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Viele Fragen um die Werbung

2013-03-Werbung1

Worauf Heilpraktiker, Psychotherapeuten und Psychologische Berater achten sollten

Wie kann und darf ich für meine Tätigkeit werben? Wo liegen die Grenzen der erlaubten Werbung? Immer wieder werden wir im Service-Team des VFP mit solchen Fragen konfrontiert. Deshalb möchte wir hier einige grundsätzliche Hinweise geben. Sie beziehen sich in erster Linie auf alle heilkundlich tätigen Kollegen, da für diesen Bereich besondere Bestimmungen gelten, während der Psychologische Berater in seinen Werbemöglichkeiten freier ist. Jedoch sollte auch er die folgenden Aspekte berücksichtigen, um nicht unversehens in den Bereich der Heilkunde zu geraten!

1. Warum ist Werbung auch für uns nötig und erlaubt?

fotolia©pressmaster, Pixel&CreátionAls Anbieter auf dem Gesundheitsmarkt sind wir darauf angewiesen, unsere Angebote bekannt zu machen. Grundsätzlich haben wir auch das Recht und die Möglichkeit, über unsere Dienstleistungen zu informieren und dazu verschiedene Medien zu nutzen wie Flyer, Broschüren, Praxisschilder, Visitenkarten, Webauftritte, Zeitungsartikel usw.

Der Deutsche Ärztetag hatte schon vor einigen Jahren die früher sehr restriktiven Bestimmungen und Selbstbeschränkungen für die Praxiswerbung aufgehoben, sodass auch andere Berufe im Gesundheitswesen von dieser Liberalisierung profitierten. Allerdings sollen insbesondere kranke und hoffnungsuchende Menschen vor irreführender und heilversprechender Werbung geschützt werden. Ihre Ängste dürfen nicht ausgenutzt werden, dementsprechend soll unsere Werbung sachlich aufklärend sein. Die Grenzen des in der Werbung Zulässigen werden durch zwei Gesetze näher bestimmt:

• generell durch das UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb), das irreführende Behauptungen und Verstöße gegen „die guten Sitten“ in der Werbung untersagt (§ 1 und § 3).

• speziell durch das HWG (Gesetz über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens), das zusätzlich eine Reihe weiterer Beschränkungen enthält, die aber durch eine Gesetzesnovelle vom Oktober 2012 in wesentlichen Teilen entschärft worden sind. Bei allen Liberalisierungen gilt die Freiheit jedoch nicht unbegrenzt. Kontrollierende Norm ist § 3 HWG, wonach eine irreführende Werbung unzulässig ist. Die Norm enthält einen Katalog, aus dem zu ersehen ist, wann „insbesondere“ eine Irreführung vorliegt. Roter Faden des Gesetzes ist grob gesagt, die Behauptung von Tatsachen und Wertungen, die falsch oder zumindest zweifelhaft sind. Bei der Konzeption der Werbung ist diese Norm besonders zu beachten.

2. Was ist nach dem HWG nicht erlaubt?

Nach § 3 HWG darf ein Heilpraktiker für Psychotherapie einen Heilungserfolg in seiner Werbung nicht behaupten. Dies wäre die o. g. irreführende Werbung und würde mit einer Geldbuße oder einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet. Der § 3 HWG ist insofern tückisch, weil er etwas verbietet, was einem Therapeuten durch seine Praxiserfahrung schnell mal herausrutschen kann:

Die Behauptung nämlich, dass ein bestimmtes psychotherapeutisches oder alternatives Verfahren heilt. Formulierungen wie „Verfahren xy wirkt“ oder„Verfahren xy heilt dies und das“ sind tabu. Mit Verfahren xy wird höchstens „behandelt“, es wird „angewendet“ oder „eingesetzt“. Über die Wirkung und den Heilerfolg gibt es nichts zu sagen. Wenn Sie sich daran halten, dürften Ihnen auch die folgenden Punkte keine Schwierigkeiten machen, die Sie bei Ihren Werbeaktivitäten unterlassen sollten:

  • Übertreibungen (wie z. B. „Heilhypnose immer bei ...“ oder „Vertrauen Sie stets der Bachblütentherapie!“ Nach dem Grundsatz „Immer stimmt nie!“ liegt bei solchen Werbeaussagen über die Wirksamkeit bestimmter Verfahren eine Übertreibung vor, die eben nicht in jedem Einzelfall garantiert eingelöst werden kann.

