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Fehlernährung und Depression im Kinder- und Jugendalter!

Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Bereits im Vorschulalter ist etwa 1 % der Kinder betroffen, im Grundschulalter ca. 2 %. Zwischen 12 und 17 Jahren erkranken etwa 3 bis 10 % aller Jugendlichen an einer Depression. Häufig sind diese kombiniert mit weiteren psychischen Erkrankungen, wie Essstörungen, Angststörungen und ADHS.

Zu einer Depression in diesen Altersgruppen kommt es aus biologischen wie aus psychosozialen Gründen. Meist liegt eine Veranlagung vor, die entweder genetisch bedingt ist oder durch negative oder traumatische Erfahrungen in der frühen Kindheit erworben werden kann. Durch die Veranlagung kommt es zu einer erhöhten Verletzlichkeit, sodass das Risiko, an einer Depression zu erkranken, ansteigt. Stress in der Familie, in der Schule oder mit Freunden kann dann Auslöser sein. In manchen Fällen kommt es auch ohne Gründe durch die Veranlagung zu einer Depression.

In den letzten Jahren kam es aufgrund der Schließungen von Schulen, Freizeiteinrichtungen und dem Verbot von direkten Sozialkontakten aufgrund der Coronapandemie zu einer Häufung von neuen Fällen, speziell in jungen Jahren. In der COPSY-Studie gaben 70 % der befragten Kinderund Jugendlichen an, psychisch belastet zu sein, und 82,8 % gaben an, nach der Pandemie weniger Sozialkontakte zu haben als vor dieser Zeit.

Die Symptome der Depression können sich je nach Alter unterschiedlich zeigen und werden auch oft übersehen (Tabelle 1).

Wichtig ist, dass die Diagnose durch einen Arzt (immer m/w/d) gestellt werden muss.

Beeinflusst die Ernährung den Gemütszustand von Kindern?

Kinder essen gerne Nahrungsmittel, die als ungesund eingestuft werden. Statt Obst und Gemüse wünschen sie sich Pommes, Eis und Nuss-Nougat-Creme. Da stellt sich vielen Eltern die Frage, sollte ich mir den Kampf um eine gesunde Ernährung täglich antun oder kann ich diese Sünden öfter durchgehen lassen?

Forscher der Duke-University (Kalifornien) haben die Essgewohnheiten von 917 Vorschulkindern analysiert und sind der Frage nachgegangen, ob die Nahrung Einfluss auf ihren Gemütszustand hat.

Dabei beobachteten sie zwei Jahre lang die Gewohnheiten von Kindern im Alter von zwei bis sechs Jahren. Sie befragten zusätzlich die Eltern zu den Essgewohnheiten und Verhaltensauffälligkeiten ihrer Kinder. Dabei zeigte sich: Je eingeschränkter ein Kind seine Nahrung auswählt, desto höher ist die Gefahr, Angstzustände und Depressionen zu entwickeln.

Etwa 3 % der untersuchten Kinder hatten so extreme Essgewohnheiten, dass Mahlzeiten mit der Familie eine Herausforderung waren. Diese Kinder lehnten fast alle Gerichte ab, sodass die Eltern immer extra für sie kochen mussten. In den folgenden zwei Jahren verstärkten sich in dieser Gruppe die Angststörungen. Daher gehen die Forscher davon aus, dass die Ernährung großen Einfluss auf den Gemütszustand und die Psyche hat. Bleibt die Frage, ob die betroffenen Kinder eine genetische Veranlagung zu psychischen Problemen haben oder eine ungesunde Familiendynamik die Essstörung ausgelöst hat!

Tatsache ist, dass Eltern unbewusst ihre eigenen Ängste auf die Kinder übertragen. Wenn Vater oder Mutter selbst emotional belastet waren, hatten die Kinder in der Folge häufiger extreme Essgewohnheiten. Die Forscher meinten, dass es sich auch um einen synergistischen Effekt handeln könnte.

Fakt ist, dass die meisten Kinder im Vorschulalter wählerisch beim Essen sind. Dabei steckt nicht immer eine psychische Ursache dahinter und die Ernährungsgewohnheiten bessern sich später wieder.

Zusammenhang zwischen Darmbakterien, Stress und Depression

Der Zusammenhang zwischen Depression und Ernährung ist komplex. In diversen Studien konnte gezeigt werden, dass sich Stress und Depressionen negativ auf das Wachstum der gesunden Darmbakterien auswirken können. Dadurch steigt das Risiko für Stressanfälligkeit, Depressionen und eine ungünstige Nahrungsauswahl an. In dieser Untersuchung hatte die Ernährung den größten Einfluss auf die Konstellation der Darmbakterien. Eine gesunde Ernährung sorgt daher für eine gute Darmflora mit gesunden Darmbakterien, die bestimmte Neurotransmitter im Gehirn aktivieren und so depressiven Episoden vorbeugen können.

