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Lebenswandel – Lebenskrisen verstehen und „überwachsen“

©fizkesKrisen ereignen sich vor allem dann, wenn eine neue Entwicklung ansteht, wenn uns der Sinn unseres Lebens verloren geht und wir keine Lösungsmöglichkeiten mehr sehen. Häufig, wenn auch nicht immer, sind Krisen von äußeren Umständen initiiert, wie etwa einer Trennung, dem Verlust des Arbeitsplatzes oder der Diagnose einer ernsten Krankheit, um nur einige zu nennen.

Doch gerade diese Umstände sind es, die uns vehement auf uns selbst zurückwerfen und uns dadurch zwingen, uns intensiv mit uns selbst auseinanderzusetzen. Halten wir aufgrund falsch verstandener Sicherheit, aus Bequemlichkeit oder auch Angst vor Veränderung zu lange an einer Situation, Verhaltensweisen, Dingen, Menschen etc. fest, kann es passieren, dass wir dabei uns selbst verlieren. Indem wir den Blick nur auf das richten, was wir um nichts in der Welt loslassen wollen. Dadurch dass wir unsere Sicht verschleiern, vergessen wir mitunter, was uns eigentlich ausmacht, was uns wichtig ist im Leben, und bekommen so keinen Zugang zu unserer kreativen Energie. Das ist der Ausgangspunkt der Krise. Sie macht uns darauf aufmerksam, wieder genauer hinzusehen, uns und unser Verhalten zu reflektieren, und hilft uns, den Blick wieder auf uns selbst zu richten.

„Je mehr wir aber festhalten, umso
mehr müssen wir dieses so fest
Gehaltene hinterfragen.“
V. Kast

©fizkesIn diesem Sinne verstehe ich die Krise als eine Möglichkeit, sein Leben neu zu hinterfragen und gegebenenfalls andere Schwerpunkte zu setzen. Krisen gehören zum Leben dazu, Leben heißt Veränderung, Wandel und auch Neubeginn. Stagnation und Stillstand lässt uns erstarren, nicht mehr am Leben teilhaben. Nur durch die stetige Veränderung können wir uns weiterentwickeln und vorwärtskommen.

Veränderung ist jedoch etwas, was gerne umgangen wird, was auch Ängste hervorrufen kann. Gerade deswegen ist es so wichtig, sich den tieferen Sinn von Veränderungen und im weiteren Sinne von Krisen zu vergegenwärtigen. Sie dienen der Lebendigkeit unseres Daseins, bringen uns auf unserem Weg vorwärts und fordern durch ihre Präsenz und Dringlichkeit dazu auf, ihnen zu folgen, weiterzugehen und nicht ausschließlich an dem, was ist, festzuhalten.

„In den Krisen des Lebens steckt oft
eine mögliche Sinnbotschaft.“
B. Dorst

Gerade in Krisenzeiten ist der Blick auf eigene Ressourcen verstellt. Aus meiner praktischen Tätigkeit heraus habe ich erfahren, wie wichtig es ist, sich besonders in Phasen des Umbruchs und der Unwägbarkeiten auf die Teilbereiche zu besinnen, die von der Krise nicht berührt sind. In denen wir uns gut fühlen und etwas von unserer inneren Stärke und Zuversicht spüren. Im therapeutischen Kontext erlebe ich immer wieder, wie hilfreich es sein kann, wenn die trotz allem auch vorhandenen positiven und kraftvollen Aspekte widergespiegelt werden.

Allein die Erfahrung, dass ein anderer neben all der selbst verspürten Schwere und Kraftlosigkeit an uns glaubt und unser Potenzial sieht, kann entlastend wirken. Die Annahme eines Gegenübers kann uns helfen, achtsamer mit uns und unserer aktuellen Situation umzugehen. Denn auch, wenn es in der Phase der Krise nicht so scheint, sind die progressiven Anteile von uns dennoch vorhanden. Damit sie in unserem Leben unterstützend wirken können, müssen wir jedoch einen Zugang zu ihnen bekommen.