  • Fachausdrücke, die nicht allgemeinverständlich erklärt werden. Wenngleich § 11 Nr. 6 HWG gestrichen worden ist, sollten jedoch unbedingt im Sinne des Verbraucherschutzes alle fach- und fremdsprachlichen Begriffe so erläutert werden, dass der durchschnittlich gebildete Laie sich eine klare Vorstellung davon machen kann.

  • Zugaben, Rabatte und sonstige Werbegeschenke sind untersagt, sofern sie einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung dienen.

  • Gutachten, wissenschaftliche Arbeiten oder Hinweise darauf, wie z. B. Krankengeschichten, Dank-, Empfehlungsschreiben von Patienten sind nur noch dann untersagt, wenn nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 HWG „... diese in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgen“. Ferner sollte auf die Veröffentlichung von Empfehlungsschreiben mit werbendem Charakter von fachlichen Kapazitäten wie Prof. Brinkmann aus der Schwarzwaldklinik verzichtet werden. Das Einrichten von z. B. Gästebüchern auf einer Homepage ist hingegen inzwischen erlaubt.

  • Aussagen, die Angstgefühle oder Unsicherheit bei Nichtverwenden einer bestimmten Maßnahme hervorrufen.

  • Werbung für die Behandlung bestimmter Krankheiten, die nach den Vorschriften des HWG ausdrücklich ausgenommen sind (§ 12, Anlage A), wie
    – nach dem lnfektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBI/Seite 1045) meldepflichtige Krankheiten oder durch meldepflichtige Krankheitserreger verursachte Infektionen
    – bösartige Neubildungen (Tumore, Krebserkrankungen)
    – Suchtkrankheiten (ausgenommen Nikotinabhängigkeit)
    – krankhafte Komplikationen der Schwangerschaft, der Entbindung und des Wochenbettes
    – in der früheren Fassung des HWG waren in dieser Liste noch „Geisteskrankheiten“ aufgeführt, worunter u. a. auch „Depressionen“ zählten. Auch wenn diese Erkrankungen nun nicht mehr genannt werden, sollte gerade der Heilpraktiker für Psychotherapie hier zurückhaltend sein, denn bei organischen und endogenen Psychosen muss er davon ausgehen, dass sie organisch bedingt sein könnten und pharmakologische Therapie benötigen und insofern den Bereich seiner Zulassung überschreiten. Selbstverständlich kann/darf er jedoch betroffene Patienten, die in ärztlicher Behandlung sind, mit seinen psychotherapeutischen Methoden ergänzend beraten, begleiten und unterstützen!

3. Wen dürfen wir ansprechen?

Dies gilt generell für alle organisch Kranken, die wir in unserer Werbung als Zielgruppen auch nennen dürfen, wie z. B.

  • akut Kranke, die geschockt sind von einer medizinischen Diagnose
  • längerfristig Kranke, die nach dem Sinn ihres Leidens fragen oder trotz aller medizinischen Maßnahmen nicht wieder „auf die Beine kommen“
  • chronisch Kranke, die lernen wollen, mit ihrem Handicap klarzukommen und dabei eine gute Lebensqualität erreichen möchten
  • seelisch Kranke, die in fachärztlicher Behandlung sind und ergänzend Gespräche oder lösungsorientierte Ansätze suchen
  • Angehörige von Patienten, die wissen wollen, wie sie am besten mit den Betroffenen umgehen, ohne deren Kranksein zu belohnen

Darüber hinaus können wir natürlich insbesondere Personen ansprechen, die in erster Linie bestimmte seelische Leiden, Krisen und Konflikte haben und fachliche Hilfe suchen. Oder wir laden zu bestimmten Erfahrungs- und Lernschritten ein, zeigen lösungsorientiert neue Verhaltensmöglichkeiten auf etc. – der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt!

Fantasie brauchen insbesondere auch die Psychologischen Berater, die in ihrer Werbung Krankheitsbegriffe gar nicht verwenden dürfen, um den Unterschied zur erlaubnispflichtigen Heilkunde zu markieren!

Da sollte eben nicht von „Ängsten“, „Zwängen“, „Psychosomatischen Störungen“ usw. gesprochen werden, sondern ausschließlich positiv von Möglichkeiten, den Lebensmut zu stärken, mehr Selbstsicherheit zu gewinnen, den persönlichen Spielraum zu erweitern und die eigene Gesundheit zu stärken. Dies ist natürlich nicht als „Werbetrick“ gemeint, sondern setzt ein reflektiertes Rollenverständnis als Psychologischer Berater voraus!

