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Progressive Muskelentspannung gegen Stress

Gerade komme ich von einem Schnupperkurs Progressive Muskelentspannung in einer Firma zurück und die entspannten und lächelnden Gesichter begleiten mich auf dem ganzen Weg nach Hause. Wohlgemerkt hatten einige der zehn Teilnehmer (immer m/w/d) keinerlei Vorkenntnisse im Bereich Entspannungsverfahren und trotzdem hatte der Schnupperkurs mit der ersten Muskelgruppe Hände und Arme solch einen Effekt gehabt.

Wir alle sind durch jahrelange die Be- und Überlastungen irgendwann an unserer Leistungsgrenze angekommen und machen dennoch täglich weiter. Am Anfang werden die ersten körperlichen Symptome nur allzu gerne noch übersehen oder nur schnell symptomatisch behandelt, an unserer Lebensführung ändern wir lange nichts. Daher muss der Körper immer mehr und immer stärkere Symptome produzieren, bis wir unseren schlechten Zustand nicht mehr übersehen können.

Wenn Schlafen nur noch mit Schlaftabletten geht. Wenn am Wochenende nicht mehr abgeschaltet werden kann und man nur noch an die Arbeit denkt. Wenn zudem die Leistungsfähigkeit, die Konzentrationsfähigkeit und die Merkfähigkeit so drastisch sinken, dass die ersten schwerwiegenden Fehler sowohl in der Arbeit als auch privat gemacht werden, sind dann – leider erst dann – die meisten bereit, etwas in ihrem Leben zu ändern. Doch wie kommt es überhaupt dazu?

Leider ist es die Folge von jahrelangem Stress, dass der Körper verlernt, zu entspannen, und das macht sich dann nicht nur, aber auch sehr oft und sehr schnell in Ein- und Durchschlafstörungen bemerkbar. Auch so ein Massenphänomen unserer Zeit. Man wälzt sich in den Kissen und steht am nächsten Morgen nach vielleicht nur drei Stunden Schlaf müde und gerädert auf und quält sich völlig übermüdet durch den ganzen Tag.

Kein Wunder, dass die Arbeitsqualität darunter leidet, Fehler vorprogrammiert sind und weiteren stressbedingten Erkrankungen bis hin zum Burnout Tür und Tor geöffnet sind.

Daher bieten Krankenkassen, aber auch immer mehr Firmen zur Gesunderhaltung ihrer Mitarbeiter Entspannungskurse an. Die Auswahl an Entspannungstechniken ist groß, hier eine kleine Auswahl:

  • Progressive Muskelentspannung nach Jacobson
  • Autogenes Training nach Schultz
  • Yoga
  • Qi Gong/Tai Chi

In den Jahren 2007–2018 habe ich in vielen Firmen und Behörden sowohl die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson als auch das Autogene Training nach Schultz in mehrwöchigen Entspannungskursen durchgeführt. Die wohltuende Wirkung auf die Mitarbeiter hat mich immer sehr beeindruckt.

Seit einigen Jahren biete ich in meiner Praxis für Psychotherapie die Progressive Muskelentspannung und das Autogene Training auch im Einzelsetting an und das funktioniert wunderbar. Nicht selten empfand eine vorher sehr gestresste Klientin, die zu mir und ihrer Entspannungsstunde unter Zeitdruck abgehetzt zur Türe hereinkam, die Wirkung als so schön und entspannend, dass sie am liebsten liegen geblieben wäre. Die eine oder andere ist auch schon mal dabei kurz eingeschlafen, obwohl das Schlafen in der Nacht wohlgemerkt noch sehr schwierig war.

Die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson

Diese Methode wurde vom amerikanischen Arzt und Physiologen Edmund Jacobson (1885–1976) entwickelt. Er begann 1908 in den Laboratorien der Harvard Universität mit seinen Studien zur PMR und veröffentlichte nach 20 Jahren Forschung sein erstes Buch, das sich an Ärzte wandte.

Nachdem man ihm vorgeschlagen hatte, auch ein Buch für Laien zu schreiben, verfasste er 1934 ein solches Buch mit dem Titel „You must relax“. In deutscher Sprache erschien dieses erst 1990 unter dem Titel „Entspannung als Therapie“.

Seit der Kassenzulassung 1987 hat sich die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson flächendeckend etabliert.

Kurzvorstellung

Bei dieser Methode handelt es sich um ein langjährig erprobtes und bewährtes Entspannungsverfahren.

Durch die bewusste und willentliche An- und Entspannung bestimmter Muskelgruppen wird ein Zustand tiefer Entspannung des ganzen Körpers erreicht. Die einzelnen Muskelpartien werden dabei nacheinander in einer bestimmten Reihenfolge angespannt und diese Spannung wird für einige Sekunden gehalten. Dann wird sie schlagartig gelöst und die Muskulatur bis zu mehreren Minuten entspannt.

Die Aufmerksamkeit der übenden Personen wird dabei auf den Unterschied zwischen Anspannung und Entspannung sowie die diesbezüglich körperlichen Empfindungen gelenkt.

