Aus der Praxis für die Praxis: Beurteilung gemischter Tätigkeiten aus steuerlicher Sicht
In der beruflichen Praxis kommt es aus diversen Gründen vor, dass sich neben einer freiberuflichen Tätigkeit (z. B. als Heilpraktiker) eine weitere Tätigkeit etabliert, die ebenfalls auch freiberuflicher oder aber gewerblicher Natur sein kann. Hier stellt sich die Frage, wie dies zu würdigen ist. Handelt es sich um einheitliche oder jeweils eigenständige Tätigkeiten und welche steuerlichen Schlussfolgerungen sind zu ziehen?
Hierbei sind jeweils drei Steuerarten zu berücksichtigen beziehungsweise zu betrachten: Einkommensteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer.
Gemischte Tätigkeiten
Tätigkeiten, die sowohl freiberuflich als auch gewerblich sind, schließen einander nicht aus. Sie können nebeneinander freiberuflich und gewerblich tätig sein. Für die korrekte steuerliche Einstufung wird unterschieden zwischen trennbar und untrennbar gemischten Tätigkeiten.
Trennbar gemischte Tätigkeiten
Besteht zwischen den beiden Tätigkeiten (z. B. freiberuflich und gewerblich) kein Zusammenhang, sind diese steuerlich getrennt zu behandeln. Um Ihren freiberuflichen Bereich von dem gewerblichen zu trennen, ist es empfehlenswert:
- getrennt Aufzeichnungen oder Bücher zu führen
- getrennte Bankkonten zu führen
- die Betriebe räumlich zu trennen
Betriebsausgaben können hingegen durch Schätzung aufgeteilt werden.
Beispiel: Ein Heilpraktiker verkauft im Onlineshop Kleidung und Nahrungsergänzungsmittel.
Untrennbar gemischte Tätigkeiten
Ihre gemischten Tätigkeiten sind dann einheitlich zu beurteilen, wenn sich die verschiedenen Aktivitäten mit ihren jeweiligen Einnahmen und Ausgaben nicht trennen lassen. Ihre Tätigkeiten müssen eng verknüpft sein, d. h. in den Aufgaben sich gegenseitig bedingen oder auf einheitliche Schuldung eines Erfolgs ausgerichtet sein. In der Folge entscheidet dann das Gesamtbild der Tätigkeit über die Einstufung als freiberuflich oder gewerblich. Entscheidend ist hierbei aber nicht der Umsatz oder Gewinn, sondern welche Tätigkeit dem einheitlichen Betrieb das Gesamtbild gibt und ihn damit prägt.
Eine gewerbliche Tätigkeit wird angenommen, wenn der freiberufliche Anteil nur einen Nebenbestandteil darstellt oder freiberufliche Elemente von untergeordneter Bedeutung enthalten sind.
Beispiel: Ein Heilpraktiker für Psychotherapie therapiert vorwiegend Patienten, wegen seiner Bekanntheit erhält er gelegentlich auch Aufträge für Coaching, Supervisionen und Vorträge. Da sich die Tätigkeiten gegenseitig bedingen, denn ohne das Wissen und den Bekanntheitsgrad des Heilpraktikers hätte er die Aufträge nicht bekommen, und die weiteren Tätigkeiten von untergeordneter Bedeutung sind, ist die gesamte Tätigkeit hieraus der einen freiberuflichen Tätigkeit zuzurechnen.
Besonderheiten für Personengesellschaften
Haben Sie sich mit weiteren Unternehmern zu einer Personengesellschaft zusammengeschlossen (z. B. GbR), bewertet das Finanzamt die Tätigkeit der Personengesellschaft insgesamt als gewerblich, wenn sie neben einer freiberuflichen Tätigkeit auch eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Eine Umqualifizierung freiberuflicher Einkünfte in gewerbliche Einkünfte erfolgt nur dann nicht, wenn die gewerbliche Tätigkeit der Personengesellschaft von gänzlich untergeordneter Bedeutung ist.
Von untergeordneter Bedeutung ist es, wenn 3 % der Gesamtumsatzerlöse oder 24 500 Euro an gewerblichen Anteilen enthalten sind. Überschreiten Sie eine dieser beiden Grenzen, wird die gesamte(!) Tätigkeit gewerblich eingestuft. Das Ganze nennt man Abfärbetheorie.
