Kassenführung für Heilpraktiker für Psychotherapie und Psychologische Berater
In der Freien Psychotherapie 04.2016 erschien der Artikel „Kassenführung: neue Bestimmungen ab 1. Januar 2017“. Dieses Thema steht weiterhin stark im Fokus. Im Folgenden stelle ich dar, wer zur Führung einer Kasse verpflichtet ist, welche Verpflichtungen sich ergeben und was zu tun ist, wenn keine Pflicht zur Führung einer Kasse besteht, denn auch dann bewegen wir uns ja nicht im rechtsfreien Raum.
Buchführungspflicht? Nicht für Freiberufler!
Dieser Beitrag richtet sich im Wesentlichen an Heilpraktiker für Psychotherapie, die als Angehörige der freien Berufe Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§18 EStG) erzielen, und an Psychologische Berater (immer m/w), die Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) erzielen. Diese Unterscheidung ist wichtig, da Freiberufler niemals buchführungspflichtig sind! Es sei denn, sie tun es freiwillig. Psychologische Berater hingegen können ab einer bestimmten Betriebsgröße bzw. bestimmten Merkmalen verpflichtet sein, Bücher zu führen (nach Handels- und/oder Steuerrecht).
Schwerpunktmäßig gehe ich davon aus, dass beide Berufsgruppen nicht buchführungspflichtig sind, es auch freiwillig nicht tun, und sie ihre Gewinne mithilfe einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermitteln. Denn sobald eine Verpflichtung zur Buchführung besteht, kann vorab festgehalten werden, kommen Sie um die Führung einer Kasse nicht herum, da sicherlich Bargeld vereinnahmt wird.
Als Heilpraktiker für Psychotherapie sind Sie Freiberufler und unterliegen nicht der klassischen Buchführungspflicht, wie sie das Handels- und Steuerrecht für „Kaufmänner“ nach bestimmten Formalien vorsieht. Das heißt jedoch nicht, dass Sie keine anderen Pflichten haben. Auch von Ihnen erwartet das Finanzamt, dass Sie z. B. alle Einnahmen und Ausgaben, die Sie im Rahmen Ihrer Praxistätigkeit haben, nachvollziehbar belegen.
Als Psychologische Berater wissen Sie, dass Sie ein Gewerbe anmelden und Ihre Einkünfte versteuern müssen. Solange Sie nicht mehr als 600 000 Euro Umsatz oder 60 000 Euro Gewinn zu verzeichnen haben oder andere Voraussetzungen erfüllen, die Sie zur Buchführung verpflichten, können Sie Ihre Einnahmen und Ausgaben in vereinfachter Form aufzeichnen.
Betriebseinnahmen und -ausgaben müssen belegt werden
Für Steuerpflichtige (Unternehmer) besteht unabhängig von der Art der Gewinnermittlung die Verpflichtung, Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch Belege nachzuweisen. Jedoch gibt es für die Bilanzierung und die Einnahmen-Überschuss-Rechnung verschiedene Regelungen, die beim Aufzeichnen der Einnahmen und Ausgaben zu beachten sind.
Als Heilpraktiker für Psychotherapie müssen Sie für alle Einnahmen eine Rechnung oder Quittung ausstellen und für alle Ausgaben ebenfalls einen Beleg haben. Nichts geht ohne Beleg.
Als Psychologische Berater gilt für Sie das Gleiche wie für alle anderen Steuerpflichtigen. Für jede Einnahme müssen Sie eine Rechnung oder Quittung ausstellen! Tätigen Sie eine Ausgabe, müssen Sie dafür den Beleg haben. Nichts geht ohne Beleg.
Tipp: Beleg verlegt oder verloren? Erstellen Sie einen Eigenbeleg!
Keine Kassenpflicht bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG
Der BFH hatte bereits entschieden, dass Steuerpflichtige, die ihren Gewinn zulässigerweise mithilfe einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln, nicht verpflichtet sind, ein Kassenbuch zu führen.
Zur Begründung führt der BFH aus, dass bei einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG im Gegensatz zur Bilanzierung keine Bestandskonten ausgewiesen werden, also auch kein Kassenkonto. Das bedeutet, dass Betriebseinnahmen, die bar vereinnahmt werden, sofort ins Privatvermögen der Unternehmer übergehen – also privat entnommen werden.
