Skip to main content

Wie man die Gefahr einer Coronavirus-Infektion mit Vitamin D + Selen reduzieren kann

App FP 0121 komplett Page34 Image1Seien wir ehrlich: Covid-19 ist eine echte Gefahr, die uns noch eine ganze Zeit lang begleiten wird. Obwohl die Krankheitsverläufe sehr unterschiedlich sind und von leichten Symptomen bis schweren Erkrankungen alles umfassen können, steht eindeutig fest, dass die Coronavirus-Pandemie schon sehr viele Todesopfer gefordert hat. Wissenschaftler beschäftigen sich jedoch mit Strategien, um die Bedrohung zu reduzieren, und setzen nun große Hoffnungen in Mikronährstoffe.

Das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 zählt zu Recht zu den am meisten gefürchteten Gegnern unserer Zeit. Das unerbittliche Virus, dem weltweit bereits nahezu 1,3 Millionen Menschen zum Opfer gefallen sind, zwingt uns überall auf der Welt dazu, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, uns die Hände zu desinfizieren und Abstand zu halten.

Arbeitsplätze sind vernichtet worden, die Wirtschaft steht vor riesigen Herausforderungen und bisher ist noch kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Ist also alle Hoffnung verloren? Nein, ganz im Gegenteil. Tatsächlich hat sich herausgestellt, dass sich in der faszinierenden Welt der Mikronährstoffe gleich mehrere vielversprechende Kandidaten finden lassen, die dazu beitragen könnten, die Gefahren der Pandemie zu mindern.

App FP 0121 komplett Page35 Image1Verhindert eine Überreaktion des Immunsystems

Der erste Kandidat heißt Vitamin D. Der auch als „Sonnenvitamin“ bekannte Nährstoff, der in der menschlichen Haut unter Einfluss von UVB-Strahlung gebildet wird, scheint eine doppelte Funktion zu erfüllen. Er wird erstens benötigt, damit unser Immunsystem seine vielfältigen Aufgaben erfüllen kann, zu denen unter anderem die Erkennung und die Abwehr von in den Körper eindringenden Viren zählen. Zweitens verhindert das Vitamin eine Überreaktion des Immunsystems, bei der der Körper nicht mehr aufhört, das Virus aggressiv mit entzündungsfördernden Prozessen zu bekämpfen, indem es Zytokine und Chemokine ausschüttet und als tödliche Waffen gegen das Virus einsetzt.

Wird dieser Prozess nicht gestoppt, sobald das Virus besiegt ist, besteht die Gefahr einer Hyperinflammation, die sich dann gegen das körpereigene Gewebe richten kann, für gewöhnlich gegen die Lunge und das Herz-Kreislauf-System. Genau das ist es, was bei einem schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung passiert, von dem oft ältere Menschen betroffen sind, die aber auch bei jungen und augenscheinlich gesunden Menschen vorkommen kann.

Vitamin-D-Mangel und eine erhöhte Infektionsrate

Vitamin D sorgt im Prinzip dafür, dass Zytokine und Chemokine, die aggressiven Wächter unseres Immunsystems, keine unerwünschten Schäden durch Entzündungsreaktionen verursachen. Gleichzeitig scheint es aber auch das Risiko zu minimieren, überhaupt erst an Covid-19 zu erkranken. In einer Studie1), die von Forschern der Universitätsklinik Chicago unter Einschluss von 489 Patienten durchgeführt wurde, ergab ein Vergleich der Vitamin-DWerte mit der Coronavirus-Infektionsrate, dass die Wahrscheinlichkeit eines coronapositiven Testergebnisses bei Patienten mit einem niedrigen Vitamin-D-Spiegel zu 77 % höher war als bei Patienten, die ausreichend hohe Vitamin-D-Blutwerte aufwiesen. Dieser Beobachtungsstudie müssen natürlich noch größere Studien folgen, dennoch lässt sich ein Trend erkennen.

