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Psychotherapeutische Arbeit mit Krebspatienten

fotolia©Elnur„Ihre Chancen stehen 80:20 – aller dings gegen Sie!“ Mit diesen Worten wurde mir meine Krebsdiagnose eröffnet. Vorangegangen war eine neunmonatige Fehlbehandlung – entsprechend war mein Zustand. Auch wenn seitdem bereits 25 Jahre vergangen sind, kann ich mich noch recht genau an viele Einzelheiten erinnern.

Eine der Folgen der unkonventionellen Bewältigung der Erkrankung war zehn Jahre später die Eröffnung meiner Praxis als Heilpraktiker für Psychotherapie mit Schwerpunkt Psychosomatik. Auch hier kann ich schon mein zehnjähriges Jubiläum feiern und da ich meine Praxis in Vollzeit betreibe, brachte mir das einen reichen Erfahrungsschatz im Umgang mit Krebspatienten.

Jeder, der in irgendeiner Form mit Krebs kranken arbeitet, sollte sich bewusst machen, ob er sich im Bereich der Beratung, des Coaching oder der Therapie bewegt. Insbesondere die Grenzen und Möglichkeiten in Bezug auf die ganz besonderen Herausforderungen, die mit einer Krebserkrankung verbunden sind, sollten klar sein.

Sowohl der Körper als auch die Psyche der Betroffenen befindet sich je nach Stadium der Erkrankung in völlig unterschiedlichen Zuständen.

Hier der mögliche Verlauf der einzelnen Stadien anhand eines Beispiels

Bereits einige Zeit bevor die Diagnose feststeht, löst schon der Verdacht auf eine eventuelle Krebserkrankung eine Menge aus. Dies kann eine verhärtete Stelle in der weiblichen Brust sein, plötzlich auftreten des Blut im Stuhl, ein außergewöhnlicher Wert einer Blutabnahme, ein Verdachts moment nach einer Vorsorgeuntersuchung oder auch ein Zufallsbefund bei einer Untersuchung wegen völlig anderer Beschwerden. In dieser Zeit wachsen die Befürchtungen zu handfesten Ängsten heran. „Was ist, wenn ...?“ ist oft der Beginn eines Schreckensszenarios, das sich im Kopf ab spielt. Es werden Stunden im Internet ver bracht, um sich zu informieren.

Hier liegen Fluch und Segen der Technik nahe beieinander. Es gibt einiges an hilfreichen und nützlichen Informationen, im gleichen Maß wird auch viel Unsinn verbreitet. In keiner anderen Branche ist die Anzahl der Zentren, Institute und Akademien so groß. Für den Laien ist es schwierig, diese Informationen zu bewerten und einen seriösen Anbieter zu finden. Gerade bei der Bearbeitung seelischer Verletzungen ist das besonders wichtig.

Steht die Diagnose eines bösartigen Tumors fest, beginnt die nächste Phase. In der Regel wird seitens der Schulmedizin gehöriger Druck aufgebaut und möglichst zeitnah eine Operation geplant. Ist diese erfolgt, wird mit dem gleichen Druck die weitere Behandlung vorbereitet. Meist in Form von Bestrahlungen oder Chemothe rapie. Oft bleiben nur wenige Tage von dem Schock der Diagnoseeröffnung bis zum angesetzten Operationstermin. „Wem sage ich es und wem nicht?“ ist eine häufig auf tauchende Frage.

Diese Zeit erleben viele Betroffene wie in einem Dunstschleier oder Nebel. Sie funktionieren irgendwie, statt wirklich bewusst und aktiv zu sein. Je nach Verträglichkeit und Ergebnis führt diese Phase bei den Betroffenen zu ganz unterschiedlichen Folgen. So hat z. B. die Abnahme einer Brust für eine Frau noch viel weitreichendere Folgen als die reine Krebserkrankung. Nicht nur die Rückenbeschwerden aufgrund einer Wirbelsäulenkrümmung durch die Schonhaltung, sondern auch die Sexualität, das Selbstbewusstsein als Frau bis hin zu möglicherweise seltsamen Reaktionen des Mannes sind neue Herausforderungen.

