Die Behandlung von Traumen in der selbstorganisatorischen Hypnotherapie
Ein individueller Weg zu Heilung und Gesundung
Viele körperliche und seelische Beschwerden und Schicksale können in direktem Zusammenhang mit unverarbeiteten Traumen – sowohl eigenen als auch aus Vorgenerationen übernommenen – stehen. Da sie lebensbestimmend und für die psychische und physische Gesundheit überaus bedeutsam sind, ist es wichtig, Traumen innerhalb einer Behandlung zu erkennen und ihre Psychodynamik zu verstehen. Denn sie können sich oft hinter psychischen Symptomen wie Ängsten, Depressionen, Zwängen, Schlafstörungen, Albträumen, Verhaltensstörungen und psychosomatischen Erkrankungen verstecken. Traumen sind neben den nicht verarbeiteten psychosozialen, emotionalen Konflikten die zweithäufigste Ursache für psychische und psychosomatische Störungen.
Was versteht man unter einem Trauma, wie zeigt es sich und wie kann es überwunden bzw. geheilt werden? Da Traumen in der Regel unbewusst bleiben und sich unter den erwähnten psychischen und psychosomatischen Stö- rungen verstecken können, ist diese Thematik äußerst komplex und schwer zu fassen. Dieser Artikel versucht, dieses Thema näher zu beleuchten, und zeigt Heilungsmöglichkeiten mithilfe der selbstorganisatorischen Hypnotherapie, die auf den Therapieansätzen von Götz Renartz beruht. Denn die psychische und körperliche Gesundung wiederherzustellen, ist das Ziel jeder selbstorganisatorischen Hypnotherapie.
Grundsätzlich lässt sich sagen: Alle Formen von Traumen, unabhängig ob sie aktuell, in der Vergangenheit oder in der frühen Kindheit stattfanden, können mithilfe der selbstorganisatorischen Hypnotherapie geheilt werden. Betroffene finden Abstand von vergangenen negativen Ereignissen und deren Auswirkungen in ihrem Leben. Dabei wird u. a. mit inneren Bildern das schöpferische Vorstellungsvermögen, das ein traumatisches Ereignis in Eigenregie anders ausgehen lässt, zur Verarbeitung eingesetzt. Die Vergangenheit kann dabei nicht verändert werden, aber mit Sicherheit die Emotionen, die mit der damaligen Situation verknüpft waren und im Unbewussten noch immer wirksam sind.
Ein herausragender Punkt dieser Therapie ist, dass Betroffene nicht noch einmal durch ihren Leidensprozess hindurchgehen müssen und deshalb eine Retraumatisierung ausgeschlossen werden kann. Doch bevor ich näher auf die Strategien innerhalb einer Hypnotherapie eingehe, ist es in einem ersten Schritt wichtig, das Verständnis über Traumen zu vertiefen. Denn dieser Begriff wird alltagssprachlich oft inflationär genutzt und entspricht damit aus der Sicht traumatisierter Menschen einer Bagatellisierung dessen, was in ihrem Leben zu Zerrüttung mit häufig langfristigen Folgen geführt hat.
Was ist ein Trauma?
In der Medizin versteht man unter Trauma eine Verletzung, Schädigung oder Wunde, die durch eine Gewalteinwirkung von außen entsteht. Aus psychologischer Sicht beschreibt Trauma eine tiefgehende seelische Verwundung oder Verletzung, das Psychotrauma, das aus einem belastenden, überwältigenden oder ängstigenden Ereignis resultiert und von der betreffenden Person zu diesem Zeitpunkt nicht bewältigt und adäquat verarbeitet werden konnte.
Psychische Traumatisierungen sind die Seele überfordernde Erfahrungen und gehen mit Gefühlen der Ohnmacht, des Ausgeliefertseins und des Kontrollverlustes einher. Entscheidend ist die Schwere eines Traumas und die daraus resultierende Beeinträchtigung des Lebens. Oft können die Selbstheilungskräfte oder individuelle Ressourcen eine akute Belastungsreaktion abklingen lassen. Die Frage ist, ob ein Trauma mit der Zeit von alleine ausheilen kann oder ob Betroffene Hilfe brauchen, um das Erlebte im Nachhinein integrieren zu können. Die Antwort ist: In Abgrenzung zu schweren oder belastenden Lebensereignissen kann eine traumatische Situation von dem betroffenen Menschen nicht mehr im Rahmen seiner üblichen Anpassungs- und Bewältigungsstrategien gelöst werden.
