Ambulante psychoonkologische Beratung in den eigenen vier Wänden
Die psychoonkologische Beratung versucht – in Ergänzung zur medizinischen Krebstherapie – den Patienten bei der Bewältigung seiner Krankheit zu unterstützen. Ein weiteres Ziel der Beratung ist, sowohl die Selbstheilungskräfte zu aktivieren und so das körpereigene Immunsystem zu stärken als auch die Verbindung von Körper und Geist zu intensivieren. Dieser ganzheitliche Ansatz setzt deshalb in der Regel eine Zulassung zur Heilkunde voraus.
Das Setting
Bei der psychoonkologischen Beratung ist in höchstem Maße auf die Individualität des Patienten Rücksicht zu nehmen. Jeder Mensch verarbeitet die Krankheit auf seine eigene Weise. Häufige Schwankungen in Psyche und Physis stellen hohe Anforderungen an den psychoonkologischen Berater und seine Flexibilität.
So verbietet sich jede Pauschalierung. Krebspatienten sind allen äußeren Einfl üssen gegenüber sehr sensibel. Das betrifft sowohl räumliche Umgebungen als auch emotionale oder kommunikative Kontakte.
Aus diesen Gründen – und weil ich im Laufe der Jahre die Feststellung gemacht habe, dass viele Krebspatienten entweder nicht sehr mobil sind oder Hemmungen haben, eine Praxis zu besuchen – arbeite ich ausschließlich ambulant, d. h., ich besuche die Patienten in ihrer häuslichen Umgebung.
Das hat auch den Vorteil, dass die Patienten von Grund auf wesentlich entspannter sind als in für sie fremden Praxisräumen. Außerdem sind sie in vertrauter Umgebung sehr viel bereiter, über ihr persönliches Schicksal zu sprechen.
Meine Methoden der psychoonkologischen Beratung: die vier Säulen
1. Entspannung
2. Imagination
3. Achtsamkeit
4. Schatten-Integration
1. Entspannung
Das Entspannungstraining konzentriert sich sowohl auf den Körper als auch auf den Geist. Ein entspannter Körper und ein entspannter Geist sind die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Arbeiten am Selbst.
Neben der „PMR“ (progressive Muskelrelaxation nach Jacobson), die eine gute Methode ist, den Körper rasch zu entspannen, halte ich Qigong ideal für Krebspatienten.
Zum einen können die Übungen relativ bewegungsarm gestaltet werden, was für manche Patienten, die nicht so mobil sind, sehr wertvoll ist. Zum anderen werden mit jeder Qigong-Übung Imaginationen verbunden, die den Weg zur Verbindung von Körper und Geist gut vorbereiten.
2. Imagination
Imagination fördert Fantasie und Kreativität, sie ist ein wesentlicher Teil der Ressourcenarbeit und stellt Kontakt mit dem Unterbewusstsein her.
Der Wissenschaftszweig der Psychoneuroimmunologie hat erforscht, dass Gedanken in der Lage sind, Körperzellen physisch zu beeinflussen. So auch die des Immunsystems. Daraus ergibt sich, dass der Imagination innerhalb der psychoonkologischen Beratung eine hohe Bedeutung zukommt.
Bei der Imagination gibt es grundsätzlich zwei Arten: Einmal können wir die Imagination in Form von Fantasiereisen zur Entspannung anwenden. Und zum anderen können wir die Imagination einsetzen, um die Zellen des Immunsystems direkt physisch zu beeinfl ussen. Dies geschieht dadurch, dass dem Patienten Bilder vermittelt werden, die es ihm ermöglichen, unmittelbaren Kontakt zu den Krebszellen aufnehmen zu können.
3. Achtsamkeit
Achtsamkeit ist die aufmerksame Wahrnehmung des gegenwärtigen Moments, der Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen des Augenblicks – ohne sie zu bewerten. Auch die Achtsamkeit stärkt – und das ist ebenso erwiesen – die Immunabwehr, aktiviert die Selbstheilungskräfte und kann die Schmerzwahrnehmung verändern. Achtsamkeit kann dem Patienten weiterhin helfen, dem Hamsterrad des Grübelns zu entfliehen.
4. Schatten-Integration
Schatten sind verdrängte Persönlichkeitsanteile. Die Ursachen einer Krebserkrankung sind multifaktoriell. Oft sind aber auch „Schatten“ mit ursächlich für eine Erkrankung. In diesen Fällen wird man im Laufe der psychoonkologischen Beratung auf solche Schatten stoßen. Dann ist es wichtig, diese Schatten nicht zu verdrängen, sondern dem Patienten die Möglichkeit zu eröffnen, sie sich bewusst zu machen. Die Bewusstmachung und die Integration der Schattenanteile führen zu Ganzheit, Lebendigkeit, Toleranz, Mitgefühl und inneren Frieden.
Achtung: An die Schatten-Integration sollte man sich nur wagen, wenn man über eine entsprechende Heilerlaubnis verfügt.
Methodische Werkzeuge
Die psychoonkologische Beratung findet im gegenseitigen Dialog statt. Meine bevorzugte Methode der Gesprächsführung ist die Idiolektik. Zum einen erfährt der Patient hier eine sehr große Entfaltungsmöglichkeit und zum anderen erhält der in der Idiolektik geschulte Berater für ihn wichtige Informationen, ohne den Patienten zu überfordern.
Beim Thema Imagination bietet die Simonton-Methode dem psychoonkologischen Berater wertvolle Hilfe und Unterstützung. Er findet hier imaginative Ansätze, die gut in die Praxis umgesetzt werden können. Beim Thema Schatten-Integration verfolge ich die existenzielle Psychotherapie von Dr. Irvin D. Yalom. Bei Krebspatienten kommt man sehr häufig an den Punkt, an dem es um existenzielle Fragen geht. Hier sind die Ideen von Dr. Yalom für den psychoonkologischen Berater eine wertvolle Hilfe. Verhaltenstherapeutische Ansätze führen in der Psychoonkologie häufig in eine Sackgasse.
Ausbildung
Der psychoonkologische Berater sollte eine umfassende Ausbildung vorweisen können. Die folgenden Ausbildungen sollten aber mindestens vorhanden sein:
1. Heilpraktiker für Psychotherapie
2. psychoonkologischer Berater
3. Entspannungstherapeut
Abschließend möchte ich noch ein paar Worte zum Thema „psychoonkologischer Berater und Ärzte“ verlieren.
Grundsätzlich sollte die Arbeit des psychoonkologischen Beraters immer als eine Ergänzung zur medizinischen Krebstherapie verstanden werden.
Das Gespräch mit den behandelnden Ärzten sollte nach Möglichkeit immer gesucht werden – es sei denn, der Patient möchte es nicht.
Auch wenn manchmal vonseiten der Ärzteschaft gewisse Vorbehalte gegenüber nicht akademisch ausgebildeten Psychoonkologen bestehen, wird der mit Leidenschaft vorgehende psychoonkologische Berater schnell die Akzeptanz des Arztes erhalten. Dies wird umso mehr der Fall sein, wenn er mit seiner ganzen Persönlichkeit authentisch diesen Beruf ausübt.
Peter Salenga
psychoonkologischer Berater, Heilpraktiker für Psychotherapie, Entspannungstherapeut