Der philosophische Tellerrand ... einfach mal im Dialog nachgedacht
Derya Halici und ich, Nicole Falk, sind in den 1970ern in Deutschland geboren. Genauer gesagt, mitten im Ruhrgebiet in Gelsenkirchen. Wir Kinder aus´m Pott der 1970er sind mit dem Bild des Gastarbeiters aufgewachsen. Und da ergibt sich auch schon der erste Unterschied. Derya ist in einer Gastarbeiterfamilie groß geworden und ich mit dem Bild der Gastarbeiterfamilie. So war es für mich schon immer normal, dass es an der Ecke den türkischen Supermarkt gab und dass ich türkische Freunde und Mitschüler hatte und habe. Klar gab es auch damals Unterschiede, nicht nur in der Religion, sondern auch beim Essen und bei den Feiertagen. Ich habe allerdings den Eindruck, dass es früher irgendwie entspannter zuging mit dem gegenseitigen Respektieren. Die Unterschiede waren eher geprägt von Neugierde auf die andere Lebensweise und das entsprechende Integrieren. Vielleicht habe ich als Kind aber auch die Probleme der Erwachsenen nicht gesehen.
Als ich Jahre später Derya persönlich kennenlernte, entdeckten wir unglaublich viele Gemeinsamkeiten. In unserer Art und Weise, in unserer Liebe zum Ruhrgebiet und natürlich zur Stadt Gelsenkirchen, die alles andere als „gewöhnliche“ Schönheit ausstrahlt. Uns verbindet unsere Ausbildung. Wir beide sind Heilpraktikerinnen für Psychotherapie und wollen Menschen helfen. Eigentlich ganz einfach, könnte man meinen!
Dennoch sind wir auch sehr verschieden. Und genau diese Vielfalt und Verschiedenheit soll Inhalt dieses Textes sein. Wir wollen keine fachlichen Tipps geben oder unsere Wahrheit darstellen. Wir möchten auf Vielfalt und wundervolle Verschiedenheit aufmerksam machen. Den einen oder anderen zum Nachdenken anregen und aufzeigen, dass es viele Wege gibt, die zum Ziel führen.
Was mich schon mein Leben lang irritiert, ist, dass Menschen dazu neigen, ihre Wahrheit zur Wahrheit anderer machen zu wollen. So mag manchmal der Arzt den Heilpraktiker nicht, der Heilpraktiker, der Verhaltenstherapie anbietet, mag den Heilpraktiker nicht, der Hypnose anbietet. So mag der Vegetarier den Fleischesser nicht. Oder man mag sich nicht, weil man verschiedener Abstammung ist! Und was anders ist, muss man bekämpfen. Wir wollen uns mit dieser Art der Ellbogengesellschaft einfach nicht mehr zufrieden geben oder gar einverstanden sein.
Vielfalt ist Entwicklung und Gewinn. Allerdings müsste man dafür einen Schritt zurück machen und über den Tellerrand schauen. Oder noch weiter: Man müsste andere Wahrheiten akzeptieren und stehen lassen können. Aus dem Vollen zu schöpfen, heißt, auch wirklich aus dem Vollen zu schöpfen und nicht immer nur im eigenen trüben Wasser zu fischen ... und im Dialog nachdenken.
Derya: Nicole, was hat dich bewogen, die Ausbildung zur Heilpraktikerin für Psychotherapie zu machen?
Nicole: Zuerst waren es meine eigenen Lebensthemen, die mich bewegt haben. Ich musste in meinen Augen etwas Sinnvolles tun, damit ich Menschen z. B. in schweren Lebenssituationen besser auffangen und begleiten kann.
Derya: Genau dieser Punkt war für mich auch von immenser Wichtigkeit, Menschen aufzufangen, die Hilfe benötigen.
Nicole: Und wie funktioniert das jetzt in der Zusammenarbeit mit den Menschen, die zu dir kommen? Wie hilfst du ihnen?
Derya: Mein Leitsatz ist bedingungslose Akzeptanz. Ich vermittle den Menschen das Gefühl, dass sie mit allem, was sie tun und denken, bei mir willkommen sind. Es ist wichtig, dass man Empathie hat, dabei aber das gelernte Wissen aus seiner Ausbildung fachlich umsetzt und damit arbeitet. Während ich das mache, überlege ich so oft: Was macht einen guten Therapeuten/Berater aus?
Nicole: Die Zeit! Ich glaube, dass es viele gute Berater und Therapeuten gibt, dass es ihnen aber oft an der Zeit mangelt, die sie einem Patienten zur Verfügung stellen können. Ein Mensch braucht Zeit, um sich zu öffnen und Vertrauen zu fassen.