Mit den Veränderungen von Haut und Haaren sowie möglicherweise mit dem vollständigen Haarausfall muss umgegangen werden. Auch wenn Perücken heutzutage schon täuschend echt aussehen, so hat die darunter verborgene Glatze für die betroffene Frau einen massiven Einfluss auf ihre Gefühlswelt.

Auch lange nach Chemotherapie und Bestrahlung können Übelkeit, Erbrechen sowie Schleimhautentzündungen anhalten. Nervenschädigungen, Hörstörungen und Geschmacksveränderungen beeinträchtigen die Lebensqualität und wollen bewältigt sein.

Jetzt kann eine Phase der Beruhigung eintreten und in diese Zeit fällt noch eine Kur oder Reha-Maßnahme. Bis dahin dürften schon einige Wochen und Monate vergangen sein und das Leben der Betroffenen und eventuell auch das ihrer Angehörigen wurde ziemlich auf den Kopf gestellt. Aus einem engagierten, berufstätigen Menschen wurde vielleicht innerhalb kürzester Zeit ein schwer behinderter Mensch, dem sein Gebrechen manchmal anzusehen ist. Eine weitere seelische Belastung. Diese Stigmatisierung und seltsame Reaktionen des Umfeldes sind oft nur schwer zu ertragen.

Sind auch diese Dinge bewältigt, können jetzt Jahre vergehen, es muss eine Menge Bewältigungsarbeit stattfinden und die Erkrankung wird als ein äußerst unangenehmer Teil der Vergangenheit gesehen. Je nachdem wie die Auswirkungen sind und wie sich das Leben entwickelt hat, können einige dem ganzen Geschehen auch Positives und Sinnhaftes abgewinnen.

Taucht jetzt ein Rezidiv auf oder es bilden sich noch Metastasen, reißen viele alte seelische Wunden wieder auf. Je nachdem wie die Erlebnisse mit der Schulmedizin oder auch den ergänzenden Behandlungen waren, wird jetzt verstärkt nach Alternativen gesucht.

Manch einer durchläuft nun alle Phasen noch einmal, ein anderer sucht die Heilung in alternativen Methoden und oft wird eine Kombination verschiedener Maßnahmen durchgeführt.

Zu allen oben geschilderten Abschnitten gehören massive Ängste der Betroffenen und der Angehörigen sowie die Auseinandersetzung mit den Themen Tod und Sterben sowie dem Sinn des Lebens. Dieses in einem Ausmaß, wie es bei keiner anderen Krankheit der Fall sein dürfte. Die gesamte Leidenszeit ist von Gefühlen massiver Hilflosigkeit und Ohnmacht begleitet. Dies sollte allen, die mit der besonderen Zielgruppe der Krebspatienten arbeiten, bewusst sein.

Jeder Behandler sollte sich selbst äußerst kritisch hinterfragen:

Wie sehr bin ich selbst resonanzfähig zu den Gefühlen von Hilflosigkeit und Ohnmacht?

Viele in der „Szene“ sind aufgrund einer überstandenen eigenen Krise oder dem Miterleben oder Begleiten der Krisen anderer auf den Weg gekommen. Die vermeintlich positive Eigenschaft des besonderen Einfühlungsvermögens bewirkt genau das Gegenteil. Die therapeutische Distanz und Neutralität zu einem Thema fehlt, somit besteht die Gefahr der Übertragung und der Gegenübertragung.

Welche Methoden wende ich an und wo sind deren Grenzen in Bezug auf die besonderen Herausforderungen einer Krebserkrankung?

