Eine Gebrauchsanleitung fürs Glück
Als einen „psychologischen Mutmacher“ bezeichnet das Autorenpaar Dr. Petra Dannemeyer und Ralf Dannemeyer sein neuestes Buch mit dem Titel „Das Potenzial des Inneren Kindes nutzen. Dein Weg zu emotionaler Freiheit“.
Aus dem Klappentext
Viele Menschen haben das Gefühl, nicht das Leben zu leben, das sie sich wünschen. Die Unzufriedenheit kommt diffus daher – schwer erklärbar und damit scheinbar unveränderlich. In der Literatur wird oftmals das verletzte innere Kind als Ursache dieser Probleme ausgemacht. Gewiss spielt es eine Rolle – doch, so die Botschaft dieses Buches: Du bist zu alt, um deine Eltern verantwortlich zu machen!
Petra und Ralf Dannemeyer verfolgen einen anderen Ansatz: Die Entdeckung des Wesenskerns, des Wer-ich-bin. Sie identifizieren sieben emotionale Gifte, die sich wie ein grauer Schleier um den Wesenskern legen, bis der Mensch „vergessen“ hat, wer er wirklich ist. Die Autoren zeigen Wege auf, den Wesenskern wieder erstrahlen zu lassen und sich damit von Einschränkungen und Konditionierungen emotional zu befreien. Zahlreiche Selbstcoaching- Übungen dienen der sofortigen Umsetzung im Alltag.
Die Redaktion Freie Psychotherapie, FP, sprach mit dem Autorenpaar.
FP: Was meint ihr damit, wenn ihr sagt, euer Buch sei ein „psychologischer Mutmacher“?
Petra: Wir verfolgen in unserem Institut schon seit vielen Jahren einen selbst gewählten Forschungsauftrag: Warum erleben sich einige Menschen als Opfer – gefangen in Unzufriedenheit, Wut oder einer stabilen Grundtraurigkeit – während andere mit einem durchaus ähnlichen Schicksal ein glückliches Leben führen? Das Ergebnis, unseren heutigen Stand der Erkenntnisse haben wir in diesem Buch zusammengefasst.
FP: Das müsst ihr näher erklären …
Ralf: Du kannst unser Buch als eine abenteuerliche Reise durch das Leben betrachten: von der Geburt über das Jetzt in eine leuchtende Zukunft.
Fangen wir mit der Geburt an: Der Mensch kommt emotional frei auf die Welt. Sein Wesenskern ist noch unangetastet. Doch damit ist es bald vorbei. Noch bevor unser Gehirn so ausgebildet ist, dass wir unseren Wesenskern leben können, vergessen wir ihn, und damit vergessen wir, wer wir sind.
FP: Wie kommt es dazu?
Petra: Im Laufe unserer Entwicklung, auf dem Weg vom Kind zum Erwachsenen, leben wir immer weniger entsprechend unserem Wesenskern und unserem Potenzial, sondern auf der Grundlage der Regeln unserer Eltern, Erzieher, Lehrerinnen … also: anderer Menschen, die unsere inneren Landkarten beschreiben. Manchmal ist das gut so, wenn die Regeln lebensfreundlich und großzügig sind und dem Kind helfen, sein Potenzial, sein Selbstwertgefühl und seine Selbstliebe zu entfalten.
Oft verursachen jedoch die Wertvorstellungen, Glaubenssätze und Regeln unserer nächsten Bezugspersonen viel psychologisches Leiden.
Das ist die Verletzung des inneren Kindes. Und damit geht seine Fähigkeit immer mehr verloren, seinen Wesenskern zu erkennen und zu leben.
FP: Wo ist der Zusammenhang zwischen Verletzung des inneren Kindes und dem Verlust des Wesenskerns?
Ralf: Der kleine Mensch lernt, dass viele Teile seines Wesenskerns nicht in Ordnung sind, wie etwa bedingungslos zu lieben und geliebt zu werden, arglos, authentisch und ständig neugierig und kreativ zu sein. Viele Kinder werden mit Schuld konfrontiert – etwa: „Du bist schuld, dass Mama so traurig ist“. Die Wesenskern-Qualität Unschuld ist infrage gestellt. Das Kind erlebt also, dass es nicht in Ordnung ist, so, wie es ist.