Eine der gängigen Definitionen begreift Trauma als potenzielle oder reale Todesbedrohung, als eine Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit, auf die mit intensiver Furcht, Hilflosigkeit oder Schrecken reagiert wird. Es sind Lebenssituationen oder Ereignisse, die von absoluter Unabsehbarkeit, Heftigkeit und Ausweglosigkeit geprägt sind. Im Allgemeinen können stark belastende Ereignisse traumatisierend wirken, wie schwere Unfälle, Erkrankungen und Naturkatastrophen, aber auch Erfahrungen von erheblicher psychischer, körperlicher und sexueller Gewalt oder schwere Verlust- und Vernachlässigungserfahrungen, mangelnde emotionale Zuwendung und Unterstützung in der Kindheit, Übergriffe oder Grenzverletzungen.
Traumen können kurz und einmalig stattfinden, lang anhaltend oder sich mehrfach wiederholend. Sie hinterlassen tiefe Wunden in der Seele und können zu einer lebenslangen Beeinträchtigung führen. Da sie mit Erfahrungen verbunden sind, die außerhalb des „normalen“ menschlichen Erfahrungsbereichs liegen, können sie sehr einsam machen. Klassische Beispiele sind die posttraumatischen Belastungsstörungen von verletzten Soldaten, Flüchtlingen, Opfern von Gewaltverbrechen oder Unfallopfern. Solche Störungen äußern sich u. a. in sich aufdrängenden Erinnerungen oder Träumen vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von innerer Taubheit, emotionaler Stumpfheit und seelischer Erstarrung.
Selbst traumatische Erlebnisse von Eltern und Großeltern können an Kinder weitergegeben werden, so wie es bei der Nachkriegsgeneration häufig anzutreffen ist.
Im herkömmlichen Sinn sind Traumen als Resultat einer Gewalteinwirkung, von seelischen Verletzungen und entwürdigenden Erfahrungen durch körperliche und/ oder seelische Misshandlung zu sehen. Es besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen einer bedrohlichen Situation und den eigenen Bewältigungsmöglichkeiten. Ein psychisches Trauma geht mit Gefühlen der Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe bzw. Ohnmacht einher und bewirkt eine dauerhafte Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis. Betroffene hatten zum damaligen Zeitpunkt nur wenige Möglichkeiten, ihr Leid adäquat zu verarbeiten. Das bereitet den Boden für Verdrängung, Verleugnung und emotionalen Rückzug, je nach Intensität des Erlebens.
Die Psyche funktioniert nicht mehr als Ganzes, die Wahrnehmung löst sich u. U. vom Fühlen ab, das Fühlen vom Denken, die Erfahrung vom Erinnern. Das kann dazu führen, dass ein Betroffener sich innerlich nur noch taub und leer fühlt. So wird erlebter Schrecken nicht mehr gespürt, aber auch alles andere nicht. Die Psyche verschließt über das Verdrängen, Abspalten und scheinbare Vergessen auch ihren großen Reichtum: fühlen, spüren, wahrnehmen, verstehen und lieben. So kann z. B. eine Vergewaltigung oder ein sexueller Missbrauch das gesamte sexuelle Empfinden lebenslang verändern und dazu führen, dass eine Ehe scheitert, wenn das Trauma seelisch und emotional nicht verarbeitet wurde.
Insgesamt lässt sich sagen, dass überfordernde Erfahrungen zu Erkrankungen, psychischen Verletzungen und langfristigen Veränderungen im seelischen Erleben führen können. Ebenso wirkt es sich auf das Verhalten im sozialen Miteinander aus. Vormals nicht bewältigte traumatische Erfahrungen mit den abgespaltenen, dissoziierten Gefühlen, wie Wut, Angst oder Hass, können zur „unendlichen“ Geschichte werden, die Betroffene wie ein Schatten verfolgen, ihre Handlungen bestimmen und sich als wiederkehrende unbegreifliche Beschwerden zeigen. So können sich entsprechende Schwierigkeiten wie Partnerschaftsprobleme immer wieder manifestieren, bis die darunterliegenden dissoziierten Gefühle aufgelöst werden.