„Das Verstehen der eigenen Situation
wird manchmal auch im Spiegel eines
Märchens möglich.“
B. Dorst

Schöpfungsmythen und Märchen können bei der Bewältigung einer (Lebens-)Krise hilfreich sein. In jedem Märchen gilt es, Hindernisse zu überwinden. Dafür werden auch immer hilfreiche Kräfte-Tiere, Menschen, Gegenstände – zur Verfügung gestellt. Wir müssen lernen, diese wahrzunehmen und für uns zu nutzen. Das können liebevolle Menschen genauso sein wie ein langer Spaziergang in der Natur oder auch einfach die Wohltat, sich auf sich selbst besinnen zu können. Wichtig ist vor allem, all diese stärkenden Möglichkeiten in der Krise nicht aus den Augen zu verlieren und sich trotz evtl. vorhandener Widerstände und Blockaden diesen Dingen zuzuwenden. Dennoch: Veränderung, so positiv sie auch ist, ist zunächst immer erst mal mit Angst verbunden.

„... jede Reifung und Bewußt-
werdung erfolgt nur mit Mühe und
gegen einen Widerstand des
Unbewußten.“
C. G. Jung

Die Beschäftigung mit Märchen kann uns dabei helfen, unsere eigene Situation aus der Distanz heraus zu betrachten, Lösungsmöglichkeiten zu erkennen und unser Vertrauen in uns und das Leben an sich zu stärken. Das Bewusstsein, mit unserer Situation nicht alleine zu sein, kann Trost und Zuversicht spenden. Denn wenn sich all diese Menschheitserfahrungen in Märchen niederschlagen und Märchen fast immer gut ausgehen, dann besteht auch für uns Hoffnung, dass unsere Geschichte gut ausgeht. Am Ende können wir zurückblicken und sagen: „Diesen Weg bin ich gegangen. Er war nötig, um mich weiterzuentwickeln. Er war hart, voller Umwege und Unwägbarkeiten, aber ich habe es geschafft und bin gestärkt daraus hervorgegangen, um mich nun dem zu widmen, was in mir reifen durfte.“

„Das, was heute unsere modernsten
Erfahrungen sein mögen, wußte das
Märchen längst, seit uralter Zeit.
Es redet nur in der anderen, sehr
einfachen und gleichzeitig sehr
schwierigen und sehr tiefen Sprache
der Bilder.“
H. Dieckmann

Diese Bilder können wir für uns zugänglich machen. Über das Ausgestalten, Imaginieren und die bewusste Auseinandersetzung mit den Märchen ermöglichen wir uns einen neuen Zugang zu ihnen. Dann vermögen wir, ihr enthaltenes Potenzial zu entziffern. Dabei kommt es nicht auf eine ausgreifende Deutung an, sondern gerade auf unsere individuelle Sicht, die Einzigartigkeit, mit der wir ein Märchen aufnehmen, verarbeiten und mit unserer persönlichen Geschichte verbinden.

„Es gibt vieles in unserer Seele, das
wir nicht rational ausdrücken oder
einem anderen Menschen verständlich
machen können.“
H. Dieckmann

Über das Malen eigener Bilder bekommen wir die Möglichkeit, zu gestalten. Wir sind nicht mehr in der Starre gefangen, sondern kommen wieder in Bewegung, in einen kreativen Fluss. Durch das Malen aus dem Unbewussten wird der Austausch zwischen Bewusstsein und Unbewusstem angeregt, was unerlässlich für unsere psychische Gesundheit und Entwicklung ist. Nicht zuletzt können wir über Bilder Dinge ausdrücken, für die es keine Worte gibt.

„... unsere Bilder sagen immer etwas
aus über uns selbst, darüber, wie
wir uns selbst und auch die Welt sehen, …“
V. Kast

Um mit einem Wort von Verena Kast abzuschließen: „Seele braucht Zeit“.

Es geht also nicht darum, möglichst schnell wieder zum Alltag mit all seinen Anforderungen und teilweise routinierten Abläufen zurückzukehren, sondern im Gegenteil darum, sich Zeit für sich zu nehmen. Sich und seine Entwicklung ernst und wichtig zu nehmen.

Indem Sie für sich sorgen, sorgen Sie auch für die Menschen in Ihrem Umfeld – denn nur, wenn es Ihnen gut geht, Sie sich kraftvoll und energiegeladen fühlen, können Sie Ihr volles Potenzial einbringen und damit auch für andere da sein.

Selina DanischSelina Danisch
Heilpraktikerin für Psychotherapie mit
Praxis in Braunschweig, Dozentin

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