Übergewicht und Depressionen begünstigen sich gegenseitig

Fette Mahlzeiten erhöhen das Stresshormon Cortisol, wie eine Untersuchung an depressiven Frauen zeigte. In zahlreichen Studien konnte ein Zusammenhang zwischen Übergewicht und der Entstehung einer Depression gezeigt werden. Eine bestehende Depression führte nach Jahren zu Übergewicht und umgekehrt. Depressionen verändern das Essverhalten der Betroffenen, sodass sich durch wiederkehrende Episoden dysfunktionale Essgewohnheiten entwickeln können, die den Organismus und die Psyche belasten.

Nährstoffe haben Einfluss auf Neurotransmitter im Gehirn

Treten Antriebslosigkeit und Niedergeschlagenheit auf, also typische Zeichen einer Depression, so laufen bestimmte Prozesse im zentralen Nervensystem ab. Chemische Botenstoffe, die eine Übertragung von elektrischen Signalen zwischen den einzelnen Nervenzellen steuern, sind Neurotransmitter und diese sind entscheidend für die Funktion des Gehirns.

Bei Menschen mit Depression wird häufig ein Defizit der Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin festgestellt. Um diesem Defizit entgegenzuwirken reicht es jedoch nicht, serotoninreiche Nahrungsmittel, wie Bananen, zu essen, um die Serotoninausschüttung im Gehirn anzuregen. Denn die Blut-Hirn-Schranke verhindert, dass Inhaltsstoffe, wie Serotonin, einfach ins Gehirn gelangen können.

Eine Ernährung, die Tryptophan- und Tyrosinreich ist (beides Aminosäuren), kann die körpereigene Serotoninbildung anregen und Tryptophan kann die Blut-Hirn-Schranke passieren. Bei einem Serotoninmangel im Gehirn kann dies Stimmungsschwankungen und depressive Verstimmungen auslösen.

Wichtiger als die Menge an Tryptophan ist das Verhältnis zu anderen Nährstoffen in der Ernährung. Bei einem niedrigen Proteingehalt der Nahrung im Verhältnis zu den Kohlenhydraten wirkt die Aminosäure vermehrt zur Serotoninbildung.

Dass eine proteinarme Ernährung zu einer Zunahme der Stresstoleranz führen kann, wurde in Studien nachgewiesen. Allerdings darf auf Protein ebenfalls nicht gänzlich verzichtet werden, denn bei eiweißarmer Ernährung wird das Tryptophan für die Umwandlung in Niacin verwendet und produziert wiederum weniger Serotonin.

95 % des Serotonins wird im Darm gebildet, daher können Pro- und Präbiotika hier unterstützend wirken. Damit Serotonin aus der Aminosäure Tryptophan gebildet werden kann, benötigt der Organismus jedoch weitere wichtige Mikronährstoffe. Mithilfe von Vitamin D, Vitamin B6, Folsäure, Niacin, Eisen und Magnesium findet die Umwandlung in das Zwischenprodukt 5-Hydroxytryptophan statt. Beim nächsten Umwandlungsschritt benötigt der Organismus wiederum Magnesium, Zink, Vitamin B6 und Vitamin C (Abbildung 1).

Zusätzlich sind Omega-3-Fettsäuren wichtig, damit Serotonin im Gehirn wirken kann. Denn die Omega-3-Fettsäure Docosahexaensäure (DHA) ist entscheidend für die Aktivität der Serotonin-Rezeptoren in den Zellmembranen der Gehirn- und Nervenzellen. Die wichtige Omega-3-Fettsäure Eicosapentaensäure initiiert wiederum die Freisetzung von Serotonin aus den Nervenzellen. Weiterhin wirken Omega-3-Fettsäuren entzündungshemmend. Jede Entzündung fördert die Ausschüttung von Zytokinen und kann zu niedrigen Neurotransmitter-Spiegeln führen und eine Depression bei prädisponierten Kindern auslösen.

Gesunde Ernährung beugt Depressionen vor

Kinder und Jugendliche sind im Wachstum und sollten besonders auf eine gesunde Ernährung zur Vorbeugung aller Erkrankungen achten. Eine ausgewogene Kombination an Nahrungsmitteln mit komplexen Kohlenhydraten, Eiweißen, Vitaminen, Mineralstoffen und Aminosäuren hat positiven Einfluss auf Antrieb, Energie und Motivation (Flemmer 2011).

Die Nahrung sollte dabei mehr Omega-3- Fettsäuren als Omega-6-Fettsäuren enthalten (Verhältnis 5:1), denn ein Überschuss an Omega-3-Fettsäuren verbessert die Laune, ein erhöhter Anteil an Omega- 6-Fettsäuren verschlechtert sie (Neumann 2010). In Ländern, in denen der Fischkonsum höher ist, treten Depressionen weniger häufig auf und auch die Selbstmordrate ist niedriger. So liegt der Anteil der Bevölkerung, der an Depressionen leidet in asiatischen Ländern bei 0,1 %.