Als Heilpraktiker für Psychotherapie bedeutet das, dass Sie Ihre Einnahmen einfach in Ihr privates Portemonnaie geben können, aber auch Ihr Toilettenpapier für die Praxis aus der eigenen Tasche bezahlen müssen. Sie sind nicht verpflichtet, eine Kasse in Ihrer Praxis zu führen. Alles, was Sie in Ihr Portemonnaie geben, gilt für die Praxis als Ausgabe, alles, was Sie für die Praxis bezahlen, gilt vereinfacht gesagt als Einlage.
Für Psychologische Berater gilt: Sie sind nicht verpflichtet, in Ihrer Beratungspraxis eine Kasse zu führen. Alles, was Sie einnehmen, können Sie sofort in Ihr Portemonnaie tun, alles, was Sie für Ihre Praxis ausgeben, zahlen Sie jedoch auch aus demselben. Einnahmen in Ihr Portemonnaie sind Praxiseinnahmen, Ausgaben, die Sie aus Ihrem privaten Portemonnaie für die Praxis tätigen, sind dafür Praxisausgaben.
Wer zur Buchhaltung verpflichtet ist, muss eine Kasse führen
Im Gegensatz dazu muss bei einer Gewinnermittlung durch Bilanzierung eine Kasse geführt werden, die den Kassenbestand nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ausweist. Der BFH vertrat jedoch gleichzeitig die Ansicht, dass Einnahmen- Überschuss-Rechner, die kein Kassenbuch führen müssen, nicht darauf verzichten können, ihre Umsätze (entsprechend auch ihre Barumsätze) vollständig aufzuzeichnen.
Als Psychologische Berater mit einem Umsatz über 600 000 Euro oder einem Gewinn von über 60 000 Euro sind Sie verpflichtet, eine Kasse sowie ein Kassenbuch zu führen.
Aufzeichnungspflicht:
Heilpraktiker für Psychotherapie und Psychologische Berater
Die Aufzeichnungspflicht gilt immer, also auch für Barumsätze. In diesem Zusammenhang spielt es, so der BFH, keine Rolle, ob die Unternehmer ihre Umsätze ausschließ- lich (oder überwiegend) in bar abwickeln oder diese geringfügig sind. Abgeleitet wird die Aufzeichnungspflicht aus dem § 22 des Umsatzsteuergesetzes, dieser enthält die Aufzeichnungspflichten, die für die Umsatzsteuer erfüllt werden müssen.
Nach dieser Norm sind die Unternehmer verpflichtet, ihre Einnahmen einzeln und getrennt nach Steuersätzen auszuzeichnen. Dabei muss festgehalten werden, wann die Rechnung ausgestellt und bezahlt wurde.
Ein Kassenbuch ist nach dem Gesetzeswortlaut nicht ausdrücklich gefordert. Umsatzsteuerrechtlich ist es ohne Bedeutung, ob die Beträge in bar vereinnahmt oder unbar auf das Konto überwiesen werden.
Die umsatzsteuerlichen Aufzeichnungspflichten müssen nach dem Urteil des BFH auch bei der Gewinnermittlung für Zwecke der Einkommensteuer beachtet werden (BFH, Beschluss v. 2.9.2008 – V B 4/08).
Hinweis: Auch Heilpraktiker für Psychotherapie, die mit ihrer originären Tätigkeit steuerfreie Ausgangsumsätze erzielen, sind umsatzsteuerlich Unternehmer (zumindest Kleinunternehmer; § 19 UStG) und somit verpflichtet, Aufzeichnungen i. S. d. UStG zu führen. (§ 22 UStG i. V. m. § 65 UStDV). Die Aufzeichnungspflichten ergeben sich bereits auch unmittelbar aus der Abgabenordnung (AO), in § 145 Abs. 2 AO „Aufzeichnungen sind so vorzunehmen, dass der Zweck, den sie für die Besteuerung erfüllen sollen, erreicht wird.“
Erleichterung aus Zumutbarkeitsgesichtspunkten
Durch ein BMF-Schreiben (v. 5.4.2004 – I VD 2 - S 0315 - 9/04) wurden in diesem Zusammenhang Erleichterungen geschaffen. Erleichtert werden diese Pflichten, wenn eine Vielzahl von Geschäften (Waren) mit oft nur geringen Beträgen gegen Barzahlung an unbekannte Personen ausgeführt werden. Hier ist es unzumutbar, jede Bareinnahme einzeln zu erfassen. Aus diesem Grund dürfen Tageseinnahmen auch summarisch ermittelt werden (z. B. ein Kiosk). Hierbei werden jedoch auch Grenzen gesetzt.