Der Umgang mit Traumen kann sich äu- ßerst schwierig gestalten, da es für Betroffene herausfordernd ist, ihr Leiden überhaupt wahrzunehmen oder gar zu benennen. Das liegt an der Schutzfunktion der Selbstrettungssysteme, die das auslösende Geschehen häufig verdrängt halten. Solche abgespaltenen, vergessenen, dissoziierten Persönlichkeitsanteile, wie ein Angstanteil, fristen im Unbewussten ein eigenständiges Dasein, eingefroren im schrecklichen Erleben des Ereignisses. Wenn dieses Ereignis überstanden ist und keine Lebensgefahr mehr besteht, wird das Unbewusste, das die psychische Vollständigkeit anstrebt, den Betroffenen in Zukunft mit dieser Angst in allen möglichen Varianten konfrontieren.
Betroffene brauchen in der Regel viel Mut, einen Zugang zu dem Anteil ihrer Persönlichkeit zu finden, der mit diesen abgespaltenen schmerzlichen Gefühlen verbunden ist, denn in der Regel versucht jeder Mensch, unangenehme Gedanken und Gefühle aus der Vergangenheit zu vermeiden. Diese Versuche sind jedoch längerfristig erfolglos. So können mühsam aufgebaute psychische Überlebensmuster durch Krankheit nachhaltig erschüttert werden.
Wie reagieren Betroffene?
Die Reaktionen von Menschen auf traumatische Ereignisse hängen von vielen Faktoren ab, von der Art und Stärke des Erlebnisses, von der Situation des Geschehens und von den persönlichen Ressourcen, über die der Betroffene zu jenem Zeitpunkt verfügte. Manche Menschen können traumatische Erlebnisse besser verkraften und mit herausfordernden Schicksalsschlägen entsprechend umgehen, während andere möglicherweise psychosomatische Probleme, Ängste und Hemmungen entwickeln, die mit einer tiefen psychischen, körperlichen und sozialen Verunsicherung einhergehen können. Da die jeweiligen Erfahrungen einzigartig sind, ist es schwierig, eine vollständige Liste der Symptome zusammenzustellen, die auf jede betroffene Person zutrifft.
Möglich sind Schlafstörungen, Reizbarkeit, Aggression, Konzentrationsstörungen, Müdigkeit, emotionale oder körperliche Erstarrung, Schüchternheit. Mögliche Folgen können Depressionen sein, Vermeidung auslösender Situationen, zunehmende Schwierigkeiten in sozialen Beziehungen, soziale Isolation, Rückzug und Vereinsamung, Verlust an Lebensfreude, Vitalität und des Glaubens an eine unbelastete Zukunft. Die Gefahr von Alkohol- und Tablettenkonsum steigt.
Traumatisierte Menschen entwickeln oft ihnen selbst unverständliche und der Situation unangemessene Ängste. Sie sind schreckhaft und chronisch unruhig, immer auf der Hut oder immer auf der Flucht. Die Frustrationstoleranz für Stress sinkt, jede neue seelische Belastung kann als Überforderung oder als Katastrophe erlebt werden. Wie bereits erwähnt, werden traumatische Erfahrungen aufgrund ihrer erfahrenen existenziellen Bedrohung vergessen, verdrängt und abgespalten, denn jede Erinnerung würde den die Seele ehemals überfordernden Schrecken nochmals wecken. Die Selbstrettungssysteme des Unbewussten schützen vor den belastenden Erinnerungen des erfahrenen massiven Leids und garantieren so das Überleben. Nicht zu fühlen was ist, ist einer der wichtigsten Überlebensmechanismen bei Bedrohung.
