E-Rechnungen: Was kommt da auf uns zu?
Das vom Gesetzgeber im März 2024 verabschiedete „Wachstumschancengesetz“ enthält neben vielen anderen Änderungen die Einführung der E-Rechnungspflicht im B2B-Bereich (zwischen Unternehmern) ab 2025. Ein spannendes Thema, wie ich finde. Zu schnell könnte die - falsche - Erkenntnis reifen: „Das brauche ich nicht, habe nur Privatkunden bzw. -klienten. Geht mich nichts an.“ Das Thema geht alle Selbstständigen an! Wie ist der aktuelle Stand?
Die aktuelle Rechtslage sieht die Verpflichtung zur Erteilung von Rechnungen im Papierformat vor, ermöglicht aber auch schon heute die elektronische Übermittlung mit der (formlosen) Zustimmung des Rechnungsempfängers. Grundsätzlich muss bei der elektronischen Rechnungserteilung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts gewährleistet sein.
Die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung sind durch eine qualifizierte elektronische Signatur, per elektronischem Datenaustausch (EDI) oder durch ein innerbetriebliches Kontrollverfahren, das einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen kann, sicherzustellen. Bei kleinen Unternehmen soll das innerbetriebliche Kontrollverfahren auch durch einen manuellen Abgleich vorgenommen werden können. Eine elektronische Übermittlung von Rechnungen, z. B. im PDF-Format, erfüllt aktuell die gesetzlichen Voraussetzungen. Das soll sich ändern.
Wo geht die Reise hin?
Ab 2025 entfällt der Vorrang der Papierrechnungen im B2B-Bereich und wird ersetzt durch die Pflicht zur Erteilung von elektronischen Rechnungen, die in Form und Inhalt eng definiert sind und mit der heutigen elektronischen Übermittlungsmöglichkeit von Rechnungen als Bild- oder PDF-Format nichts mehr gemein haben.
Die (neue) E-Rechnung wird somit verpflichtend ab 2025 mit Übergangsregelungen bis einschließlich 2027. Diese Pflicht muss aber von zwei Seiten betrachtet werden, bei Eingangs- und Ausgangsrechnungen. Selbst wenn in Ihrer Praxis nur Privatklienten Rechnungen erhalten, die von der Verpflichtung befreien, elektronische Rechnungen zu erteilen, so gibt es im Bereich der Eingangsleistungen überwiegend Unternehmen, die mit den Lieferungen von Waren (z. B. Praxisbedarf) oder Erbringung von Dienstleistungen (z. B. Telefon, Internet) Geschäftsbeziehungen mit uns unterhalten. Sie (alle!) müssen somit grundsätzlich ab 2025 elektronische Rechnungen empfangen und rechtssicher archivieren können. Die Wahl der Inanspruchnahme von Übergangsregelungen liegt immer beim ausstellenden Unternehmer und bei Eingangsrechnungen folglich nicht bei Ihnen! Machen Sie sich also bereit ab 2025.
Wer ist davon betroffen?
Die E-Rechnungspflicht gilt zunächst nur für Leistungen (sog. B2B-Umsätze) zwischen Unternehmern, die im Inland ansässig sind. Betroffen sind ausdrücklich auch Kleinunternehmer. Von dieser Verpflichtung ausgenommen werden Kleinbetragsrechnungen (Rechnungen bis 250,- Euro) sowie Fahrausweise. Weiterhin nicht betroffen sind Unternehmen, die steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG ausführen, da keine Pflicht zur Rechnungserteilung besteht, weder in Papier- noch in elektronischer Form.
Was ist eine (neue) E-Rechnung?
Eine E-Rechnung ist eine elektronische Rechnung, die Daten in einer XML-Datei, die konform zur EN 16931 ist, enthält, die bisher als Papierrechnung oder auch als PDF erstellt und versendet wurde. Eine reine PDF-Datei gilt nicht als E-Rechnung!
Die erwähnte EU-Norm EN 16931 stellt einen europaweit einheitlichen technischen Standard für die E-Rechnung dar. Diese Norm legt die Struktur und den Inhalt von elektronischen Rechnungen als verbindlich fest. Die dort definierten Anforderungen werden z. B. von der „XRechnung“ oder dem „ZUGFeRD-Format“ erfüllt. Beide Formate können auch heute schon genutzt werden. Eine Rechnung im hybriden „ZUGFeRD-Format“ kombiniert visuelle PDF und integrierte Rechnungsdatei im XML-Format und ist somit für den Empfänger über das PDF-Format einfacher auszulesen. Beim „XRechnung“-Format kann keine Auslesung mit dem bloßen Auge erfolgen, da lediglich eine Rechnungsdatei im XML-Format vorliegt. Hier sind zum Auslesen jedoch Softwareangebote auf dem Markt verfügbar.
Verständigen sich die Vertragsparteien auf das ZUGFeRD-Format, ist eine Rechnungsprüfung zukünftig weiterhin ohne zusätzliche Software möglich, da sie mithilfe eines PDF-Readers gelesen und geprüft werden kann. Bitte beachten Sie, dass die E-Rechnung das Originaldokument darstellt und sicher archiviert werden muss. Ein Ausdruck und das anschließende Vernichten der Datei erfüllen diese Voraussetzungen an eine ordnungsgemäße Aufbewahrung nicht. Das war aber auch bisher schon so.
