Trauerarbeit durch Hypnose
Eine mir schon länger bekannte Klientin wünschte sich nach einer gut gelösten und befriedeten Familienaufstellung zum Thema „Mutter“ und Bodenankern nun das emotional sehr stark besetzte Thema „Vater“ zu bearbeiten. Ich schlug ihr dafür eine analytische Hypnose vor, doch dazu nachher mehr.
Vorgeschichte: Der Vater der Klientin verstarb im Jahr 2019 aufgrund von Lungenkrebs. Er wurde zu Hause von seiner zweiten Frau, von der Schwester der Klientin und vor allem durch sie selbst, neben ihrer Berufstätigkeit, gepflegt. Der langsame Sterbeprozess dauerte sechs lange Wochen. Die Familie war von Anfang an völlig mit dieser Situation überfordert. Ambulante Hilfe kam nur auf flehendes Bitten der Klientin, eine stationäre Aufnahme ins hiesige Krankenhaus wurde ihm mehrfach verwehrt, wieso auch immer, und auch eine Aufnahme im Hospiz war leider aus Platzmangel bis zum Schluss nicht möglich. In seiner letzten Nacht krümmte sich ihr Vater vor Schmerzen und die Familie musste dabei hilflos zusehen. Kurz vor seinem Tod schickte ihr Vater sie nach Hause, damit sie sich ausruhte. Sie folgte ganz erschöpft dieser, wie sich herausstellen sollte, letzten Bitte.
Sie fuhr nach Hause, duschte, setzte sich in ihren bequemen Sessel mit Blick in den Garten und hatte dann sofort das Gefühl, umarmt zu werden. In diesem Augenblick dachte sie an ihren Vater und kurz darauf klingelte das Telefon und ihr wurde gesagt, dass ihr Vater im Beisein seiner Frau und der Schwester der Klientin gestorben sei. So hat er wohl seine geliebte Tochter beschützt und sich von ihr auf seine ganz eigene Weise verabschiedet.
Diese letzten Bilder ihres sterbenskranken Vaters und das Gefühl, dass sie für ihn mehr hätte tun und kämpfen sollen, quälten sie jetzt schon fünf lange Jahre. Daher hatten wir schon vor Weihnachten einen Hypnosetermin zur Verarbeitung ausgemacht. Als sie, immer sehr pünktlich, nicht zur vereinbarten Uhrzeit erschien, rief ich sie an. Es stellte sich heraus, dass sie diesen Termin gar nicht eingetragen hatte. Seltsam, nicht wahr? Sie erschien dann dennoch und äußerte aber gleich zu Beginn der Sitzung Zweifel, ob es auch gut wäre, die Hypnose durchzuführen. Kurz: Sie hatte einfach Angst – Angst vor dem, was kommen würde. Völlig verständlich! Als ich auf ihre Ängste einging, ihr anbot, die Hypnose zu verschieben, und sie aber auch beruhigte, dass ihr Unterbewusstsein nur das freigeben würde, was gut für sie sei, willigte sie spontan ein.
Die nun folgende Hypnosesitzung war sehr schön, hilfreich und heilsam. Aber hören Sie einfach selbst.
Da meine Klientin zu anderen Themen schon einige Hypnosen von mir erhalten hatte, konnte ich in der Einleitung zügig vorangehen und sie zeigte sich sehr schnell entspannt.
Nach der Hypnosevertiefung durch das Bild einer schwebenden Feder und dem Öffnen des Tores zum Unterbewusstsein bat ich sie, sich eine beliebige Wiese und einen Berg vorzustellen – das Bild kam sofort. Woher ich das weiß? Bei einer analytischen bzw. aufdeckenden Hypnose können die Klienten (immer m/w/d), obwohl sie in einem Hypnosezustand sind, sprechen. Dies erreicht man, indem man die Schweresuggestion der Lippen durch eine Leichtigkeitssuggestion wie folgt aufhebt: „Ihre Lippen sind jetzt ganz leicht und frei beweglich, leicht und frei beweglich.“
Nun ja, sie sah eine Wiese mit vereinzelten Tannen und verschiedenen Grünfarben. Wanderwege schlängelten sich durch die Wiese. Die Sonne schien, es war warm und nach ihrem Gefühl war es Frühling. Die Wiese war zu Füßen von zwei Bergen, einen davon erkannte sie als Tegelberg. Sie selbst stand auf dem Plateau des anderen Berges, trug eine Lederhose, eine rosa Bluse und Haferlschuhe.