Das zeigt sich z. B. bei einem schweren Unfall in der Weise, dass Betroffene häufig das Gefühl haben, irgendwie „neben sich zu stehen“ und „automatisch“ das Richtige zu tun. Funktionieren, verdrängen, verleugnen, sich zurückziehen, nichts mehr zeigen von der inneren Wirklichkeit – ohne diese Fähigkeiten könnten Menschen in einer massiv traumatischen Situation geistig und seelisch nicht überleben.
Fazit ist, dass eine schwere traumatische Erfahrung die Sicht auf das Leben und die Welt und damit das eigene Handeln dramatisch verändert. Die häufige Folge ist, dass Betroffene die Welt als feindlich, unverständlich und unkontrollierbar und sich selbst als beschädigt, wertlos und verletzbar empfinden.
Um jedoch den Eindruck zu vermeiden, dass alle psychosomatischen und psychischen Erkrankungen ein Trauma zur Ursache haben, möchte ich an dieser Stelle auf die eingangs erwähnten emotionalen Konflikte zurückkommen. Zwar können sich unter hartnäckigen psychosomatischen und psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen Traumen verbergen, doch sie betreffen lediglich einen kleineren Teil der Betroffenen. Es ist wichtig zu wissen, dass bei der Mehrzahl vor allem psychosoziale und emotionale Konflikte als Auslöser, auch scheinbar organischer Erkrankungen, fungieren können. Diese sind als misslungene Verarbeitungs- und Lösungsversuche unbewusster oder auch bewusster Konflikte zu sehen, die bis in die Kindheit zurückreichen können (nicht müssen) und die durch eine bestimmte auslösende Situation wieder aktiviert werden. Nicht jedem Kindheitskonflikt liegt ein Trauma zugrunde. Es fängt stets mit einem bewussten Konflikt an, bei dem die notwendigen Bewältigungstechniken fehlen oder wo sich eine Person durch Ängste, Schuldgefühle oder Aggressionshemmung selbst schwächt. Die damit verbundenen Gefühle wie Wut oder Angst und Unsicherheit erzeugen einen andauernden Konflikt-Stress, der krank machen kann.
Diese Unterscheidung spielt bei der hypnotherapeutischen Behandlung insofern eine Rolle, dass man versucht, herauszufinden, mit welcher Person ein Konflikt besteht, und dabei versucht wird, diesen zu bereinigen. Nicht traumatisierte Menschen zu Trauma-Opfern zu machen, chronifiziert lediglich ihr Leiden. Bevor eine hypnotherapeutische Behandlung erfolgt, wird deshalb stets unterschieden, ob sich unter der entsprechenden Symptomatik ein Trauma, ein Konflikt oder eine Überlastung verbirgt, da die therapeutische Vorgehensweise eine jeweils andere ist.
Was passiert im Gehirn bei einer traumatischen Erfahrung?
Der menschliche Organismus hat bei einem Trauma nur die Wahl, auf diejenigen genetisch determinierten Notprogramme umzuschalten, die dem Überleben dienen. Das Auslösen und Aktivieren dieser Notprogramme führt jedoch langfristig zu Störungen in der neuronalen Hirnstruktur. Ein normales Ereignis wird im Gedächtnisspeicher abgelegt, es kann zeitlich eingeordnet und die dazugehörigen Gedanken und Gefühle können wieder aktiviert werden.
Ein traumatisches Erlebnis hingegen überflutet die normale Stressverarbeitung und führt zu einer massiven Stressreaktion auf der körperlichen, psychischen und geistigen Ebene. Durch den Einfluss der Stresshormone ist die Großhirnfunktion (z. B. Lernen, Speichern und Erinnern von Wissen und Erlebnissen) stark eingeschränkt. Die Erinnerung an das Trauma wird aufgespalten, in verschiedenen Hirnrealen abgelagert und blockiert häufig das Sprachzentrum.
Die neurologischen Veränderungen im Gehirn bei Traumen betreffen vor allem die emotionale Kommandozentrale, das limbische System als Teil des autonomen Nervensystems. Hier ist der Sitz der Amygdala, die wegen ihrer Form in der Anatomie auch als „Mandelkern“ bezeichnet wird. Als Teil des limbischen Systems beeinflusst sie Emotionen und Erinnerungen und ist für die Stressregulation von essenzieller Bedeutung. Als Panik- und Furchtsystem sorgt sie auf einem stammesgeschichtlich sehr alten Funktionsniveau für das Überleben und für das Auslösen des schon erwähnten Notfallprogramms. In einer unkontrollierbaren traumatischen Stresssituation kommt es zu einer Überaktivierung der Amygdala, die den Automatismus körperlicher Reaktionen freisetzt.
