Pädagogisches Puppenspiel im Hinblick auf die Arbeit mit Kindern und Erwachsenen in Therapie und Beratung
Psychodrama und Puppenspiel
Das therapeutische Puppenspiel verfolgt mehrschichtige Ansätze und kann daher sehr gut in diverse Therapie- und Beratungsansätze eingebracht werden. Puppen bilden in der Psychotherapie schon lange einen festen Baustein in der Arbeit vor allem mit Kindern und Jugendlichen. Gerade da es häufig Menschenpuppen sind, stellen diese Abbilder der Menschen selbst dar.
An diesen Abbildern kann der Klient selbst oder unterstützt durch den Therapeuten Elemente der eigenen Persönlichkeit, des Charakters und einzutrainierende Verhaltensweisen ausprobieren. Dem Therapeuten oder Berater entsteht daraus die Möglichkeit der Interpretation, aus der er gemeinsam mit seinem Klienten/Patienten individuelle Ansatzpunkte seiner Arbeit definieren kann. Die Puppe hat sozusagen das letzte Wort und gibt kaum Widerworte.
Puppen in der Therapie zu verwenden, basiert auf der Entwicklung des Psychodramas nach Moreno (1892–1974), der seine Methode auf die Beobachtung des Rollenspiels und Spiels von Kindern auf Spielplätzen gründete. Gemäß Moreno kann nun alles, was auf einer inneren Bühne vorhanden ist, auch auf eine äußere Bühne gebracht werden. Gefühle, Emotionen, Haltungen und Verhaltensweisen werden im Außen gespielt, unter Zuhilfenahme von Figuren, Gegenständen und anderen Personen können so die inneren Probleme im Außen widergespiegelt und bearbeitet werden.
Psychodrama mit Handpuppen bringt viel Spaß und Freude, denn hier steht häufig im Vordergrund: „Ich spreche nicht selbst – sondern lasse die Puppe sprechen.“
Hierbei muss klar ein Warnzeichen gesetzt werden, denn gerade die Leichtigkeit, einen tiefen Zugang zum Klienten mit einer Puppe zu bekommen, kann schnell das Grundwesen einer Beratung oder pädagogischen Hilfe für Kinder in eine Psychotherapie umwandeln. Tiefe traumatisierende Themen können sehr leicht berührt werden und hier sollte der Therapeut, der Puppen in dieser Richtung einsetzt, sehr gut ausgebildet sein. Für viele Beratungsansätze ist dies jedoch nicht gewollt.
Puppen im pädagogischen Einsatz
Puppen können bei pädagogischen Themen einen enormen Vorteil gegenüber anderen herkömmlichen Materialien darstellen. Sie spiegeln das innere Erleben wider und stehen häufig für Gefühle, Ängste, Sorgen etc. Somit kann die Puppe verwendet werden, um einmal seinen ganzen Frust mit ihrer Hilfe kundtun zu können. Damit dies auch so geschehen kann, empfiehlt es sich, anfänglich einen ungezwungenen Umgang mit der Puppe herzustellen. Hierbei geht es noch gar nicht um ein Theaterspiel und schon gar nicht um eine Bühne. Kinder wie auch Erwachsene neigen anfänglich dazu, mit der Puppe eine Art Schauspiel aufführen zu wollen. Sie geben sich damit eine Bühne, was zu einem späteren Zeitpunkt sehr sinnvoll wird. In der pädagogischen Arbeit z. B. mit legasthenen Kindern wird eine intensive Auseinandersetzung weniger Einfluss nehmen, aber im gesamten Verhalten lässt sich häufig erklären, warum gerade dieses oder jenes Verhalten zu beobachten ist.
Eine Puppe kann hierbei gute Lösungsansätze vermitteln, denn nun kann z. B. der Trainer über die Puppe mit dem Kind sprechen und die Puppe fragen, ob sie weiß, warum das Kind sich denn gerade so verhalten hat. Hierbei kann die Technik der zirkulären Fragestellung verwendet werden, wie sie häufig in der Familien- und Paartherapie Anwendung findet.