4. Wie sollten wir ansprechen?

Versuchen Sie, sich in Ihre potenziellen Leser, Website-Besucher usw. hineinzuversetzen. Was ist deren Interesse? Welche Informationen suchen sie? Wollen die wirklich Ihren kompletten Ausbildungsgang nachlesen oder reichen hier Schwerpunkte, um Vertrauen zu wecken? Ein Hinweis könnten Fragen sein, die Ihnen schon oft von Patienten gestellt wurden:

  • Was passiert beim ersten Gespräch?
  • Auf welche Dinge sollte ein Patient vorbereitet sein?
  • Mit welchen Methoden arbeiten Sie (Achtung: Fachbegriffe erklären!)?
  • Wie steht‘s mit den Preisen?
  • Und umgekehrt: Welche Informationen brauchen Interessenten, um Sie zu finden?

Denken Sie an (scheinbare) Selbstverständlichkeiten: Sprechzeiten, Kontaktdaten, Anfahrtsbeschreibung usw. sollten leicht zu finden sein. Überlegen Sie sich, wie weit Sie mit Ihren Serviceangeboten gehen wollen:

  • Termine nach Feierabend, am Wochenende?
  • Hausbesuche?
  • Infoveranstaltungen und Vorträge?

Bedenken Sie auch, wie viel Privates Sie veröffentlichen möchten, neben einem Foto mit lächelndem Gesicht, das wohl selbstverständlich sein sollte.

Das Bewerben selbstverständlicher Leistungen bringt keinen besonderen Erfolg. Von einem Therapeuten wird erwartet, dass er Therapien erbringen kann. Positive Wirkungen kann es jedoch haben, wenn wir das Besondere herausstellen, was für unser Angebot spezifisch ist, wie z. B.

  • erlaubte zusätzliche Wellnessangebote in der Praxis
  • oder die Kooperation mit anderen Kollegen/ Berufsgruppen
  • kostenfreie Parkplätze in der Nähe usw.

Das Werbemedium ist für die Frage der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Werbemaßnahme uninteressant. Zulässig kann durch Zeitungsannoncen, Telefonbucheinträge, Praxisflyer, Visitenkarten etc. geworben werden. Das ist letztlich nur eine Frage des Preises!

5. Wie darf ich als Psychologischer Berater werben?

Die vielen Anfragen unserer Mitglieder, aktuelle Rechtsprechungen, aber leider auch Abmahnungen zeigen uns, dass das Thema Werbung nach wie vor aktuell ist und bleibt. Psychologische Berater haben zwar eine Vielzahl von Möglichkeiten, sich und ihr Angebot in der Öffentlichkeit zu präsentieren, auf verschiedene Aspekte muss jedoch dringend Rücksicht genommen werden! Ärzten und Heilpraktikern ist es per Gesetz erlaubt, die Diagnostik, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden durchzuführen. Der Berater darf dies nicht und deshalb geht es primär darum, Ihren Klienten gegenüber klar zu definieren, dass Sie keinen medizinischen Heilberuf ausüben, sondern „nur“ beratend, bzw. begleitend tätig sind. Meiden Sie folgende Begriffe in Ihrer Werbung, sei es auf Ihrem Praxisschild, in Ihren Flyern, Faltblättern oder Ihrem Internetauftritt:

  • Diagnose, diagnostizieren, aufdecken
  • Behandlung, behandeln, Behandlungsmethode
  • Therapie, therapieren, therapeutisch (auch nicht in Kombination mit anderen Wörtern, wie z. B. Psychotherapie)
  • Intervention
  • Indikation, Kontraindikation
  • Heilung, heilen, heilkundlich
  • ärztlich, medizinisch
  • Linderung, lindern
  • Gesundung, gesunden, genesen
  • Krankheit, Leiden, Störung, Beschwerden

Bitte überprüfen Sie Ihre Werbeunterlagen dahingehend noch einmal und rufen Sie den VFP an, wenn Sie Fragen zu dem Thema haben. Lassen Sie sich aber von dem Verbot nicht einschüchtern, es sollte Ihnen als Leitfaden und Anstoß dienen, neue Formulierungen zu finden.

Dr. Werner Weishaupt

Dr. Werner Weishaupt

Präsident des VFP, Supervisor,
Dozent für Psychotherapie

Heidi Kolboske
Heidi Kolboske

Assistentin im VFP,
Heilpraktikerin für Psychotherapie