B-Vitamine beeinflussen die Stimmung positiv

Die Vitamine der B-Gruppe spielen eine wichtige Rolle für die Bildung von Botenstoffen im Gehirn und im Nervensystem, die Energiebereitstellung und verbessern die Stimmung. Bei einem Mangel an diesen Vitaminen sind die typischen Symptome Unruhe und Nervosität, aber auch Konzentrationsstörungen sowie verminderte Gedächtnisleistung. Besonders wichtig ist die Zufuhr von Folsäure und Vitamin B12, um die Stimmung zu heben, allerdings empfiehlt sich immer die Gabe des gesamten B-Komplexes. Niacin ist für die Bildung von Serotonin notwendig und hilft gegen Reizbarkeit, Depressionen und Schlafstörungen (Flemmer 2011). Vitamin B6 ist ebenfalls notwendig für die Serotoninbildung. Depressive Menschen weisen häufig einen kombinierten Mangel an Vitamin B6 und Vitamin B2 auf.

Zink fehlt oft bei Depressionen

Das Spurenelement Zink hat über mehrere Wege Einfluss auf den Hirnstoffwechsel. Zum einen beeinflusst es die Übertragung von Neurotransmittern an der Synapse, zum anderen wirkt es als Modulator von Neurotransmitter-Rezeptoren wie Amino- 3-Hydroxy-5-Methyl-4-Isoxazol-Propionsäure (AMPA), Aminobuttersäure (GABA) und N-Methyl-D-Aspartat (NMDA).

Bei einer Störung des Zinkstoffwechsels oder einem Mangel an diesem Spurenelement kann sich das Nervensystem nicht mehr so gut auf Änderungen des Umfeldes oder neue Erfahrungen einstellen. Langfristig können dadurch psychiatrische Krankheiten auftreten, wie Depressionen. Zusätzlich ist Zink bei der Regulierung und Expression des Proteins Brain-derived neurotrophic factor (BDNF) involviert. Dieses Protein spielt eine wichtige Rolle für die Leistungsfähigkeit des Gehirns und erniedrigte BDNF-Spiegel gehen mit depressiven Störungen einher.

Bei Zinkmangel steigt der Spiegel von proinflammatorischen Zytokinen (Interleukin-6) und Tumornekrosefaktor-Alpha an und begünstigt Veränderungen der zerebralen Funktion von Serotonin. Zinkmangel reduziert daher die Bioverfügbarkeit von Tryptophan für die Serotoninbildung, sodass vermehrt Kynurenin und Chinolinsäure, ein neurotoxisches Stoffwechselprodukt, entstehen. Dies liegt an dem Umstand der stillen Entzündung, die allerdings ebenfalls einen Zinkmangel befördert (Abbildung 2).

Latente Mikronährstoffmängel sind bei Kindern weitverbreitet

In einer aktuellen Review-Studie wurde die Nahrungsaufnahme von Kleinkindern aus den Ländern Deutschland, Brasilien, Russland und den USA miteinander verglichen. In der Auswertung wurden fünf Studien mit 6 756 Kleinkindern eingeschlossen.

Zusammenfassung der Prävalenz für eine unzureichende Aufnahme von Mikronährstoffen für Kleinkinder von 1 bis 4 Jahren in Deutschland, Brasilien, Russland und den USA – in Prozent unterhalb der durchschnittlichen erforderlichen Aufnahmemenge (Tabelle 2).

In einer repräsentativen Stichprobe des Kindes- und Jugendsurveys (KiGGS) hatten Kleinkinder im Alter bis zu 2 Jahren einen durchschnittlichen Vitamin-D-Spiegel von 23 ng/ml (Mädchen) bis 24,5 ng/ml (Jungen). Mit zunehmendem Alter nimmt der Vitamin-D-Spiegel bei Kindern und Jugendlichen noch ab. Jungen im Alter von 14 bis 17 Jahren wiesen nur noch 14,2 ng/ml und Mädchen 13,7 ng/ml auf.

Dabei wurde festgestellt, dass Kinder mit einem niedrigen Vitamin-D-Spiegel im Blut fast doppelt so häufig Aggressionen und psychische Störungen wie Angstzustände und Depressionen entwickeln wie Kinder mit einem höheren Vitamin-D-Spiegel.

Zusammenfassung

Einen Mangel an Mikronährstoffen haben bereits die kleinsten Kinder, auch in westlichen Ländern. Vor allem die fettlöslichen Vitamine sind in der Zufuhr unzureichend. Neben Depressionen werden auch andere schwerwiegende Erkrankungen im Laufe des Lebens dadurch gefördert.

Die Ernährung spielt eine wichtige Rolle in der Prävention und scheint, ohne eine Ergänzung, in vielen Fällen nicht alle Mikronährstoffe zur Gesunderhaltung zu beinhalten.

Hier sollte im medizinischen Bereich ein Umdenken stattfinden, damit bereits in frühen Jahren mehr für die psychische und körperliche Gesundheit getan wird.

Nathalie Schmidt
Lebensberaterin, Coachin, Vitalstoff-Expertin, Autorin

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Dr. med. Edmund Schmidt
Facharzt für Allgemeinmedizin, Chirotherapie, Ernährungsmedizin, Schmerz- und Vitalstofftherapie, Autor

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Foto: ©Andrey Armyagov | adobe stock.com