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Schwarzer Peter zwischen Kassen und Psychotherapeuten

Laut „Ärzteblatt“ liefern sich der Verband der Ersatzkassen (vdek) und die Interessenvertretungen der niedergelassenen Psychotherapeuten (immer m/w/d) einen heftigen Schlagabtausch um das Thema „schlechte Psychotherapie-Versorgung“.

Die Einführung der sogenannten Terminservicestellen sollte seinerzeit der große Wurf zur Verbesserung der mangelhaften psychotherapeutischen Versorgung in Deutschland sein. Gebracht haben diese Stellen wenig und mit Beginn der Coronapandemie ist der Bedarf an psychotherapeutischer Unterstützung noch einmal deutlich gestiegen.

Entsprechend hat sich die Wartezeit bis zum Beginn einer Therapie immer weiter erhöht: Vom Erstkontakt in der psychotherapeutischen Sprechstunde bis zum Beginn der Psychotherapie vergehen z. B. in Bayern im Schnitt 14 Wochen, also dreieinhalb Monate. Das hat eine Analyse der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) ergeben.

Andernorts ist die Lage oftmals noch angespannter; besonders schlecht steht es um die Versorgung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. In dieser Altersgruppe ist seit der Coronapandemie ein starker Anstieg psychischer Beschwerden zu erkennen.

Der Verband der Ersatzkassen fordert jetzt unter anderem, die Arbeit der Terminservicestellen zu verbessern: Niedergelassene Psychotherapeuten sollen verpflichtet werden, die Hälfte ihrer freien Kapazitäten an die Servicestellen zu melden. Außerdem sollten bei der Bedarfsplanung jene Therapieverfahren bevorzugt werden, die schnellere Erfolge versprechen und verstärkt – auch praxisübergreifend – Gruppentherapien genutzt werden. Außerdem gelte es, verstärkt auf Fernbehandlungen zu setzen.

Die niedergelassenen Psychotherapeuten halten wenig von diesen Vorschlägen: Der Bundesverband der Vertrags-Psychotherapeuten (bvvp) warnt davor, allein „schnelle Therapieerfolge“ zum Maßstab zu nehmen und verschiedene Therapieverfahren gegeneinander auszuspielen. Die Dauer einer Behandlung müsse sich nach dem individuellen Bedarf richten.

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BptK) verweist auf fehlende Plätze für ärztliche und psychologische Psychotherapeuten: Um die Wartezeiten auf den Therapiebeginn spürbar zu verringern, brauche es wenigstens 1 600 zusätzliche Kassensitze. Die damit bestehenden Versorgungslücken mittels Fernbehandlung füllen zu wollen, sei „absolut unseriös“ – zumal der Zeitaufwand für den Therapeuten gleich bleibe, egal, ob die Therapie online oder in Präsenz stattfinde.

Ähnlich argumentiert die Deutsche Psychotherapeuten-Vereinigung: „Anpassungen“ bei der Arbeit der Terminservicestellen würden keine zusätzlichen Behandlungskapazitäten schaffen.

Nach Ansicht der BptK reicht die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angekündigte Erweiterung der Behandlungskapazitäten für psychisch kranke Kinder bei Weitem nicht aus: Die Praxen seien überlaufen. Zudem warnt die Kammer davor, vermeintlich „leichte“ Fälle gegen schwere Erkrankungen auszuspielen:

Gerade Kinder und Jugendliche bräuchten frühzeitig Hilfe, um Langzeitfolgen zu verhindern. Die jungen Menschen, die in die Praxen kämen, seien „alle psychisch schwer beeinträchtigt“.

Quellen

Dr. Werner Weishaupt
Heilpraktiker für Psychotherapie, Dozent, Präsident des VFP
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Foto: ©ASDF | adobe stock.com