Elternzeit + Elterngeld + Selbstständigkeit = wie geht das?
Sie sind selbstständig als Psychologische Beraterin, Coach, Heilpraktikerin oder in einem anderen Heilberuf und werden schwanger? Sie planen Kinder in Ihre Selbstständigkeit mit ein und wollen wissen, wie das zusammenpasst? Sie sind in Elternzeit und wollen nebenberuflich erstmals selbstständig z. B. Beratung anbieten? Welche Möglichkeiten Sie haben und was Sie bedenken sollten, erfahren Sie beim Weiterlesen.
Wenn Sie angestellt arbeiten und ein Kind unterwegs ist, können Sie mit festen Fristen und gesetzlichen Ansprüchen auf Elternzeit rechnen und Ihren Wiedereinstieg planen. Als selbstständige Psychologische Beraterin, Coach bzw. Heilpraktikerin haben Sie einiges zu bedenken. Das können diese und andere Fragen sein: Wie lange kann ich aussteigen, ohne dass meine Klienten andere Therapeuten (immer m/w) suchen? Welche Kollegen kann ich als Vertretung empfehlen, ohne dass sie mir meine Klienten abwerben? Sind Sie Inhaberin einer Heilpraxis oder einer anderen Gesundheitspraxis und überlegen, ob Sie für sich eine Vertretung einstellen können? Und dann ist da noch die Sache mit dem Geld: Wie hoch wäre Ihr Einkommensverlust und könnten Sie das mit anderen finanziellen Mitteln ausgleichen? Dafür brauchen Sie Planung, denn auch als Unternehmerin haben Sie Anspruch auf Elterngeld.
Basiselterngeld
Wenn Sie ein Kind bekommen und es nach der Geburt selbst betreuen, dann haben Sie Anspruch auf Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG). Das gilt für Ehepaare genauso wie für eingetragene Lebenspartner oder Alleinerziehende. Ob Sie zuvor angestellt, selbstständig waren oder nicht gearbeitet haben, ist dabei zunächst nebensächlich. Basiselterngeld gibt es in den ersten 14 Monaten nach der Geburt. Als Mütter und Väter stehen Ihnen gemeinsam 12 Monatsbeiträge zu, die Sie untereinander aufteilen können. Auf 14 Monate wird verlängert, wenn entweder beide Elternteile eine Elternzeit nehmen oder ein Elternteil mit dem alleinigen Sorgerecht dasteht. Diese Regelung gilt nur, wenn vorher mindestens ein Elternteil ein Arbeitseinkommen hatte. Sie können als Paar individuell entscheiden, wer von Ihnen wie viele Monate freinimmt. Auch während der Elternzeit können Sie das verändern, falls eine/einer von Ihnen früher in den ursprünglichen Job zurück möchte. Die Berechnung des Elterngeldes beginnt mit dem Tag der Geburt des Kindes.
Wer Elterngeld bezieht, darf neben der Kinderbetreuung nicht mehr als 30 Stunden pro Woche einer Erwerbsarbeit nachgehen. Sollten Sie Ihre Beratungen, Coachings, Gruppenangebote wieder selber durchführen, dann wird Ihr Einkommen aus der Selbstständigkeit auf das Elterngeld angerechnet, sodass hier Abzüge entstehen. Das ist der Punkt, bei dem es kompliziert werden kann.
ElterngeldPlus
Für Kinder, die ab 1. Juli 2015 geboren wurden, können Sie zwischen dem Basiselterngeld und dem ElterngeldPlus wählen – oder beides kombinieren. Das ElterngeldPlus soll die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärken. Es kann sich lohnen, wenn beide Elternteile früher in den Beruf zurückkehren wollen und Sie als selbstständige Psychologische Berater, Coach, Heilpraktiker wieder beraten oder unterrichten wollen. Berechnet wird es wie das Basiselterngeld, beträgt aber max. die Hälfte des Elterngeldbetrags, der Ihnen auch ohne Einkommen zusteht. Dafür wird es für den doppelten Zeitraum gezahlt, das bedeutet ein Elterngeldmonat entspricht zwei ElterngeldPlus-Monaten.