Handelt es sich nach Anwendung der genannten Grundsätze um zwei getrennt zu beurteilende Tätigkeiten, müssen die richtigen Konsequenzen daraus gezogen werden. Liegen zwei oder mehrere freiberufliche Tätigkeiten vor, muss das Finanzamt informiert werden. Hierbei wird regelmäßig die Einreichung eines steuerlichen Erfassungsbogens notwendig sein. Danach wird das Finanzamt für die Tätigkeiten jeweils eigene Steuernummern erteilen. Die zuvor beschriebenen Schritte müssen auch bei einer (weiteren) gewerblichen Tätigkeit (z. B. Coaching) gegangen werden.
Zuerst ist bei einer gewerblichen Tätigkeit aber zusätzlich eine Gewerbeanmeldung bei der Stadt oder Gemeinde vorzunehmen.
Als Freiberufler sind Sie nicht zur Buchführung verpflichtet und müssen „nur“ Aufzeichnungen über Ihre Einnahmen und Ausgaben führen, darüber hinaus ist eine Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) zusammen mit der Einkommensteuererklärung einmal jährlich elektronisch einzureichen.
Gewerbetreibende können diese vereinfachten Regelungen auch anwenden, wenn weder der Gewinn die Grenze von 60 000 Euro noch der Umsatz die Grenze von 600 000 Euro aus dieser Tätigkeit überschreiten. Ansonsten besteht Buchführungspflicht mit allen Konsequenzen, wie bspw. Bilanzierung und Kassenführung.
Kommen wir nun zu den einzelnen Steuerarten.
Gewerbesteuer
Wird nur eine einheitliche oder werden mehrere freiberufliche Tätigkeiten ausgeübt, haben Sie mit der Gewerbesteuer nichts zu tun. Bei gewerblichen Tätigkeiten sind Sie aber grundsätzlich gewerbesteuerpflichtig und müssen eine Gewerbesteuererklärung einreichen. Natürlichen Personen und Personengesellschaften steht aber ein Freibetrag von 24 500 Euro zu. Ist der Gewinn kleiner, fällt keine Gewerbesteuer an und auch die Abgabe einer Erklärung ist nicht mehr notwendig. Diese Befreiung von der Abgabe greift allerdings nur, wenn keine Verlustvorträge aus Vorjahren vorhanden sind.
Umsatzsteuer
Aus umsatzsteuerlicher Sicht gibt es immer nur einen Unternehmer und ein Unternehmen, d. h. unabhängig von der Art und Anzahl der ausgeübten Tätigkeiten ist alles zusammenzufassen und zu würdigen.
Die Kleinunternehmerregelung kann nur einheitlich betrachtet werden und die Grenze von 22 000 Euro ist entsprechend nur einmal zu gewähren. Die steuerbefreiten Umsätze sind bei der Betrachtung aber abzuziehen, sodass unterm Strich die steuerpflichtigen Umsätze aller Betriebe z. B. für Coaching, Supervision, Handel usw. zusammenzurechnen sind.
Besonderheit Supervision
Einnahmen aus Supervisionen sind grundsätzlich steuerpflichtig, können unter Umständen aber auch steuerfrei sein, wenn es sich um eine Lehrtätigkeit im Rahmen der beruflichen Fortbildung handelt. Voraussetzung hierfür ist aber eine Bescheinigung, dass es sich um eine solche steuerfreie Fortbildung handelt.
Eine Steuerbefreiung als präventive Gesundheitsmaßnahme kann nur in Betracht kommen, wenn die entsprechende Maßnahme im Rahmen einer medizinischen Behandlung durchgeführt wird.
Einkommensteuer
Freiberufliche Einkünfte sind in der Einkommensteuererklärung in der Anlage S mit entsprechender Anlage EÜR zu erklären. Gewerbliche Einkünfte werden in der Anlage G, falls keine Buchführungspflicht besteht, ebenfalls mit der dazugehörigen Anlage EÜR ans Finanzamt übermittelt. Hinweis: Anfallende Gewerbesteuer wird auf die Einkommensteuer angerechnet, d.h. die Einkommensteuer wird vermindert, um eine Übermaßbesteuerung zu vermeiden. Eine vollständige Anrechnung der Gewerbesteuer ist bis zu einem Hebesatz von 400 % möglich. Höhere Hebesätze führen zu einer höheren Gesamtsteuerbelastung.
John Pohlmann
Steuerberater
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