Am Anfang muss die Scheu überwunden werden, dass man mit einer Puppe spricht, dass andere einen dabei sehen und hören können. Hierbei kann das Kind sitzen, muss es aber nicht, häufig sind sogar Bewegungen im Raum von Vorteil. Beim therapeutischen Puppenspiel spielt das Kind für sich, die Spielprozesse stehen im Vordergrund und alles, was es beim Kind bewirkt. Der Therapeut greift hierbei nicht ein, sondern spielt nach Anweisung des Kindes einfach mit. Das Kind steht dabei im Mittelpunkt (Gauda, 2007).
Puppen im therapeutischen Einsatz
Die Hauptaufgabe des Therapeuten im therapeutischen Puppenspiel liegt eher darin, genau zu beobachten, zu versuchen, die Innenwelt des Kindes zu erkennen, die Symboliken des Spiels zu deuten, um alles in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Hierfür ist ein fundiertes Wissen über die Ich-Entwicklung und die Entwicklungsarchetypen sinnvoll. Bei dieser Betrachtung wird auffallen, dass es eine Vielzahl von Thesen und Modellen gibt, was wiederum eine intensive Auseinandersetzung mit sich bringt.
Beim therapeutischen Puppenspiel bekommt die Puppe keinen eigenen Charakter, um besser als Projektionsfläche dienen zu können. Der Therapeut versucht, ein Spiel aufzubauen, sofern dieses nicht vom Kind kommt. Hier können Geschichten erfunden und ggf. sogar Märchen nachgespielt werden.
Ein klarer Unterschied ist z. B. beim Puppenspiel für Bauchredner zu sehen, denn dabei geht es nicht um Märchen, sondern um Dialoge mit der Puppe, so als ob es ein eigenständiges Lebewesen wäre. Dennoch sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, wie wichtig Märchen sind und dass sie meist auch als Dialogbasis dienen können. Gerade bei kleineren Kindern kann es durchaus vorkommen, dass eben anfänglich keine Dialogform verwendet wird, sondern eine Art Theateraufführung gemacht wird.
Fallbeispiel: Einsatz einer Handpuppe in der Familienarbeit eines Scheidungsfalls
Die teilnehmenden Personen waren die Mutter, der Vater und ein sechsjähriges Kind. Grundlage der Arbeit war der Wunsch der Eltern, die bereits körperliche und seelische Veränderungen beim Kind festgestellt hatten, dass es dem Kind besser gehen soll. Über die Scheidung, die für das Kind eher zweitrangig zu betrachten ist, wurde ein großes Schweigen gelegt – eigentlich wollte man die bisherige Familiensituation vor dem Kind aufrechterhalten. Jedoch wurde schnell klar, dass dies aus praktischen Gesichtspunkten heraus weder für den Vater noch für die Mutter möglich war. So kam der Vater zwar zum Abendessen, verließ aber das Haus, nachdem das Kind zu Bett gebracht wurde.
Wenn das Kind wieder aufwachte und ins Wohnzimmer kam, stellte es fest, dass der Vater nicht mehr da war. Die Familie kam zu mir und berichtete von diversen Problemen des Kindes und davon, dass ein Zugang zu ihm eher schwierig sei.
Da in meinem Institut ohnehin viele Puppen vorhanden sind, war es für das Kind nicht schwer, eine „Wunschpuppe“ zu finden. Ich selbst nutzte ebenfalls eine Puppe, hierbei sei erwähnt, dass ich einen plüschigen Kotherapeuten habe, und so entstand von Puppe zu Puppe ein Dialog. Das Kind hatte anfänglich vorhandene Abwehrhaltungen relativ schnell abgebaut. Im weiteren Verlauf wurden Vereinbarungen mit den Eltern und dem Kind getroffen. Schön zu erwähnen ist, dass die Wunschpuppe nun auch weiterhin das Kind begleitet und bei jedem Termin sofort genutzt wird.
Siegfried Eberle
Dozent an den Paracelsus Schulen, er entwickelte für die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen die Bauchredentherapie, das pädagogische Puppenspiel ist dabei ein wichtiger Bestandteil.
Rubikon-Institut® Siegfried Eberle Lerntherapie & Nachhilfe