Der Partnerschaftsbonus bietet beiden Eltern die Möglichkeit, weitere vier Monate ElterngeldPlus zu nutzen. Und zwar genau dann, wenn sie als Psychologische Beraterin, Coach, Heilpraktikerin und Ihr Partner gleichzeitig zwischen 25 bis 30 Wochenstunden arbeiten und das in vier aufeinanderfolgenden Monaten. Dann kann jeder Elternteil in diesen Monaten vier zusätzliche Monatsbeiträge ElterngeldPlus beziehen.
Dieselbe Regelung gilt auch für Alleinerziehende.
Wie hoch ist das Elterngeld?
In welcher Höhe Elterngeld gezahlt wird, hängt von Ihrem Einkommen aus der Selbstständigkeit ab: Es zählt bei Unternehmerinnen ausschließlich der Gewinn. Die Elterngeldstelle berechnet dies auf Basis des Einkommensteuerbescheids aus dem Jahr vor der Geburt. Allerdings werden auch Honorare angerechnet, die während der Elternzeit auf dem Geschäftskonto eingehen. Hier gilt das Zuflussprinzip: Es zählt, wann das Geld auf dem Konto landet, und nicht, wann die Beratung oder das Coaching stattfand.
Das Elterngeld beträgt mindestens 300 € und max. 1 800 € im Monat. Die Elterngeldstelle teilt das Einkommen des Vorjahres durch 12. Von diesem Monatsdurchschnittseinkommen gibt es – wenn es weniger als 1 240 € sind 67 %, mindestens aber 300 €. Haben Sie im Schnitt mehr als 1 240 € pro Monat eingenommen, gibt es nur 65 % Elterngeld, maximal ist es auf 1 800 € pro Monat gedeckelt. Das entspricht einem Monatseinkommen im Vorjahr von 2 770 €.
Elterngeld in Zahlen
Wenn Sie vor der Geburt einen Gewinn von weniger als 1 000 € monatlich hatten, dann wird die Ersatzrate in kleinen Schritten von 67 auf 100 % erhöht – je niedriger das Einkommen, desto höher die Ersatzrate. Für je 2 €, die das Einkommen unter 1 000 € liegt, erhöht sich die Ersatzrate um 0,1 %.
Optimal ist es also, wenn Sie im Jahr vor der Geburt gute Umsätze gemacht und möglichst gut verdient haben. Sollte das Leben sich anders gestalten, weil die Schwangerschaft schwierig war und gesundheitliche Probleme aufgetreten sind, oder Sie haben durch ein Geschwisterkind bereits im Vorjahr Elternzeit genommen, fällt das Jahreseinkommen geringer aus. In diesem Fall sollten Sie alle Fakten offenlegen, ggf. ein ärztliches Attest vorlegen und mit der Elterngeldstelle sprechen. Es ist möglich, in diesem Fall das vorvorherige Jahr als Berechnungsgrundlage anzunehmen.
Bitte bedenken Sie: Zwischen Antragstellung und Auszahlung kann einige Zeit vergehen. Stellen Sie sich darauf ein, diese Wartezeit von einigen Wochen finanziell zu überbrücken.
Es gibt folgende Abzüge vom Elterngeld: Mutterschaftsgeld, das die Krankenkasse zahlt, wird auf das Elterngeld angerechnet. Werden Rechnungen oder Seminarbeiträge in der Elternzeit an Sie gezahlt – auch wenn Sie Ihre Beratung/Ihr Seminar vor der Geburt gegeben haben – dann werden diese Beträge vom Elterngeld abgezogen.
Tipp: Stellen Sie alle Rechnungen zeitig vor der Geburt und bitten Sie Ihre Kunden/ Klienten um eine zeitnahe Überweisung. Dadurch wächst Ihr finanzielles Polster.