FP: Ihr sprecht in diesem Zusammenhang auch noch von einer „Liebe-Angst-Polarität“. Was ist das?
Petra: Das Kind gibt bedingungslose Liebe und braucht bedingungslose Liebe. Bekommt es diese, dann spielen in seinem Gehirn Glückshormone eine sanfte, fröhliche Melodie. Dafür sorgen Neurotransmitter wie Dopamin, Serotonin und Noradrenalin, die reichlich gefeuert werden, wenn der Mensch sich geliebt fühlt. Alles ist gut. Entziehen die wichtigsten Bezugspersonen plötzlich die bedingungslose Liebe, indem sie das Kind kritisieren, ausschimpfen, bestrafen, bleiben die Wohlfühlbotenstoffe aus. Der Mandelkern, das emotionale Angstzentrum im Gehirn, arbeitet sogleich auf Hochtouren. Das zu erleben, ist schon schlimm für uns Erwachsene. Jeder, der einmal verlassen wurde oder große Angst erlebt hat, kennt dieses bedrohliche Gefühl. Im kindlichen Empfinden fühlt sich das an wie der nahe Tod. Jetzt tut es alles dafür, die ersehnte Zuwendung zurückzugewinnen. Dann fließen die Wohlfühlbotenstoffe wieder und das Kind speichert sein Verhalten als erfolgreich ab.
Das heißt: Wenn es sich wohlgefällig verhält, so glaubt das Kind, schenken Mama und Papa wieder ihre Liebe – und schon wirken die Glückshormone wieder. Wird es bestraft oder empfindet es Liebesentzug, so setzt die Angst ein. Ein festes Programm, das viele Menschen ein Leben lang begleitet: Die Sucht nach Liebe und die Angst, diese wieder zu verlieren – das ist die Liebe-Angst-Polarität.
FP: Und so kommt es, dass wir Menschen uns vielleicht ein Leben lang an einengende Regeln halten und limitierenden Glaubenssätzen folgen, weil wir abhängig sind von der Liebe anderer?
Ralf: Gewissermaßen ja, doch ist damit Liebe in einem umfassenden Sinn gemeint, also die Paarbeziehung ebenso wie zum Beispiel ein anerkanntes Mitglied eines Teams und im Beruf erfolgreich oder wohlhabend zu sein. Hat der Mensch, was er begehrt, setzt schon die Angst ein: Wie halte ich das jetzt fest?
FP: Und daraus entwickeln sich angstgesteuerte Denk- und Verhaltensweisen?
Petra: Ja. Wir behaupten: Alle begrenzenden Glaubenssätze, fast alle Ängste, ja, ein Großteil der psychosomatischen Erkrankungen sind Folge der Liebe-AngstPolarität. Daran therapeutisch zu arbeiten, ist für uns ein sehr wirksamer Ansatz für Psychotherapie oder Coaching.
FP: Wie genau findet der Mensch den Ausweg aus der Liebe-Angst-Polarität?
Ralf: Es geht zunächst einmal darum, herauszuarbeiten, wie wir vergessen konnten, wer wir sind – wie wir unseren Wesenskern einfach vergessen konnten. Diesem Verständnis widmen wir in unserem Buch etwa ein Drittel, es ist also hier im Interview nur möglich, eine kleine Idee zu vermitteln.
Petra: Und dieses Verständnis ist die Grundlage dafür, meinem inneren Kind und seinen Seinsqualitäten neu zu begegnen – meinen Wesenskern zu erforschen. Zusammen mit meinem inneren Kind zu erforschen, wer ich bin. Dann kann ich mich immer mehr emotional befreien, meine tiefste Sehnsucht entdecken und – diese leben. Insofern ist unser Buch eine Gebrauchsanleitung zum Glück: Für den Laien leicht verständlich, für den Profi mit einer Fülle von Anregungen für die therapeutische Arbeit.
FP: Euer Buch ist Mitte April 2020 erschienen, also mitten in der Corona-Pandemie!