Im Normalfall zeigen sich diese in Flucht (Angst) oder Kampfreaktionen (Wut), bei denen die Kreislauffunktionen und Stresshormone auf Hochtouren laufen. Können diese Reaktionen erfolgreich umgesetzt werden, kann auch normalerweise eine Traumatisierung verhindert werden. Wenn es jedoch innerhalb der traumatischen Situation nicht gelingt, durch reales Handeln der Situation zu entkommen, ist das Sichtot-Stellen das letzte Mittel des automatisch gesteuerten Überlebensprogramms.
Das bedeutet, dass der Betroffene zu keiner Reaktion imstande ist, er erstarrt, ist gelähmt und handlungsunfähig. Er sitzt in der Falle von Angst, Wut und Aggression, der „Trauma-Zange“. Er kann seine Angst nicht in Flucht, seine Wut und Aggression nicht in Angriff umsetzen. Das Erleben wird dissoziiert, also abgespalten und ins Unbewusste verbannt. Diese Reaktion ermöglicht es, Schmerz und Schreck während des Geschehens nicht zu spüren. Durch eine Flut von Endorphinen sind Gefühle und Körperzustände in diesem Zustand wie betäubt, die Umgebung wird als fremd und unwirklich wahrgenommen und Betroffene fühlen sich häufig unbeteiligt.
Unsere Reaktion auf eine Aktivierung der Amygdala ist kaum bis gar nicht vom Willen beeinflussbar, die Gefühle von Angst und Panik sind nicht steuerbar. Dieser Teil des Gehirns übernimmt in einer traumatischen Stresssituation die Führung und koppelt sich von dem zuständigen Gehirnbereich, der das Denken steuert, ab. Wenn nun das Stresshormonsystem auf Daueralarm schaltet, kann es aus eigener Kraft nicht mehr reguliert werden. Das erklärt, dass auch, wenn eine Traumatisierung zunächst rein psychischer Natur ist, sie sich in der Folge als psychosomatisches Leiden äußern kann.
Aus diesem Blickwinkel wird verständlich, dass eine Trauma-Heilung darauf abzielt, den verursachten Stress und die Angstzentren zu hemmen und zu regulieren, den Betroffenen wieder handlungsfähig zu machen und die Selbststeuerung wieder so zu stärken, dass ein seelisches und emotionales Gleichgewicht erneut hergestellt werden kann.
Insgesamt lässt sich sagen, dass ein biografisch erlebtes Trauma im Gehirn neuronal verankert wird und so seine Spuren tief und weit in der Persönlichkeitsentwicklung hinterlässt.
Welche Rolle spielt die selbstorganisatorische Hypnotherapie bei Traumen?
Die Hypnose erlaubt es, einen Zugang zur inneren Welt zu finden und diese wahrzunehmen. Deshalb ist es mithilfe dieser Therapieform möglich, sein Leben von innen heraus zu erneuern und zu verwandeln. In der selbstorganisatorischen Hypnotherapie wird Selbstheilung mithilfe angeborener innerer Ressourcen initiiert.
Das Besondere an dieser Therapieform ist, dass der Klient zusammen mit seinem Behandler und mithilfe seines Unbewussten seine Traumen aufdecken und heilen kann, unabhängig davon, ob sie aktuell, in der Vergangenheit oder in der frühen Kindheit stattfanden. Diese werden auf individuelle Weise verarbeitet und ins Leben integriert. Damit verschwinden Symptome und die Lebensqualität verbessert sich.
Der weitere Therapieerfolg zeigt sich darin, dass Betroffene ihre innere Welt besser steuern können. Sie haben gelernt, alten Schmerz anzuschauen, ihn anzunehmen, zu integrieren, an ihm zu wachsen, sich Neuem zuzuwenden und so das Leben wieder in die richtige Bahn zu lenken. Allerdings bleiben die neurologischen Veränderungen weiterhin bestehen, doch bei einer Trauma-Heilung wird die Psyche dadurch nicht mehr so berührt wie früher.
