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Teflon-Beschichtung auf der Seele? Resilienzförderung bei Kindern, Jugendlichen und Lehrern

©inuengEin schwerer Unfall, eine niederschmetternde Diagnose oder eine Beziehungskrise – manchmal fordert das Leben uns zu viel ab und die Seele wird krank. Erstaunlicherweise gibt es jedoch Menschen, die selbst schlimmste Ereignisse, wie Kriege oder Vergewaltigungen, unerwartet gut verarbeiten. Das Schlüsselwort hierzu lautet Resilienz.

Was bedeutet eigentlich Resilienz?

Der Begriff Resilienz stammt ursprünglich aus der Werkstoffkunde der Physik und beschreibt die Fähigkeit eines Werkstoffes, nach einer Verformung in die ursprüngliche Form zurückzufinden. Im psychologischen Kontext definierte Michael Rutter (2000) Resilienz als die Fähigkeit eines Menschen oder eines sozialen Systems (z. B. der Familie), sich trotz schwieriger Lebensbedingungen auf sozial akzeptiertem Wege gut zu entwickeln.

Der Beginn der Resilienzforschung in der Psychologie war Emmy Werners „Kauai Studie“ (1982). Dabei wurde die physische, die kognitive und die soziale Entwicklung von knapp 700 Kindern über 18 Jahre hinweg beobachtet. Besonderes Augenmerk wurde auf die „Risikokinder“ gelegt – also die Kinder, die bis zum Ende ihres zweiten Lebensjahres mehr als drei Risikofaktoren (z. B. chronische Armut, psychische Erkrankung eines Elternteils, Tod eines Elternteils) ausgesetzt waren. 75 % dieser Risikokinder zeigten im Alter von zehn Jahren schwerwiegende Lern- und Verhaltensstörungen und wurden bis zum Alter von 18 Jahren auch häufig straffällig. Die übrigen 25 % der Risikokinder hingegen haben sich zu kompetenten, gesunden Menschen entwickelt – sie gelten demnach als besonders widerstandsfähig.

Warum sind manche Kinder resilienter als andere?

Entscheidend für die Entwicklung von Resilienz sind schützende Umweltfaktoren, wie z. B. mindestens eine stabile, verlässliche Bezugsperson, gute Bewältigungsstrategien der Eltern in Belastungssitua-tionen oder ein wertschätzendes Klima in Kindergärten und in Schulen. Protektiv wirken aber auch die (altersangemessene) Übernahme von sozialer Verantwortung, Problemlösungsfähigkeiten, Selbstwirksamkeitsüberzeugungen sowie ein realitätsnahes und positives Selbstkonzept. Zeigen Kinder viele dieser Schutzfaktoren, dann sind sie auch in der Lage, mit diversen kritischen Lebensereignissen erstaunlich gut zurechtzukommen.

Welches Menschenbild prägt die Resilienzforschung?

In der Resilienzforschung wird der Betroffene nicht als passives Opfer, sondern als aktiver Gestalter und Bewältiger einer Situation gesehen. Entsprechend liegt der Fokus des Krisenmanagements auf der Prä- vention – Personen aller Altersstufen sollen früh adäquate, effektive Bewältigungsstrategien erlernen, wie Problemlösungsfähigkeiten, Konfliktlösestrategien, persönliche Verantwortungsübernahme und Selbstwirksamkeit. Diese Kompetenzen sollen im Alltag intensiv eingeübt werden, damit sie in Stress- und Krisensituationen souverän anwendbar sind. Dieses Prinzip gleicht dem der Feuerwehr: Auch die Feuerwehr übt nicht erst dann, wenn es schon brennt!

Resilienz auch ein Thema in der Lehrergesundheit?

Auch im Bereich der Lehrergesundheit, v. a. der „Burnout-Prophylaxe“, wird Resilienz immer mehr gefördert. Folgende Ziele sind in vielen Programmen enthalten:

  1. Aufbau von sozialen Netzen zur kollegialen Unterstützung,
  2. Inanspruchnahme von Unterstützersystemen, wie Supervision, Intervision, Reflexionssettings
  3. radikale Akzeptanz, dass Veränderungen Bestandteil des Lebens sind
  4. realistische Zielsetzung
  5. Humor, Humor, Humor

Ach übrigens: Erst kürzlich hat das USVerteidigungsministerium die Resilienzforschung entdeckt – zur Vorbeugung psychiatrischer Erkrankungen der Truppe an der Front.

Literatur

  • Berndt, C.: Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft. 2015
  • Wustmann, C.: Resilienz. Widerstandsfähigkeit von Kindern in Tageseinrichtungen fördern. 2004
  • Welter-Enderlin, R./Hildenbrand, B.: Resilienz – Gedeihen trotz widriger Umstände. 2006
  • Opp, G./Fingerle, M.: Was Kinder stärkt. Erziehung zwischen Risiko und Resilienz. 2007

Förderprogramme für die Schule

  • Fröhlich-Gildhoff, K.: Prävention und Resilienzförderung in Grundschulen – PRiGS. 2012
  • Greeff, A.: Resilienz: Widerstandsfähigkeit stärken – Leistung steigern. 2008
  • Kubitschek, G.: Die 50 besten Spiele zur Resilienzförderung. 2014

www.stiftung-kinderland.de/uploads/tx_news AP_Resilienz_final.pdf

Dr. phil. Alexander Prölß Dr. phil. Alexander Prölß
staatlicher Schulpsychologe, Beratungsrektor, Akzeptanz- und Commitmenttherapeut (ACT), Hypnosecoach

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Foto: ©inueng