Ralf: Ja, was wir im Prozess des Schreibens und Lektorierens nicht ahnen konnten, war, dass unser Buch in einer Zeit erscheint, in der die Menschen in besonderer Weise Mut, Kraft, Ausdauer und Zuversicht brauchen. Wenn Menschen ihre Gewissheiten verlieren, wenn bisherige Sicherheiten gefühlt täglich von neuen Wahrheiten abgelöst werden, wenn die Welt um mich herum das Lied der Angst spielt – dann schlägt die Liebe-Angst-Polarität in besonderer Weise zu. In der Krise zeigt der Mensch eventuell sein größtes Potenzial – oder seine wirkmächtigsten Limitationen.
Petra: In ihrer Angst verschließen jetzt viele Menschen ihren Blick auf die langfristigen Chancen, Herausforderungen und Möglichkeiten und reagieren in alten Mustern mit
- Angst und Panik oder
- Hyperaktivität und Ablenkung ins Tun oder
- Resignation und Rückzug in emotionale Starre.
Unser neues Buch ist dafür geschrieben, diese Muster zu transformieren. Es könnte auch heißen: „Stark in schweren Zeiten“ – doch wir wussten ja nicht, was da auf uns zukommt. Eine der für uns bedeutsamsten Aussagen des Buches ist, dass das Gegenteil von LIEBE nicht Hass ist, sondern ANGST. Anders ausgedrückt: Liebe besiegt Angst. Und die Liebe, die ist die Essenz unseres Wesenskerns und unseres inneren Kindes.
Was ist der „Wesenskern“? Aus dem Buch, Seite 20/23
„Ein Kind wird – hoffentlich – in Liebe gezeugt und als Liebe geboren. Es ist gewissermaßen aus dem Stoff gemacht, aus dem Liebe in einem umfassenden Sinne gemacht ist. Der Mensch verfügt damit zu Beginn seines Lebens über ein Potenzial, das wir seinen Wesenskern nennen möchten. Dieser Wesenskern besteht aus sieben Seinsaspekten (s. Abb. Wesenskern). (…)
Wenn Arglosigkeit, Liebe, Neugierde, Intuition, Authentizität, Kreativität und Unschuld sowie der Fokus auf das Hier und Jetzt den Wesenskern eines kleinen Kindes ausmachen, was ist dann mit uns Erwachsenen? Was bleibt davon übrig? Und wie werden wir die, die wir heute sind?“
MitGIFT oder Mitgift? Buch, Seite 40
„MitGIFT ist eine Metapher, eine Eigenkreation. Wir benutzen sie an unserem Institut gern, um die Entstehung und die Wirkung limitierender Glaubenssätze zu erklären.
Mitgift (frühneuhochdeutsch ‚mitegift‘ = das Mitgegebene) ist, was wir aus unserem Elternhaus mitnehmen, wenn wir selbstständig werden (früher: Wenn die Frau heiratete.) Es enthält das Wort Gift (althochdeutsch: ‚Gabe‘). Im Englischen heißt gift ‚Geschenk‘ (auch Talent, Begabung, Schenkung, Angebinde). Im Deutschen ist Gift hingegen ein toxischer Stoff, der Lebewesen einen Schaden, eine Vergiftung zufügen kann.
‚Psychogifte‘ sind für uns Aussagen, Gedanken und Glaubenssätze, die dem Menschen seine Liebe, seine Zugehörigkeit, seine Entwicklungsfähigkeit, seine Sicherheit und seine Selbstachtung nehmen oder diese einschränken. Die ihn hindern, seine Grundbedürfnisse, sein Potenzial und seine tiefste Sehnsucht zu leben.“
Die Autoren identifizieren sieben emotionale Gifte, die auf die frühe Entwicklung des Menschen einwirken und sein Leben prägen.
Dannemeyer, Dr. Petra und Dannemeyer, Ralf:
Das Potenzial des Inneren Kindes nutzen.
Dein Weg zu emotionaler Freiheit. Junfermann-Verlag, 2020
Erhältlich im Buchhandel oder direkt bei den Autoren:
https://inneres-kindseminare.de/unsere-buecher
Auf der Website der Autoren finden Sie weitere Informationen,
z. B. eine vierteilige Online-Buchlesung, acht Online-Meditationen
und eine Seminarreihe zum Buch: https://inneres-kind-seminare.de
Dr. phil. Petra Dannemeyer
Psychologische Beraterin (VFP), NLP-Lehrtrainerin
und systemischer Coach in Weimar und Ammoudia (Griechenland)
Ralf Dannemeyer
NLP-Lehrtrainer, Supervisor
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