An Krebs Erkrankte sind manchmal äußerst verzweifelt, klammern sich an jeden Strohhalm. Dieses wird leider ausgenutzt und die Menschen werden oft auf skandalöse Weise abgezockt. Wenn das einzige eigene Werkzeug ein Hammer ist, muss ich jedes Problem so aussehen lassen, als wäre es ein Nagel. Es ist ein Zeichen menschlicher Qualität und seriösen Arbeitens, wenn dem suchenden Patienten offen gesagt wird: „Es tut mir leid, ich würde Ihnen auch gerne helfen, aber mir fehlt hier die Erfahrung oder das von mir angewandte Verfahren kann dafür keine Lösung bringen.“

Mache ich Versprechungen, die ich gar nicht halten kann? Zum Beispiel: „Das wird schon wieder ...“, „Das bekommen wir schon hin ...“, „Alles wird gut ...“

Falsche Versprechungen haben Krebspatienten schon oft genug gehört. Sie sind auch in diese Richtung besonders sensibilisiert und lassen sich möglicherweise auch nicht auf einen Prozess ein, wenn der Berater, Coach oder Therapeut solche Aussagen macht. Ehrlichkeit ist die beste Voraussetzung für eine gute Arbeitsbeziehung.

Am besten ist die Vereinbarung eines klaren und möglichst messbaren Ziels. Der Patient weiß, woran gearbeitet wird, kann seine Zufriedenheit am erreichten Ziel festmachen und für den Behandler ist es eine Messlatte seiner Qualität.

fotolia©ChinnapongWelche eigenen Glaubenssätze habe ich in Bezug auf die Krankheit Krebs und deren Heilungsmöglichkeiten?

Krebspatienten sind Menschen, die alles in sich hineinfressen.

Es gibt Krebsarten, die sind unheilbar.

Krebspatienten sind schwierige Patienten.

Mit Krebspatienten muss besonders vorsichtig umgegangen werden.

Diese Liste würde sich beliebig verlängern lassen. Wie soll die Begleitung von Krebspatienten funktionieren, wenn zu viele einschränkende Glaubenssätze beim Behandler vorliegen?

Ein Beispiel, wie präzise schon im Rahmen der Anamneseerhebung die Differenzialdiagnostik durchgeführt werden muss, ist das bei Krebspatienten weitverbreitete Fatigue-Syndrom, umgangssprachlich auch als Erschöpfungssyndrom bekannt. Zu den Symptomen gehören anhaltende Schwäche, Abgeschlagenheit, Überforderung und deutlich geminderte Aktivitäten im privaten und beruflichen Bereich. Oft wird hier versucht, über mentale Prozesse, Ressourcenarbeit, geführte Meditationen, Visionsarbeit und Ähnlichem eine Verbesserung zu erzielen. Eines der markanten Merkmale des Fatigue-Syndroms ist die Tatsache, dass sich trotz ausreichenden Schlafs keine Besserung ergibt.

Das kann eine einfache organische Ursache in Form einer überlasteten Leber aufgrund der Chemotherapie haben. Bevor also psychische Interventionen stattfinden, muss dieser Umstand durch einen Arzt oder naturheilkundlichen Heilpraktiker abgeklärt werden. Das ist durch eine einfache Blutuntersuchung und Feststellung der Leberwerte leicht möglich. Wird die Leber durch entsprechende ärztliche oder naturheilkundliche Maßnahmen von ihrer anstrengenden Entgiftungsarbeit entlastet, so kann es sein, dass die Symptome sich von selbst bessern oder jetzt erst eine Grundlage gegeben ist, dass die mentalen Prozesse wirken können.

Hilfreich für alle, die mit Krebspatienten arbeiten, kann auch die Auseinandersetzung mit den Leitlinien der Psychoonkologie sein. Die Kenntnis und Einhaltung des Heilmittelwerbegesetzes sollte selbstverständlich sein.

Bert HeuperBert Heuper
Heilpraktiker für Psychotherapie, Praxis für Psychosomatische Resonanztherapie PSRT
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Anlässlich seines 15-jährigen Praxisjubiläums verschenkt Bert Heuper sein Buch: Krebs – wenn die Seele durch den Körper spricht. Anforderung über seine Homepage: www.praxis-psrt.de

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