So stellen Sie den Antrag
Den Antrag stellt man nach der Geburt des Kindes bei der „Elterngeldstelle“. Diese ist nicht in jedem Bundesland an gleicher Behörde angesiedelt: Mal sind die Kreise, mal die Landesgesundheitsämter oder die Versorgungsämter zuständig.
Hier hilft gute Vorbereitung! Damit Sie den Antrag so schnell wie möglich auf den Weg bringen können, stellen Sie am besten schon bevor die Wehen einsetzen alle Unterlagen zusammen, die zur Antragstellung erforderlich sind. Dazu gehören:
- das Antragsformular
- eine Kopie des Personalausweises
- der Einkommensteuerbescheid des Vorjahres oder eine Schätzung
- bei gesetzlich Krankenversicherten der Nachweis der Pflichtversicherung
- Nachweis der Krankenkasse, dass Mutterschaftsgeld gezahlt wurde
Wenn Sie in der Zeit, in der Sie Elterngeld beziehen, auch arbeiten möchten, braucht die Elterngeldstelle eine Schätzung des Einkommens, das Sie erzielen möchten. Sie rechnet das dann bereits auf das Elterngeld an. Seien Sie hier realistisch, eine Schätzung ist eine Schätzung.
Arbeiten in der Elternzeit
Für viele Unternehmerinnen ist es existenziell notwendig, so schnell wie möglich wieder tätig zu werden. Vielleicht erst mal, indem Sie Klienten Beratung/Coaching anbieten. Doch wie wirkt sich das aufs Elterngeld aus? Bis zu 30 Stunden pro Woche dürfen Sie während der Elternzeit arbeiten, das Einkommen wird dann auf das Elterngeld angerechnet. Sie sollten da unbedingt genau nachrechnen und mit Ihrer Elterngeldstelle in Kontakt bleiben, um Rückzahlungen zu vermeiden. Im besten Fall informieren Sie sich vor der Geburt und versuchen, Ihre Geldeingänge und die wöchentliche Arbeitszeit während der Elternzeit auf das Elterngeld abzustimmen.
Sollten Sie vor der Elternzeit angestellt tätig gewesen sein und jetzt in Teilzeit selbstständig Psychologische Beratung/ Coaching anbieten, dann gilt das auch für Sie. Wenn das zutrifft, benötigen Sie die Zustimmung Ihres Arbeitgebers (§ 15 Absatz 4, Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, BEEG).
Was noch zu bedenken ist, sind die Sozialversicherungsbeiträge: Hier fallen Beiträge für die Krankenversicherung und evtl. Rentenversicherung an. Wenn Sie gesetzlich krankenversichert sind, wird Ihr Beitrag aus allen Einkommen berechnet (Gewinn und andere Einkommen). Für Selbstständige, die nur Elterngeld beziehen, gibt es einen Mindestbeitrag von ca. 166 €. Ist Ihr Partner/Ihre Partnerin in der gesetzlichen Krankenversicherung, können Ehepaare oder verpartnerte Paare die Familienversicherung in Anspruch nehmen. Der maximale Zuverdienst liegt dann bei 415 € im Monat bei weniger als 18 Stunden/Woche ohne zusätzliche Beitragszahlung.
Wenn Sie Unterricht und Training anbieten, sind Sie rentenversicherungspflichtig. Die Deutsche Rentenversicherung berechnet den Beitrag aus dem Gewinn. Liegt dieser unter 450 € im Durchschnitt pro Monat, dann zahlen Sie keine Beiträge wegen Geringfügigkeit. Andernfalls sind einkommensgerechte Beiträge zu empfehlen, aktuell in Höhe von 18,7 % des Gewinns.