Nach ihrem Gefühl gefragt, meinte sie, sie fühle sich super und verspüre ein großes Glücksgefühl. Auf meine Frage, ob noch jemand da sei, meinte sie, sie sei allein. Sie erzählte, sie sei sehr froh, nicht auf den Tegelberg hochgegangen zu sein, denn die Aussicht vom anderen Berg wäre viel schöner und so könne sie auch den Tegelberg sehen. Sie berichtete, ihre Beine stünden fest auf dem Boden und sie genieße diesen wunderschönen Ausblick. Erhaben war das genaue Wort, das sie dabei benutzte. Einfach ein Teil von der Natur zu sein und diese Naturverbundenheit zu spüren, wäre wunderschön, und in der Tat lag sie sehr entspannt und gelöst auf der Hypnoseliege. Auf meine Frage, wenn sie sich jemand hierher wünschen könne, wer das denn sei, antwortete sie sofort: „Meinen Papa“. Also ließ ich sie dort auf dem Plateau zur Hypnosevertiefung einen Platz aussuchen, um sich hinzusetzen, bat sie, die Augen zu schließen, um dann einen Wunsch nach oben zu senden. Dann ließ ich sie dies einfach dort einige Momente still genießen. Als ich sie danach aus dieser Vertiefung wieder zurückholte, hatte sich ihr Bild ganz deutlich verändert. Es war dunkler geworden, berichtete sie, es waren plötzlich Wolken am Himmel, ein Wetterumschwung kündigte sich an und die Dämmerung kam. Plötzlich sagte sie: „Jetzt gehen wir“ und ich fragte natürlich gleich: „Wer ist wir?“. „Mein Vater und ich“, meinte sie. Sie sähe ihn zwar nicht wirklich, aber sie spüre ihn. Es fühle sich an wie eine unsichtbare Begleitung, ein Schutzengel. Nach und nach wurde sein Bild auf dem Plateau neben ihr deutlicher. Sie beschrieb ihn mit seinen typischen Locken, Jeans und seinem Hemd, das wie immer an ihm herunterhänge. Er wirke jung und gesund.
Auf meine Frage, wie es ihr denn jetzt gehe, meinte sie: „Sehr gut“, und eine Träne rollte über ihre Wange. Ich fragte sie, ob es ein schönes Bild sei, dort oben mit ihrem Vater zu stehen. Als sie das bejahte, verankerte ich dieses Bild in ihr Herz: sie und ihr Vater wieder vereint hoch oben auf dem Plateau.
Dann fragte ich, was sie jetzt gerne machen würde. Sie meinte, mit ihrem Papa den Berg nach unten gehen, und dann stellte sie ihm auf meine Aufforderung hin die Frage: „Lieber Papa möchtest du mit mir gehen?“ „Na klar!“ kam sofort die Antwort. Also gingen sie zusammen den Berg hinunter. Unten angekommen konnte sie ihren Vater dann ganz deutlich sehen. Sie stiegen beide in ihr Auto und fuhren nach eigener Aussage nach Hause.
Auf meine Frage, was denn die Botschaft ihres Vaters durch diese Hypnose gewesen sein könnte, meinte sie noch in Trance: „Ich werde immer bei dir sein“. Darauf verankerte ich auch diesen Satz in ihr Herz und dann schloss sich das Tor zum Unterbewusstsein wieder.
Nach einer erfolgreichen Desuggestion und Aufhebung des Hypnosezustandes sprachen wir noch eine ganze Weile und meine Klientin meinte, sie sei so froh, die Hypnose gemacht zu haben, und sie sei so glücklich, ihren Vater und diese schöne Botschaft jetzt im Herzen zu tragen.
Danach suchte sie sich eine schöne Motivkarte aus, setzte sich an meinen Schreibtisch, um diese Botschaft aufzuschreiben, und sagte plötzlich: „So was würde mein Vater nie sagen. Ich schreibe: Ich bleib jetzt immer bei dir“. Dabei musste sie lachen. Nur einen Tag später bekam ich von ihr eine Nachricht: Sie bedankte sich für die schöne Hypnose. Ihr ginge es sehr gut, die schlimmen letzten Bilder von ihrem Vater seien ganz weg und er führe jetzt immer mit ihr im Auto.
Gestern war sie drei Wochen nach der Hypnose für ein Nachgespräch in meiner Praxis und sie bestätigte noch einmal diese Wirkung und wirkte ganz gelöst und frei. Eine schöne Geschichte, nicht wahr? Vielleicht haben Sie in einer ähnlichen Situation auch den Mut, sich der Vergangenheit zu stellen. Dann erhalten Sie ein so wunderschönes Geschenk wie meine Klientin.
Barbara Michaela Hux Heilpraktikerin für Psychotherapie, Trauerbegleiterin, Praxis in Bodolz