Buchbesprechungen
„Ich krieg‘ die Krise“ – diese Aussage begleitet uns ständig im Alltag. Dabei hat nicht jedes Problem, nicht jeder Konflikt gleich die Qualität einer Krise. Charakteristisch für eine Krise ist ihr Überraschungsmoment. Sie überwältigt uns und wir fühlen uns ihr gegenüber ohnmächtig, handlungsunfähig. Hinzu kommt: Zur Bewältigung der Krise haben wir nicht ewig Zeit, wir müssen handeln ohne Fahrplan. Die mit Krisen oft einhergehenden Stressreaktionen können dazu führen, dass wir das Gefühl haben, die Kontrolle zu verlieren, Angst bekommen und nur noch reflexhaft reagieren. Das logische Denkvermögen ist weitgehend ausgeschaltet.
Die Autoren greifen immer wieder auf ihren systemischen Hintergrund zurück: Krisen sind, wie Probleme und Konflikte, Wirklichkeitskonstruktionen. Am Bild des Konflikt-Cocktails machen sie das greifbar: Jeder Akteur beschreibt, erklärt und bewertet eine Situation individuell. Daraus ergeben sich gruppendynamisch unterschiedliche Bewältigungsstrategien. Für eine Organisation sind diese „Störungen“ und individuellen Reaktionen darauf eine wichtige Triebfeder. Durch Konflikte und Krisen wird Entwicklung erst möglich.
Zahlreiche Praxisbeispiele verdeutlichen die Coaching-Arbeit der Autoren und lassen uns in ihren Methodenkoffer blicken. Ergänzt werden die Fall-Vignetten durch zahlreiche Illustrationen, die auch als Arbeitsskizzen im Workshop als Vorlage dienen können. Hier wäre eine Downloadversion sehr hilfreich gewesen. Die Zeichnungen sind teilweise so klein, dass man den Text gar nicht lesen kann. Immer wieder knüpfen die Autoren an die Ressourcenarbeit an, die weit über persönliche Veranlagungen und Skills hinausgeht. Ressourcen können alles sein: Vom Firmenhund bis zum Glücksstein ist der Bogen weit. Einen besonderen Schwerpunkt legen sie auf die frühkindliche Bindungserfahrung. Sicher gebundene Kinder weisen ein deutlich „stabileres“ Explorationsverhalten auf: Sie entwickeln früh Zutrauen in sich und ihre Umwelt. Der Ausflug in die VUKA-Welt und die agile Antwort darauf nehmen im letzten Drittel des Buches viel Platz ein. Die meisten Inhalte wurden in anderen Büchern schon umfangreich dargestellt, weshalb ein kürzerer Exkurs darauf ausgereicht hätte. Trotzdem: ein kurzweiliges, lesenswertes Buch, das gerade zum richtigen Zeitpunkt erscheint: Nach der Krise ist vor der Krise.
Rezension: Horst Lempart. Der Persönlichkeitsstörer
Ariane Bentner, Jan P. Jung: Resilient durch Krisen. Wie Führungskräfte und Teams schwierige Zeiten bewältigen. CARL-AUER Verlag, ISBN 978-3-84970-445-2
VFP-Mitglied Dr. rer. nat. Knut Menzel, Heilpraktiker für Psychotherapie und Systemischer Coach hat aus der Fülle seiner praktischen Erfahrungen in Einzel-, Paar- und Familientherapie ein lesenswertes Lehrbuch veröffentlicht – einen Kompass zur Motivation Betroffener und zur Inspiration von Therapeutinnen und Therapeuten.
Seine Grundüberzeugung ist: ein traumatisches Erlebnis erfahren zu haben und darunter zu leiden bedeutet nicht, gebrochen oder den emotionalen Zeitreisen für immer unterlegen zu sein oder gar ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit schlucken zu müssen. Die Emotionen gehören zu den Persönlichkeitsanteilen von uns aus unterschiedlichen Zeiten, dem damals und dem Hier und Jetzt. Es sind Teile des ICHs, mit denen Betroffene lernen können umzugehen, um eines zu erreichen: selbstwirksam die Dinge tun zu können, um sich gesund und stark durch das Leben zu führen.
Knut Menzel verbindet systemisches Arbeiten mit den Verfahren der Traumatherapie. Er beschreibt die Verfahren mit wertvollen Tipps, 35 Abbildungen und Beispielen aus seiner Praxisarbeit. Das Buch richtet sich an Betroffene, die durch das Lesen vielleicht motiviert werden, sich mit einem Therapeuten des Vertrauens auf den Weg zu machen, um mit den Folgen des Traumas besser umgehen zu können. Das Buch richtet sich auch an Therapeuten in der Psychotherapie, die sich für ihre Arbeit in der Praxis inspirieren lassen möchten.
In der naturwissenschaftlichen Berufsausbildung lernte er mit komplexesten Strukturen umzugehen. Zusammen mit den mehr als 25 Jahren Führungserfahrung im Management eines europäisch führenden Medienkonzerns ist dies die Basis für die spätere Weiterbildung zum systemisch konstruktivistischen Managementcoach und Heilpraktiker für Psychotherapie.
Heute führt er Supervisionen und psychologische Beratungen in der Industrie, insbesondere in Familienunternehmen durch. In seiner Praxis sind seine Schwerpunkte unter anderem Systemische Traumatherapie wie auch Paar- und Familientherapie. Sein Motto beim Verfassen dieses Buches:
Wir müssen keine Angst vor der Arbeit mit Traumata haben. Sie gehören zu unserem Leben und sind Teil unseres persönlichen Wachstums.
Fragen, auf die Betroffene hier Antwort finden, sind u. a.: Wie gehe ich als Betroffener mit einem nicht verarbeiteten Trauma aus meiner Kindheit um? Wie gehe ich mit Gewalterfahrungen um? Was kann ich tun, wenn ich immer und immer wieder Flashbacks, d. h. „emotionale Zeitreisen“ in die Vergangenheit erlebe? Wie kann ich lernen, mit den Auswirkungen meines Traumas umzugehen? Gibt es Rettung für mich oder bin ich ein hoffnungsloser Fall?
Und an uns Kolleginnen und Kollegen gerichtet schreibt er: Wie kann ich mich als Therapeut inspirieren lassen und Patienten noch besser in meiner täglichen Praxisarbeit bei der Bewältigung von Traumata unterstützen?
Dazu beschreibt Knut Menzel relevante Modelle der Traumatherapie auf Basis systemischer Therapie. Dabei werden Modelle der inneren Teams als auch des inneren Kindes verwendet. Er erläutert dies anhand zahlreicher, eingängiger und realer Beispiele aus seiner Praxisarbeit.
Was dieses Buch für mich herausragend macht, sind die fundierten Inhalte, praxisnahen Anleitungen und Beispiele.
Rezension: Dr. Werner Weishaupt, Dozent und Heilpraktiker für Psychotherapie
Dr. Knut Menzel: Versöhnung mit der Vergangenheit – Heilung und Wachstum durch systemische Therapie. BoD, ISBN 978-3-75977-837-6