Wie gesagt, wenn Sie während des Elterngeldbezugs dazuverdienen, wird dieses Geld abgezogen. Dabei zählt also der Zeitpunkt, zu dem das Geld auf Ihrem Konto eingeht, und explizit nicht der Leistungszeitraum, in dem Sie unterrichtet oder beraten haben. Sollte also Geld eingehen, für das Sie lange vor der Geburt gearbeitet haben, gilt das dennoch als Einkommen während der Elternzeit. Umgekehrt heißt das natürlich auch: Wenn Kursgebühren oder Honorare, für die Sie in der Elternzeit gearbeitet haben, erst später bei Ihnen eintreffen, zählen diese nicht mit.
Wägen Sie ab, ob die Variante mit dem ElterngeldPlus und/oder dem Partnerschaftsbonus für Sie interessant ist.
Beispiel Elterngeld und ElterngeldPlus
Sie hatten vor der Geburt einen durchschnittlichen Gewinn aus der Selbstständigkeit von 1 200 € (14 400 € Jahresgewinn), Abzüge für gesetzliche Sozialabgaben und steuerrechtliche Abzüge sind hier nicht einbezogen. Danach hätten Sie einen Elterngeldanspruch von monatlich 804 € (67 % von 1 200 €) für max. 12 Monate = 9 648 €.
Nehmen wir an, Sie steigen nach der Geburt wieder als Unternehmerin ein und erwirtschaften ca. 40 % Ihres vorherigen Gewinns, entspricht das ca. 480 €/Monat. Damit haben Sie einen Einkommensverlust von 720 €.
Dann können Sie entscheiden:
Rechnen lohnt sich!
- Die Abzüge beim Elterngeld sollten Sie unbedingt bedenken, wenn Sie Coaching und Beratungen übernehmen. Lohnt es sich noch, wenn Betrag A hereinkommt, dafür Summe Y vom Elterngeld abgezogen wird und zusätzlich Kinderbetreuungskosten anfallen?
- Die Einnahmen werden nicht mit dem einzelnen Monat verrechnet, in dem sie erwirtschaftet werden. Es zählt die Gesamtsumme Ihres Gewinns aller Monate, in denen Sie neben dem Elterngeldbezug gearbeitet haben. Da Sie vorher eine Schätzung abgeben, kann es zu Abzügen kommen. Auch das sollten Sie regelmäßig durchrechnen, denn Elterngeld muss zurückgezahlt werden, wenn Ihre Schätzung geringer war als Ihr realer Gewinn.
- Sie können Elterngeldpausen einlegen. Falls ein größeres Projekt ansteht, Sie z. B. eine Ausbildungsgruppe anbieten, kann der Elterngeldbezug so lange auf den anderen Elternteil wechseln, bis Ihr Honorar eingegangen ist. Während der Elternzeit dürfen Sie und Ihr Partner sich noch umentscheiden, wie viele Monate wer von beiden in Elternzeit geht. In der Einteilung haben Sie freie Wahl.
- Betriebsausgaben senken Ihren Gewinn: Alle Kosten, die ein Spezialangebot verursacht, können Sie gegenrechnen. Falls grö- ßere Ausgaben für Ihre Heilpraxis anstehen wie eine neue Einrichtung, ein Notebook oder der superbequeme total ergonomische Schreibtischstuhl – kaufen Sie sie jetzt!
Lassen Sie sich bei den Elterngeldstellen nicht einschüchtern. Trauen Sie sich, Ihre berechtigten Fragen zu stellen, und holen Sie sich das, was Ihnen zusteht! Die Behörden sind oft mit der Berechnung von Elterngeld für Selbstständige gefordert. Im Unterschied zu Ihnen werden die Mitarbeiter allerdings genau dafür bezahlt.
Hilfreiche Internetseiten
Zahlreiche Informationen und Broschüren zum Download finden Sie hier:
- www.bmfsfj.de
- www.familien-wegweiser.de/Elterngeldrechner
- www.elterngeld-plus.de
- www.115.de (einheitl. Behördenrufnummer)
- www.familienkasse.de
Petra Welz
Diplom-Sozialpädagogin, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Supervisorin, Coach, Unternehmensberaterin, Autorin, Geld & Rosen, Unternehmensberatung – Coaching – Supervision – Moderation