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Liebe ... ungünstige Beziehungsmuster als Ursache von Einsamkeit

Wenn es in der Liebe immer wieder schiefläuft ...

Berlin – Befragungen zufolge fühlte sich in Deutschland jede zehnte Person vor der Pandemie einsam. Ein Grund dafür können ungünstige Muster der Beziehungsgestaltung sein, die immer wieder zu frustrierenden Kontaktabbrüchen führen. Der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM) schildert, welche schwierigen zwischenmenschlichen Dynamiken häufig anzutreffen sind und welche Wege aus der Einsamkeitsfalle herausführen können.

Einsamkeit ist nicht nur ein schmerzhaftes Gefühl – sie kann auch krank machen. „Einsamkeit geht mit einem Verlust an Lebensjahren einher“, erläutert Professor Dr. med. Hans-Christoph Friederich, Vorsitzender der DGPM und Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik am Universitätsklinikum Heidelberg. Sie erhöht die Sterblichkeit um etwa 30 % und ist für die Gesundheit sogar gefährlicher als Bewegungsmangel, Adipositas, Alkohol oder Rauchen.

Doch während Alleinsein selbstgewählt und Isolation unverschuldet ist, spielen bei Einsamkeit häufig ungewollt persönliche Faktoren eine Rolle. Das ist z. B. der Fall bei einem altruistischen, aufopfernden Beziehungsmuster, das die „hilflosen Helfenden“ leben. „Sie sind darauf fixiert, sich um andere zu kümmern und eigene Interessen zurückzustellen“, erläutert Friederich. „Dahinter steht meist die Sorge, nicht anerkannt zu werden – häufig eine Prägung aus der Kindheit, sich die Anerkennung der Eltern erarbeiten zu müssen.“

Nachfragen ist hilfreich

Doch statt Zuneigung erleben die Helfenden oft Zurückweisung. „Ihr Gegenüber fühlt sich dominiert oder verpflichtet – und reagiert mit Verärgerung oder Rückzug“, schildert Friederich weiter. Es sei hilfreich nachzufragen, warum sich andere zurückziehen, rät der DGPM-Experte. Auch sei es wichtig, andere Verhaltensweisen in der Beziehung anzubieten. „Den anderen nicht verwöhnen, sondern sich für die eigenen Bedürfnisse einsetzen. Oder vom Gegen- über etwas erwarten und die Erfahrung machen, wie er/sie reagiert“, zählt Friederich sinnvolle Alternativen auf.

Ein anderes Muster lebt der „Philobat“. Der aus dem Griechischen stammende Begriff beschreibt Menschen, die enge Bindungen meiden. „Sie haben Angst vor Nähe und ein großes Bedürfnis nach emotionaler Unabhängigkeit“, berichtet Friederich. „Sie wurden in früher Kindheit sehr enttäuscht und wollen nie wieder so verletzt werden.“ Wünscht der Partner (immer m/w/d) mehr Nähe, ist die Beziehung gefährdet. „Dann werden bewusst Konflikte inszeniert, um wieder Distanz herzustellen“, erläutert Friederich. Für diesen Typus sind Fernbeziehungen ideal.

Auch in der Sexualität sind Philobaten Grenzen gesetzt. „Aus Angst vor Verschmelzung können sie tiefe Intimität nicht leben“, sagt Friederich. Daraus resultieren häufig sexuelle Probleme. Ein Lösungsweg: Herausfinden, was vorgefallen ist, das die Angst vor Zurückweisung erklärt. „Um dann das Verhalten zu ändern und Neues auszuprobieren“, erklärt Friederich. Ermutigung, mehr Nähe zu riskieren, sei angebracht. „Man kann ja jetzt Zurückweisung anders verarbeiten als in der Kindheit, man hat die Erfahrung gemacht, dass man gut allein leben kann“, so Friederich.

Erbitterte Streitereien um Fehler

Mit vielen Beziehungsabbrüchen sehen sich darüber hinaus Menschen konfrontiert, die ausgeprägte selbstgerechte Züge tragen – sie suchen die Schuld vorwiegend bei anderen und verleugnen ihre Anteile. Die anderen würden betrügen und nur ihre Vorteile suchen, lauten häufige Vorwürfe. „Es gibt Menschen, die schreiben sich haarklein auf, was der andere falsch gemacht hat – und zählen das immer wieder auf“, berichtet der DGPM-Experte, der auch das Heidelberger Institut für Psychotherapie leitet. Die Folge sind erbitterte Streitereien, bis es zum Bruch kommt.

Problembehaftet ist auch das sog. Don-Juan- oder Lolita-Muster. „Solche Personen sexualisieren alles, weil sie auf Anerkennung angewiesen sind“, erklärt Friederich. Doch ständiges Fremdflirten ist für die Beziehungsperson schwierig – Eifersucht kommt ins Spiel, Konflikte entstehen. Ebenfalls nicht einfach zu handhaben sind Narzissten. „Sie wollen stets brillieren und entwerten dabei das Gegenüber, um sich zu erhöhen“, erklärt Friederich. Für Narzissten sind Menschen wie Trophäen. „Sie setzen sich enorm ein, um sie zu gewinnen – aber dann langweilen sie sich und etwas Neues muss her“, so Friederich.

Der Blick von außen: Einzel- oder Gruppenpsychotherapie

Doch egal, welche Muster gelebt werden, es gilt: Brechen immer wieder unfreiwillig Kontakte ab, ist eine Psychotherapie angeraten – mit dem Ziel, ungünstige Interaktionen zu identifizieren und zu bearbeiten. „Das geht am besten mit jemandem, der von außen darauf schaut“, sagt Friederich. „Denn die Betroffenen selbst sind ja meist blind für die eigenen Verhaltensmuster.“ Dies geschieht entweder in Einzelsitzungen oder in einer Gruppe, die von einem Therapeuten oder einer Therapeutin angeleitet wird.

In der Einzeltherapie hat sich bewährt, konkrete Beziehungsepisoden zu schildern, gemeinsam zu analysieren („Circumplexmodell“) und vor der Biografie und frühkindlichen Bindungserfahrungen zu reflektieren. „Muster zeigen sich aber auch gut in Gruppen“, sagt Friederich. „Denn dort können sich Konflikte reinszenieren, und man erhält in einem geschützten Raum Rückmeldungen, wie andere einen wahrnehmen“, erläutert der DGPM-Experte. Gruppenpsychotherapie zur Beziehungsgestaltung kann über die gesetzliche Krankenkasse abgerechnet werden.

 

Wir bedanken uns für die freundliche Genehmigung zum Abdruck des Artikels. Redaktion Freie Psychotherapie

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