Auch Wissenschaftler aus dem Umfeld der Hebräischen Universität Jerusalem und Clalit Health Services, dem größten der vier staatlich beauftragten Gesundheitsdienstleister in Israel, haben eine bevölkerungsbezogene Studie2) mit 4,6 Millionen Menschen durchgeführt, bei der die Vitamin-D-Werte mit den Coronavirus-Infektionsraten verglichen wurden. Außerdem wurden 52 405 infizierte Patienten mit 524 050 gesunden Kontrollprobanden gleichen Geschlechts, gleichen Alters und gleicher Herkunftsregion verglichen, um herauszufinden, wie die Vitamin-D-Werte mit den CoronavirusInfektionsraten korrelierten. Die Forscher stellten eine erhebliche inverse Korrelation zwischen den Vitamin-D-Werten und den Coronavirus-Infektionsraten fest.

Kostenlose Vitamin-D-Präparate in Schottland

Die Wissenschaft hat Vitamin D und sein Potenzial im Kampf gegen Covid-19 fest im Blick. Die schottische Regierung hat kürzlich beschlossen, gefährdete Bevölkerungsgruppen mit kostenlosen Vitamin-D-Präparaten3) auszustatten, um sie dabei zu unterstützen, ihre Vitamin-D-Werte auf ein optimales Niveau zu bringen. Die betroffenen Personen weisen entweder aufgrund von Ernährungsfaktoren oder weil sie im Laufe eines Jahres zu wenig Sonnenlicht erhalten haben, einen niedrigen VitaminD-Spiegel auf. Die britische Regierung zieht nun eine ähnliche Maßnahme in Betracht, außerdem wurde eine groß angelegte Vitamin-D-Studie4) in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Queen Mary Universität in London auf den Weg gebracht. Über 5 000 Briten wird täglich sechs Monate lang ein Vitamin-D-Präparat (Vitamin D3 Pharma Nord D-Pearls) verabreicht, um herauszufinden, wie es sich auf das Risiko einer Coronavirus-Infektion auswirkt.

App FP 0121 komplett Page36 Image1Selen verhindert Virusmutationen

Ein weiterer Mikronährstoff, der im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, ist Selen, das viele Europäer aufgrund des niedrigen Selengehalts der landwirtschaftlich genutzten Böden nicht in ausreichenden Mengen mit der Nahrung aufnehmen. Dieses Spurenelement unterstützt die Funktion von ca. 25 bis 30 verschiedenen selenabhängigen Enzymen, den Selenoproteinen, von denen einigen eine Schlüsselfunktion bei der Immunabwehr zukommt. Eine der wirklich interessanten Eigenschaften von Selen ist, dass es die Mutation von Viren verhindert. Der Mutationsfaktor ist nämlich genau das, was das neuartige Coronavirus und andere RNA-Viren so gefährlich macht.

Wenn ein RNA-Virus mutiert, muss das Immunsystem sein „Erkennungsprogramm“ auf null setzen, da es das Virus nicht mehr identifizieren und den Körper folglich nicht mehr davor schützen kann. Im Prinzip ist ein mutiertes Virus der Immunantwort des Körpers immer einen Schritt voraus. Allerdings weist eine hochinteressante Forschungsstudie5) von Melinda A. Beck, Professorin an der University of North Carolina at Chapel Hil, darauf hin, dass Selen bei der Verhinderung dieser Mutationen eine Schlüsselrolle einnimmt.