Übergangsweise bleiben sonstige Rechnungen möglich. Eine sonstige Rechnung ist eine Rechnung, die in einem anderen elektronischen Format oder auf Papier erstellt und übermittelt wird. Eine Ausgangsrechnung im PDF-Format stellt damit eine sonstige Rechnung dar und wird einer Papierrechnung gleichgestellt.
Ab 2028 soll darüber hinaus innerhalb der EU ein elektronisches Meldesystem eingeführt werden
Welche Übergangsregelungen gibt es?
Angesichts der Tatsache, dass die Einführung der E-Rechnung einen erheblichen Umstellungsaufwand verursachen kann, wurden Übergangsregelungen geschaffen. Der zeitliche Aufschub für die verpflichtende Einführung gilt jedoch nur für Rechnungsaussteller.
Grundsatz ab 1. Januar 2025
Alle Unternehmen können E-Rechnungen versenden. E-Rechnungen ersetzen den Vorrang der Papierrechnungen. In den ersten zwei Jahren dürfen Papierrechnungen und andere elektronische Rechnungsformate (PDF etc.) weiterhin versendet werden. Für andere elektronische Rechnungen ist hierbei wie bisher die Zustimmung des Empfängers erforderlich.
Übergangsregelung 1 ab 1. Januar 2027
Unternehmen mit mehr als 800 000 Euro-Vorjahresumsatz müssen im B2B-Bereich E-Rechnungen versenden. Ist der Vorjahresumsatz geringer, verlängert sich die Frist um ein weiteres Jahr.
Der Gesamtumsatz bemisst sich in Anwendung des §19 Abs. 3 UStG.
Übergangsregelung 2 ab 1. Januar 2028
Alle Unternehmen müssen verpflichtend elektronische Rechnungen im B2B-Bereich versenden.
Konsequenzen für den Empfänger der Rechnungen
Auch wenn keine neuen E-Rechnungen ab 2025 versendet werden sollen, müssen Sie in der Lage sein, elektronische Rechnungen zu empfangen und zu archivieren. Die Zustimmung des Rechnungsempfängers ist nicht mehr erforderlich. Nur wenn die elektronische Rechnung nicht den neuen Vorgaben entspricht oder grundsätzlich keine Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung (z.B. bei Kleinbetragsrechnungen oder steuerbefreiten Umsätzen) besteht, ist die Zustimmung notwendig. Es wird eine Softwarelösung für den Empfang, die Archivierung und die Weiterverarbeitung von E-Rechnungen benötigt!
Konsequenzen für den Aussteller der Rechnungen
Bei der Verpflichtung zum Erstellen von E-Rechnungen wird eine rechnungserstellende Software benötigt, die in der Lage ist, Rechnungen im strukturierten Format zu erstellen und revisionssicher zu archivieren.
Fazit
Das Thema E-Rechnungen geht alle Unternehmerinnen und Unternehmer an und sollte rechtzeitig angegangen werden. Auch wenn keine Verpflichtung zur eigenen Erstellung von E-Rechnungen besteht, muss dafür Sorge getragen werden, dass ab 2025 der Empfang, die Sichtbarmachung und die Archivierung der Eingangsrechnungen möglich ist.
E-Rechnungen sind auch als Chance zu sehen, Prozesse neu zu denken und effizient umzustellen. Die Zusammenarbeit mit Dritten (z. B. Steuerberatern) kann dadurch ebenfalls verbessert werden.
Der Digitalisierungsaufwand vermindert sich, da die mitunter sehr aufwendige Scan-Erstellung zumindest im B2B-Bereich entfällt. Mit dem Einsatz der richtigen Software kann das „strukturierte Datenformat“ ausgelesen und im Buchhaltungsprogramm genutzt werden, sodass die händische Nacherfassung von Buchungsinformationen vermindert wird oder vollständig entfällt.
Bekanntermaßen ist der Vorsteuerabzug nur möglich, wenn eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Eine ordnungsgemäße Rechnung in diesem Sinne ist ab 2025 eben die E-Rechnung bzw. in der Übergangsphase mit Zustimmung noch die bisherige Form. In der praktischen Umsetzung bedeutet das aber eben auch, dass bei Einkäufen in Baumärkten, Elektronikmärkten, Möbelhäusern usw. eine E-Rechnung, bei einem Einkaufswert über 250,- Euro, mit dem Hinweis auf einen Unternehmenskauf aktiv angefordert werden muss. Ein Kassenbon oder eine ausgedruckte Rechnung erfüllen die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung nicht.
Informieren Sie sich bei Ihrem Softwareanbieter, ob gewährleistet ist, dass die neuen gesetzlichen Regelungen ab 2025 in der von Ihnen eingesetzten Software gesetzeskonform umgesetzt werden. Falls nicht, suchen Sie sich rechtzeitig passende Softwarelösungen (Datev, Lexware usw.) am Markt, damit Sie rechtzeitig e-fit sind.
John Pohlmann Steuerberater, VFP-Experte für unser Steuerforum