Ab einem Betrag von 15 000 Euro pro Kunde müssen die Barverkäufe
- zwingend einzeln aufgezeichnet und
- der Name und die Anschrift des Kunden sowie der Inhalt des Geschäfts angegeben werden (Meldepflicht nach dem Geldwäschegesetz).
Tageseinnahmen dürfen nicht summarisch ermittelt werden, wenn es sich um Bareinnahmen einer spezifischen Branche handelt (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz):
- Hotel- und Beherbergungsgewerbe,
- Autoreparaturwerkstätten,
- Einzelanfertigungen von Schmuckstücken in Juwelier-, Gold- und Silberschmiedegeschäften,
- in Restaurants und Gaststätten, bei denen Rechnungen über Bewirtungskosten, Familienfeiern, Betriebsveranstaltungen, Seminare und Tagungen ausgestellt werden.
In diesen Fällen müssen die Daten der Kunden zwingend festgehalten werden.
Als Heilpraktiker für Psychotherapie oder Psychologische Berater zeichnen Sie am Ende des Tages Ihre Bareinnahmen auf. Da Ihnen Ihre Klienten bekannt sind und Sie eine Dienstleistung erbringen, müssen Sie jedem Ihrer Klienten eine Einzelquittung ausstellen, diese mit einer Belegnummer versehen und zu Ihren Aufzeichnungen hinzufügen.
Freiwillige oder verpflichtende Kassenführung
Sind Sie verpflichtet, eine Kasse zu führen, oder tun es freiwillig (bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG), dann haben Sie diese Kassenarten zur Auswahl:
- offene Ladenkasse
- elektronische Registrierkasse
- PC-Kasse
Wenn Sie Bargeld in eine Kasse legen, führen Sie täglich einen Kassenbericht!
Bareinnahmen müssen bei Nutzung einer offenen Ladenkasse anhand eines Kassenberichts nachgewiesen werden, indem sie täglich mit dem Anfangs- und Endbestand der Kasse abgestimmt werden (retrograde Kassenführung).
Auch bei einem Kassenbericht müssen die erklärten Betriebseinnahmen auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit überprüfbar sein. Da der Kassenbericht alle Bargeldbewegungen beinhaltet, müssen die Zahlungsein- und -ausgänge einzeln in ihrer zeitlichen Reihenfolge zeitnah (i. d. R. täglich) ins Kassenbuch eingetragen werden.
Unverzichtbar sind die folgenden Angaben: Bareinnahmen, Barausgaben, Privatentnahmen, Privateinlagen, Abhebungen vom Bankkonto zur Einlage in die Kasse und Entnahmen zwecks Einzahlung bei der Bank (Geldtransit).
Das bedeutet, dass das Konto „Bank“ ebenfalls zu buchen ist und die Einnahmen dort als Erlös am Tag des Geldeingangs zu erfassen sind. Ein- bzw. Auszahlungen in die Kasse sind über Geldtransit zu erfassen.
Als Heilpraktiker für Psychotherapie oder Psychologische Berater haben Sie eine kleine Bargeldkasse in Ihrer Praxis? Dann müssen Sie am Ende eines jeden Praxistages einen Tageskassenbericht führen. Vorlagen finden Sie im Internet oder erhalten diese von Ihrem Steuerbüro.
Das müssen Sie aufzeichnen:
- Bareinnahmen
- Barausgaben
- Privatentnahmen
- Privateinlagen
- Abhebungen vom Bankkonto zur Einlage in die Kasse
- Entnahmen aus der Kasse zwecks Einzahlung bei der Bank
Sie haben eine elektronische Registrier- oder PC-Kasse? Dann benötigen Sie Kenntnis über die „GoBD“
Der Gesetzgeber stützt sich seit dem 1.1.2015 auf die neu geltenden Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form und zum Datenzugriff (GoBD).