Derya: Genau! Man braucht Zeit, damit Vertrauen entstehen kann und um das Gefühl von Sicherheit zum Therapeuten aufzubauen – dass man begleitet wird, nicht im Stich gelassen, und mit seinem Anliegen nicht mehr alleine ist. Vielleicht sollte sich auch allgemein etwas im Gesundheitssystem ändern. Was würdest du dir an Veränderungen im System wünschen, damit du besser mit deinen Klienten arbeiten kannst, Nicole?
Nicole: Mehr ergänzendes Arbeiten. Damit meine ich alle Bereiche, die uns in der Arbeit für den Menschen zu Verfügung stehen – die Schulmedizin und die alternativen Methoden.
Derya: Es muss alles Hand in Hand gehen. Ich denke, wenn im System Harmonie herrscht, können wir alle davon nur profitieren. Es geht doch darum, dass den Menschen geholfen wird, wir verfolgen alle das gleiche Ziel.
Nicole: Ich möchte den Menschen gar nicht sagen, was richtig, falsch oder normal ist. Ich will ihnen nur helfen, ihre eigenen Wahrheiten zu finden, in denen sie sich am Ende wohlfühlen. Es ist schon eine ziemlich große Herausforderung, in diesem System als Therapeutin/Beraterin zu arbeiten, in dem man auf so viele Vorurteile stößt. Was ist für dich die besondere Herausforderung in deinem Beruf?
Derya: Meine größte Herausforderung ist eigentlich immer wieder auch die Arbeit mit mir. Die „Derya“ möchte manchmal Dinge vorwegnehmen, wo sie der Meinung ist, das wäre ein guter „Ratschlag“. Manchmal erschreckt mich das. Aber ich bin sehr froh, dass die Therapeutin Derya es gelernt hat, zu erkennen, wann das eigene Ego „Ich weiß es besser!“ schreit.
Nicole: Dennoch finde ich es sehr wichtig, authentisch zu sein und etwas von mir zu geben, um nicht unnahbar zu sein!
Derya: Manchmal merke ich, dass jeder in der Welt der Therapie eine ziemlich genaue Idealvorstellung hat, wie sich Therapeuten und Berater benehmen sollten und auf welche Art und Weise sie ihre Arbeit ausdrücken und bekunden sollten. All diese Regeln und die Methoden, die uns bei der Arbeit als Werkzeug dienen, sollte man in allen Einzelheiten beherrschen, ganz gleich, für welche man sich auch entschieden hat. Es gehört zu einer guten Ausbildung, definitiv zu wissen, wie man etwas kompetent anwendet und weitergibt – wann, wo und zu welchem Zeitpunkt man etwas tun sollte oder gerade nicht.
Ich bin immer wieder fasziniert, wie viele Möglichkeiten es gibt, zu einer Lösung für den Klienten zu kommen. Es gibt etliche Therapiemethoden und Handwerkszeuge, die wir nutzen können: Gesprächstherapie, Hypnose, Systemische Therapie, Verhaltenstherapie, Entspannungsmethoden ...
Die Möglichkeiten sind unerschöpflich, auch wenn sich bei manchen die „beratenden Geister“ streiten. Dabei denke ich mir manchmal: „Hört doch auf damit!“ Denn alle Ansätze haben ihre Daseinsberechtigung und alle sind aus der Liebe zu den Menschen und dem Wunsch, zu helfen, entstanden. Neben den genau festgelegten Methoden in der Welt der Psychotherapie gibt es auch noch andere Regeln: Regeln im Umgang mit Menschen, die man nicht aus Schulbüchern lernen kann, die man sich aneignen muss in Supervisionen, Gesprächen und in einer intensiven Selbstarbeit. Es geht um Regeln des Taktes, der Höflichkeit und des Gefühlssinns, der Feinfühligkeit und des Respekts, mit denen man seinen Klienten begegnen sollte.
Kurz: sich einfach in die Lage des anderen zu versetzen und das Beste für den Menschen herauszukristallisieren, der vor uns sitzt und uns vertraut. Also sich nicht zu fragen „Was will ich?“, sondern herauszufinden „Wie kann ich meinem Klienten am meisten nutzen?“ Und die Anwendung, diese Kombination von Feinfühligkeit und Menschenliebe sowie die fundierte Ausbildung, führt dazu, dass sich der Erfolg fast schon von selbst einstellt.
Jeder Mensch, der zu uns kommt, verdient es, dass seine Gesundheit nicht dem Zufall überlassen wird. Egal, welche Methode angewendet wird, eins ist klar:
Die Menschenliebe ist Grundvoraussetzung, um erfolgreich zu sein.
Derya Halici
Heilpraktikerin für Psychotherapie
Nicole Falk
Heilpraktikerin für Psychotherapie, Geprüfte Psychologische Beraterin