Selenmangel macht das Virus gefährlich

Sie untersuchte, wie sich ein bestimmtes RNA-Virus namens Coxsackie-Virus B auf Mäuse auswirkte. Normalerweise ist dieses Virus völlig ungefährlich und die Genesung verläuft komplikationsfrei. Wie erwartet, entwickelten die Mäuse, denen Frau Professor Beck das Virus injizierte, nur milde Symptome, wenn sie einen ausreichend hohen Selenstatus aufwiesen. Wurde das Virus jedoch Mäusen mit Selenmangel injiziert, entwickelten sie eine potenziell tödliche Herzmuskelentzündung (Myokarditis). Anders formuliert, ein Virus verhält sich anders in einem Wirt mit Selenmangel, weil es mutieren kann und so gefährlicher beziehungsweise aggressiver wird. Bei dem neuartigen Coronavirus handelt es sich ebenfalls um ein RNA-Virus, was bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das Virus in einem lebendigen Organismus mutiert, bei einem ausreichend hohen Selenstatus begrenzt ist.

Kann Herzerkrankungen beim Menschen verursachen

Beim Menschen zeigte sich die unterschiedliche Virulenz6) bereits in den 1960er- und 1970er-Jahren in einer chinesischen Region namens Keshan, in der ein großer Teil der Bevölkerung nach einer Infektion mit dem Coxsackie-Virus B potenziell tödliche Herzsymptome entwickelte. Es zeigte sich, dass der Selengehalt der Böden in diesem Teil Chinas sehr niedrig war, was erklärt, warum dieses normalerweise harmlose Virus einen solchen Schaden anrichten konnte. Die „Keshan-Krankheit“ konnte ganz einfach mit Selenpräparaten oder Seleninjektionen behandelt werden.

Viele Experten weltweit glauben, dass eine ergänzende Einnahme von Selen eine klügere Strategie gegen Viruskrankheiten wie Influenza ist als eine Grippeimpfung. Rein technisch hinkt die Grippeimpfung den Grippeviren immer hinterher, da sie basierend auf früheren oder aktuell vorhandenen Virenstämmen entwickelt wurde, während die ergänzende Einnahme von Selen das Problem an der Wurzel packt, indem es verhindert, dass das Virus mutiert. So kann das Immunsystem nicht durch neue und unbekannte Virenstämme getäuscht werden.

Hilft dem Körper bei der Bekämpfung von oxidativem Stress

Ein weiterer zentraler Faktor in diesem Zusammenhang ist ein Phänomen, das „oxidativer Stress“ genannt wird. Er entsteht, wenn die antioxidativen Abwehrmechanismen des Körpers nicht gegen die schädlichen freien Radikalen ankommen. Oxidativer Stress zeigt sich z. B. auch bei einer Hyperinflammation, bei der gesundes Gewebe durch freie Radikale zerstört werden kann. Selen ist ein essenzieller Bestandteil verschiedener leistungsstarker antioxidativer Systeme im Körper, wie Glutathionperoxidase (GPX) und Thioredoxinreduktase (TrxR). Da Selen diese schützenden antioxidativen Enzyme unterstützt, zählt der Nährstoff zu den Hauptakteuren beim Schutz des Körpers vor oxidativem Stress.

Quellen

1) Association of Vitamin D Status and Other Clinical Characteristics With COVID-19 Test Results JAMA Netw Open. 2020;3(9):e2019722

2) The link between vitamin D deficiency and Covid-19 in a large population, medRxiv, https://doi.org/10.1101/2020.09.04.20188268

3) https://www.thetimes.co.uk/article/coronavirus-in-scotland-vulnerable-will-receive-vitamin-d-supplements-zc8stdpkh

4) https://www.qmul.ac.uk/media/news/2020/smd/clinical-trial-to-investigate-whether-vitamin-d-protects-against-covid-19.html

5) Rapid genomic evolution of a non-virulent Coxsackievirus B3 in selenium-deficient mice results in selection of identical virulent isolates Nature Medicine volume 1, pages433–436(1995)

6) Keshan Disease, https://www.sciencedirect.com/topics/neuroscience/keshan-disease

Bjørn Falck MadsenBjørn Falck Madsen

Gesundheitsjournalist, spezielle Themen: Ernährung, Krankheitsvorbeugung, Mikronährstoffmangel
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Fotos: ©Michael Stifter, ©Aleksandra Gigowska, ©Aleksandra Gigowska