechen. Wenn man sich als Behandler dessen bewusst ist, kann man diese kritische Phase meist gut beherrschen und den Patienten zum Durchhalten ermuntern. Durch Auflösen der benötigten Tagesdosis in einer Flasche Wasser lässt sich die Rate der Nebenwirkungen auf nahezu null reduzieren, ohne einen Wirkungsverlust in Kauf zu nehmen. Die PSE aktiviert daher im Unterschied zur Psychotherapie den Konflikt nur unwesentlich zu Beginn der Therapie, aber auch diese anfängliche Reaktivierung kann durch ein verändertes Therapie-Regime praktisch vermieden werden.
Möglichkeiten und Grenzen der PSE-Therapie
Angesichts der knappen Ressource „Psychotherapie“ ermöglicht die PSE wesentlich mehr Menschen, sich seelisch zu transformieren. Die PSE ist eine kostengünstige und einfach durchzuführende Alternative zur Psychotherapie in der Allgemeinpraxis, die sanft und trotzdem effektiv wirkt. Bedenkt man, dass ein Großteil aller Krankheiten und Befindensstörungen emotional mitverursacht oder seelisch mit unterhalten werden, kommt man mit der PSE an tiefere Ursachen von Krankheiten und kann sie ganzheitlich behandeln.
Therapeutisch klafft im Alltag bei psychosomatischen Krankheiten bekanntermaßen eine große Lücke, wo die herkömmliche Medizin außer Tranquilizern und anderen, oft mit erheblichen Nebenwirkungen behafteten Allopathika nicht viel zu bieten hat. Das Gleiche gilt im Prinzip für die Alternativmedizin. Die herkömmliche Psychotherapie hat oft lange Wartezeiten oder ist aus anderen Gründen schwer realisierbar. Die PSE füllt hier eine wichtige therapeutische Lücke als „Psychotherapie mit Tropfen“.
Der große Vorteil der PSE gegenüber der Psychotherapie besteht darin, dass Patienten, die schlecht verbalisieren können, intellektuell durch eine Psychotherapie überfordert sind und solche, die eine Analyse ablehnen, trotzdem erfolgreich mit der PSE behandelt werden können. Das gilt vor allem auch für Tiere und Kinder, die besonders gut ansprechen, vermutlich weil sie noch nicht die seelischen Verhärtungen aufweisen, die die meisten Erwachsenen haben. Im Unterschied zur Psychotherapie kommt die PSE meist mit zwei bis drei einstündigen Sitzungen im Abstand von vier bis fünf Monaten aus, um stabile Heilerfolge zu erreichen, was einen wesentlich geringeren Zeit- und Kostenaufwand bedeutet.
Die Grenzen der PSE bestehen erfahrungsgemäß in solchen chronischen seelischen Verhärtungen (Neurosen), die keine Tendenz mehr zur Selbstheilung zeigen. Die PSE ist bei mittelschweren bis schweren neurotischen Verläufen meist überfordert und benötigt in solchen Fällen unterstützend die Psychotherapie. Das Gleiche gilt für psychiatrische Krankheitsbilder, die ohne allopathische Therapie nicht stabilisiert werden können, bsw. insbesondere bei effektiver Notwendigkeit von Antipsychotika. Behandelt man dann gleichzeitig mit der PSE, erlebt man als Behandler oft die gleichen guten Selbstheilungsprozesse, die man auch bei leichteren Fällen erlebt.
Wie bei allen Psychotherapie-Techniken gibt es wenige Patienten, die die Aufdeckung unbewusster negativer Gefühle während der PSE-Testung als unbehaglich und unerwünscht empfinden, sodass sie die PSETherapie deswegen nicht weiter fortsetzen. In Fällen, wo ich solch eine negative Haltung gegenüber jedweder Selbstexploration vermute, spreche ich erst gar nicht von Gefühlen und nenne sie stattdessen „energetische Blockaden“.
Manchmal werden solche Patienten im Verlauf der Therapie seelisch offener, und dann sieht man gute Therapieerfolge. Wer sich allerdings seelisch aus irgendwelchen Gründen nicht transformieren will, dem kann auch die PSE nicht helfen.
Fazit
Die PSE reicht bei den meisten Fällen einer allgemeinmedizinischen Praxis aus, um damit den meisten Patienten eine effektive und kostengünstige Basis-Psychotherapie anzubieten. Im Unterschied zur herkömmlichen Psychotherapie ist die PSE einfach und kostengünstig sowie mit geringem Zeitaufwand durchführbar. Die PSE zeigt Wirkungen, die man üblicherweise bei der Psychotherapie sieht, wie ein verstärktes Selbstwertgefühl, emotionale Ausgeglichenheit (Resilienz) und verbesserte Wahrnehmung der eigenen Befindlichkeit sowie die Fähigkeit, seine Wünsche nicht nur besser wahrzunehmen, sondern sie auch zu realisieren. In mittelschweren bis schweren neurotischen und psychiatrischen Krankheitsbildern stößt die PSE allerdings an ihre Grenzen, kann aber gleichwohl auch in solchen Fällen begleitend eine wertvolle Unterstützung bieten.
Literatur
- Banis, Dr. Reimar: Psychosomatische Energetik – Lehrbuch für Therapeuten, VAK Verlag, 2. Auflage Kirchzarten 2003
- Giese, Wolfgang: Erfahrungen mit der PSE in der Psychiatrie, Vortrag beim Expertentreffen der Psychosomatischen Energetik 12. Juni 2009 in Konstanz/Bodensee
- Mertens, Wolfgang: Einführung in die psychoanalytische Therapie, Kohlhammer 2003
- von Wolff, Karin: Therapeutisch fruchtbare verbale und nonverbale Kommunikation zur Vermittlung der PSE-Testergebnisse. Lesebuch der Psychosomatischen Energetik, Band 3 Co’med Verlag Sulzbach 2007
- von Wolff, Karin: Psychosomatische Energetik in der Psychotherapie-Praxis, Vortrag beim Expertentreffen der Psychosomatischen Energetik 8.6.2008 in Bad Kissingen
Dr. med. Reimar Banis
Arzt für Allgemeinmedizin Naturheilverfahren
c/o Internationale Gesellschaft für Psychosomatische Energetik (IGPSE)
Dörflistraße 4, CH-6056 Kägiswil (Schweiz)