Das Unbewusste hat gelernt, das Ich der Person sicher zu schützen und negative Einflüsse, vor allem Angst und Wut sicher zu kontrollieren. Das entsprechende Trauma ist zu einer der vielen negativen Erinnerungen des Lebens geworden, seine emotionale Macht ist gebrochen.
Ein Trauma gilt dann als ausgeheilt, wenn Betroffene keine negativen Folgen wie Ängste, Verhaltensstörungen, Erkrankungen usw. mehr verspüren. Es werden keine heftigen Gefühle mehr ausgelöst, die den Menschen vormals krank gemacht und ihn in seiner persönlichen und emotionalen Lebensführung negativ beeinflusst haben.
In der Praxis kann die selbstorganisatorische Hypnose vor allem bei therapieresistenten Erkrankungen und psychischen Störungen wie chronischen Spannungskopfschmerzen, chronischer Migräne, Essstörungen, Rückenbeschwerden, Angststö- rungen, Allergien, Antriebsschwäche und Depressionen große Dienste leisten. Soweit organische Ursachen ausgeschlossen sind, können solche Symptome als Regulationsversuche angesehen werden, als Versuche, die eigene psychische Wahrheit zu ihrem Recht kommen zu lassen.
Um die Arbeit der Hypnose besser zu verstehen, ist es hilfreich, sich das folgende Modell der modernen Psychologie zu vergegenwärtigen: Dieses besagt, dass das „Ich“ eines Menschen ein Konstrukt des Gehirns ist, das aus zahlreichen Ich-Anteilen besteht.
Darauf basiert die selbstorganisatorische Hypnose bzw. Hypnotherapie mit dem Ziel der Selbstindividualisation, was bedeutet, das eigene Wesen zum Ausdruck zu bringen, frei von anerzogenen Fremdeinflüssen. Dazu arbeitet sie mit inneren Bildern, inneren Landschaften, Symbolen, Gestalten und archetypischen Persönlichkeitsanteilen wie dem inneren Heiler, dem inneren Beschützer, der inneren Weisheit und u. a. mit dem inneren Kind.
Diese Anteile von Ich-Wahrnehmungen werden je nach Bedarf imaginiert bzw. der Klient identifiziert sich damit und erlebt sich z. B. als das leidbesetzte innere Kind, das er einmal war mit all den damit verbundenen damaligen Gefühlen. Diese wurden unbewusst abgespalten bzw. dissoziiert, was dem Selbstschutz in der ursprünglich belastenden Situation diente.
Doch im Unterschied zu damals kann er heute in einer herbeigeführten Trance zu dem damaligen Ich-Anteil eine Beobachterperspektive einnehmen und seinem Inneren-Kind-Anteil all die Ressourcen zur Verfügung stellen, die es für eine nachträgliche Bewältigung seiner Situation braucht. Denn das Unbewusste verfügt gleichzeitig über alle nötigen Bewältigungswerkzeuge, über die Lösungskreativität und Ressourcen, mit denen eine Heilung oder Ganzwerdung möglich wird.
Um diese Selbstheilungstendenz des Unbewussten zu aktivieren, bedient man sich innerhalb der selbstorganisatorischen Hypnotherapie diverser Hypnotherapieverfahren. Das Besondere dabei ist, dass der Patient direkt mit seinem Unbewussten über ideomotorische Handbewegungen im Ja-Nein-Modus kommunizieren kann. Da das Gehirn nach dem Prinzip „Schmerz vermeiden“ und „Lustgewinn steigern“ arbeitet, macht man sich diese Tatsache in der selbstorganisatorischen Hypnotherapie zunutze, indem man eine regelrechte Konditionierung auf das erwünschte Ziel hin verfolgt.
Gabriele Raimer
Heilpraktikerin und Hypnotherapeutin, Baden-Baden
Fotos: fotolia©Benjamin Haas, fotolia©bcorn, fotolia©Photographee.eu