Ziel der Progressiven Muskelentspannung nach Jacobson

  • Senkung der gewohnheitsmäßigen Muskelanspannung aufgrund einer verbesserten Muskelentspannung
  • Aufspüren und Lockern von Muskelverspannungen
  • Verringerung von Schmerzzuständen

Anwendungsgebiete

Diese sind sehr zahlreich. Hier eine kleine Auswahl der wichtigsten Anwendungsgebiete:

  • muskuläre Verspannungszustände
  • funktionelle Herz- und Kreislaufstörungen
  • funktionelle Magen-Darm-Störungen
  • Ein- und Durchschlafstörungen
  • Schmerzzustände
  • Stressbewältigung
  • Vorbeugung stressbedingter Erkrankungen
  • allgemeine Gesundheitsvorsorge
  • allgemeines Wohlbefinden

Kontraindikationen

Bei folgenden Erkrankungen sollten die Übungen, wenn überhaupt, nur nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen:

  • Operationen, Verletzungen, Lähmungen
  • akutes Muskelrheuma
  • akute Gelenkerkrankungen
  • schlecht eingestellter Blutdruck
  • schwere Zwangszustände
  • Psychosen

Übungen

Die Übungsformen der Progressiven Muskelentspannung:

  • Langform mit sechzehn Muskelgruppen mit zwei Durchgängen
  • Halbform mit sechzehn Muskelgruppen mit einem Durchgang
  • Kurzformen mit sieben/fünf/vier Muskelgruppen
  • Vergegenwärtigungsverfahren mit allen Muskelgruppen

Bei einem Anfängerkurs über acht Wochen wird in der Regel vier Wochen lang ausführlich die Langform geübt und dann mit der Halbform gearbeitet.

Die Übungen können im Liegen und im Sitzen durchgeführt werden.

Die fünf Phasen des Übens

  • Hinspüren: Die übende Person konzentriert sich auf die jeweilige Muskelgruppe.
  • Anspannen jetzt: Auf ein vereinbartes Signal der anleitenden Person wird die jeweilige Muskelgruppe angespannt.
  • Spannung halten: Die Spannung wird fünf bis sieben Sekunden gehalten.
  • Loslassen: „und gut“ die Muskelanspannung wird losgelassen.
  • Nachspüren: Die übende Person bleibt mit ihrer Aufmerksamkeit 30 Sekunden in der betreffenden Muskelgruppe und nimmt wahr, was dort passiert.

Übungshaltung

  • Lockere, bequeme Kleidung (Gürtel, Brille etc. entfernen)
  • Bequeme Sitz-, Liegeposition (weiche/warme Unterlage)
  • Bei Bedarf: Nacken, Knierolle, Kissen oder Decke
  • Beine hüftbreit auseinander legen/stellen
  • Hände im Liegen neben den Körper/im Sitzen locker auf die Oberschenkel

In vielen Entspannungskursen konnte ich im Laufe der acht Wochen immer wieder hören, wie die verschiedensten Verspannungszustände wie Kopf- oder Rückenschmerzen nachließen und sich massive Schlafstörungen wesentlich verbesserten.

Die Mehrheit meiner Teilnehmer empfand sich am Ende des Kurses als entspannter und weniger gestresst.

Stimmen von Teilnehmenden

Eine Teilnehmerin meinte im laufenden Kurs, dass für sie das Schönste an diesem Kurs sei, dass sie sich jede Woche eine Stunde Entspannungszeit für sich selbst nehmen würde.

Eine andere Teilnehmerin war so von der Progressiven Muskelentspannung angetan, dass sie sich gleich für den Fortgeschrittenen Kurs anmeldete, um dranzubleiben.

Eine Teilnehmerin wurde an einem Abend, an dem sie keine Lust auf die Stunde Progressive Muskelentspannung hatte, von ihrem Freund geschickt mit der Aussage: „Du gehst jetzt da hin, das tut dir gut, du bist viel weniger zickig!“. Da musste ich dann doch schmunzeln. Ja, oft merken zuerst unsere Lieben daheim, wenn uns etwas guttut, bevor wir selbst dies tun.

Wenn ich Sie jetzt neugierig gemacht habe, fragen Sie doch einfach bei Ihrer Krankenkasse vor Ort nach, wo demnächst ein solcher meist achtwöchiger Anfängerkurs stattfindet. Entweder ist dann ein Entspannungskurs für Sie als Versicherte kostenlos oder Ihre Krankenkasse bezuschusst den Kurs, sofern er von einer zertifizierten Kursleitung durchgeführt wird.

Oder Sie suchen sich eine Therapeutin Ihres Vertrauens und erlernen dort bei ihr in der Praxis ganz in Ruhe in Ihrem Tempo die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson. Sie werden sehen, es lohnt sich.

Wie sagte schon Arthur Schopenhauer:
„Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.“

Passen Sie gut auf sich auf!

Barbara Michaela Hux
Heilpraktikerin für Psychotherapie, Kursleiterin für Progressive
Muskelentspannung, Autorin, eigene Praxis in Bodolz
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