Diese Grundsätze hat die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 14.11.2014 festgehalten. Diese GoBD wirken sich auch auf die Kassenführung aus.
Beim Einsatz einer elektronischen Kasse sind grundsätzlich alle Einnahmen und Ausgaben einzeln aufzuzeichnen. Dies wird von der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung bestätigt.
Im Übrigen ergibt sich der Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht aus den umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften des § 22 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz und aus dem modifizierten § 146 der Abgabenordnung: „Die Buchungen und sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind einzeln, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen.“
Er gilt nicht nur für Buchführungspflichtige, sondern auch für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz ermitteln (Einnahmen-ÜberschussRechner).
Wird eine elektronische Kasse geführt, müssen die Parameter den neuen Vorschriften entsprechen. Wenn ein Unternehmer, der seinen Gewinn sodann nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt (nicht buchführungspflichtig), eine elektronische Kasse nutzt, gelten für diesen Steuerpflichtigen die gleichen Grundsätze nach GoBD wie für bilanzierende steuerpflichtige Unternehmer.
Wer eine elektronische Registrier- oder PC-Kasse hat, muss zusätzlich Scheine und Münzen zählen!
In diesen Fällen ist ein „Zählprotokoll“ Bestandteil der GoBD. Es ist zwingend zu führen, um eine Konformität zu erreichen. (Nicht für § 4 Abs. 3 EStG, BFH v. 16.12.2016 – X B 41/16)
Als Heilpraktiker für Psychotherapie haben Sie sich für eine elektronische Registrierkasse- oder PC-Kasse entschieden? Dann müssen Sie sich nach der GoBD richten! Wichtig ist, dass Sie Ihre Buchungen einzeln, richtig, zeitgerecht und geordnet vornehmen. Zusätzlich müssen Sie das „Zählprotokoll“ führen und jede einzelne Münze und jeden einzelnen Schein zählen und protokollieren.
Als Psychologische Berater nutzen Sie eine elektronische Registrier- oder PCKasse? Dann gelten für Sie die gleichen Grundsätze wie für bilanzierende steuerpflichtige Unternehmen. Das heißt, Sie müssen sich mit den GoBD vertraut machen und darauf achten, Ihre Buchungen einzeln, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Am Ende des Tages heißt es „Taler“ zählen. Jede Münze, jeder Schein muss im „Zählprotokoll“ erfasst werden.
Fazit
Steuerpflichtige, die bisher keine Kasse geführt haben, können dies m. E. beibehalten und „lediglich“ Aufzeichnungen der Einund Ausgaben nach den in § 22 UStG vorgeschriebenen Grundsätzen führen.
Laut Ansicht des höchsten deutschen Steuergerichts ist es zumindest erforderlich, Ausgangsrechnungen (bzw. Kopien) chronologisch nach dem Tag des Geldeingangs abzulegen und in handschriftliche Listen einzutragen. Entscheidend ist, dass eine derart ergänzte Belegsammlung „ebenso wie Kassenaufzeichnungen“ nachgeprüft werden können.
Ich gehe davon aus, dass diese gesonderten Listen nicht erforderlich sind, wenn sich die entsprechenden Daten unmittelbar aus den Konten der EDV-Buchführung ergeben.
Zusätzlich müssen auch Ihre Privatentnahmen und Privateinlagen aufgezeichnet werden, da sie den allgemeinen Schuldzinsenabzug als Betriebsausgabe beeinflussen können.
Heilpraktiker (§ 18 EStG) und Psychologische Berater (§ 15 EStG) müssen täglich alle Geschäftsvorfälle (Behandlungen und Warenverkäufe) einzeln aufzeichnen.
Als Heilpraktiker für Psychotherapie oder Psychologische Berater möchten Sie weiterhin auf eine Barkasse verzichten?
Dann können Sie das problemlos tun. Wichtig ist, dass Sie alle Ihre Einnahmen und Ausgaben vollständig aufzeichnen und belegen sowie für das Finanzamt gut nachvollziehbar machen.
John Pohlmann
Steuerberater mit Kanzlei in Hildesheim
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