Problemerforschung mit Hypnoanalyse
In einer hypnoanalytischen Sitzung kann nach Ursachen geforscht werden. Etwa, wenn sich ein Problem im Leben eines Menschen immer wiederholt und er nicht darauf kommt, warum das so ist und es sich – vielleicht auch schon nach mehreren Therapieversuchen nicht verändern lässt. Womöglich fühlen sich die damit verbundenen Gefühle auch diffus an und es besteht ein Wunsch nach Klarheit. Um es bildlich auszudrücken: Der Nebel soll sich endlich lichten.
Ist die Hypnoanalyse dann also das therapeutische Allheilmittel, um unsere seelischen Probleme zu lösen? Nein, denn so etwas gibt es (bisher) nicht. Zum einen bestehen bei manchen Menschen Kontraindikationen, die allgemein gegen eine Hypnose sprechen – z. B. organische oder bestimmte psychische Erkrankungen – zum anderen liegt nicht immer nur eine Ursache für ein Problem oder Gefühl zugrunde. Manchmal leiden Menschen auch an einem sog. Entwicklungstrauma und das lässt sich in der Regel nicht mit einer oder ein paar hypnoanalytischen Sitzungen lösen. Auch wenn es vermutlich Ausnahmen gibt, wie bei fast allem.
Für wieder andere Menschen sind andere Verfahren besser geeignet. Das ist individuell unterschiedlich und lässt sich u. a. durch eine entsprechende Anamnese sowie (Vor-) Gespräche besser erschließen.
Aber dennoch arbeite ich selbst, sofern nichts dagegenspricht, auch gerne mit der Hypnoanalyse. Denn wir können durch sie weit in unsere früheste Kindheit und sogar in die Säuglingszeit zurückgehen, an die wir meist keine bewusste Erinnerung haben.
Unser Gehirn war dafür noch nicht entsprechend entwickelt. Oder es hat bewusst bestimmte Situationen verdrängt bzw. Gefühle abgespalten, damit wir als Kinder in unserem jeweiligen Familiensystem überleben konnten – zu der Zeit waren wir davon abhängig. Daher finde ich es gut, dass es mit der Hypnoanalyse die Möglichkeit gibt, auch in diese frühen Jahre zurückzukehren. Schließlich fanden zu dieser Zeit wichtige Prägungen statt. Etwa unser Bindungsverhalten. Um diese Situation(en), die für ein bestimmtes Verhalten oder Gefühl ausschlaggebend ist, in der Trance zu finden, wird das Unterbewusste zu Beginn gebeten, eben dorthin zurückzukehren. Dort soll sie dann auch aufgelöst bzw. verarbeitet werden. Oft indem man ein damaliges unerfülltes Bedürfnis nachträglich erfüllt.
Zurück in die Säuglingszeit
In dem Zusammenhang erinnere ich mich häufig an eine Klienten-Geschichte, von der ich während meiner Hypnose-Ausbildung erfuhr.
Der Klient, Stephan (Name etc. wurden geändert), litt unter starker Verlustangst. Sobald seine Freundin etwas ohne ihn unternahm, trat diese hervor. Das Paar geriet dann regelmäßig in Streit, was dauerhaft für keine Beziehung förderlich ist.
Stephan hatte keine Ahnung, woher das kam. In seinem Beziehungsleben hatte er bisher eigentlich Glück gehabt und es gab selten Grund für Streit. Außer eben, wenn seine Partnerin ohne ihn etwas unternehmen wollte. Dann klinkte sich bei ihm „irgendwas aus“, berichtete er, „ich sehe dann rot und fange einen Streit an“. Seine Freundin ärgerte sich darüber und zweifelte in diesen Momenten daran, ob sie wirklich gut zusammenpassten.
Um seine Beziehung nicht weiter zu gefährden, versuchte er es mit einer hypnoanalytischen Sitzung. Auch hier hatte er Glück, denn er fand dadurch tatsächlich die ausschlaggebende Ursache. Und diese ereignete sich kurz nach seiner Geburt. Seine Mutter erkrankte unmittelbar danach, während sie noch mit ihm im Krankenhaus lag. So kam es, dass sie zunächst ein paar Tage lang zu schwach war, um sich ausreichend um ihn kümmern zu können. Auch die Ärzte hatten mehr sie im Blick als das - medizinisch gesehen - gesunde, stabile Baby. Väter waren zu der Zeit noch nicht permanent im Krankenhaus erlaubt.
In Trance nahm Stephan wieder seine sehr alten Gefühle wahr. Er hatte damals große Furcht, ohne seine Mutter nicht überleben zu können. Ihre Nähe fehlte ihm. Entsprechend verlassen fühlte er sich. Leider reagierte damals niemand adäquat auf sein Weinen. Da es sich um eine interaktive Hypnoseform handelt, war er während des Prozesses im Austausch mit dem Hypnotiseur.
Dieser ließ ihn in das frühere Gefühl spüren. Es war nach Rücksprache für ihn aushaltbar. Dann fragte er, was Stephan in der Situation für seinen alten Anteil tun wollte. Er schickte einen erwachsenen und starken Anteil zu dem Kind, das es in den Arm nahm und tröstete. Und er half diesem Baby-Ich auch, seine Mutter auf den für ihn damals verheerenden Missstand hinzuweisen. Sie war schockiert, denn sie wollte ihm keinesfalls schaden. Und sie entschuldigte sich bei ihm dafür.
Was, wenn das Gefühl abgespalten bleibt?
Die Hypnose wirkte sich positiv auf Stephans Beziehungsleben aus. Durch die nachträgliche Erfüllung des damaligen Bedürfnisses nach menschlicher Nähe und Zuneigung löste sich seine Verlustangst auf. Er selbst stärkte sein Selbstbewusstsein noch, indem er – auch nach Abschluss der Therapie – regelmäßig nachspürte, wie es seinem früheren Anteil ging und ob er etwas brauchte.
Der Fall zeigt einen günstigen Verlauf, der, eingebettet in weitere Therapiemaßnahmen, für den Klienten gut funktioniert hat. Manchmal, etwa, wenn Klienten (immer m/w/d) auch in Hypnose nicht in ein altes Gefühl kommen, sind nachträglich andere Interventionen notwendig. Etwa EMDR, durch die mittels bilateraler Stimulation anhand einer Ausgangssituation ebenfalls verloren geglaubte alte Situationen und Gefühle wieder in Erinnerung gerufen und verarbeitet werden können.
Laienverständlich erklärt werden sie von der emotionalen Gehirnregion ins Langzeitarchiv verschoben. Die Erinnerung bleibt, wir werden jedoch in Situationen, die uns daran bewusst oder unbewusst erinnern, nicht mehr getriggert.
Für diesen Prozess kann es, je nach Lebenssituation und Stabilität des jeweiligen Klienten, sinnvoll sein, mit diesem zum einen eine engmaschige Begleitung zu vereinbaren sowie zum anderen mit ihm Möglichkeiten zur Selbstregulation zu erarbeiten.
Vanessa Kämper, M. A. Redakteurin, Heilpraktikerin für Psychotherapie mit Schwerpunkten Hypnose, EMDR, Gestalt- und Gesprächstherapie. „Gefühlssprechstunde“, Praxis für Persönlichkeitsentwicklung & Psychotherapie